Die katholische Soziallehre


Term Paper (Advanced seminar), 2007

19 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

1. zum Begriff der katholischen Soziallehre
1.1 Solidarität und Subsidiarität

2. Zum Begriff der Sozialen Gerechtigkeit

3. Kurzer Historischer Überblick

Resümee

Bildnachweise

Literaturverzeichnis

Vorbemerkung

Die katholische Soziallehre bietet Kriterien, Weisungen und Perspektiven, die sich aus dem Evangelium, aus der Tradition der Kirche und aus der ethischen Reflexion für die Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse ergeben. Sie ist, wie unsere Sozialgeschichte zeigt, nicht ein für allemal fix und fertig.[1] Diese Worte von Bischof Franz Kamhaus beschreiben sehr treffend das `Wesen` der katholischen Soziallehre: Sie ist kein auf ewig fixiertes Regelwerk, vielmehr stellt es ein offenes System dar, welches sich durchaus den Strömungen des Zeitgeistes anzupassen vermag.

Die vorliegende Arbeit versucht sich kritisch mit der katholischen Soziallehre auseinander zu setzen. Eine zentrale Bedeutung soll dabei der modernen katholischen Soziallehre zukommen, wobei hierbei insbesondere die Wirkungsmächtigkeit dieser Lehre zu untersuchen ist. Zunächst geht es jedoch um eine Annäherung an die zentralen Begriffe der katholischen Soziallehre, welche von herausragender Bedeutung sind.

Im darauffolgenden Kapitel soll ein kurzer historischer Überblick folgen, in dessen Mittelpunkt vor allem die Geschichte und Bedeutung der päpstlichen Rundschreiben (Enzyklika) untersucht werden soll.

Abschließend folgt eine kurze Untersuchung zur Wirkungsmächtigkeit der katholischen Soziallehre, wobei der Schwerpunkt hierbei auf dem deutschen Raum nach 1945 liegen soll.

Zunächst jedoch ein kurzer Blick zum Begriff der katholischen Soziallehre.

1. zum Begriff der katholischen Soziallehre

Im vorliegenden Kapitel versuche ich mich dem Begriff der katholischen Soziallehre anzunähern, wobei ich mich auf Publikationen von Godehard Lindgens[2], Franz Josef Stegmann und Peter Langhorst[3] stützen werde.

Zunächst ist festzuhalten, dass die soziale Verkündung der Kirche so alt ist wie sie selbst, sie reicht von den Worten Jesu Christi bis in die heutige Zeit. Je mehr die Rechts- und Marktordnung an diese Prinzipien angenähert werden, umso mehr entspricht die politische oder wirtschaftliche Realität dem prinzipiell erreichbaren Ideal sozialer und individueller Gerechtigkeit. Darin findet sich auch der Ursprung der Doktrin der gottgewollten Ordnung.

Es ist also festzuhalten, dass der katholischen Soziallehre zum einen eine geistlich- theologische Aufgabe zukommt, diese aber flankiert wird durch eine weltlich- soziale Aufgabe.

Dabei befasst sich die doctrina socialis mit der Gesellschaft als Gegenstand und Erkenntnisziel. Man kann von einem doppelten Charakter der Disziplin sprechen, welche sich als lehramtliche und wissenschaftliche Äußerung der katholischen Kirche manifestiert. In ihrer Lehrtätigkeit erkennt sich die Kirche eine Kompetenz in Fragen der Gesellschaftsordnung zu, daneben ist die katholische Soziallehre eine wissenschaftliche Disziplin, wie sie an Universitäten und sonstigen Schulen gelehrt wird.[4]

Als Repräsentanten der doctrina socialis gelten der Papst und die Bischöfe, die außer dem Lehramt auch das Hirtenamt inne haben.[5]

Ideal der katholischen Soziallehre ist ein ordo socialis, eine nach christlichen und allgemeinen Grundsätzen geregelte Gesellschaft, welche all ihren Mitgliedern ein menschenwürdiges Dasein sichern soll.[6]

Von zentraler Bedeutung für die Sozialethik der katholischen Kirche sind die Begriffe der Solidarität und Subsidiarität. Diese beiden Kernbegriffe werden ergänzt durch die Prinzipien der Personalität und des Gemeinwohls. Das folgende Kapitel versucht sich diesen beiden Begriffen zu nähern.

1.1 Solidarität und Subsidiarität

Das Solidaritätsprinzip besagt, dass der Mensch auf seine Mitmenschen und die Gesellschaft angewiesen ist. Ebenso klar wird, dass die Gemeinschaft in der Sozialnatur der Person wurzelt und ihre Existenz deshalb nicht vom freien Belieben des einzelnen abhängt. Alles das was der einzelne tut, wirkt, bewusst oder unbewusst, gewollt oder nicht, auf die Gesellschaft.[7] Durch diesen Zusammenhang besteht folglich eine wechselseitige Beeinflussung und Abhängigkeit (das `Seinsprinzip` der Solidarität).

Das `Sollensprinzip` bedeutet die sittliche Verpflichtung des einzelnen, Verantwortung zu tragen und seine Kraft in den Schoß der Gesellschaft zu legen.[8] Diese Forderung gilt untereinander und wechselseitig, wobei jeder damit angesprochen wird, unabhängig von Einkommen und/ oder Bildung. Somit kann von einer engen Verbindung zur sozialen Gerechtigkeit gesprochen werden, beide zielen in die gleiche Richtung, sind aber keineswegs identisch.

Die primäre Funktion des Subsidiaritätsprinzips gilt der Ermöglichung und Sicherung der Freiheit. Ihren klassischen Ausdruck findet sie in der Enzyklika `Quadragesimo anno` aus dem Jahr 1931.

Es besagt, dass die Gemeinschaft tun muss, was der einzelne allein nicht vermag. Dies bedeutet umgekehrt aber auch, das die Gemeinschaft die Rahmenbedingungen schaffen muss, so dass der Einzelne seine Kräfte sinnvoll einsetzen kann, um seine Pflichten erfüllen zu können.[9] Bei zunehmender Leistungsfähigkeit und zurückgewonner Mündigkeit muss die übergeordnete Gemeinschaft baldmöglichst Zuständigkeiten an diese zurückübertragen. Hier kommt fraglos der Gedanke der `subsidiären Reduktion` zum Ausdruck, wie ihn bereits Lothar Schneider formuliert hat.[10] Weitere zentrale Forderungen sind: Dezentralisierung der Entscheidungen, größtmögliche Auflockerung von unten, demokratische Entscheidungs- und Lebensformen.

2. Zum Begriff der Sozialen Gerechtigkeit

Dem Begriff der sozialen Gerechtigkeit kommt in der katholischen Soziallehre eine zentrale Rolle zu. Bereits vor `Quadragesimo anno` findet der Begriff eine Erwähnung, dennoch muss bemerkt werden, dass in diesen frühen Texten nicht von einer eindeutigen bzw. einheitlichen Begriffsverwendung gesprochen werden kann: Es geht nur daraus hervor, dass die soziale Gerechtigkeit- wie schon ihr Name sagt- auf gesellschaftlichen, besonders auf dem eigentlichen `sozialen` Gebiete sich auswirken soll und dass sie zum mindesten mit der legalen Gerechtigkeit im eigentlichen oder bloß weiteren Sinne aufgefasst werden muss, lässt sich nicht feststellen.[11]

Schon die Enzyklika `Rerum novarum` thematisiert Lohngerechtigkeit, die Frage der Arbeitsverträge, sowie die Problematik des Vereinigungsrechtes der Arbeiter.

Dennoch ist es erst die Enzyklika `Quadragesimo anno`, die den Begriff im Sinne einer allgemeinen Gemeinwohlgerechtigkeit kirchenoffiziell werden lässt.

Aber auch hier finden wir keineswegs eine systematische wissenschaftliche Abhandlung des Begriffes, vielmehr lassen sich drei Ansätze einer Definition erkennen.[12]

Im ersten Definitionsversuch wird soziale Gerechtigkeit als Synonym für den Begriff der legalen Gerechtigkeit verstanden. Josef Höffner stellt hierzu fest: naturrechtliche Legalgerechtigkeit, damit ist die soziale Gerechtigkeit auf die naturrechtlichen, noch nicht gesetzlich festgelegten Forderungen des Gemeinwohls begrenzt.[13]

Ein zweiter Ansatz sieht in dem Begriff eine Gerechtigkeit, die die Besonderheiten sowohl der legalen als auch der distributiven Gerechtigkeit umfasst. Diese These geht vor allem auf die Theologen Heinrich Pesch und Eberhard Welty zurück, denen es um eine vollständige Erfassung zwischen Individuum und Gemeinschaft geht.[14]

Ein dritter Definitionsversuch sieht in der sozialen Gerechtigkeit eine Konstrukt aus distributiver und kommuntativer Gerechtigkeit.[15] Als Hauptvertreter dieses Ansatzes gelten Oswald von Nell- Breuning und Arthur Fridolin Utz.[16]

Es soll nun ein kurzer historischer Abriss folgen, bei dem der Schwerpunkt der Betrachtung auf den Rundschreiben des Papstes liegen soll.

3. Kurzer Historischer Überblick

Die moderne Soziallehre ist untrennbar verknüpft mit der „sozialen Frage“ des 19. Jahrhunderts. Diese Problematik gewann mit den negativen Auswirkungen der Industrialisierung auf die Arbeiterschaft an zunehmender Brisanz.

Als Vordenker der katholischen Soziallehre gelten Félicité Robert de Lamennais (1772- 1854) und Freiherr von Kettler (1811- 1877). Beide waren Geistliche und bekannten sich zum katholischem Liberalismus.

Lamenais war zunächst ein Anhänger des ultramontanen Traditionalismus[17], er entwickelte sich erst später zu einem Anhänger liberaler und demokratischer Ideen. In der katholischen Kirche sah Lamenais die Führerin der neuen politischen und sozialen Bewegungen und gab ihr den historischen Auftrag, den Massen zu helfen und die politische Führung der Demokratie zu übernehmen. Mit seiner Vorstellung die katholische Kirche und die Französische Revolution miteinander zu „versöhnen“ geriet er in einen scharfen Gegensatz mit Papst Gregor XVI. Der Papst konnte in den modernen Freiheiten keine positive Entwicklung erkennen. Er brandmarkte sie als Ungeheuer von Lehren und Missgeburten von Irrtümern.[18]

[...]


[1] Bischof von Limburg, Franz Kamhaus in: Die politischen Implikationen der katholischen Soziallehre, in: Handbuch der politischen Ideen , Band 5, hrsg. von Iring Fetscher und Herfried Münkler, München, Zürich 2002, S. 103.

[2] Ebd.

[3] Geschichte der sozialen Idee im deutschen Katholizismus, in: Geschichte der sozialen Ideen in Deutschland, hrsg. von Helga Grebing, Essen 2000, S. 603ff.

[4] Lindgens, katholische Soziallehre (wie Anm. 2), S. 83.

[5] Dieses Amt ist ein Teil der drei Ämter Christi. Demnach hat der Hirte die Aufgabe, den Irrenden Licht zu bringen und den Sünder auf den rechten Weg zu führen.

[6] Lindgens, katholische Soziallehre (wie Anm. 2), S. 83.

[7] Franz Josef Stegmann, Peter Langhorst, Geschichte der sozialen Ideen im deutschen Katholizismus, in: Geschichte der sozialen Ideen in Deutschland, Sozialismus, Katholische Soziallehre, Protestantische Sozialethik, hrsg. von Helga Grebing, Essen 2000, S. 610.

[8] Ebd.

[9] Ebd., S. 611.

[10] In: Subsidiäre Gesellschaft- erfolgreiche Gesellschaft. Implikative und analoge Aspekte eines Sozialprinzips, Paderborn 1990.

[11] Höffner, Joseph, Soziale Gerechtigkeit und soziale Liebe, Saarbrücken 1935, S. 89.

[12] Wildfeuer- Nothelle, Ursula, `Soziale Gerechtigkeit und Zivilgesellschaft, in: Abhandlungen zur Sozialethik, hrsg. von Anton Rauscher und Lothar Roos, Band 42, Paderborn, München, Wien, Zürich, 1999, S. 37.

[13] Wioldfeuer, `Soziale Gerechtigkeit` (wie Anm. 9), S. 37.

[14] Ebd.

[15] Ebd.

[16] * 15. April 1908,† 18. Oktober 2001 war ein Schweizer Dominikaner und Sozialphilosoph, der als Nestor der katholischen Soziallehre gilt.

[17] Begriff wird als eine politische Haltung des Katholizismus verstanden (Deutschland und in den Niederlanden), die ihre Weisungen ausschließlich von der päpstlichen Kurie, also aus dem „jenseits der Berge“ liegenden Vatikan bezieht. , der das päpstliche Zentrum in Rom gegen den staatskirchlichen Einfluss des französischen Staates verteidigte.

[18] KAB (Hrsg.), Texte zur katholischen Soziallehre, Die sozialen Rundschreiben der Päpste und andere kirchliche Dokumente, Kevelaer, 1977, S. 38.

Excerpt out of 19 pages

Details

Title
Die katholische Soziallehre
College
Humboldt-University of Berlin
Course
Zivilgesellschaft und bürgerliches Engagement
Grade
2,0
Author
Year
2007
Pages
19
Catalog Number
V126865
ISBN (eBook)
9783640335350
ISBN (Book)
9783640335794
File size
490 KB
Language
German
Keywords
Kirche, katholisch, Soziallehre, Politikwissenschaft, Münkler, Papst, Johannes Paul II
Quote paper
Richard Oehmig (Author), 2007, Die katholische Soziallehre, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126865

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