Die Ausgabeneffektivität des Wohlfahrtsstaates

Ein Vergleich von Deutschland und Schweden am Beispiel der Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik


Dossier / Travail, 2009

33 Pages, Note: 1,0


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Forschungsstand und Vorgehensweise

3. Wirtschaftscharakteristika der Wohlfahrtsstaaten Deutschland und Schweden

4. Ausgabeneffektivität der Arbeitsmarktpolitik
4.1 Arbeitsmarktpolitik in Deutschland und Schweden
4.1.1 Passive Arbeitsmarktpolitik in Deutschland und Schweden
4.1.2 Aktive Arbeitsmarktpolitik in Deutschland und Schweden
4.2 Zusammenfassung

5. Ausgabeneffektivität im Gesundheitssystem
5.1 Organisation
5.2 Finanzierung
5.3 Effektivität
5.4 Zusammenfassung

6. Fazit

7. Anhang

8. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Hohe Arbeitslosigkeit, demografischer Wandel, Globalisierung – dies sind einige der Prob-lembereiche und Herausforderungen auf die der Wohlfahrtsstaat heute reagieren muss. Vom Umgang mit diesen Problemen hängt die zukünftige Finanzierbarkeit der sozialen Sicherung ab. Was ein Staat investiert um sie zu lösen und welche Ansätze und Strategien er dabei ent-wickelt, ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Wohlfahrtsstaates.

In meiner Arbeit will ich die beiden Wohlfahrtsstaaten Deutschland und Schweden hinsich-tlich ihrer Ausgabeneffektivität in den Bereichen Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik ver-gleichen um herauszufinden, welcher Staat das effektivere System hat und was es leisten kann. Hierbei wird es größtenteils um den aktuellen Stand gehen, nicht um Entwicklungspro-zesse in den vergangenen Jahren und auch nicht um die Wirksamkeit zukünftiger Reformen, denn das würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten.

Auf die Arbeitsmarktpolitik will ich eingehen, weil Arbeitslosigkeit seit langer Zeit eines der politischen Hauptthemen ist und in den letzten Jahren sowohl in Deutschland als auch in Schweden umfangreiche Reformen auf diesem Gebiet stattgefunden haben. Ich versuche he-rauszufinden, wie wirksam die einzelnen Elemente der Arbeitsmarktpolitik sind und wie viel Geld die Staaten dafür ausgeben.

Mit der Gesundheitspolitik will ich mich beschäftigen, weil die Schaffung eines funktionie-renden, effektiven und für alle Bürger zugänglichen Gesundheitssystems eine der schwersten Aufgaben der derzeitigen Politik ist und auch zukünftig sein wird. Wichtig ist in diesem Zu-sammenhang vor allem die Finanzierung. Die Frage ist also: Wie effektiv arbeiten die beiden Systeme heute, was leisten sie und wie zukunftsfähig sind sie?

Ein Vergleich von Deutschland und Schweden hinsichtlich anderer Bereiche der öffentlichen Wohlfahrt, wie der Renten- oder Bildungspolitik kann in dieser Arbeit nicht geleistet werden, da sich die Arbeit in einem Umfang von ungefähr zwanzig Seiten bewegen soll. Ich habe mich für die Bereiche Arbeitsmarkt und Gesundheit entschieden, weil sie sehr große Teile der Bevölkerung direkt betreffen und Reformen entweder gerade durchgeführt wurden oder kurz bevorstehen.

2. Forschungsstand und Vorgehensweise

Beginnen will ich die Arbeit mit einer kurzen Beschreibung der Wirtschafts- und Sozialsys-teme der Wohlfahrtsstaaten Deutschland und Schweden, hier werde ich die staatlichen Rah-menbedingungen für die beiden Hauptthemen der Arbeit erläutern, beide Länder einem Wohl-fahrtsstaatentypus zuordnen und einige Probleme aufzeigen mit denen sie heute umgehen müssen. Im Anschluss gehe ich zunächst auf die passive und dann auf die aktive Arbeits-marktpolitik ein, die den neueren Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik ausmacht. Hierbei wer-de ich die einzelnen Elemente erläutern und die Ausgaben in beiden Staaten vergleichen. Am Ende dieses Kapitels wird die Auswertung der Daten und Vergleiche stehen. Im Kapitel zur Gesundheitspolitik gehe ich im ersten Unterpunkt auf die Organisation der verschiedenen Systeme ein, da dies für das Verständnis der nächsten Unterpunkte wichtig ist. Im Folgenden werde ich die verschiedenartige Finanzierung und die Effektivität der Gesundheitssysteme darlegen, um anschließend die zusammengetragenen Informationen zusammenzufassen und auszuwerten. Am Ende der Arbeit steht ein Fazit, das einen Überblick über die gewonnen Erkenntnisse und einen kurzen Ausblick in die Zukunft liefern soll.

In der Arbeit werde ich mich vor allem auf Studien berufen, die sich mit den beiden Themen befassen und auf Daten aus den Onlinedatenbanken von Eurostat und der „Organisation for Economic Cooperation and Development“ (im Folgenden: OECD). Besonders zur aktiven Arbeitsmarktpolitik gibt es schon zahlreiche Studien, die sich mit der Beschäftigungswirk-samkeit der einzeln]en Maßnahmen befassen und sie auswerten. Von besonderer Bedeutung sind hier Studien des „Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“ (im Folgenden: IAB), das auch internationale Vergleiche zieht, sowie ein Research Paper des Hamburger WeltWirt-schaft Instituts: „Reform der schwedischen Arbeitsmarkt- und Tarifpolitik“. Außerdem liefert der Internetauftritt der schwedischen Arbeitslosenversicherung, „Inspektionen för Arbetslös-hetsförsäkringen“ (im Folgenden: IAF), aktuelle Informationen über die schwedische Arbeits-losenversicherung und eine Studie des „Institutet för Arbetsmarknadspolitisk Utvärdering“ (im Folgenden: IFAU) Informationen über die Wirksamkeit einzelner Elemente der schwedi-schen Arbeitsmarktpolitik.

Um die Effektivität der einzelnen Maßnahmen in der Arbeitsmarkpolitik zu beschreiben wer-de ich vor allem die oben genannten Studien heranziehen, des Weiteren werde ich dann die Ausgaben für die einzelnen Maßnahmen miteinander vergleichen. Ich werde nicht auf die Teilnehmerzahlen der einzelnen der Maßnahmen eingehen und auch nicht die Anzahl der Teilnehmer analysieren, die von einer Maßnahme in Arbeit wechseln, da mir dies für die Auswertung der Ausgabeneffektivität nicht sinnvoll erscheint.

Forschung zur Effektivität von Gesundheitssystemen haben vor allem die OECD und die „World Health Organisation“ (im Folgenden: WHO) betrieben und Ergebnisse veröffentlicht. Viel Kritik wurde am Weltgesundheitsbericht der WHO aus dem Jahr 2000 geübt, worauf im Punkt 5.3 noch genauer eingegangen wird. Dort wurden die Gesundheitssysteme aller Mitg-liedsstaaten in verschiedenen Rankings platziert und verglichen. Auch der European Health Consumer Index befasst sich mit den verschiedenen Gesundheitssystemen, legt dabei den Schwerpunkt allerdings auf die Patientenfreundlichkeit und lässt die wirtschaftliche Seite wei-testgehend außer Acht.

3. Kurze Beschreibung der Wirtschafts- und Sozialsysteme der Wohlfahrts-staaten Deutschland und Schweden

Das Wirtschafts- und Sozialsystem Deutschlands beruht vor allem auf der Kooperation der Arbeitsmarktparteien auf Branchenebene. Der Wettbewerb wird von einer staatlichen Norm-setzung begrenzt, dadurch soll eine Sozialbindung, aber auch eine Wettbewerbs-, Konjunktur-und Stabilisierungspolitik des Marktes stattfinden. Seit der zweiten Hälfte der sechziger Jahre ist die staatliche Verantwortung für Stabilität und Wachstum gesetzlich verankert, sowie die Förderung eines hohen Beschäftigungsstandes. Ziele wie Währungsstabilität, wettbewerbsfä-hige Märkte, die Regelung der Löhne und Arbeitsbedingungen sind zum Teil entpolitisiert. Erreicht wird dies zum Einen dadurch, dass viele Regelungskompetenzen bei unabhängigen Einrichtungen (z.B. Bundesbank, Bundeskartellamt) liegen und zum Anderen durch die Tarif-autonomie1, die im Grundgesetz verankert ist (Artikel neun Absatz drei) und den Tarifpartei-en Verträge und Verhandlungen ohne staatliche Eingriffe zusichert.

Zentrale Bereiche der Wirtschaft der Bundesrepublik sind die Industrie und das verarbeitende Gewerbe2, außerdem ist Deutschland in hohem Maße exportorientiert und gehört zu den Län-dern mit den meisten Warenausfuhren weltweit.3

Das Sozialsystem in Deutschland besteht hauptsächlich aus den großen, umlagefinanzierten Sozialversicherungen zur Absicherung von Alter, Invalidität, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit. Das Sicherungssystem will weniger Gleichheit oder Umverteilung be-wirken, als vielmehr Statuserhalt mit überwiegender Beitragsfinanzierung aus Erwerbsein-kommen durch abhängige Arbeit in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Leistungen aus der Renten- und Arbeitslosenversicherung bemessen sich nach den eingezahl-ten Beiträgen sowie den Versicherungszeiten. So wird der im Laufe der Berufskarriere erwor-bene Status auf den Status als Bezieher von Sozialleistungen übertragen und soziale Rechte hängen zum Teil von der vorhergehenden beruflich-sozialen Position ab. Außerdem ist die Struktur des Wirtschafts- und Sozialsystems an die traditionelle geschlechterspezifische Ar-beitsteilung geknüpft: Das Erwerbseinkommen des Mannes soll ausreichen um seine Frau und seine Kinder mitzufinanzieren.4 Aus diesen Gründen ordnet der dänische Politikwissenschaft-ler und Soziologe Gøsta Esping-Andersen in seinem Buch „The three worlds of welfare capi­talism“ den deutschen Wohlfahrtsstaat dem konservativen Typ zu. Eine Eigenschaft dieses Typs ist auch, dass der Status der Hausfrau dadurch gestärkt wird, dass das Kindergartenwe-sen und ähnliche Familiendienstleistungen unterdurchschnittlich ausgebaut sind.5

Die Einnahmen der Sozialversicherungen steigen oder sinken mit der Konjunktur und dem Beschäftigungsstand, so werden Finanzierungsengpässe unvermeidlich wenn die Zahl der Arbeitsplätze sinkt, die Einkommen und damit die Beiträge stagnieren oder zurückgehen und durch wachsende Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit die Ausgaben steigen.6

Im schwedischen Wirtschafts- und Sozialsystem spielen vor allem die zentrale und solidari-sche Lohnpolitik und die aktive Arbeitsmarktpolitik eine wesentliche Rolle. Die solidarische Lohnpolitik, soll die Egalisierung der Einkommen bewirken und die Arbeitsmarktsegmentati-on vermeiden. In der Übereinkunft von Saltsjöbaden von 1938, der Grundlage des so genann-ten „Schwedischen Modells“, erkannten die Unternehmen die Gewerkschaften als legitime Interessenvertreter der Arbeiterschaft an und die Gewerkschaften verpflichteten sich, das Mo-nopol der Unternehmer auf organisatorische Entscheidungen innerhalb des Arbeitsprozesses zu respektieren. Das gemeinsame Ziel sind der Arbeitsfrieden und die Vollbeschäftigung. Der Staat soll zwar eine aktive Rolle spielen aber nur indirekt eingreifen, z.B. durch Schlichtung. Wie die deutsche ist auch die schwedische Wirtschaft stark exportorientiert. Außerdem ist sie geprägt durch einige große, global ausgerichtete Unternehmen wie Ericsson, Volvo oder Saab.7

Der schwedische Sozialstaat gründet auf der Idee der Universalität sozialer Rechte, weshalb er auch die Minimierung von Ungleichheit und den sozialen Ausgleich anstrebt. Die gesamte Bevölkerung ist im Sozialsystem gegen Risiken von Krankheit bis Alter erfasst, ungeachtet des Einkommens und der Beschäftigung. Zusätzlich gibt es Leistungen, die von der ehemali-gen oder aktuellen Berufsrolle abhängen und steuerfinanzierte Sozialausgaben wie z.B. staat-liche Rentenzuschüsse. Die Finanzierung des Systems erfolgt zu circa 60 % aus den von Ar-beitgebern und Arbeitnehmern eingezahlten Beiträgen und zu etwa 40 % aus Steuern.8

In Gøsta Esping-Andersens Modell gehört Schweden zum dritten Typ von Wohlfahrtsstaaten, dem sozialdemokratischen. Dieser ist vor allem durch den Universalismus und die Erweite-rung der individuellen Unabhängigkeit des Einzelnen gekennzeichnet. Er betont auch das Ziel der Vollbeschäftigung das diesem Typ eigen ist und das die anderen beiden Wohlfahrtsstaats-typen9 nicht aufweisen.10

Auch im schwedischen Sozialsystem treten die für westeuropäische Demokratien typischen Probleme auf, wie die Finanzierungsprobleme bei den Renten bedingt durch den Geburten-rückgang und die längere Lebenserwartung oder Qualitätsdefizite im Gesundheitswesen.11

4. Ausgabeneffektivität der Arbeitsmarktpolitik

Seit den 1990er Jahren verfestigte sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland. Sie stieg, in der Definition der OECD, von 5,6 % im Jahr 1991 auf 9,9 % im Jahr 199712 und liegt nach Euros-tat im Jahr 2008 bei 7,3 %. Die Dauer der Erwerbslosigkeit nahm ebenfalls durchschnittlich zu, waren 1992 noch 33,5 % der Arbeitslosen über 12 Monate ohne Arbeit waren es 2006 56,4 %.13

Auch in Schweden führten wirtschaftliche Krisen Anfang der neunziger Jahre zu geringerer Beschäftigung und höheren Arbeitslosenzahlen. So stieg die Arbeitslosigkeit von 1,7 % 1990 auf 9,6 % 199614, liegt aber im Juni 2008 wieder bei 5,1 %. 15

Um die Arbeitslosigkeit zu verringern setzten beide Staaten zunehmend auch auf aktive Ar-beitsmarktpolitik, die die Funktionsweise des Arbeitsmarktes verbessert oder für mehr Chan-cengleichheit am Arbeitsmarkt sorgen soll, während passive Arbeitsmarktpolitik für die fi-nanzielle Absicherung der von Erwerbslosigkeit betroffenen Personen sorgt. Zu den Elemen-ten aktiver Arbeitsmarktpolitik zählen erstens Beratungs- und Vermittlungsangebote des Ar-beitsamtes, zweitens Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen und drittens alle Maßnah-men, die den gesamtwirtschaftlichen Umfang der Arbeitsnachfrage unmittelbar erhöhen, z.B. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und staatliche Lohnkostenzuschüsse. 16

4.1 Arbeitsmarktpolitik in Deutschland und Schweden

In Deutschland gilt seit dem 1. Juli 1990 für das gesamte heutige Bundesgebiet das „Gesetz über die Leistungen und Aufgaben zur Beschäftigungssicherung und zur Förderung des Wirt-schaftswachstums“. In §1 sind die Ziele des Gesetzes formuliert:

1) Die Leistungen der Arbeitsförderung sollen dazu beitragen, dass ein hoher Beschäftigungsstand er-reicht und die Beschäftigungsstruktur ständig verbessert wird. Sie sind insbesondere darauf auszurich-ten, das Entstehen von Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder die Dauer der Arbeitslosigkeit zu verkürzen. Dabei ist die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leis-tungen sind so einzusetzen, dass sie der beschäftigungspolitischen Zielsetzung der Sozial-, Wirtschafts-und Finanzpolitik der Bundesregierung entsprechen.17

Die schwedische Arbeitsmarktpolitik wird von dem Begriff der "arbetslinje" geprägt, der seit über 50 Jahren besteht. Die "arbetslinje" umfasst nicht nur das Ziel der Vollbeschäftigung, sondern enthält auch normative Elemente der Verpflichtung des Einzelnen, seine Arbeitskraft zur Existenzsicherung einzusetzen. Dieses Leitbild wurde Ende der 90er Jahre wieder intensiv verankert.18

4.1.1 Passive Arbeitsmarktpolitik

Sowohl in Deutschland als auch in Schweden werden im Falle von Arbeitslosigkeit unter be-stimmten Bedingungen Lohnersatzleistungen gezahlt. Diese sollen Armut vermeiden und ein Existenzminimum garantieren.19 Es gibt allerdings verschiedene Meinungen über die Auswir-kung solcher staatlichen Unterstützung: Ulrich Zierahn vom Hamburgischen Welt Wirt-schaftsinstitut schätzt die Wirkung passiver Arbeitmarktpolitik folgendermaßen ein:

Passive Unterstützungsleistungen wie Arbeitslosen- oder Sozialhilfe wirken über zwei Kanäle auf die Arbeitslosigkeit: Sie verringern einerseits die Angst vor Arbeitslosigkeit und führen daher zu höheren Lohnforderungen, welche jedoch in Arbeitslosigkeit resultieren. Andererseits verringern sie die Suchin-tensität der Arbeitslosen, da diese nun durch das Alternativeinkommen einem geringeren finanziellen Druck ausgesetzt sind. Lang andauernde Arbeitslosenhilfe führt daher über verringerte Anreize zu lang andauernder Arbeitslosigkeit, insbesondere wirkt sich lang andauernde Arbeitslosenhilfe stärker auf die Arbeitslosigkeit aus als die Höhe der Unterstützungsleistungen.20

Er schreibt aber ebenfalls, dass Arbeitslosenhilfe dazu führt, dass die Arbeitslosen unter ge-ringerem Druck stehen und so länger eine ihren Qualifikationen entsprechende Beschäftigung suchen und Arbeitslosenhilfe so sogar die Produktivität steigern kann. 21

Carsten G. Ullrich greift das Thema Arbeitslosenunterstützung in seinem Buch „Soziologie des Wohlfahrtsstaates“ ebenfalls auf, kommt aber zu dem Schluss, dass Lohnersatzleistungen eher einen geringen Anreiz bieten länger in der Arbeitslosigkeit zu bleiben als nötig. 22

Das wichtigste Element der passiven Arbeitsmarktpolitik in Deutschland sind Lohnersatzleis-tungen in Form von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Diese treten im Falle von Er-werbslosigkeit an den Platz des Arbeitsentgeltes.

Das Arbeitslosengeld, heute Arbeitslosengeld I, ist als Versicherungsleistung konzipiert und wird aus der Arbeitslosenversicherung gezahlt, deren Beiträge, zu gleichen Teilen von Ar-beitnehmer und Arbeitgeber getragen werden.23 Anspruch auf das Arbeitslosengeld I hat, wer mindestens zwölf Monate in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden hat. Die Höhe des Arbeitslosengeldes I hängt vom Lebensalter und der Dauer der Versicherungs-pflichtverhältnisse ab.24 Das tägliche Arbeitslosengeld beträgt 60 % des vorherigen Leis-tungsentgeltes.25

Personen die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben erhalten seit 1. Januar 2005 Ar-beitslosengeld II. Es entstand aus einer Zusammenführung der früheren Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe. Nichterwerbsfähige Personen erhalten Sozialgeld oder Sozialhilfe. Die Kosten für die Zahlungen der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und die Eingliede-rungsleistungen26 werden von den Arbeitsagenturen übernommen. Die Kommunen überneh-men die Kosten für Unterkunft und Heizung, flankierende Eingliederungsleistungen und be-sondere einmalige Leistungen. 27

Die Bundesregierung hat für die Einkommensunterstützung Arbeitsloser im Jahr 2005 ca. 51,5 Milliarden Euro28 ausgegeben, rund 2,3 % des Bruttoinlandsprodukts (im Folgenden: BIP)29. Die Zahl der Arbeitslosen lag in diesem Jahr bei 4,6 Millionen30. Ein Arbeitsloser kos-tete den Staat also im Schnitt 11.195,60 Euro.

[...]


1 Koch, Max: Arbeitsmärkte und Sozialstrukturen in Europa Wege zum Postfordismus in den Niederlanden, Schweden, Spanien, Großbritannien und Deutschland. Wiesbaden 2003, S. 77.

2 http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/IndustrieVerarbGew erbe/IndustrieVerarbGewerbe,templateId=renderPrint.psml__nnn=true, 14.09.2008.

3 http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Aussenhandel/Aktuell,t emplateId=renderPrint.psml, 14.09.2008.

4 Vgl. Koch, S.78f.

5 Vgl. Esping-Andersen, Gøsta: The three worlds of welfare capitalism. Princeton 1990, S.27.

6 Koch, S. 79.

7 http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Schweden/Wirtschaft.html, 14.09.2008.

8 Koch, S. 119ff.

9 Der liberale und der konservative Typ.

10 Vgl. Esping-Andersen, S. 27f.

11 Vgl. Kuylenstierna, Gerda: Das Sozialsystem in Schweden, Berlin 2005, S.1.

12 Kröger, Martin; Ulrich van Suntum: Mit aktiver Arbeitsmarktpolitik aus der Beschäftigungsmisere? Ansätze und Erfahrungen in Großbritannien und Deutschland. Gütersloh 1999, S.9.

13 Siehe Tabelle 1.

14 Siehe Tabelle 2.

15 Allen, Tim: Eurostat Pressemitteilung Euroindikatoren 109/2008 – 31. Juli 2008, S.1.

16 Kröger; van Suntum, S.9f.

17 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) – Arbeitsförderung

http://bundesrecht.juris.de/sgb_3/BJNR059500997.html#BJNR059500997BJNG000200000 11.8.2008.

18 http://www.boeckler.de/163_19660.html, 20.08.2008.

19 Konle-Seidl, Regina: Hilfereformen und Aktivierungsstrategien im internationalen Vergleich. IAB For-schungsbericht 7/2008, Nuremberg 2008, S.24.

20 Zierahn, Ulrich, Reform der schwedischen Arbeitsmarkt- und Tarifpolitik, HWWI Research Paper, 1-14, Hamburg, 2008, S.41.

21 Vgl. Zierahn, 2008, S.40.

22 Vgl. Ullrich, Carsten G.: Soziologie des Wohlfahrtsstaates eine Einführung. Frankfurt am Main 2005, S.193f.

23 http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=X8TLFN, 28.10.2008.

24 http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=R759HG, 28.10.2008.

25 Arbeitsagentur (Hrsg.): Änderungen Aktualisierung, Stand 08/2005, S.5.

26 Eingliederungsleistungen: u. a. Mobilitätshilfen, Trainingsmaßnahmen, die Förderung der beruflichen Weiter-bildung, Einstiegsgeld, Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen an Arbeitgeber (z.B. Eingliederungszuschüsse), Förderung der Berufsausbildung Benachteiligter, Beschäftigung begleitende Einglie-derungshilfen, Förderung der beruflichen Weiterbildung beschäftigter Arbeitnehmer, Arbeitsbeschaffungsmaß-nahmen (ABM), Förderung von Arbeitsgelegenheiten und Leistungen zur Beschäftigungsförderung. Bundesmi-nisterium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Grundsicherung für Arbeitsuchende SGB II: Fragen und Antworten. Referat Information, Publikation, Redaktion, Bonn 2008, S.10.

27 Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2008, S.26.

28 Siehe Tabelle 3.

29 Siehe Tabelle 6.

30 Siehe Tabelle 4.

Fin de l'extrait de 33 pages

Résumé des informations

Titre
Die Ausgabeneffektivität des Wohlfahrtsstaates
Sous-titre
Ein Vergleich von Deutschland und Schweden am Beispiel der Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik
Université
Humboldt-University of Berlin  (Nordeuropa-Institut)
Cours
Sozial- und Wohlfahrtspolitik Skandinaviens
Note
1,0
Auteur
Année
2009
Pages
33
N° de catalogue
V126612
ISBN (ebook)
9783640324835
ISBN (Livre)
9783640326440
Taille d'un fichier
522 KB
Langue
allemand
Mots clés
Wohlfahrtsstaat, Schweden, Arbeitsmarktpolitik, Gesundheitspolitik, soziale Sicherung, Deutschland, Wohlfahrt, Ausgabeneffektivität, Effektivität
Citation du texte
Stefanie Mnich (Auteur), 2009, Die Ausgabeneffektivität des Wohlfahrtsstaates, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126612

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