Die Attische Demokratie unter der Einwirkung der Staatslehre Aristoteles


Trabajo de Seminario, 2009

15 Páginas


Extracto


Gliederung

I. Einleitung

II. Besonderheiten der Attischen Demokratie in der Antike

III. Das politische Menschenbild des Aristoteles in der Antike

IV. Die Staats- und Verfassungslehre des Aristoteles
1. Demokratiebegriff der Aristotelischen Staatslehre
2. Verfassung und Staat bei Platon
3. Verfassung und Staat bei Aristoteles
4. Die antike Polis
5. Der Gerechtigkeitsbegriff bei Aristoteles

V. Die Würdigung der Staatslehre des Aristoteles

VI. Fazit

Schriftenverzeichnis

I. Einleitung

Hellenismus – eine ganze Epoche wurde mit dem Regierungsantritt von Alexander III. von Makedonien (Alexander der Große) im Jahre 336[1] eingeleitet. Hauslehrer des großen Feldherren Alexander, der 331 in der Schlacht bei Gaugamela (heutiger Nordirak) den Perser-König Dareios besiegte, war 343 bis 340 der griechische Staatsphilosoph Aristoteles (384 – 322). König Philipp II. von Makedonien berief Aristoteles im Jahre 343 nach Mieza (heutiges Nordgriechenland), um dort seinen Sohn Alexander III. von Makedonien zu unterrichten. Die Staats- und Demokratiephilosophie des Aristoteles beruht vor allem auf den Erkenntnissen seiner Lehrer Platon und dessen Lehrer Sokrates. Nach der Sokratischen (Sokrates, 469 – 399) Lehre entsteht Demokratie, wenn die Armen den Sieg davon tragen, dann von dem anderen Teil einige hinrichten, andere vertreiben, den übrigen aber gleichen Anteil geben am Bürgerrecht und an der Verwaltung, so dass die Obrigkeiten im Staat großenteils durch das Los bestimmt werden.[2] Platon (427 - 347), ein Schüler des Sokrates, wollte einen gerechten Staat entwerfen. Platon erkannte an allen damaligen Staaten (poleis), dass sie insgesamt eine schlechte Verfassung (politeia) haben. Er prägte innerhalb der Staatslehre den Begriff des „Philosophenkönigs“. Der Philosoph, der das Wirkliche (das „Gute“) erkannt hat, soll den Staat regieren. Diese Lehre des Platon griff sein Schüler Aristoteles kritisch auf. Aristoteles konzipiert seinen Staat nicht im Idealen mit Philosophenkönigen als Herrschern, sondern im Möglichen. Nicht nur der beste Staat, sondern auch der mögliche Staat muss nach Aristoteles verwirklicht werden. Anders als sein Lehrer Platon wertet Aristoteles die Bildung einer Gemeinschaft nicht als natürliche Schwäche des Individuums (Mensch), sondern als natürliche Neigung des Menschen. Der Mensch sei demnach von Natur aus ein staatenbildendes Wesen[3]. Aufgabe des Staates ist die sittliche Vervollkommnung seiner Bürger. Erst innerhalb des Staates kann sich die Tugend des Einzelnen vollkommen entwickeln, weil erst im Staat die Autarkie (Selbstgenügsamkeit) der Gemeinschaft garantiert ist. Eine Legitimation des Staates bedarf es nicht, jedoch benötigt die Polis eine Verfassung als Grundlage der Gesetzgebung. Hier unterscheidet Aristoteles in drei Verfassungstypen und ordnet ihnen Verfallstypen zu. In meiner Seminararbeit untersuche ich die Aristotelische Staatslehre im antiken Griechenland und der Attischen Demokratie. Welche Auffassung hat Aristoteles von der Demokratie und wie ist der Begriff der Demokratie bei Aristoteles genau zu verstehen?

II. Besonderheiten der Attischen Demokratie in der Antike

Es macht sich erforderlich im Vorfeld die Besonderheiten der Demokratie in der Antike zu erläutern. Aufgrund der heutigen Staatengröße hat man die Demokratie im Laufe ihrer Entwicklung modifiziert, sodass die Bürger heute durch direkte Wahl von Abgeordneten einen indirekten Beschluss über öffentliche Angelegenheiten zu geben haben. Die sogenannte Repräsentativverfassung ist die Bestimmung, an welche die Bürger die Vorstellung einer freien Verfassung knüpfen, sodass dies festes Vorurteil geworden ist.[4] Tatsächlich wäre der Kern der westlichen Demokratie, nämlich das Repräsentationsprinzip in Verbindung mir dem freien Mandat, den Attischen Demokraten damals sehr verdächtig erschienen, weil es in ihren Augen das Entstehen einer aristokratischen „politischen Klasse“ begünstigen würde. Indem sie für die uneingeschränkte politische Souveränität des in der Volksversammlung präsenten Demos plädierten, hätte für sie das imperative Mandat einen alternativlosen Status inne. So war der Attischen Demokratie unbekannt, was im Rahmen des Verfassungstyps der „westlichen Demokratie“ als Regierung gilt, weil ihre Exekutive gegenüber der Volksversammlung kein Eigengewicht besaß.[5] Im Unterschied zum Wähler in der Demokratie des 20. und 21. Jahrhunderts, der alle vier oder fünf Jahre zur Wahlurne geht, hielten die Bürger Athens tatsächlich und jederzeit alle Entscheidungen in ihren Händen. Die Stimmbürgerschaft trat in zweierlei Gestalt auf, und zwar in den Volksversammlungen und Geschworenengerichten, die aus Laienrichtern gebildet wurden. Diese wurden durch Los aus einem Kreise von mindestens dreißigjährigen Bewerbern ausgewählt, um Urteile zu fällen. Dagegen ist die westliche repräsentative Demokratie des allgemeinen Wahlrechts viel mehr ein Parteienstaat, der die Interessen der Bevölkerung bündelt und dadurch politisch umsetzungsfähig macht. In der Attischen Demokratie der Antike gab es dagegen keine politischen Parteien im modernen Sinn, wie z. B. die Demokraten in den USA, die Konservativen der Labour Party in Großbritannien oder die liberal-politische FDP in Deutschland. An die Stelle festgeführter „Parteimaschinen“ traten in der Attischen Demokratie Einzelpersonen, die kraft ihrer rhetorischen Fähigkeiten den politischen Willensbildungsprozess in der Volksversammlung strukturierten. Die antiken Schriftsteller nannten diese Einzelpersonen „Demagogen“ - ein Begriff, der von Platon und Aristoteles seine pejorative Bedeutung annahm. Schließlich achtet die Attische Demokratie zwar die Rechte des Individuums, jedoch rüttelt sich niemals an der Institution des Privateigentums. Aber deren Verankerung in einer von ursprünglich Gleichen und Freien vertraglich begründeten Verfassung, die politische Herrschaft zu einer künstlichen Größe erhob, war ihr fremd.[6] Während sich die westlichen Demokratien von Anfang an auf individualistische Naturrecht beriefen, das zugleich einen dem Staat vorgelagerten Kanon individueller Grund- und Menschenrechte legitimierte, wurde einerseits eine Theorie der Demokratie in der Antike erst vorgelegt, nachdem sie ihren historischen Zenit überschritten hatte. Andererseits hatte die seit der Frühen Neuzeit in Europa bekannte Trennung von Moralität und Legalität in den westlichen Demokratien eine Tendenz zur Verrechtlichung, auch der politischen Sphäre ausgelöst, die der Attischen Demokratie fremd war. Das Gerichtswesen in der Antike war Angelegenheit des Demos selbst, der sich nur Normen unterwarf, die er sich selbst in der Volksversammlung gegeben hatte. Die Attische Demokratie ist ebenso wie die moderne Demokratie zu ihrem Funktionieren auf eine politische Kultur angewiesen, die regulativ auf ihre Institutionen zurückwirkt.

III. Das politische Menschenbild des Aristoteles in der Antike

Aristoteles begreift den Menschen als „zoon logon echon“, als sprach- und vernunftbegabtes Lebewesen, sowie als „zoon politikon“, als ein politisches Lebewesen, das seinen Sinn und Zweck nicht in sich selbst, sondern nur in der Interaktion und Kooperation mit seinesgleichen finden kann.[7] Ein sinnerfülltes Leben lässt sich demzufolge nicht durch Rückzug von den anderen führen, sondern nur im Zusammenwirken mit ihnen. Der Mensch habe das Gemeinschaftsbezogene in sich, was Aristoteles als Entelechie[8] (übersetzt: In-sich-das-Ziel-haben) bezeichnet. Aristoteles benennt weiter den Begriff der politischen Freiheit bzw. des „freien“ Menschen. Der Bürger soll gleichzeitig regieren können, aber auch regiert werden. Sie sind Vollbürger, die ihre Lebensführung und Daseinsgestaltung selber bestimmen. „Arme“ sind die große Masse der Freien, sie bilden das „gemeine Volk“ – jedoch abgegrenzt zu den „Angesehenen“. Zu den „armen“ Freien, die in der Demokratie mehrheitlich vorhanden sind, gehören nicht Bettler oder Obdachlose, sondern die Nicht-Reichen unter den Vollbürgern, vor allem aber Handwerker und Kaufleute. Vollbürger ist aber nicht gleich jeder Einwohner, auch nicht jeder Erwachsene. Frauen gehören, wie auch Sklaven, ebenso wenig dazu wie die sogenannten Metöken - eine Bezeichnung für Fremde bzw. Nicht-Griechen ohne Bürgerrechte, worunter selbst Aristoteles als Nicht-Athener fällt. Die Bürgerrechte für Vollbürger beruhen auf dem Bürgerschaftsgesetz des Perikles (490 - 429), der den Vollbürger in Athen als die Person definiert, die männlich, waffenfähig und von attischem Elternhaus ist.[9] Der freie Bürger soll seinen Lebenssinn nicht in der Arbeit (poiesis), der Herstellung von Gütern und Werkstücken, bzw. in der Akkumulation und Konsumtion von Reichtum und Besitz suchen und finden, sondern einerseits in der Kontemplation, der theoretischen Betrachtung der Welt, andererseits in der Praxis, im kollektiven Handeln, in der Gemeinschaft, der Kommunikation und Interaktion mit anderen, die sich von der Poieses, dem Herstellen und Machen, dadurch unterscheidet, dass sie ihren Zweck in sich selber trägt, während jene Ziele verfolgt, die Außerhalb der Tätigkeit gelegen sind.[10] Das politische Engagement, der Mitwirkung an der Selbstverwaltung der Polis und ihren Unterabteilungen, gilt folglich als Selbstzweck und als verzichtbares Moment eines geglückten oder glücklichen Lebens.[11] Außerhalb der Gemeinschaft gilt der Mensch nach Aristoteles als deformiert. Das gute Leben in der Gemeinschaft zielt nicht auf Macht, Vorteil und Reichtum. Es wird vielmehr um seiner selbst willen angestrebt. In dieser Umschreibung gibt Aristoteles Raum für unterschiedliche Glücksvorstellungen, für verschiedene Begriffe von Recht und Gerechtigkeit. Sie können in derselben Polis zu verschiedenen Zeiten und zur selben Zeit in verschiedenen Polis sehr unterschiedliche Inhalte haben. Hier liegt auch der grundlegende Unterschied zu Platons Vision des Idealstaates. Glücks- und Gerechtigkeitsideen sind historisch und kulturell bedingt einem Wandel unterworfen. Die Suche nach einer Idealstaats-Formel macht für Aristoteles keinen Sinn. Er fordert vielmehr, dass die Vollbürger weder das Leben eines gewöhnlichen Handwerkers, noch das eines Kaufmanns führen dürfen, denn ein solches ist unedel und der Tugend zuwider, und dass auch Ackerbauern diejenigen nicht sein dürfen, welche hier Staatsbürger sein wollen, denn es bedarf voller Muße zur Ausbildung der Tugend und zur Besorgung der Staatsgeschäfte.[12]

IV. Die Staats- und Verfassungslehre des Aristoteles

1. Demokratiebegriff der Aristotelischen Staatslehre

Demokratie ist für Aristoteles eine Staatsform, mit Blick auf die geschriebene Verfassung und die Verfassungswirklichkeit. Weiter stellt Aristoteles fest, dass die Demokratie die „Herrschaft der Vielen“ ist. Demokratie existiert dann, wenn die armen Freien als Mehrheit im Besitz der Herrschaft sind.[13] Ein Staat, in dem aber viele Arme von öffentlichen Angelegenheiten ausgeschlossen sind, ist ein Staat voll Feinden und genau deshalb ein instabiler Staat.[14] Im Staat ist die am meisten demokratisch geprägte Behörde die Bule (Rat) im Gemeinwesen, bei der nicht alle Bürger ein gutes Honorar bekommen. Aristoteles unterscheidet daher mehrere Arten der Herrschaft der Vielen. Ihre erste und älteste Form ist ihm zufolge die bäuerliche Demokratie. Voraussetzungen der Demokratie sind nach Aristoteles die gleiche Freiheit für alle und die negative Freiheit. Das abwechselnde Befehlen und Gehorchen ist ein Stück der Freiheit und ein Zeichen der Demokratie[15], was durch das Stimmrecht an Mehrheitsbeschlüssen und deren Befolgen realisiert wird. Das zweite Zeichen einer Demokratie ist, dass jeder so lebt wie er will, während man in der Sklaverei nicht leben kann wie man will. Nach Aristoteles unterscheiden sich die Demokratien nach drei Punkten: Erstens nach der sozialen Zusammensetzung, insbesondere nach der Gliederung des Gemeinwesens. Zweitens den verschiedenen institutionellen Bedingungen, wie die Unterstützung der politischen Beteiligung durch Diäten für alle Bürger. Und drittens der Differenz zwischen Regentschaft des Gesetzes und Vorherrschaft der Stimmen über das Gesetz.[16] Die Kombination dieser Merkmale erlaubt es, zwischen verschiedenen demokratischen Staatsverfassungen auf einer Achse zu unterscheiden, die von der gemäßigten bis zu den extremen Demokratien reicht.[17]

[...]


[1] Alle Jahresangaben vor Christi Geburt

[2] Sokrates, nach Platon, in: Politieia, 557 a.

[3] Griechisch: physei politikon zoon.

[4] Auch bei Hegels Philosophie wieder zu finden, vgl. Hegel, Seite 67.

[5] Finley, Seite 23.

[6] Saage, Seite 41.

[7] Aristoteles, Politik I, 1253a; Politik III, 1278b.

[8] Zusammengesetzt aus den altgriechischen Wörtern „en“, „tele“ und „echein“.

[9] Massing, Seite 34.

[10] Schmidt, Seite 42; Nikomachische Ethik VI, 1139a.

[11] Politik VII, 1324a.

[12] Politik VII, 1329a.

[13] Politik IV, 4, 1290b.

[14] Politik III, 11, 1281b.

[15] Politik VI, 2, 1317b.

[16] Politik IV, 4, IV 6, VI 4.

[17] Massing, Seite 39.

Final del extracto de 15 páginas

Detalles

Título
Die Attische Demokratie unter der Einwirkung der Staatslehre Aristoteles
Universidad
http://www.uni-jena.de/  (Institut Politikwissenschaften)
Curso
Demokratietheorien
Autor
Año
2009
Páginas
15
No. de catálogo
V126379
ISBN (Ebook)
9783640323319
ISBN (Libro)
9783640321339
Tamaño de fichero
398 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Attische, Demokratie, Einwirkung, Staatslehre, Aristoteles
Citar trabajo
Ludwig Späte (Autor), 2009, Die Attische Demokratie unter der Einwirkung der Staatslehre Aristoteles, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126379

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