Effiziente Kommunikation globaler Ziele. Möglichkeiten der Partizipation bei der Entwicklungskommunikation und der Communication for Social Change


Hausarbeit, 2020

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definition Entwicklungskommunikation
2.2 Definition Communication for Social Change
2.3 Definition Partizipation

3. Gegenüberstellung der beiden Ansätze

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Wie können globale Ziele effizient kommuniziert werden? Mit der Verabschiedung der Agenda 2030 am 25. September 2015 richten sich die 17 festgelegten Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (UN) an alle Länder dieser Welt. Diese universelle Gültigkeit ruft die Frage nach der Umsetzung dieser Ziele hervor. Bereits seit den 1970er Jahren wird die Kommunikation für Entwicklungsthemen erforscht (Servaes, Polk, Shi, Reilly, & Yakupitijage, 2012). Inwiefern also die Kernbotschaften der Agenda 2030 kommuniziert werden können, soll durch einen Vergleich der beiden Kommunikationsansätze Entwicklungskommunikation und Communication for Social Change herauskristallisiert werden.

Im Hinblick auf diese Herausforderung hat sich Communication for Social Change (C4SC) als Kommunikationsansatz etabliert (Jacob Srampickal, 2006). Dieser soll mit der vorliegenden Arbeit, genau wie Entwicklungskommunikation, im Detail betrachtet und diskutiert werden. Dabei stehen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Kommunikationsansätze im Fokus. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Partizipation im Kontext der Kommunikations- und Medienwissenschaft soll der Fokus des Vergleichs vor allem auf der Partizipationsmöglichkeit liegen (Waisbord, 2011). So lautet die Fragestellung dieser Arbeit wie folgt:

Inwiefern differenzieren sich Entwicklungskommunikation und Communication for Social Change hinsichtlich ihrer Partizipationsmöglichkeit?

Dazu soll zunächst die Entwicklungskommunikation beleuchtet werden. Dieser Ansatz beinhaltet unterschiedliche Theorien und Modelle, wie die Modernisierungstheorie, das Diffusionsmodell, die Dependenztheorie und die partizipatorischen Ansätze (Obregon Galvez & Vega Casanova, 2019). Aufgrund der Kritik an der mangelnden Beachtung der Partizipation im Entwicklungskontext gewinnt das junge Konzept Communication for Social Change an Bedeutung (Waisbord, 2011). Dieser Ansatz soll daher zuerst beschrieben und in einem zweiten Schritt der Entwicklungskommunikation gegenübergestellt werden. Abschließend soll mit dieser Forschungsarbeit die Entwicklung der Kommunikation und deren Partizipationsmöglichkeit in diesem Forschungsfeld kritisch reflektiert werden und zu einer weiteren Forschung anregen.

2. Theoretische Grundlagen

In dem folgenden Kapitel sollen die relevanten Konzepte unter Einbezug der aktuellen Literatur erläutert werden. Diese Definitionen gelten dann als Grundlage für die darauffolgende Gegenüberstellung der beiden Ansätze in Kapitel 3.

2.1 Definition Entwicklungskommunikation

Entwicklungskommunikation („communication for development“ oder „development communication“) findet seinen Ursprung in der wissenschaftlichen Forschung in den 1970er Jahren in den USA (Waisbord, 2011). Diese Art der Kommunikation gilt seitdem als Einsatz von Kommunikation und Medien, um politische, soziale und wirtschaftliche Veränderungen hervorzurufen (Waisbord, 2011). Der deutliche Fokus liegt dabei auf Informationstechnologien und Massenmedien. Diese sollen vor allem dazu dienen, Aufmerksamkeit für Entwicklungshilfe zu generieren (Wilkins, 2009).

Der Einsatz dieses Kommunikationsansatzes fand vor allem in dem sogenannten Globalen Süden, den Entwicklungsländern, statt (Servaes et al., 2012). Hier sollten Massenmedien die westlichen, nördlichen Werte, primär aus Perspektive der weißen, männlichen Mittelschicht vermitteln (Wilkins, 2009). Zu diesem Ansatz zählen unter anderem die Modernisierungstheorie und das Diffusionsmodell. Ein charakteristisches Merkmal dieser Ansätze ist, dass Inhalte aus einer „Top-down“-Perspektive an die Bevölkerung kommuniziert werden (Servaes, 2002, S. 4). Konkret bedeutet dies, dass Inhalte einseitig von den Regierungen an die Individuen gelangen. Kommunikation wurde demnach als gerichteter, vorherbestimmter Prozess angesehen.

Einerseits wird Modernisierung durch Industrialisierung als eine erfolgreiche Entwicklung angesehen (Servaes, 2002). Andererseits werden dabei nationale Traditionen und Kulturen ignoriert (Obregon Galvez & Vega Casanova, 2019). Kritisch hierbei ist zu beachten, dass meist durch Modernisierung Ungleichheit gefördert wird (vgl., Obregon Galvez & Vega Casanova, 2019; Servaes, 2002). Aus diesen Gründen wurde dieses Vorgehen der Entwicklungskommunikation stark kritisiert und hinterfragt.

Nachdem sich die Modernisierungstheorie in den 1950ern etabliert hatte, gewann die Dependenztheorie ab den 1970er Jahren an Bedeutung. Während erstere eher die westlichen Wertvorstellungen thematisiert, befasst sich die Dependenztheorie mit politischem Interesse und wirtschaftlichen Strukturen (Wilkins, 2009). Diese Fokussierung der wirtschaftlichen Strukturen beachtet allerdings kaum individuelle und kollektive Akteure1 außerhalb der Regierungen und Unternehmen. Obwohl hierbei ein globaler Kontext im Fokus steht, wird die Mikro-Ebene stark vernachlässigt und auch dieser Ansatz inkludiert nicht alle beteiligten Akteure, die in einem Kommunikationsprozess als relevant gelten (Servaes et al., 2012).

Mitte der 1980er Jahre entwickelten sich partizipatorische Ansätze, die aus einer „Bottom-up“-Perspektive einen bürgerzentrierten Dialog in den Vordergrund stellten. Dieser autonom evozierte Wandel soll Partizipation, lokales Wissen und kulturelle Werte fokussieren (Waisbord, 2011). Dadurch gewann die Rolle der Gemeinschaft an Bedeutung, da diese als zentraler Akteur des kollektiven Handelns agiert (Wilkins, 2009). Allerdings lag dabei noch kein vollständiger Konsens über den Begriff Partizipation vor, sodass es an der Umsetzung scheiterte (Obregon Galvez & Vega Casanova, 2019, S. 18). Zusätzlich betont Wilkins (2009), dass Partizipation in der Vergangenheit für die Umsetzung von strategischen Zielen eingesetzt wurde, sodass in der Gegenwart die Bedeutung von Partizipation hinterfragt und neu definiert werden soll.

Aufgrund der genannten Kritikpunkte an der Entwicklungskommunikation wurde eine Art der Kommunikation gefordert, die sich explizit für einen sozialen Wandel einsetzt. Gumucio-Dragon und Tufte (2006) fassen diese Kritik mit folgendem Zitat zusammen:

Five decades later, the call for equality, social change and a more just development process is more pertinent than ever. Most efforts at sustainable development have failed. The reasons: vertical decision-making, lack of understanding of local cultures and little involvement of communities. (Gumucio-Dragon & Tufte, 2006, S. 1)

Zusammenfassend bezieht sich der Begriff Entwicklungskommunikation auf theoretische Ansätze, die versuchen mithilfe gerichteter Kommunikation aus einer „Top-Down“- Perspektive gesellschaftliche Veränderungen anzuregen und zu leiten. Allerdings bleiben lokale Kulturen und das Involvement der beteiligten Akteure unbeachtet, sodass dieser Kommunikationsart nur begrenzt Erfolg zugeschrieben werden kann.

2.2 Definition Communication for Social Change

Resultierend aus der Kritik an der bestehenden Entwicklungskommunikation hat sich seit den 2000er Jahren eine neue Form der Kommunikation etabliert (Jacob Srampickal, 2006). Das Konzept Communication for Social Change (C4SC) lässt sich zunächst folgendermaßen skizzieren:

The approach known as ‘communication for social change' is defined as a process of public and private dialogue through which individuals and communities can define who they are, what they want, and how they want to achieve it. (Obregon Galvez & Vega Casanova, 2019, S. 6)

Diese Definition beruht auf der Verbindung zwischen Kommunikation und sozialem Wandel, welche bei einer Konferenz der Rockefeller Foundation festgelegt wurde (Waisbord, 2011). Hierbei wird die transformierende Bedeutung von Kommunikation in der Entwicklungshilfe hervorgehoben (Jacob Srampickal, 2006).

Communication for Social Change hat sich von einer vordefinierten, unidirektionalen Kommunikationsstrategie hin zu einem neuen Ziel entwickelt (Servaes, 2007). Dieses Ziel umfasst soziale, strukturelle Veränderungen, die von den Gemeinschaften selbst ausgeführt werden (Obregon Galvez & Vega Casanova, 2019). Dadurch sollen die Individuen einerseits mit relevanten Informationen ausgestattet werden, andererseits dazu befähigt werden, ihre eigene Agenda in Bezug auf die politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung festzulegen (Waisbord, 2011).

Es wird deutlich, dass sich das Konzept Communication for Social Change durch eine Veränderung in der Machtverteilung sozialer und politischer Institutionen etabliert hat (Hamidi & Mielke Möglich, 2019). Hierbei wird die Perspektive der Zielgruppe stärker fokussiert als die Entwicklungsziele selbst. Eine nachhaltige Entwicklung wird erst durch den Austausch mit der involvierten Zielgruppe erreicht (Hamidi & Mielke Möglich, 2019). Waisbord (2011) betont an dieser Stelle, dass Kommunikation nicht auf die reine Vermittlung von Informationen reduziert werden darf. Kommunikation soll demnach als Prozess und als Austausch angesehen werden (Waisbord, 2011, S. 29). Insbesondere sollen dabei alle Beteiligte partizipativ in den Wandlungsprozess einbezogen werden (Hamidi & Mielke Möglich, 2019).

Lennie und Tacchi (2013) beschreiben Social Change (sozialer Wandel) als einen nonlinearen, dynamischen, komplexen und unvorhersehbaren Prozess (S. 8). Technologische Veränderungen und Entwicklungsmaßnahmen haben vielfältige und komplexe Auswirkungen, die meist nicht vorhersehbar sein können. Dabei rufen sie oft auch widersprüchliche Wirkungen in unterschiedlichen Gemeinschaften hervor (Lennie & Tacchi, 2013). So können beispielsweise neuartige, technische Veränderungen unterschiedliche Auswirkungen auf Geschlechter haben. Deswegen fordern die Autoren einen offenen, ganzheitlichen, realistischen, aber auch kritischen Ansatz für Entwicklungsmaßnahmen.

Schließlich wird, insbesondere bei aktuellen Themen, wie Migration, Gesundheit, Arbeitslosigkeit, Umwelt, Gendergleichheit und Armut, Communication for Social Change hochrelevant (Hamidi & Mielke Möglich, 2019). Es wird deutlich, dass C4SC nicht nur in den Entwicklungsländern, sondern auch in den Industrieländern benötigt wird (Servaes, 2002). Diese Kommunikationsart richtet sich also nicht nur an einen Teil der Erde, sondern soll global für eine Umsetzung der Agenda 2030 gelten. Das spiegelt wiederum die universelle Gültigkeit der Agenda 2030 wider (Martens & Obenland, 2017). Wie bereits erörtert, steht bei C4SC eindeutig das Individuum im Fokus und dessen Teilhabe an Entwicklungsprozessen.

2.3 Definition Partizipation

Aus bestehenden Studien geht hervor, dass Kommunikation und Information in dem Kontext von Entwicklungsprozessen eine fundamentale Rolle zugeschrieben wird (Servaes et al., 2012). Allerdings muss der Partizipation ebenfalls eine essentielle Funktion zuteilwerden, da eine unverzichtbare Verbindung zwischen Kommunikation und Partizipation in Bezug auf die Umsetzung von Entwicklungszielen vorliegt (Lennie & Tacchi, 2013). Dabei gewinnt Partizipation vor allem im Hinblick auf Nachhaltigkeit an Bedeutung. Allerdings betont Greiner (2018), dass der Bedarf an Partizipation keine neue Erkenntnis darstellt, sondern bereits in der Vergangenheit thematisiert wurde.

Waisbord (2011) erklärt in diesem Zusammenhang, dass einige Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um Partizipation zu verstehen und somit auch umsetzen zu können. Grundsätzlich muss ein Verständnis für kulturelle Diversität vorliegen (Servaes, 2002). Demnach sind spezifische Medien nicht in allen Kulturen bekannt und ihre Verbreitung stößt zunächst auf Ablehnung. Diese Feststellung beschreibt Waisbord (2011) folgendermaßen:

The value of participatory media is not in being instruments of transmission but of communication, that is, for exchanging views and involving members. Community media dealt with various subjects: literacy, health, safety, agricultural productivity, land ownership, gender, and religion. (Waisbord, 2011, S. 20)

Ein Mangel an lokaler Partizipation kann nicht durch den reinen Medieneinsatz ausgeglichen werden. Die Individuen sollen motiviert werden, sich an Wandlungsprozessen zu beteiligen. Dabei soll eine menschenzentrierte und nicht medienzentrierte Kommunikation stattfinden (Jacob Srampickal, 2006). Letztlich soll Partizipation laut Waisbord (2011) nicht mit Adaption verwechselt werden, denn niemand soll gezwungen werden, etwas zu ändern, ohne den eigenen Nutzen zu erkennen (S. 18).

[...]


1 Nur aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit die gewohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Effiziente Kommunikation globaler Ziele. Möglichkeiten der Partizipation bei der Entwicklungskommunikation und der Communication for Social Change
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
15
Katalognummer
V1265488
ISBN (Buch)
9783346705228
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachhaltigkeit, Social Change, Communication, Entwicklungskommunikation, Partizipation, SDG, Sustainable Development Goals, Communication for Social Change, C4SC
Arbeit zitieren
Adriana Henke (Autor:in), 2020, Effiziente Kommunikation globaler Ziele. Möglichkeiten der Partizipation bei der Entwicklungskommunikation und der Communication for Social Change, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1265488

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