Erziehung und Bildung im Nationalsozialismus

Ideologien am Beispiel von Ernst Krieck und Alfred Baeumler


Term Paper, 2009

21 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhalt

1 Einleitung

2 Ernst Krieck
2.1 Biographie
2.2 Krieck und seine Erziehungstheorie
2.2.1 Intentionale vs. funktionale Erziehung
2.2.2 Die Gemeinschaft
2.2.3 Zucht und Typus
2.3 Krieck und die pädagogische Situation seiner Zeit
2.4 Krieck und die NSDAP

3 Alfred Baeumler
3.1 Biographie
3.2 Das Menschenbild Baeumlers
3.2.1 Männerbündischer Germanismus
3.2.2 Resultat: Der totale Krieg
3.3 Erziehung und Bildung nach Baeumler
3.3.1 Baeumlers Bildungsbegriff
3.3.2 Erziehung nach Geschlecht
3.4 Baeumler und die NSDAP

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Gute 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges stellt sich die Zeit des Nationalsozialismus immer noch als unbegreifliches und mehr als erschreckendes Kapitel der deutschen Geschichte dar. Thema dieser Arbeit soll die Erziehungswissenschaft zur damaligen Zeit sein.

„Diese Jugend, die lernt ja nichts anderes, als deutsch denken, deutsch handeln […] und sie werden nicht mehr frei ihr ganzes Leben.“ (Hitler in „Mein Kampf“ zit. n. Giesecke 1993, S. 17) Mit diesen Worten erklärt Adolf Hitler 1938 sein Erziehungsideal: eine Jugend, die im Sinne des nationalsozialistischen Staates geformt werden und somit ein neues deutsches Volk bilden sollte. Für dieses Vorhaben brauchte Hitler natürlich entsprechende Pädagogen, die seine Ziele wissenschaftlich unterstützten. Zu den einflussreichsten Pädagogen des NS-Regimes wurden Ernst Krieck und Alfred Baeumler. Diese Arbeit soll sich mit diesen beiden führenden Vertretern der nationalsozialistischen Erziehungswissenschaft beschäftigen. Für beide NS-Pädagogen soll eine kurze Biographie als Einleitung und Überblick dienen. Danach wird die Arbeit auf jeweiligen Erziehungs- und Bildungstheorien unter Berücksichtigung von besonders wichtigen Begriffen eingehen. Anschließend soll die Beziehung beider Pädagogen zur NSDAP geschildert werden. Als Abschluss wird eine vergleichende Zusammenfassung dienen.

2 Ernst Krieck

2.1 Biographie

Ernst Krieck wurde 1882 in Vögisheim (heute zu Müllheim, Baden) geboren und starb 1947 im Internierungslager Moosburg an der Isar. Neben Alfred Baeumler galt er als einer der führenden Pädagogen in der Zeit des Nationalsozialismus.

Krieck stammt aus einer pietistischen, kleinbäuerlichen Familie. Sein Vater stirbt früh und er besucht die Realschule und das Lehrerseminar in Karlsruhe. Es war eine schmerzliche Erfahrung für ihn, dass er aus finanziellen Gründen auf den Besuch des Gymnasiums und ein Studium verzichten musste. Mit 18 Jahren wird er Volksschullehrer und bekämpft sehr früh das, nach seiner Meinung, sehr bürokratische Schulsystem seiner Zeit. Nebenbei bildet er sich autodidaktisch weiter, wobei er sich besonders für philosophische und pädagogische Literatur interessierte, denn die Volksschule der damaligen Zeit kannte noch keine moderne Pädagogik, sie war mehr als eine Paukschule zu verstehen. Diese Studien brachten jedoch mit sich, dass er sich eine rechthaberische und starre Argumentationswiese aneignete, da er sich im Gegensatz zu normalen Studenten nicht ständig mit anderen Menschen auseinandersetzen musste. Bekannt wurde der badische Volksschullehrer durch sein Werk „Philosophie der Erziehung“ aus dem Jahre 1922, für welches er 1923 von der Universität Heidelberg den Ehrendoktor erhält. Mit 42 Jahren (1924) scheidet Krieck aus dem Badischen Schuldienst aus und lebt zunächst als freier Schriftsteller. 1928 wird er an die Pädagogische Akademie in Frankfurt am Main berufen. 1931 erregt er dort große Aufmerksamkeit als er auf der Sonnwendfeier das Heil auf das Dritte Reich ausruft. Aufgrund dieser politischen Provokation wird er an die Pädagogische Akademie Dortmund versetzt. Im Ruhrgebiet wirkt er jedoch weiter als nationalsozialistischer Redner. 1932 tritt er dem nationalsozialistischen Lehrerbund bei, was den Eintritt in die NSDAP nach sich zog. Ein Jahr später wird er wieder zurück an die Universität in Frankfurt a.M. berufen und wird noch im gleichen Jahr zum Rektor dieser ohne je das Abitur abgelegt oder studiert zu haben. Ein weiteres Jahr später, 1934, erhält Krieck den Lehrstuhl für Philosophie und Pädagogik und Heidelberg, welchen er bis zum Ende des Dritten Reiches innehat. 1945 wird er von den Amerikanern entlassen. Zwei Jahre später stirbt Krieck schließlich im Internierungslager. (Vgl. Hojer 1996, S. 67; Giesecke 1993, S. 31ff )

2.2 Krieck und seine Erziehungstheorie

Kriecks besondere Sorge bei seinen autodidaktischen Studien galt dem Volk und Staat. Als sein historisches Vorbild diente Platons Staatspädagogik. Auch Krieck hatte die Ordnung des Ganzen als Ziel, während die pädagogische Beziehung zwischen Zögling und Erzieher bei ihm kaum eine Rolle spielte. Krieck schwebte ein totaler Erziehungsstaat vor, der den gesamten pädagogischen Bereich, aber auch alle Gebiete der Kultur, Kunst, Wissenschaft, sowie des Rechts und der Gesellschaft umfassen und von einer gemeinsamen, nationalen Staatsidee durchdrungen sein sollte. Erst dadurch werde die wahre Persönlichkeit und wahre Kultur erfüllt. (Vgl. Hojer 1996, S. 68f.) Weder der preußisch-aristokratische Obrigkeitsstaat, noch der Sozialismus waren seiner Meinung dazu geeignet, seine Vision von diesem Erziehungsstaat zu verwirklichen.

2.2.1 Intentionale vs. funktionale Erziehung

Bereits 1917, während des ersten Weltkrieges, proklamierte Krieck das Dritte Reich als Kriegsziel. Mit seinen Vorstellungen des dritten Reiches knüpfte er ganz bewusst an die Stauferzeit an. In diesem neuen Reich sollte eine neue, tiefer gegründete Menschenwürde ihren Platz finden. Die Menschen sollten stolz sein auf eine Pflicht und nicht auf den Besitz. Ernst Krieck schuf die Idee einer reinen Erziehungswissenschaft, deren wesentliche Aufgabe darin bestehe, die Erziehungsidee aufzuspüren. Dieser Idee unterstehe jede Wirkung, die ein Mensch auf einen anderen ausüben könne. Die Erziehung sei die Urfunktion einer Gesellschaft und dadurch keine Aufgabe, sondern natürlich gegeben. (Vgl. Lingelbach 1970, S. 67ff.) Krieck fasst den Begriff der Erziehung bei seiner Begründung der reinen Erziehungswissenschaft sehr weit. Erziehung sei etwas, das nicht unbedingt intentional, sondern vor allem funktional geschehe. Etwas, das unbewusst vonstatten geht, ein Vorgang, der sich von selbst ergibt. Entscheidend sei nicht die absichtsvolle Beeinflussung von Eltern, Lehrern etc., sondern die Modalitäten des Aufwachsens in einer sozialen Gemeinschaft. (Vgl. Giesecke 1993, S. 35) Hier wird klar, wie viel Bedeutung der NS-Pädagoge der Sozialisation beimisst.

Ernst Krieck ordnet die intentionale Erziehung der funktionalen unter und spricht die eigentliche Macht der Erziehung den funktionalen Kräften und Mächten zu. Der Mensch selbst habe gar nicht die Möglichkeit, sich selbst Ziele zu setzen und dann auch die Realität danach zu gestalten. Dieses Argument zieht nach sich, dass auch die bewusste und klare Zielsetzung der Pädagogik gegenüber den mächtigen Kräften wirkungslos und ohnmächtig bleiben muss. (Vgl. Hojer 1996, S. 87ff.) Diese krasse Unterscheidung von intentionaler und funktionaler Erziehung kritisiert Hojer scharf: seiner Meinung nach, bedingten funktionale und intentionale Erziehung einander und gingen auch ineinander über. „Wenn aber in der Zielbestimmung Erziehung entscheidend mitwirkt, dann muß sich die von Krieck vollzogene strikte Trennung zwischen der funktionalen und intentionalen Erziehung als unhaltbar erweisen.“ (Hojer 1996, S. 89)

2.2.2 Die Gemeinschaft

Damit die Pädagogik überhaupt zur Wissenschaft werden könne, denn nach Krieck war sie das zu diesem Zeitpunkt noch nicht, müsse der Blick weg vom Erziehungsvorgang von einzelnen Menschen hin zu geistig-sozialen Gebilden gerichtet werden. Das geistig-soziale Gebilde, welches ihm dabei vorschwebte, war die Gemeinschaft. Sie sollte der Gegenstand von erziehungswissenschaftlichen Betrachtungen sein. Krieck war der Meinung, dass die Menschheit sich in Gemeinschaften aufgliedere, wobei er unter einer Gemeinschaft einen geistigen Organismus verstand, dessen individuelle Gestalt sich durch eine zeitlose Idee ausmacht. Diese Idee bestimme das gesamte Leben der Gemeinschaft und jedes einzelne Glied sei davon durchdrungen. Überhaupt sei die einzelne Person nur als Glied der Gemeinschaft zu begreifen. In der modernen Gesellschaft gehöre sie regionalen (Gemeinde, Staat etc.) und funktionalen (Vereine, Kirchen etc.) Gemeinschaften an. Zwei Gemeinschaftgebilde hebt Krieck besonders hervor: die Familie und das Volk. Die Familie ist die Institution, welche überhaupt der Ausgangspunkt für die Gemeinschaftsbildung sei und welche die Grundideen der größeren Gemeinschaften in sich trage. Das Volk bilde dagegen den obersten Abschluss aller Gemeinschaften, da es alle anderen Systeme wie Kultur, Recht usw. einschließe und ihnen ihre Funktionen zuweise. Gegensätzliche Interessen scheint es nach der Betrachtungsweise des NS-Pädagogen nicht zu geben. Im Gegenteil, der Mensch werde dadurch frei, dass er sich vollkommen in den Gemeinschaftsgeist eingliedere. (Vgl. Lingelbach 1970, S. 70ff.)

Der NS-Pädagoge stellte in diesem Kontext vier gleichberechtigte Formen der (Fremd-) Erziehung auf:

1. Die Gemeinschaft erzieht die Gemeinschaft.
2. Die Gemeinschaft erzieht die Glieder.
3. Die Glieder erziehen einander.
4. Die Glieder erziehen die Gemeinschaft.

Die vier Punkte wurden durch zwei weitere Formen der Selbsterziehung ergänzt:

1. Die Gemeinschaft erzieht sich selbst.
2. Der Einzelne erzieht sich selbst. (Lingelbach 1970, S. 70)

Die Erziehungswirkungen sind nach Krieck eben nicht nur auf pädagogische Einrichtungen beschränkt, sondern auch der Einzelne wirkt auf den Einzelnen und die Gemeinschaften wirken aufeinander. Jeder trägt demnach seinen Teil zur Erziehung anderer bei. Diesen komplexen Zusammenhang der Erziehung nennt Krieck organisch. (Vgl. Giesecke 1993, S. 36f.) Die Aufgabe des Einzelnen innerhalb der Gemeinschaft sollte nach Krieck darin bestehen, sich mit dem elementaren Gemeinwillen zu identifizieren, welcher aus dem Unbewussten von allein aufsteigt. Nicht die begriffliche Auseinandersetzung führt nach diesem Schema zur Wahrheit, sondern ein irrationales Gefühl, das jedem Mitglied der Gemeinschaft innewohnen sollte. Wer sich dem objektiven Gemeinschaftswillen nicht fügen wollte, sollte Zwang erleiden. Damit kam Krieck der Einstellung des Nationalsozialismus sehr entgegen, denn auch Benze schrieb 1936 in einem Aufsatz, dass die nationalsozialistische Erziehung die Erziehung zu einem gesunden und tüchtigen Einzelmenschen und die Erziehung zu einem tatbereiten Mitglied der Volksgemeinschaft umfasse. (Vgl. Kanz 1990, S. 152)

Natürlich kann nicht jedes Mitglied einer Gemeinschaft zu den Machthabern gehören. Alle anderen sind zur Dienstschaft verpflichtet. Dieses Wort wurde von Krieck durchaus nicht negativ konnotiert, jedoch verbirgt sich dahinter „die Knechtschaft des Einzelnen unter der Diktatur mit ihrer 'Typenzucht'“. (Hojer 1996, S. 124) Unterwerfung, aber auch Ausrottung sind für den ehemaligen Volksschullehrer durchaus angemessene Methoden, um die Idee des Urgeistes durchzusetzen. (Vgl. Hojer 1996, S.102ff.)

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Details

Title
Erziehung und Bildung im Nationalsozialismus
Subtitle
Ideologien am Beispiel von Ernst Krieck und Alfred Baeumler
College
University of Münster
Course
Bildung zwischen Ökonomie und Sozialem
Grade
1,3
Author
Year
2009
Pages
21
Catalog Number
V126605
ISBN (eBook)
9783640324767
ISBN (Book)
9783640326419
File size
463 KB
Language
German
Keywords
Erziehung, Bildung, Nationalsozialismus, Ideologien, Beispiel, Ernst, Krieck, Alfred, Baeumler
Quote paper
Anne Mey (Author), 2009, Erziehung und Bildung im Nationalsozialismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126605

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