Franz Kafkas literarisches Gesamtwerk zeichnet sich durch wiederkehrende Themen wie Vater-Sohn-Konflikte, Rechtsfragen sowie Verzweiflung und Tod der Protagonisten aus. In vielen Fällen scheint die Frage nach der Schuld allgegenwärtig im Raum zu stehen, letztendlich jedoch offenzubleiben.
Die Erzählung „Das Urteil“ lässt die Frage nach Georgs Schuld offen. Auf der histoire-Ebene bietet es sich an, zu untersuchen, wie sich die Raumsemantik auf diese Frage auswirkt und ob Georgs Suizid eine Grenzüberschreitung und somit ereignishaft im Sinne Lotmans ist. Eine der in dieser Arbeit zu untersuchenden Thesen besagt, dass nicht Georg, sondern sein Vater die bewegliche Figur der Erzählung ist.
Georgs Handlungen und Gedanken sind stets von Unentschiedenheit geprägt, weshalb er keine Grenzüberschreitung vollzieht, obwohl er sich offensichtlich nach der äußeren Welt sehnt. Diese Unsicherheit wird zu seiner Schuld und veranlasst den Vater, ihn zum Tode zu verurteilen. Georg folgt mit der Vollstreckung des Urteils an sich selbst nur den Anweisungen des Vaters, wodurch sein Tod keine Grenzüberschreitung und somit auch kein Ereignis im Sinne Lotmans darstellt. Dadurch wird auch die Zuordnung seines Todes zum Suizid problematisiert, was im Folgenden ebenfalls untersucht werden soll.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Das Phänomen des Suizids
- III. Inhalt
- Georgs Tod in Das Urteil
- Die Frage nach der Schuld
- IV. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Frage nach der Schuld in Franz Kafkas Erzählung „Das Urteil“ im Hinblick auf die Raumsemantik. Die Untersuchung soll klären, ob Georgs Suizid als Grenzüberschreitung und somit als ereignishaft im Sinne Lotmans zu interpretieren ist.
- Raumsemantik in Kafkas „Das Urteil“
- Die Rolle des Vaters im Urteilsprozess
- Georgs Suizid als Grenzüberschreitung?
- Die Frage nach der Schuld in der Erzählung
- Das Phänomen des Suizids und seine gesellschaftliche Deutung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Phänomen des Suizids und setzt ihn in einen gesellschaftlichen Kontext. In diesem Zusammenhang werden die verschiedenen Ansätze zur Bewertung des Suizids von der Antike bis zur Moderne beleuchtet. Das zweite Kapitel analysiert die Gesellschaftsform innerhalb der erzählten Welt von „Das Urteil“ und untersucht die Raumsemantik des Textes. In Kapitel drei wird die Frage nach der Schuld in „Das Urteil“ anhand der Ergebnisse der vorherigen Analysen diskutiert.
Schlüsselwörter
Franz Kafka, Das Urteil, Raumsemantik, Grenzüberschreitung, Suizid, Schuld, Vater-Sohn-Konflikt, Gesellschaftskritik, Literatur und Tod, Jurij Lotman.
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- Annika Hynek (Author), 2018, Die Frage nach der Schuld in Kafkas "Das Urteil". Die Bedeutung der Raumsemantik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1268783