Bayerns Weg zum modernen Staat


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Bayern zur Zeit der Jahrhundertwende 1800

II. Die Reformen unter Freiherr von Montgelas
1. Klosterwesen
2. Adel
3. Beseitigung der Selbstverwaltung
4. Wirtschafts- und Finanzpolitik
5. Verwaltungsreform und Beamtentum
6. Rechtspflege, Presse, allgemeine Wehrpflicht, Religionsedikt und weitere Reformen

III. Die Verfassung von 1808

IV. Die Verfassung von 1818

V. Die Reformen als Wegweiser für die Zukunft

Literaturnachweis:

Internet:

I. Bayern zur Zeit der Jahrhundertwende 1800

In der vorliegenden Arbeit soll gezeigt zeigen, welche Reformen in Bayern am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts durchgesetzt wurden und wie sich Bayern dadurch zu einem modernen Staat entwickelte. In diesem Zusammenhang wird auf den historischen Hintergrund Bayerns sowie auf die Hauptperson und treibende Kraft der Reformen, Maximilian Joseph Freiherr von Montgelas, eingegangen. Neben den Gründen, warum es gerade in jener Zeit zu so großen Umwälzungen auf allen politischen Ebenen in Bayern kam, wird ferner der Inhalt der zwei Konstitutionen von 1808 und 1818 beschrieben, in denen die Erneuerungen schriftlich fixiert wurden.

Ende des 18. Jahrhunderts stand Bayern mit seinem territorialen Gebiet eingekeilt zwischen den verfeindeten Großmächten Frankreich und Österreich und mußte um seine Souveränität bangen. Die Staatsordnung wurde durch einen kirchlich begründeten Monarchismus und ein auf Adelsgeburt und Grundherrschaft gegründeten Feudalismus geprägt.[1] Mit dem Tod des regierenden Kurfürsten Maximilian III. Joseph am 30.12.1777 erlosch die bayerische Kurlinie der Wittelsbacher.[2] Das bayerische Erbe fiel an die Pfälzische Linie der Wittelsbacher: den Sulzbacher Kurfürsten der Pfalz Karl Theodor. Die über 400 Jahre währende Teilung des Landes der Wittelsbacher war damit aufgehoben und Bayern erstreckte sich neuerdings von den Alpen bis zum Niederrhein.[3] In dem Erbfolgekrieg 1778 verlor Bayern zwar das Innviertel an Österreich, blieb jedoch als Territorialstaat bestehen.[4] Der in München als Hofrat beschäftigte Freiherr von Montgelas begann in jener Krisenzeit zu überlegen, wie er Bayern auf eine breite und feste Staatsbasis stellen konnte.[5] Bayern befand sich in einer katastrophalen Lage, sowohl finanziell als auch strukturell. Erschwert wurde sie Situation, da Standesinteressen vor dem Gemeinwohl Bayerns standen. Für Montgelas als Befürworter der Aufklärung war der Staat nicht Privateigentum des Monarchen, sondern Gesamteigentum der Staatsangehörigen. Schon im September 1796 hatte Montgelas dem Herzog Max Joseph in Ansbach eine „Anleitung zum Verwaltungsaufbau“ in Bayern, das sogenannte „Ansbacher Mémoire“, vorgelegt.[6]

Hierin vereinigte Montgelas sowohl Grundzüge altbayerischer Verwaltungs- und Rechtstradition mit Ideen der Aufklärung und der französischen Revolution, als auch mit Erfahrungen des aufgeklärten absolutistischen Preußen und Österreich. Montgelas wollte dem Staat Bayern so viel Souveränität wie möglich zugestehen. Hauptpunkte seiner Thesen in dem Mémoire lauten: Reorganisierung der Zentralregierung mit strenger Trennung der Kompetenzen nach dem Ressortprinzip, Schaffung eines neuen nicht mehr korrupten Beamtentums, gleiche Besteuerung für alle, Abschaffung der Binnenzölle, eine neue Verwaltungseinteilung in Kreise, Reform der niederen Gerichtsbarkeit, des Zivilrechts und eine Humanisierung des Strafrechts, staatliche Kontrolle über die Verwaltung der kirchlichen Stiftungen, Reform der Universitäten und Schulen, Herstellung der Presse- und Veröffentlichungsfreiheit und gleicher Zugang aller zu den Staatsämtern. Fast alle diese Reformen wurden später unter dem Ministerium Montgelas in Grundzügen verwirklicht.[7]

Der Tod Karl Theodors leitete im Februar 1799 eine neue Epoche der bayerischen Geschichte ein. Die neuen territorialen Gegebenheiten und die inneren Reformen, die zu jener Zeit begannen, führten zum Abbau der aus dem Mittelalter überkommenen Institutionen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.[8] Bis zu diesem Zeitpunkt war der König absolut gewesen, jetzt sollte hingegen der Staat absolut werden. Montgelas ging es nach dem Historiker Karl Otmar von Aretin nicht „abstrakt um einen modernen Staat, sondern um ein modernes Bayern.“[9] Er forderte eine gerechtere Justiz und eine bessere Regierung mit einer Verwaltung, die sich durch ein fähiges Berufbeamtentum auszeichnet. Außerdem verlangte er eine staatliche Volksaufklärung und Volksbildung. Sein Ziel war es, nach den Erfahrungen mit der französischen Revolution, durch Reformen von oben Revolutionen von unten zu vermeiden.[10] Die Reformpolitik der folgenden Jahre stand unter großem inneren und äußeren Druck. Die durch Säkularisation und Mediatisierung nach 1803 neu gewonnenen Territorien mussten in den bayerischen Staat eingegliedert werden. Die Fläche Bayerns wuchs damals von 61200 km2 auf 75000 km2, die Bevölkerung stieg von 1,9 Millionen auf 3,7 Millionen.[11] Allein deswegen war eine neue Verwaltungsstruktur dringend nötig. Dazu kam der katastrophale Zustand der Staatsfinanzen, der eine Steuerreform und eine Neuordnung der Finanzverwaltung erforderte. Mit dem Eintritt Bayerns in den Rheinbund im Jahr 1806 wuchsen die militärischen, finanziellen und wirtschaftlichen Belastungen durch die Anforderungen, die Napoleon an seine Verbündeten stellte. Gleichzeitig suchte der französische Kaiser Einfluss auf die inneren Verhältnisse der Rheinbundstaaten zu nehmen, um sie dem französischen Verwaltungs- und Rechtssystem möglichst anzugleichen und damit sein Hegemonialsystem zu stabilisieren. Montgelas kam solchen Eingriffen durch eine eigenständige Reformpolitik zuvor, die sich zwar weitestgehend am französischen Vorbild orientierte, aber auch seinen eigenen Konzepten entsprach und den innenpolitischen Realitäten Rechnung trug. Bei dem Kassensturz 1802 kam heraus, daß Bayern vor dem Staatsbankrott stand: 6 Millionen Gulden Einnahmen standen 9 Millionen Ausgaben gegenüber. Dazu kam noch ein Schuldenberg von 30 Millionen.[12] Die Lösung lag für Montgelas in der territorialen Vergrößerung Bayerns und den damit verbundenen höheren Steuereinnahmen. 1803 erhielt Bayern, auf Beschluß des Reichsdeputationshauptschlusses, territoriale Zuwächse wie die Hochstifte Freising, Augsburg, Bamberg und Würzburg, Teile der Hochstifte Eichstätt und Passau, dreizehn Reichsabteien und fünfzehn Reichsstädte in Franken und Schwaben. Im Gegenzug mußte die rechtsrheinische Kurpfalz um Mannheim und Heidelberg an Baden abgegeben werden.[13] Durch diese territorialen Änderungen entstand ein annähernd geschlossenes, beachtend großes Staatsgebiet. Durch den Bündnisvertrag mit Frankreich und dem Vertrag von Brünn erhielt Bayern 1805 nach dem Sieg Napoleons über Franz II. und Alexander I. außerdem die Reichstädte Augsburg und Lindau, die Markgrafschaft Burgau, die restlichen Teile der Hochstifte Eichstätt und Passau sowie im Tausch gegen das niederrheinische Herzogtum Berg die Markgrafschaft Ansbach.[14]

Noch wichtiger aber war, daß der bayerische Kurfürst die volle Souveränität erhielt, er also weder dem römisch-deutschen Kaiser noch den Reichsständen Rechenschaft abliefern mußte. Am 1. Januar 1806 verkündete Kurfürst Maximilian IV. Joseph, jetzt König Maximilian I. Joseph, durch den Willen Frankreichs das Königreich Bayern. Er unterzeichnete die Rheinbundakte, in der stand, daß sich alle Fürsten vom Deutschen Reich lossagen mußten.[15] Desweiteren wurden die Fürsten von Hohenlohe, Öttingen, Fugger, Thurn und Taxis sowie die Grafen von Castell, Pappenheim, Schönborn und Stadion dem bayerischen König unterstellt. Auch die freie Reichsstadt Nürnberg wurde bayerisch.[16]

Somit waren die von Montgelas geforderten äußeren Rahmenbedingungen wie das große Staatsgebiet und die Staatssouveränität geschaffen. Um einen modernen Staat zu schaffen, mußte auch das innere Staatswesen reformiert werden.[17]

II. Die Reformen unter Freiherr von Montgelas

Montgelas führte die rechtliche und gedankliche Unterscheidung zwischen Dynastie und Staat ein und beendete damit die bis dahin in Bayern herrschende Vorstellung, daß der Staat Eigentum des Fürsten. Trotzdem wollte Montgelas zur Durchsetzung seiner Reformen einen starken Herscher an der Spitze des Staates stellen. Um die Revolution von oben zu ermöglichen führte er daher die Monarchie in die Staatsverfassung von 1808 ein, in der der Fürst selbst zum Organ des Staates wurde. Das bedeutete auch, daß Regierungsakte des Königs der Gegenzeichnung des zuständigen Ministers bedurften. Der Staat sollte in sich alles vereinigen und keinen weiteren Staat im Staate zulassen. Deswegen kümmerte man sich von 1802 bis 1806 um die Einverleibung der Reichsritterschaft in den Staatsverband, nahm die Post unter staatlicher Obhut, beseitigte die Stände 1807 und verstaatlichte die Kommunalverwaltung.[18] Im Folgenden sollen nun die einzelnen Reformschritte näher erläutert werden:

1. Klosterwesen

Schon 1803 wurde der erste Stand, nämlich die landsässigen Klöster, ohne großen Widerspruch der beiden anderen Stände, des Adels und der Städte, durch die Säkularisation im Zuge des Reichsdeputationshauptschluß beseitigt.[19] Bayern profitierte von der Säkularisierung und der Enteignung der Klöster in folgendem Maße: Es bekam von den Klöstern große Flächen an, die noch heute ein Drittel des bayerischen Staatsforstes ausmachen, und erhielt zahlreiche Schriften, Gemälde und Bücher, die den Grundstock der Bibliotheken und Museen Bayerns bildeten.[20] Jedoch führte die Säkularisation auch zu Problemen. Der Verkauf von Wiesen, Feldern, Mühlen, Brauereien etc. brachte viel weniger finanzielle Einnahmen als erhofft. Auch stellten Klöster bis dahin eine hohe Anzahl an Arbeitsplätzen, kümmerten sich um Kranke und Alte und erzogen die Jugend. Soziale Einrichtungen und ein modernes Schulsystem mußte daher ab diesem Zeitpunkt der Staat übernehmen. Außerdem war das Land in Altbayern, Schwaben und Mainfranken in großem Maße von klösterlicher Kultur und Wirtschaft geprägt. Die Säkularisation kam bei der Bevölkerung daher nicht gut an.[21]

[...]


[1] Montgelas; Franz Herre, Weilheim 1988, S. 10.

[2] wie 1, S. 12.

[3] wie 1, S.13.

[4] wie 1, S. 14.

[5] wie 1, S. 15.

[6] Bayerns Krone 1806; Johannes Erichsen (Hrsg.), München 2006, S. 26.

[7] Handbuch der bayerischen Geschichte, Vierter Band, Das neue Bayern, 1800 – 1970 1. Teilband; Max Spindler (Hrsg.), München 1979, S. 7.

[8] wie 7, S. 3.

[9] wie 1, S. 26.

[10] wie 1, S. 28.

[11] wie 6, S. 28.

[12] wie 1, S. 33.

[13] wie 1, S. 37.

[14] wie 1, S. 42.

[15] wie 1, S. 44.

[16] wie 1, S. 49.

[17] Der moderne bayerische Staat; Karl Möckl, München 1979, S. 90.

[18] wie 7, S. 39.

[19] wie 7, S. 43.

[20] wie 7, S. 43.

[21] wie 1, S. 57.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Bayerns Weg zum modernen Staat
Hochschule
Hochschule für Politik München
Veranstaltung
Hauptseminar: Grundformen politischer Ordnung Teil II: Der moderne Staat
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
14
Katalognummer
V126390
ISBN (eBook)
9783640323388
ISBN (Buch)
9783640321407
Dateigröße
402 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
montgelas, demokratie
Arbeit zitieren
Dipl.sc.pol.Univ. Nepomuk V. Fischer (Autor:in), 2007, Bayerns Weg zum modernen Staat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126390

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