Am Anfang der Literatur war der Mythos.
ihm ist sie entsprungen: sie stammt ganz von
ihm her und gehört ihm nicht mehrt an.
Rezeption und Verarbeitung antiker Mythen gehören, so Wilhelmy, seit den ersten Verschriftlichungen, wie der Odyssee oder der Äneis, zu unserem literarischen Alltag. Dabei ist der jeweilige Autor aber einem Rechtfertigungsdruck bezüglich seiner Motivation zur erneuten Aufnahme des Themenkomplexes ausgesetzt. "Es wird gefragt, was den bekannten Mythos in dem jeweiligen Text wiedererzählbar macht, ohne dass die moderne Position dabei preisgegeben werden muss."
Wer fragt, warum und zu welchem Zwecke ein Schriftsteller mythologische Elemente in seinem Werk verwendet, unterstellt diesem implizit einen bewussten und nicht etwa versehentlichen oder unreflektierten Einsatz derselben. Von einem solchen – nämlich dem versehentlichen oder unreflektierten Einsatz – bei Thomas Manns Zauberberg auszugehen, wäre eine beleidigende Verkennung des großen Autors und dessen intensiver Beschäftigung mit dem Werk. Nimmt man als Rezipient aber an, dass Mann mythologische Elemente und Anspielungen mit einer (im Einzelfall zu klärender) Intention eingesetzt hat, steht man vor dem Problem, diese zu erkennen und zu deuten.
Im Gegensatz zu literarischen Überarbeitungen antiker Mythen, wie Goethes Prometheus, zu deren Analyse sich ein Vergleich mit den antiken Quellen und das anschließende Hervorheben von Unterschieden und Gemeinsamkeiten hinsichtlich Form und Inhalt als roter Faden gleichsam von selbst anbietet, ist es wesentlich schwieriger, Fragmente von Mythoskonzeptionen oder Anspielungen auf die selben in einem vielschichtigen Werk wie dem Zauberberg aufzuspüren. Zum Einen läuft man stets Gefahr, ungleich weniger gebildet als der Autor, der Wissen von Musik bis Medizin einfließen lässt, die Analyse von einem zu einseitigen Standpunkt aus zu beginnen, zu versuchen, den Roman zu Untersuchungszwecken auf eine Ebene zusammenzuklappen, und schon dadurch im Vorfeld zu scheitern.
Andererseits neigt der Literaturwissenschaftler manchmal dazu, seiner Phantasie beim Interpretieren freien Lauf zu lassen und Bezüge herzustellen, die späteren Nachforschungen kaum standhalten. Arbeitet man jedoch im Bewusstsein dieser Problematik, kann auch eine einseitige Analyse oder ein gewagter Bezug hilfreich sein, eine weitere Untersuchung zur Mythologie im Zauberberg.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Mythologie im Zauberberg
- Mythos Ikarus
- Das Ikarische im Zauberberg
- Literaturangaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Verwendung des Ikarus-Mythos in Thomas Manns "Zauberberg". Ziel ist es, die Integration dieses mythologischen Elements in den Roman zu analysieren und dessen Bedeutung für die Handlung, die Figuren und die Gesamtinterpretation des Werkes zu beleuchten.
- Die Rezeption und Verarbeitung antiker Mythen in der Literatur
- Die Intention Thomas Manns bei der Verwendung mythologischer Elemente
- Die Bedeutung des Ikarus-Mythos für die Figuren und die Handlung des Romans
- Die politische Dimension des Mythos im Kontext des "Zauberbergs"
- Die Rolle des Mythos für die Interpretation des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort führt in die Thematik der Mythosrezeption in der Literatur ein und beleuchtet die besondere Herausforderung, mythologische Elemente in einem komplexen Werk wie dem "Zauberberg" zu identifizieren und zu deuten. Es wird die Notwendigkeit einer differenzierten Analyse betont, die den vielschichtigen Kontext des Romans berücksichtigt.
Das Kapitel "Mythologie im Zauberberg" stellt die Relevanz mythologischer Zitate für die Interpretation des Romans heraus. Es wird argumentiert, dass die Verwendung von Mythen den Figuren eine zeitliche Tiefe verleiht und gleichzeitig eine politische Dimension eröffnet. Der Fokus liegt auf der Integration des Ikarus-Mythos in den "Zauberberg" und dessen Bedeutung für die Handlung und die Figuren.
Das Kapitel "Mythos Ikarus" analysiert den Ikarus-Mythos in seiner ursprünglichen Form und beleuchtet dessen Bedeutung in der griechischen Mythologie. Es werden die zentralen Motive des Mythos, wie die Sehnsucht nach Freiheit, die Grenzen des menschlichen Wissens und die Folgen von Übermut, herausgearbeitet.
Das Kapitel "Das Ikarische im Zauberberg" untersucht die konkrete Verwendung des Ikarus-Mythos in Thomas Manns Roman. Es werden die Figuren und Handlungselemente analysiert, die mit dem Mythos in Verbindung stehen, und die Bedeutung des Mythos für die Interpretation des Romans wird beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Ikarus-Mythos, Thomas Mann, "Der Zauberberg", Mythosrezeption, Literaturanalyse, Figureninterpretation, Handlungsanalyse, politische Dimension, Interpretation, Freiheit, Grenzen, Übermut, Sehnsucht.
- Citation du texte
- Cajetan Bittkau (Auteur), 2004, Der Ikarus-Mythos in Thomas Manns 'Zauberberg', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126230