Freiheit und Schuld: Darstellung an den Gedanken Kants


Term Paper, 2008

25 Pages, Grade: 2,7


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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Herleitung des Bösen und Problematiken

3 Was folgt aus der Freiheit als Wesensfreiheit (Thomas von Aquin) für den Begriff der Willensfreiheit?

4 Moral und Freiheit als Autonomie bei Kant

5 Kritische Auseinandersetzung mit der empirischen Ethik

6 Eigene Stellungnahme

1. Einleitung

Diese Arbeit möchte sich zunächst mit Kant´s Gedanken zur Thematik des Bösen beschäftigen und im Verlauf klären, woher sich das moralisch Böse ableiten lässt und welche Problematik sich daraus ergibt. Insbesondere möchte ich der Frage nach dem Maximum des Bösen näher nachgehen, sowie auch der Rolle der Vernunft und des Willens, denn, was bringt uns dazu, böse Gedanken zu hegen und wie wirken sich diese auf unser Leben aus? Im weiteren Verlauf dieser Arbeit möchte ich näher auf die Begriffe der Willens- und Wesensfreiheit bei Thomas von Aquin eingehen. In diesem Punkt möchte ich u. a. klären, was der Mensch tun muss, um ganz er selbst zu werden. Wie kann der Mensch in seine ihm eigenste Wesensgestalt gelangen und welche Rolle spielt hierbei der Wille? Was muss der Wille wollen, damit das Wesen Mensch seine Autarkie erlangt? Welche Funktion spielt in diesem Sinne die Wahrheit? Wie erfahre ich sie und wie kann der Mensch durch sie frei werden? Welchen Einfluss haben äußere Determinanten auf den Menschen? Diese Frage stellt für den weiteren Verlauf eine gute Überleitung zu Kant´s Überlegungen zum Autonomie-verständnis dar. Hier möchte ich der Frage nachgehen, inwiefern der Mensch von sich selbst behaupten kann, dass er das, was er getan auch wirklich gewollt hat. Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Vernunft und der Akt der Erkenntnis? Ab wann kann der Mensch von sich selbst behaupten, er sei frei oder selbstbestimmt, und wie steht es um das eigene Gewissen? Kann uns das Gewissen den Weg zu Gott weisen? Wie soll man sein Leben nach kant´schem Verständnis nach ausrichten, um frei zu werden? Gibt es in Kant´s Vorstellungen vielleicht eine Möglichkeit, einen Moment oder eine Situation, in welcher der Mensch moralisch frei werden kann, ohne dass die sinnliche Natur auf ihn einwirkt? Anschließend möchte ich versuchen zu erklären, woher Kant die bösen Taten der Menschen herleitet und wie er eine Beziehung zwischen dem Willen Gottes und dem Willen des Menschen begründet. Zum Abschluss dieser Arbeit soll eine kritische Stellungnahme zur empirischen Ethik erfolgen, in der ich versuche aufzuzeigen, dass das Handeln des Menschen nicht rein naturwissenschaftlich begründbar ist und dass wir Menschen nicht die willenlosen Sklaven unserer Gene sind. Eine eigene Stellungnahme soll diese Arbeit abrunden und meine eigene Sicht der Dinge verdeutlichen, als auch nochmals die Grenzen der empirischen Ethik darlegen.

2. Herleitung des Bösen und Problematiken

Das Böse beschreibt das Unberechenbare, Chaotische und hat einen destruktiven und irrationalen Charakter. Das Prädikat des Bösen wird Personen und Handlungen zugesprochen. Nach Kant werden die Begriffe der Zurechenbarkeit und der besonderen moralischen Negativität von der Vorstellung des moralisch Bösen abgegrenzt (nicht-reduktive-Theorie). Zurechenbar sind in diesem Sinne z. B. Verbrechen und Taten, die gegen das moralische Prinzip verstoßen. Man kann auch beide Grundelemente beibehalten und den Begriff des Bösen einer Kritik unterziehen, die ihn als haltlos entlarven würde. Dann aber würde man entweder die Zurechenbarkeit oder die Negativität aufgeben müssen, was allerdings beides unserer moralischen Intuition widersprechen würde. Die besondere Negativität ist ohne Einschränkung schlecht und besagt, dass einer Person objektiv das Charakteristikum „schlecht“ auferlegt wird, ohne jedoch die Hintergründe der Person zu kennen. Wenn wir entgegen Kant jetzt versuchen, die Begriffe Negativität und Zurechenbarkeit näher zu erläutern, könnten wir ein besseres Verständnis des Bösen erlangen. Da wir vieles „nicht tun sollten“ oder „wenn etwas nicht passieren darf“ wird in dieser Hinsicht vom Pluralismus in unserem Alltag ausgegangen. Wir werden also in unserem Alltag ständig mit Werten und Normen konfrontiert, deren Nichteinhaltung immer auch das moralisch Böse nach sich ziehen kann. Kant sieht vor diesem Hintergrund das moralisch Böse teils als vernachlässigbar und verurteilt gleichzeitig die Verbrechen des 20. Jahrhunderts mit ihren Menschenmorden und Kriegen durch Menschen und Institutionen. Es scheint zwar zunächst widersinnig, aber ohne das Gute könnte das Böse nicht existieren. Das Böse wird auf das Gute bezogen. Nach Kant stellt das Böse einen Mangel an Gutem dar. Allerdings würde hier dem Bösen ein eigener Antrieb abgesprochen werden und somit wäre im Prinzip eine böse Handlung von vornherein ein Irrtum oder eine Willensschwäche. Hätte das moralisch Böse hingegen einen eigenen Antrieb, dann würde sich das Problem ergeben, dass die Vernunft Anteil am Bösen hätte, sowie auch die Freiheit, und führt uns zum Grundproblem jener nicht-reduktiven Sichtweise. Zu einer Diskrepanz kommt es, wenn man versuchen würde, das moralisch Böse als zurechenbar und frei, sowie auch als uneingeschränkt negativ zu denken. Somit müsste der Zusammenhang zwischen Moral, Freiheit und Vernunft neu überdacht werden. Die sich hier ergebende nicht-reduktive Theorie spielt im kant´schen Denken eine große Rolle. Kant bestimmt die Zurechenbarkeit und die Negativität als „mit Bewusstsein gesetzwidrig“. Für Kant ist derjenige moralisch Böse, der sich gesetzwidrig gegenüber den obersten Maximen verhält.[1]

Hier kommt der Egoismus ins Spiel, der sich darin äußert, dass der Mensch alles andere seinem eigenen Wohlergehen unterordnet. Hier entspringt das Böse, wenn die Maximen der Selbstliebe und der Moral verkehrt werden. Hierbei versteht Kant den bösen Willen so, dass er dem unwissenden Menschen entspringt, der sich über seine Motive selbst gar nicht im Klaren ist, das Böse also aus einer Verblendung oder Selbsttäuschung herrührt. Es stellt sich die Frage nach dem teuflischen Willen, denn in dieser Verkehrung von Egoismus und Moral wird das Maximum des Bösen gesehen. Kant betont hier, dass der Mensch keinen teuflischen Willen besitzen kann, denn ein menschliches Wesen sei nicht dazu imstande, das Böse um des Bösen Willen zu wollen. Gleichwohl wären damit nicht alle Taten und Täter (Nazi Täter) zu erklären. Wenn in dieser Auffassung der teuflische Wille einer Person nachweisbar wäre, und zwar bei vollem Bewusstsein über die Bedeutung der Moral bei gleichzeitiger Untergrabung dieser, so hätte dies als Konsequenz eine totale Veränderung moralphilosophischen Verständnisses und die gesamte Ethik müsste überdacht werden. Im Ergebnis wäre die Vernunft gegenüber der Moral als neutral stigmatisiert und die Freiheit würde als unbestimmt gelten, weil sie auf allgemein rationalen Erwägungen und vernünftigen Entscheidungen beruhten. Das Böse stellte somit eine Lebensform dar, für die man sich willkürlich aus Selbstinteresse heraus entscheiden könnte, ohne sich selbst getäuscht zu haben. Das Ich eines Menschen würde demzufolge sozusagen arbiträr zur Moralität stehen. Es stellt sich im weiteren kant´schen Denken die Frage, ob der Mensch unter der Prämisse des Bösen ein gelingendes Leben aufbauen kann. Die Frage nach dem teleologischen Aspekt muss klar verneint werden, denn ein böser Wille zerstört nicht nur das Opfer, sondern in gleichem Maße auch den Täter. Der Täter verliert die rudimentäre Bindung an sich selbst und zu Anderen. Dieser teleologische Aspekt über die Zerstörung des Lebens äußert sich in den Erscheinungsformen der Laster und der Zweckentfremdung der Anlagen zum Guten durch den bösen Charakter. In seiner weiteren Denkschrift erkennt Kant, dass im Menschen keine boshafte Vernunft existent sein kann, die vom moralischen Gesetz freisprechen könnte, dem dann der Gehorsam rebellischerweise aufgekündigt würde. Er begründet dies durch die Annahme, dass der Mensch nicht den Widerstreit gegen das Gesetz selbst zur Triebfeder machen könne. Ein möglicher teuflischer Wille wird von verschiedenen Vertretern vor allem in Phänomenen wie dem Völkermord, der Folter als auch der Inquisition, dem Rassismus, der Folter und dem Nationalsozialismus gesehen.

Ebenso, ist in literarischen Werken wie Shakespeares Jago oder de Sades Juliette insoweit der teuflische Wille zu finden, als hier von Fiktion gesprochen werden kann, die zudem noch der Verifikation bedarf.[2]

Hierbei muss der Empirie des Willens näher nachgegangen werden, insbesondere muss versucht werden, den teuflischen Willen anhand der Geschichten und in der Auslegung von moralisch Bösem nachzuweisen. In Einzelfällen kann die Verkehrung als Erklärung des Bösen herangezogen werden, aber eben nicht immer. Man unterscheidet die Einzelfälle in 3 Kategorien, die den teuflischen Willen begründen sollen: Zum Einen die gegen die Moral gerichtete Ideologie, zum Zweiten den bösartigen Sadismus und zum Dritten den reflektierten Sadismus. Man schaut bei der Einteilung auf die Motivation der Person, sowie auf seine Neigungen, gegen die Moral zu handeln. Bei der Ideologie sprechen Grundsätze der Person gegen die Moral, ohne sie jedoch ganz abschaffen zu wollen. Es sollen andere Zwecke erreicht werden. In einer zweiten Stufe würde das Böse sich aus einer direkt gegen die Moral verstoßenen Situation entwickeln. Beim Sadismus wird direkt aus einer Neigung heraus gegen die Moral verstoßen. Die Frage bei allen theoretischen Modellen bleibt allerdings bestehen: Können die möglichen Formen des Bösen Willens als Formen des teuflischen Willens verstanden werden? Bei der These der Ideologie – wie sie z. B. die Naziherrschaft verkörpert hat – kann angeführt werden, dass hierbei nicht aus eigenem Antrieb gehandelt wird, und auch nicht aus Selbstliebe, sondern vielmehr entspringt das Böse der eingenommenen Grundordnung einer Person, die sie selbst nicht zu begründen im Stande ist, und nicht nur zu ihrem Untergang führt, sondern vor allem zum Untergang anderer, ohne dabei eigenes Selbstinteresse hinaufzubeschwören. Hier kommt klar der Mechanismus des verlorenen Selbstbewusstseins zum Tragen, das durch die Gruppenzugehörigkeit gestärkt wird und Identifikation mit der Stärke der Gruppe ermöglicht. Ein Angriff auf die Gruppe bedeutet daher auch ein Angriff auf das eigene Ich. In diesem Fall wird das Böse nicht um seiner Selbst willen gesucht. Zum Beispiel haben die Nazis die moralisch pervertierten Ansichten dennoch als legitim angenommen und an ihre guten Auswirkungen geglaubt. Dies entspräche einer bösartigen Ideologie erster Stufe, die sogar Menschenleben opfern würde, nur um eine angeblich ideale Gesellschaft zu schaffen. Zugegeben, hier könnten auch Heuchelei und Selbsttäuschung das Böse herleiten. Viele Nazis führten ein zwiespältiges Dasein, sie ignorierten die Moral in ihrem Handeln und wahren gleichzeitig liebender Familienvater. Diese Banalität des Bösen Katz´s wurde von Hannah Arendt in eine Sonderform des Bösen überführt, dessen Irrsinn darin besteht, dass sie nicht teuflisch oder sadistisch ist, sondern auf bürokratischem Pflichtbewusstsein beruht. Daraus lässt sich nun folgern, dass Böses nicht immer teuflisch sein muss, und dass sich Kant´s Verkehrungstheorie möglicherweise erweitern lässt, und zwar dahingehend, dass man höhere Ziele vorgibt, die wichtiger seien, als[3] das Einhalten moralischer Prinzipien, was dessen ungeachtet ohne Verkehrung einer Pervertierung moralischer Grundsätze denkbar ist, wie z. B. im Rassismus. Die Moral wird hierbei nicht angegriffen, sie soll weiter gelten. Dem als minderwertig angesehenen Mensch wird dabei die Menschlichkeit abgesprochen, er ist abseits der moralischen Grenze. Dies führt zu einem bösartigen Idealismus gegen die Moral, der Mord zu einem legitimen Mittel erscheinen lässt, um einen Idealstaat zu errichten, in dem Mord um des Bösen willen nicht verboten ist und in dieser Form den Extremfall des teuflischen Willen verkörpert.

Böses kann auch dadurch entstehen, dass man einen Groll gegen das Gesetz hegt, der durch einen emotionalen Antrieb begründet ist. Auch hier findet sich genau wie bei der Überlegung der Verkehrung das Prinzip der verletzten Eigenliebe wieder, wenn nämlich den Menschen die Ohnmacht gegenüber der unendlichen Forderung des Gesetzes erdrückt. Infolge dessen könnte eine Kränkung des Selbst, hervorgerufen durch die Unterdrückung der eigenen Neigungen durch das Gesetz, dazu führen, dass sich hier Hass auf Moral bilden. Das Böse findet sich aber auch im Sadismus wieder, nämlich dann, wenn am Leid Anderer Freude empfunden wird. Colin MCGinn sieht hierin die Grundform des moralisch Bösen, weil die Opfer hier als Zweck einer Handlung gelten. Das Böse lässt sich dabei nicht in der einzelnen Handlung suchen, sondern sie findet ihren Ursprung viel mehr im Charakter des Urhebers. Das Böse beschreibt in diesen Zusammenhängen den Grad der moralischen Abscheulichkeit einer Handlung, ihre Hinterhältigkeit, oder den Schaden den sie verursacht. Beim Sadismus ist weiterhin festzustellen, dass der sadistische Wille im engeren Sinn nicht teuflisch ist. Denn der Sadist lässt sich von seinen Bedürfnissen leiten und folgt nicht der reinen Bosheit. Das Problem das sich hier ergibt besteht darin, dass die Bedürfnisse keinen Gegensatz zu moralischen Prinzipien darstellen, daraus ergibt sich: Der Mensch ist willensschwach! Der Sadist vollzieht gegen sein Gewissen sadistische Handlungen oder er redet sie sich einfach nur schön. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass Kant´s Begriff des Bösen, begründet in der Vernunft, hier nicht zu kurz greift, dennoch wird die Position der Neigungen, sowie auch der menschlichen Natur als zu unschuldig dargestellt. Wenn wir hier von der menschlichen Natur sprechen, so kann die Möglichkeit der Vererbung sadistischer Triebe als mögliche Ursache des Bösen angesehen werden. Im weiteren Sinn müssten hier noch die Wurzeln des Bösen im Sinnlichen geklärt werden.

De Sades geht von der Möglichkeit einer durch Grundsätze gestützten, bösartigen Sinnlichkeit, die zum Bösen in der menschlichen Natur hinzukommen könnte, aus. Diese korrumpierte – oder besser gesagt – verdorbene Sinnlichkeit, gibt die Motivation dazu, moralfeindliche Grundsätze zu formulieren.[4]

[...]


[1] Vgl. H. J., Ehni, Das moralisch Böse, Überlegungen nach Kant und Ricoeur 225-228.

[2] Vgl. H. J., Ehni, Das moralisch Böse, Überlegungen nach Kant und Ricoeur 228-232.

[3] Vgl. H. J., Ehni, Das moralisch Böse, Überlegungen nach Kant und Ricoeur 232-235.

[4] Vgl. H. J., Ehni, Das moralisch Böse, Überlegungen nach Kant und Ricoeur 235-240.

Excerpt out of 25 pages

Details

Title
Freiheit und Schuld: Darstellung an den Gedanken Kants
College
University of Osnabrück  (Katholische Theologie)
Course
Freiheit und Schuld
Grade
2,7
Author
Year
2008
Pages
25
Catalog Number
V126651
ISBN (eBook)
9783640328192
ISBN (Book)
9783640328819
File size
493 KB
Language
German
Keywords
Freiheit, Schuld, Darstellung, Gedanken, Kants
Quote paper
Manuel Berg (Author), 2008, Freiheit und Schuld: Darstellung an den Gedanken Kants, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126651

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