Pluralismus im traditionellen Heilwesen Afrikas

Die Wolof im Senegal


Trabajo, 2004

22 Páginas, Calificación: 1,5


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition von Krankheit in der traditionellen Heilkunde

3. Die Wolof im Senegal
3.1. Soziale Strukturen
3.2. Wirtschaft
3.3. Religion

4. Traditionelles Heilwesen der Wolof
4.1. Krankheit im gesellschaftlichen Kontext
4.2. Ursachen von Erkrankungen
4.3. Die Rolle der Familie
4.4. Funktion des Heilers
4.5. Behandlungsmethoden
4.6. Riten
4.6.1. Die Riten im Kontext
4.6.2. Die Ausübenden des Rituals
4.6.3. Versionen des Rituals

5. Traditionelles Heilwesen in anderen afrikanischen Gesellschaften
5.1. Die Mende und Temne in Sierra Leone
5.2. Die Dendi in Benin
5.3. Die Amhara in Äthiopien
5.4. Weiter traditionelle Afrikanische Gesellschaften

6. Traditionelle Medizin in der Gegenwart

7. Zusammenfassung

8. Literaturangaben

1. Einleitung

Lange bevor man sich mit der Heilkunde Afrikas beschäftigte gab es schon vereinzelt Aufzeichnungen und Reisebereichte aus den verschiedenen Regionen, vor allem von sudanesischen und beninischen Gebieten. Al-Idris, Mediziner am sizilianischen Königshof, verfasste im 12.Jahrhundert eine Beschreibung von Afrika, in der er unter anderen Beschneidungen im Sudan erwähnte und auf die naturkundigen Frauen an den Ufern des Nigers hinwies (Kerharo 1978; 2294). Dennoch befasst sich kaum eine schriftliche Quelle näher mit den medizinischen Praktiken in Afrika, auch in den zahlreichen arabischen Chroniken des 12. bis 15. Jahrhunderts befinden sich nur wenige Informationen über die Medizin Afrikas (Kerharo 1978: 2296). Jedoch war das Wissen über die Wirkungen von verschiedenen Pflanzen, dass in den einzelnen Ethnien die Medizinmänner und Hexen besaßen, den Europäern bekannt.

Den Reisenden folgten um 1750 der ersten Botaniker, die sich mit der afrikanischen Pflanzenwelt beschäftigten. Unter ihnen war Michel Adansen, der 1749 eine Sammlung über 500 verschiedene Nutzpflanzen zusammenstellte, und Charles-Pierre Thunberg, der erste fachkundige Reisende[1], der sich zwischen 1771 und 1773 in Südafrika mit dem Gebrauch von medizinischen Pflanzen beschäftigte (Kerharo 1978: 2299). Die verschiedenen Aufzeichnungen über die Pflanzenwelt Afrikas und ihre medizinische Wirkung setzte sich bis in das 19. Jahrhundert fort, dieser Abschnitt endet 1888 mit dem Verzeichnis "Materia Medica Afrikas“[2] über 137 südafrikanischen Heilmitteln von Andrew Smith.

Erst einige Zeit nachdem man sich mit dem naturwissenschaftlichen Aspekt der afrikanischen Heilkunde befasst hatte, versuchte man das medizinische System in einen sozialen und kulturellen Kontext zu sehen. Jedoch macht die Abgrenzung der heilkundlichen Methodik zu anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens große Probleme, da die Auffassung von Krankheit und Gesundheit in afrikanischen Gesellschaften nicht mit der westeuropäische Definition[3] vergleichbar ist. Durch die Verknüpfung von Krankheiten mit religiösen und sozialen Phänomenen, existieren verschiedene Möglichkeiten eine Krankheit zu behandeln. Die Verbindung von Heilkunde und Religion wurde auch durch den Einfluss des Islams und der westlichen Medizin, vor allem während der Kolonialzeit, nicht aufgehoben. Es entstand vielmehr ein medizinischer Pluralismus, durch das Einbinden der verschiedenen Heilungsmethoden in das traditionelle Gesundheitswesen, der auch zu Konflikten zwischen den einzelnen medizinischen Systemen führte. Jedoch werde ich hier vorwiegend auf die traditionellen Heilungsmethoden eingehen, die Ethnie der Wolof dient als Hauptbeispiel. Denn auch schon vor dem Einfluss des Islams und der Kolonialisten aus Europa existieren verschieden Möglichkeiten der Behandlung von Krankheiten.

2. Definition von Krankheit in der traditionellen Heilkunde

Wie bereits erwähnt wird in der traditionellen Heilkunde Krankheit immer in einem sozialen und religiösen Kontext gesehen und bildet somit ein geschlossenes Ganzes. Sie wird nicht nur auf die körperliche Erkrankung bezogen, "sondern als Teil eines umfassenden Begriffes von >Krise<, >Leiden< oder >Bedrängnis< registriert" (Hauschild 20002 :133).

Die verschiedenen Aspekte, auf die sich der Begriff "Krankheit"' beziehen kann, versuchte Kleinmann zu differenzieren, indem er zwischen disease, illness und sickness unterscheidet. Illness bezieht sich auf die Wahrnehmung und Interpretation der Krankheit durch den Patienten. Disease beschreibt die organischen und psychischen Krankheitssymptome, wie sie in der naturwissenschaftlichen Medizin erklärt werden. Sickness stellt schließlich die Verbindung von illness und disease dar, somit die Innen- und Außenansicht einer Krankheit (Hauschild 20002: 134).

Die Ursachen für eine Erkrankung kommen von Außen und werden dem Wirken übernatürlichen Kräften zu geschrieben. Der Patient ist Opfer eines Geistes oder eines Schadenzaubers. Da die Krankheit immer in einem gesellschaftlichen Kontext gesehen wird, löst sie sich meist von dem individuellen Bezug zu einer Person und wird zu Problem einer gesamten Gruppe, der Familie, die auch in den Heilungsprozess mit einbezogen wird. Behandelt wird der Patient abhängig von der Art der Krankheit und dem Grund der Erkrankung. Um den Grund der Krankheit heraus zu finden, zieht der Patient und seine Familie einen Spezialisten zu rate, der durch verschiedene rituelle Handlungen, bei denen Magie ein übergeordnetes Prinzip bildet, versucht die Ursache zu finden. Je nachdem welche Ursache der Erkrankung zugrunde liegt, zeigt der Heiler einen Weg zur Heilung auf. Da die Krankheit immer in einem sozialen oder religiösen Kontext steht, ist auch das Ziel der Heilung das Gleichgewicht des sozialen und religiösen Kosmos wieder herzustellen.

3. Die Wolof im Senegal

Die Wolof sind die größte ethnische Gruppe um Senegal. Ihr Gebiet wird im Norden durch den Senegalfluss von Mauretanien getrennt und im Westen bildet der Atlantik die Grenze. Die Serer grenzen das Gebiet im Süden ab und die Ethnie der Peul im Osten.

Das Gebiet der Wolof wurde stark durch die muslimischen Berber, mit denen die sie Handelsbeziehungen unterhlten, und durch die Franzosen, während der Besetzung in Kolonialzeit, beeinflusst. Dieser Einfluss wirkte sich auf alle gesellschaftlichen Bereiche bei den Wolof aus. Neben den sozialen und religiösen Wandel wurde auch die traditionelle Heilkunde durch die islamische und westliche Medizin verändert.

3.1. Soziale Strukturen

Im 13. Jahrhundert entstand aus den einstigen Reichen von Kayor, Walo, Baol und Sine-Saloum das Großreich Djolof. Die soziale Struktur des Reiches basierte auf einer Pyramide, bei der die Gruppe der Sklaven (dyaqm) die unterste Schicht bildete, diese wiederum von der Schicht der Zimmerleute und Schmiede (nyenyo) beherrscht wird. Die mittlere Stufe der Pyramide bilden die freien Menschen (geer dyambaur). Der König (baur) und die Adligen (garrni) stehen an der Spitze der Pyramide. Das Großreich Djolof zerfiel im 16. Jahrhundert wieder in seine früheren Königreiche, jedoch blieb die starre soziale Schichtung der Gesellschaft erhalten. Die königliche Familie legitimierte ihrer Herrschaft durch Geburt, Heirat und Tradition und wird von der matrilinearen Deszendenz des Königs bestimmt (Artmeyer 1999:22). Erst nach der Abschaffung der Sklaverei durch Frankreich, am Ende des 19. Jahrhundert, fanden große soziale Umwälzungen statt. Es entstanden Dörfer mit patrilinearer Erbfolge, in denen der Gründer oder dessen Nachfolger das Oberhaupt[4] waren. Durch die Urbanisierung des Gebietes zerfielen die festen gesellschaftlichen Strukturen und nur noch in ländlichen Gegenden existiert das verzweigte Netz verwandtschaftlicher Beziehungen.

3.2. Wirtschaft

In der präkolonialen Zeit basierte die Wirtschaft der Wolof auf Bodenbau und Viehzucht. Der Landbesitz war an endogame Gruppen von Freigeboren gebunden. Ihnen stand Land am Dorfrand zur Verfugung. Unter ihnen besaßen Adlige und der König das Vorrecht auf Land. Das Land zur Bewirtschaftung wurde an die Ahnen der patrilinearen Deszendenz geknüpft und somit könnte sich jede Familie über mehrere Generationen ihr Stück Land sichern. Den Sklaven wurde Buschland für den Anbau zugesprochen. Die Schicht der Schmiede hingegen hatte kein Anrecht auf traditionelles Land. Bis auf vereinzelte Handelsbeziehungen zu muslimischen Berbern und zu Mauretaniern[5] und dem Salzhandel and der Küstenregion, war das Handelssystem der Wolof mit anderen Ethnien nicht weit ausgebaut. Die Wolof bauten vorwiegend Hirse und Erdnussprodukte an. Aus der Erdnussproduktion wurde eine Cash-Crop-Produktion, die heute noch die wirtschaftliche Grundlage des Landes bildet.

3.3. Religion

Die traditionellen Glaubensvorstellungen der Wolof wurden durch die Beziehungen zu den muslimischen Berbern beeinflusst und seit dem 11. Jahrhundert fanden die ersten Konvertierungen zum Islam statt. Dies geschah jedoch nur oberflächig, da sich der patrilineare Islam nicht mit der matrilinearer Deszendenz des Königreiches vereinbaren ließ. Auf religiöser Ebene war der Kontrast zwischen Islam und traditioneller Religion nicht so stark, da er keinen Widerspruch zu den afrikanischen Werten und religiösen Vorstellungen darstellte, und es kam zur Übernahme einzelner Elemente des Islams. Im 15. Jahrhundert bildeten sich vermehrt islamische Bruderschaften, aber erst während der Kolonialzeit fanden Massenkonvertierungen zum Islam[6] statt. Der Islam wurde zu einer Massenbewegung gegen die Kolonialmacht. Durch diese bindende Kraft bekam er auch politische Macht, vor allem die islamischen Bruderschaften hatten in der Kolonialzeit großen politischen Einfluss. Dennoch blieben weiterhin Traditionen der alten Religion erhalten, wie Amulette zum Schutz vor Schadenszauberei, verschiedene Wahrsagetechniken oder der Glaube an übernatürliche Wesen und Ahnengeister. Teilweise verbanden sich beide Religionen in einem Ritual, wie es ein Ritual für eine fruchtbare Ernte zeigt. Zu Beginn versammeln sich die Männer vor einer Moschee und bitten um eine fruchtbare Ernte. Ist dies nicht erfolgreich, führen die Frauen einen Regentanz durch. Für den Tanz kleiden sich die Frauen in Männerkleider oder Lumpen und laufen anschließend in einer Prozession durch das Dorf (Artmeyer 1999: 25).

[...]


[1] Ch.-P. Thunberg war Doktor der Medizin und späterer Professor der Botanik an der Universität von Upsala

[2] Das Verzeichnis wurde weitergeführt und dient nun als grundlegendes Buch der Arzneikunde vorr afrikanischen Völkern (Kerharo 1978: 2303)

[3] "Krankheit ( ... ) ist eine vor allem im den Industriegesellschaften verbreitete Kategorie für abweichendes Verhalten, die sich auf unterschiedlichste Stadien körperlicher oder seelischer Veränderungen bezieht". (Hauschild 20002: 133)

[4] Falls es keinen Mann gab der sich auf die Abstammung von dem Dorfgründer berufen konnte, wurde dem Dorfältesten die Position übertragen.

[5] Mit den Mauretaniern tauschten die Wolof vorwiegende Sklaven gegen Pferde.

[6] Durch das Entstehen in patrilinearer Deszendenz. Organisierten Dorfgemeinschaften, die durch das Auflösen der Königreiche entstand, und die fortschreitende Urbanisierung erleichterten eine Identifikation mit dem islamischen Glauben.

Final del extracto de 22 páginas

Detalles

Título
Pluralismus im traditionellen Heilwesen Afrikas
Subtítulo
Die Wolof im Senegal
Universidad
University of Münster
Calificación
1,5
Autor
Año
2004
Páginas
22
No. de catálogo
V125972
ISBN (Ebook)
9783640314249
ISBN (Libro)
9783640317820
Tamaño de fichero
558 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Medizin, Afrika, Pluralismus, Heilwesen, Senegal, Wolof
Citar trabajo
Kristin Müller-Wenzel (Autor), 2004, Pluralismus im traditionellen Heilwesen Afrikas, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125972

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Título: Pluralismus im traditionellen Heilwesen Afrikas



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