Mit der Vorbereitung und späteren Ausführung der Invasion ins einzige afrikanische Völkerbundmitglied Abessinien 1935 brachte der italienische Diktator Mussolini den Völkerbund und seine einflussreichsten Mitglieder Frankreich und England in Zugzwang. Nach Artikel 16 der Völkerbundsatzung wurde ein solcher Überfall als Angriff auf alle Völkerbundsmitglieder gewertet und sollte die Beendigung aller finanziellen, wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen durch alle Mitgliedsstaaten nach sich ziehen. Zwar konnten sich die Mitgliedsstaaten auf Sanktionen gegen Italien einigen, doch lange nicht in dem durch die Satzung vorgegebenen Maße. Die Mitglieder konnten sich auf wirtschaftliche sowie Finanzsanktionen einigen und belegten Italien zusätzlich mit einem Waffen- Munitions- und Kriegsgerätembargo. Diese Sanktionen hatten zwar ihre Wirkung, trafen die Italiener allerdings nicht empfindlich genug, um sie von ihrem Kriegsvorhaben abzubringen oder gar den Krieg zu beenden. Diese Tatsache ist vor allem durch die britische und französische Zurückhaltung zu erklären, deren Vertreter aus unterschiedlichen Gründen keine wirkungsvolleren Sanktionen beschließen wollten und damit das Ende des Völkerbundes heraufbeschworen. Zudem zeigte sich bereits in der Vorbereitungsphase des Krieges, dass England genau wie Frankreich keine klare Linie gegen oder für Italien fuhr und die Italiener damit in die Arme des faschistischen Deutschlands trieben.
Diese Arbeit beschäftigt sich damit, ob das Verhalten Italiens, Großbritanniens und Frankreichs während der Abessinenkrise durch realistische Annahmen erklärbar ist. Dabei konzentriert sich die Analyse auf die Annahmen, dass „Macht zugleich Ziel und Mittel der nationalen Außenpolitik“ ist (Gu 2000 S. 41), im anarchischem internationalen System jeder Staat nur an seinem eigenen Vorteil interessiert ist und das Ideologien in den internationalen Beziehungen nur als Deckmantel für die Vergrößerung der eigenen Macht Gebrauch finden.
Um festzustellen, ob das Verhalten der drei Staaten durch realistische Annahmen erklärbar ist, werden zuerst die einzelnen Annahmen des klassischen Realismus präzisiert. Im Anschluss muss überprüft werden, ob das Verhalten der drei beteiligten Länder, auch auf den Völkerbund bezogen, durch die realistischen Aussagen erklärbar ist und falls nicht, ob es die Erklärungskraft der Theorie außer Kraft setzt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Anliegen und Aufbau der Untersuchung
- Fragestellung
- Methodik
- Die Realistischen Annahmen
- Macht als wichtigstes Ziel und Mittel der Außenpolitik
- Das anarchische internationale System und das Sicherheitsdilemma
- Die Nutzung von Ideologien
- Die Politik Italiens, Großbritanniens und Frankreichs während der Abessinienkrise im Bezug auf Aussagen des Realismus
- Italien
- Gründe des Einmarschs
- Verdeckung der machtpolitischen Ziele durch Propaganda
- Abwägung der internationalen Lage
- Großbritannien und Frankreich
- Italien
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht, inwieweit das Verhalten Großbritanniens, Frankreichs und Italiens während der Abessinienkrise durch realistische Annahmen erklärbar ist. Die Arbeit analysiert die Politik der drei Staaten im Kontext des Völkerbundes und untersucht, ob die realistische Theorie die Entscheidungen und Handlungen der Akteure erklären kann.
- Die Rolle der Macht in der internationalen Politik
- Das anarchische internationale System und das Sicherheitsdilemma
- Die Bedeutung von Ideologien in der Außenpolitik
- Die Reaktion des Völkerbundes auf die Abessinienkrise
- Die Rolle Großbritanniens und Frankreichs in der Krise
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Abessinienkrise als Ausgangspunkt der Untersuchung vor und erläutert die Bedeutung des Völkerbundes in diesem Kontext. Das Kapitel "Anliegen und Aufbau der Untersuchung" definiert die Fragestellung und die Methodik der Arbeit. Die Kapitel "Die Realistischen Annahmen" und "Die Politik Italiens, Großbritanniens und Frankreichs während der Abessinienkrise im Bezug auf Aussagen des Realismus" analysieren die realistischen Annahmen und deren Anwendung auf das Verhalten der drei Staaten während der Krise. Die Kapitel behandeln die Gründe für den italienischen Einmarsch, die Propaganda des italienischen Regimes und die Abwägung der internationalen Lage durch Italien. Außerdem werden die Reaktionen Großbritanniens und Frankreichs auf die Krise und deren Rolle im Völkerbund untersucht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Realismus, die Abessinienkrise, den Völkerbund, die Machtpolitik, das anarchische internationale System, das Sicherheitsdilemma, Italien, Großbritannien, Frankreich, Propaganda und die Rolle von Ideologien in der internationalen Politik.
- Quote paper
- Lennart Moest (Author), 2008, Inwieweit wird die Politik von Großbritannien, Frankreich und Italien in der Abessinienkrise unter Berücksichtigung des Völkerbundes durch realistische Annahmen erklärbar?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126126