Die zukünftigen Einflussfaktoren auf die Bewertung deutscher Immobiliengesellschaften und deren Auswirkungen


Ausarbeitung, 2021

47 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

1. Einleitung

2. Unternehmensbewertungen in Deutschland
2.1 Anlässe
2.2 Bedeutende Faktoren
2.3 Modelle zur Unternehmenswertberechnung
2.3.1 Der Substanzwert/Liquidationswert
2.3.2 Das Ertragswertverfahren
2.3.3 Das Discounted-Cashflow-Verfahren
2.3.4 Das Vergleichswertverfahren und der Börsenwert

3. Besonderheiten bei der Bewertung von Immobiliengesellschaften
3.1 Die Rolle des NAV und anderer spezifischer Kennzahlen
3.2 Bewertung von Immobilien nach in Deutschland geltenden Standards
3.3 Sonderfall REIT-AGs

4. Zukünftige Einflussfaktoren auf die Bewertung deutscher Immobiliengesellschaften und deren Auswirkungen
4.1 Änderungen in Rechnungslegungsvorschriften
4.1.1 Nachwirkungen von der Einführung des IFRS
4.1.2 Zukünftige absehbare Änderungen
4.2 Covid-
4.2.1 Volatilität der Aktienmärkte und Auswirkungen auf Vergleichsverfahren
4.2.2 Unsicherheit zukünftiger Cashflows
4.3 Berliner Mietendeckel
4.3.1 Inhalt
4.3.2 Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung
4.3.3 Diskussion über die Verfassungswidrigkeit
4.4 Sonstige Auswirkungen

5. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhangsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In Deutschland steigen die Immobilienpreise, vor allem seit der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009, jedes Jahr weiter an. Demnach ergibt sich, dass der von empirica erhobene Immobilienpreisindex in Wachstumsregionen von 2008 bis Anfang 2020 seinen Wert nahezu verdoppeln konnte.1 Dieser basiert auf dem gewichteten Mittel aus Kauf- und Mietpreisen von über 2 Mio. Inseraten für Eigentums- oder Mietwohnungen. Der Grund hierfür ergibt sich kurz gesagt daraus, dass der steigenden Nachfrage kein dementsprechend wachsendes Angebot gegenübersteht. Ebenso spielt die seit ca. 2010 andauernde Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) eine große Rolle, da somit andere Anlageformen wie Anleihen weniger Zinsen bieten. Somit steigen die Investitionen in Immobilien.2

Zur selben Zeit steigen die Marktwerte der dazugehörigen Immobilienunternehmen, wie z.B. der Vonovia Societas Europea (SE). Nach Angaben von Statista hat sich die Marktkapitalisierung von 2013 bis 2019 um 677% erhöht und beträgt Ende 2020 sogar 33,8 Mrd. €.3 Bei der Vonovia SE handelt es sich speziell um eine Wohnungsgesellschaft, die ihr Geld, wie viele weitere Wohnungsgesellschaften, einerseits durch den Verkauf und die Vermietung eigener Immobilien inklusive immobiliennaher Dienstleistungen verdient. Andererseits durch die Akquisition von kleineren Immobiliengesellschaften, um das Portfolio und somit den eigenen Marktanteil zu erhöhen. Beispielsweise wurde im Geschäftsjahr 2019 die Hembla Aktiebolag (AB) zu einem Kaufpreis von 1,9 Mrd. € erworben4 und insgesamt beinhaltet der Konzernabschluss der Vonovia SE zum 31.12.2020 587 Gesellschaften.5 Aber nicht nur bei Immobiliengesellschaften spielen Unternehmenskäufe eine große Rolle. In diesem Zusammenhang soll auch die viel diskutierte Akquisition von Monsanto durch die Bayer Aktiengesellschaft (AG) nicht unerwähnt bleiben, wobei Bayer ca. 66 Mrd. € zahlte.6

Solche Akquisitionen haben gemeinsam, dass im Voraus eine Unternehmensbewertung stattfinden muss, um einen gerechten Kaufpreis zu ermitteln. Hierfür gibt es verschiedene Arten, wobei sich vor allem das Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) in der Praxis, insbesondere bei börsennotierten Unternehmen, durchgesetzt hat.7 Hierbei werden zur Wertermittlung zukünftige Cashflows auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Allein die Tatsache, dass es sich um zukünftige Cashflows handelt, die auf individuellen Planungsrechnungen basieren, lässt vermuten, dass sich die gängige Unternehmensbewertung von vielen Faktoren beeinflussen lässt. Hinzu kommt, dass ein Unternehmenswert für verschiedene Betrachter mit unterschiedlichen Intentionen auch unterschiedliche Beträge annehmen kann. Das bedeutet, dass ein Unternehmenswert mehr subjektiv als objektiv ist.8

Bei Immobilienunternehmen ergeben sich Einflüsse auf die Bewertung vor allem aus Änderungen von Rechnungslegungsvorschriften, der Corona-Pandemie und Eingriffen der Regierung, wie dem „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin“.9 Diese Projektarbeit soll sich mit den genannten Einflüssen befassen. Insbesondere wegen den vielen Übernahmen in Deutschland (2020: 1.880) mit einem Volumen von 93,20 Mrd. €10 und den beschriebenen zukünftigen Einflüssen ergibt sich ein Bedarf für eine solche Untersuchung.

Somit stellt sich als zu beantwortende Forschungsfrage einerseits, welche Unternehmensbewertungsmodelle für Immobilienunternehmen angewandt werden und andererseits, wie der Unternehmenswert von Immobiliengesellschaften in Zukunft beeinflusst wird. Für die Beantwortung werden in Kapitel 2 zunächst die in Deutschland anerkannten Modelle zur Unternehmensbewertung, ihre Anlässe und die relevanten Variablen für die Bewertung dargestellt. Außerdem wird ihre Gängigkeit und Anwendbarkeit auf Immobilienunternehmen erläutert. Im Anschluss daran werden in Kapitel 3 die Besonderheiten bei der Bewertung von deutschen Immobilienunternehmen dargestellt. In diesem Zusammenhang soll auf die Verwendung des Net Asset Value (NAV) und die Bewertung von Immobilien in Deutschland eingegangen werden, da diese Werte essenziell für die Unternehmensbewertung von Immobiliengesellschaften, nicht aber für die allgemeine Unternehmensbewertung sind. Zum Abschluss von Kapitel 3 sollen dann noch Real Estate Investment Trusts (REITs) als Sonderform der Immobiliengesellschaften vorgestellt werden, da diese bei den Einflussfaktoren etwas abgegrenzt behandelt werden müssen.

Das vierte Kapitel behandelt schließlich die zukünftigen Einflussfaktoren auf die Bewertung von deutschen Immobiliengesellschaften in Form von der Änderung von Rechnungslegungsvorschriften, der Corona-Pandemie und dem Berliner Mietendeckel. Zu guter Letzt werden dann noch in Kürze die quantitativen und qualitativen Auswirkungen auf ausgewählte deutsche Immobiliengesellschaften aufgezeigt. Hierbei wird zwischen Wohnungsgesellschaften und Gewerbeimmobiliengesellschaften unterschieden.

Diese Arbeit soll sich bewusst mehr mit den in der Praxis angewandten Modellen befassen und weniger mit den theoretischen Grundlagen, da diese in der Literatur schon ausführlich untersucht wurden.11 Des Weiteren soll der Fokus auf börsennotierten Immobiliengesellschaften mit einer hohen Marktkapitalisierung liegen, da diese Unternehmen, wie Vonovia, am ehesten von der Unternehmensbewertung durch eine große Anzahl an Übernahmen betroffen sind.

Folglich soll nun in mit den Modellen zur Unternehmensbewertung begonnen werden.

2. Unternehmensbewertungen in Deutschland

Nachdem die Unternehmensbewertung auch in Deutschland zu einer oft angewendeten Methodik und somit auch für Wirtschaftsprüfer in Bezug auf die Bewertung von Beteiligungen und die richtige Darstellung des Jahresabschlusses relevant wurde, hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) im Jahre 2000 den IDW Standard (S)1: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen entwickelt, der später durch den IDW S 1 i.d.F. 2008 ersetzt wurde. Dieser beinhaltet, in Anlehnung an die gängige Literatur und zu diesem Zeitpunkt angewandte Praxismethoden, eine Anleitung für Wirtschaftsprüfer für die Bewertung von Unternehmen, die aber auch von Nicht-Wirtschaftsprüfern angewendet wird.12 In Anlehnung an diesen Standard und ergänzende Literatur sollen nun die Grundzüge der Unternehmensbewertung dargestellt werden.

2.1 Anlässe

Nach IDW S 1 i.d.F. 2008 werden Unternehmensbewertungen bei Merger & Acquisition (M&A) Transaktionen, Sacheinlagen und einem Initial Public Offering (IPO) unter dem Oberpunkt der unternehmerischen Initiativen, bei einer Purchase Price Allocation (PPA) oder einem Impairment-Test für Zwecke der externen Rechnungslegung, oder im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen Regelungen (z.B. Squeeze Out) benötigt. Hinzu kommen noch Bewertungen auf vertraglicher Grundlage, z.B. beim Eintritt und Austritt von Gesellschaftern in einer Personengesellschaft und bei Erbauseinandersetzungen, welche aber in diesem Fall eher vernachlässigt werden können, da keine Personengesellschaften und Erbauseinandersetzungen betrachtet werden.13 Abbildung (Abb.) 1 soll noch einmal die verschiedenen Anlässe in einer Übersicht darstellen.

Das IDW unterscheidet zudem zwischen der Funktion des Bewerters als neutraler Gutachter, Berater oder Schiedsgutachter und weist in diesem Zusammenhang auf den bedeutenden Unterschied zwischen einem objektivierten und einem subjektiven Unternehmenswert hin. Der Unterschied soll in Kapitel 2.2 genauer betrachtet werden. Der neutrale Gutachter soll demnach als Sachverständiger einen objektiven und allgemein nachvollziehbaren Unternehmenswert ermitteln. Der Berater soll für eine bestimmte Partei (Käufer oder Verkäufer) „unter Berücksichtigung der individuellen Möglichkeiten und Planungen“14 entweder eine Preisobergrenze für einen Käufer oder eine Preisuntergrenze für einen Verkäufer ermitteln, ohne dessen jeweilige ökonomische Situation durch eine potentielle Transaktion zu verschlechtern.15

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 - Anlässe einer Unternehmensbewertung, eigene Darstellung in Anlehnung an IDW (Hrsg.), 2016, S. 4 f.

2.2 Bedeutende Faktoren

Um die Modelle zur Bewertung von Unternehmen generell anwenden zu können, müssen vorab einige Begrifflichkeiten und deren Bedeutung geklärt werden.

Da sich bei der Ermittlung entweder eines objektivierten oder eines subjektiven Unternehmenswerts unterschiedliche Annahmen z. B. bei einer Ergebnisprognose, einem Diskontierungszinssatz und dem Einbezug von Synergien ergeben, ist diese Unterscheidung zunächst die Wichtigste, die getroffen werden muss.16 Bei einem objektivierten Unternehmenswert handelt es sich um einen „intersubjektiv nachprüfbaren Zukunftserfolgswert aus Sicht der Anteilseigner.“17 Dieser soll allgemeine Chancen und Risiken für das Unternehmen berücksichtigen und beinhaltet keine Pläne eines potentiellen Erwerbers. Da in der einschlägigen Literatur jedoch festgestellt wurde, dass eine komplett objektive Unternehmensbewertung nicht möglich ist spielt der subjektive Unternehmenswert auf Basis des objektivierten Wertes eine größere Rolle.18

Dieser subjektive Unternehmenswert basiert auf den individuellen Zielen des Bewertungssubjekts (die Zielperson der Bewertung) und ist der Grund dafür, dass beispielsweise Käufer und Verkäufer zu unterschiedlichen Werten kommen.19

Des Weiteren ist es wichtig, zu beachten, dass die Bewertung einer Unternehmenseinheit und nicht der einzelnen Bestandteile eines Unternehmens erfolgt. Es ist also die Gesamtheit der Bereiche eines Unternehmens und deren Zusammenarbeit zu betrachten.

Da Unternehmensbewertungen zeitpunktbezogen sind, sind der Informationsstand und die Ereignisse zum Bewertungsstichtag maßgeblich. Es darf somit nur miteinbezogen werden, was zu diesem Tag bereits bei angemessener Sorgfalt bekannt war.20

Ferner ist eine Unterscheidung zwischen betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögen, welches, ohne den laufenden Betrieb zu beeinflussen, veräußert werden kann.21 Dies folgt daraus, dass das nicht betriebsnotwendige Vermögen mit den dazugehörigen Schulden bei der Unternehmensbewertung gesondert bewertet wird.

Des Weiteren sind Synergieeffekte zu berücksichtigen. Diese entstehen, wenn sich durch den Zusammenschluss von mindestens zwei Unternehmen Effekte auf das Ergebnis ergeben, die bei einem nicht vollzogenen Zusammenschluss nicht aufgetreten wären.

Der Diskontierungszinssatz ist einer der größten Einflussfaktoren. Da dieser aber bei den verschiedenen Modellen auf unterschiedlichen Annahmen beruht, soll er in jedem Fall individuell charakterisiert werden. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass sich Risiken aus dem Einsatz von Eigenkapital und von Fremdkapital unterschiedlich ergeben, da Fremdkapitalgeber im Liquidationsfall vorrangig bedient werden. Demnach ergibt sich nach dem Modigliani-Miller-Theorem22 ein Risiko in Abhängigkeit von der Kapitalstruktur, dem durch einen Zuschlag zum Diskontierungszinssatz Rechnung getragen wird.23

Bei den zukunftsorientierten Gesamtbewertungsverfahren (siehe Abb. 2) ist zudem eine Unterscheidung zwischen Entity-Approach (Bruttokapitalisierung), bei dem zuerst der Gesamtwert des Unternehmens ermittelt und um den Marktwert des Fremdkapitals verringert wird und dem Equity-Approach (Nettokapitalisierung) vonnöten. Bei Letzterem wird direkt in einem Schritt der Marktwert des Eigenkapitals (Unternehmenswert) ermittelt.24

Zu guter Letzt wird noch auf den Planungszeitraum eingegangen, da es sich bei den zumeist angewendeten Modellen um einen Zukunftserfolgswert handelt.25

Dabei wird, da man Unternehmen grundsätzlich eine unendliche Lebensdauer unterstellt, in eine Detailplanungsphase (ca. drei bis fünf Jahre), in der die zukünftige Ergebnisentwicklung noch ziemlich genau geschätzt werden kann und eine fernere Planungsphase (ca. fünf bis acht Jahre), in der Trends fortgeschrieben werden, unterschieden. Danach wird vereinfachend ein Gleichgewichtszustand mit konstant wachsenden Erträgen angenommen und eine sogenannte ewige Rente berechnet.26

Basierend auf diesen Begriffen werden nun die verschiedenen gängigen Unternehmensbewertungsmodelle, bzw. Hilfsmodelle, dargestellt.

2.3 Modelle zur Unternehmenswertberechnung

Da es einige Modelle zur Bewertung von Unternehmen gibt, der Fokus dieser Arbeit aber auf der Bewertung von Immobiliengesellschaften liegt, sollen nur die gängigsten und bekanntesten Modelle vorgestellt werden. Abbildung 2 liefert einen Überblick über die grundlegenden Verfahren, die grundsätzlich in Gesamtbewertungsverfahren, Einzelbewertungsverfahren und Mischverfahren aufgeteilt werden können. Einzelbewertungsverfahren betrachten nur die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden zum Bewertungsstichtag und bei den Gesamtbewertungsverfahren ergibt sich der Wert aus der zukünftigen Ertragskraft des Unternehmens.27

Die ausgegrauten Mischverfahren werden aufgrund ihrer mangelnden Akzeptanz in der Praxis nicht genauer behandelt. Das NAV-Verfahren wird in Kapitel 3.1 erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 - Unternehmensbewertungsmodelle im Überblick; eigene Darstellung in Anlehnung an Matzen, 2005, S. 15.

2.3.1 Der Substanzwert/Liquidationswert

Obwohl dem Substanzwert bei der Unternehmenswertermittlung keine eigenständige Bedeutung zugeordnet wird,28 soll er als Grundlage für das NAV-Verfahren kurz vorgestellt werden. Er bezeichnet den Wert der zum nach IFRS 13 zum Fair Value bewerteten Vermögensgegenstände, abzüglich der Schulden. Somit ergibt sich der Wert, der zur Reproduktion des gesamten Unternehmens nötig wäre.

Im Gegensatz dazu steht dem Liquidationswert eine eigene Bedeutung zu, und zwar dann, wenn er den Zukunftserfolgswert übersteigt. Er ergibt sich aus den abgezinsten finanziellen Überschüssen bei Liquidation sämtlicher Vermögensgegenstände, abzüglich der Schulden und der Kosten der Liquidation.

Im Endeffekt lässt sich aber sagen, da nicht von einer Liquidation der später betrachteten Immobiliengesellschaften ausgegangen wird, dass als Einzelbewertungsverfahren lediglich das NAV-Verfahren eine weiterführende Rolle spielt.

2.3.2 Das Ertragswertverfahren

Bei dem Ertragswertverfahren handelt es sich um einen Equity-Approach. Es wird grundsätzlich der Unternehmenswert durch Diskontierung der in Zukunft geplanten Überschüsse aus dem betriebsnotwendigen Vermögen zuzüglich derjenigen des nicht betriebsnotwendigen Vermögens ermittelt.29 Letztere sind der größere Wert aus abgezinsten Erträgen und abgezinsten Liquidationswerten unter Berücksichtigung der dazugehörigen Schulden, anfallenden Steuern bei Liquidation und Liquidationskosten.30 Die Überschüsse sind um gewisse Einmaleffekte zu bereinigen, da Einmaleffekte in einer Planung nicht berücksichtigt werden dürfen. Zudem wird für die Ertragswertmethode der nachhaltige Betriebsgewinn, also ein Durchschnittswert angesetzt.31 Eine einfache Berechnung des bereinigten Ergebnisses wird in Abbildung 3 aufgezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3 - Berechnung des bereinigten Ergebnisses; Quelle: Industrie- und Handelskammer (IHK), 2017, S. 3

Der Diskontierungszinssatz soll die Rendite in die Investition in eine ähnliche Alternativanlage, wie z.B. ein Aktienportfolio, hinsichtlich Fristigkeit, Risiko und Besteuerung widerspiegeln. Er setzt sich also im Grunde aus einem Basiszinssatz, der sich aus dem Zinssatz eines Investments in eine risikofreie Kapitalmarktanlage ergibt und den zusätzlichen Risiken aus der Anlage am Kapitalmarkt zusammen. Der Basiszinssatz wird nach IDW und der Meinung in der Literatur durch Anlagen in deutsche Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren charakterisiert.32 Für eine beispielhafte Darstellung eines risikolosen Zinssatzes wird auf den Anhang 1 verwiesen.

Zur Ermittlung des Risikozuschlags wird vom IDW auf das Capital Asset Pricing Model (CAPM) verwiesen. Das CAPM basiert auf der Portfoliotheorie und damit der Tatsache, dass ein strukturiertes Risiko am Markt immer vorhanden ist und das unstrukturierte Risiko, welches unternehmensspezifisch ist, durch eine Portfoliodiversifikation verringert werden kann. Um beide Risiken abzudecken, setzt sich das CAPM aus dem risikolosen Zinssatz rf, und einem, das systematische Marktrisiko abdeckenden, risikobehafteten Zinssatz rp zusammen. Dieser Zinssatz wird dann noch mit dem Beta-Faktor (β) multipliziert, um das unsystematische Risiko abzudecken. Der Beta-Faktor entspricht der Kovarianz der Aktienrenditen des Unternehmens, dividiert durch die Varianz der Renditen des entsprechenden Aktienmarktes (in diesem Fall der Deutsche Aktienindex (DAX)).33 Er ist ein Maß für die Volatilität von Aktien, da er beispielsweise bei einem Wert von zwei ausdrückt, dass die Aktie des Unternehmens bei einem Anstieg des DAX um 10% wiederum um 20% steigt.

Zusammenfassend ergibt sich also für einen mithilfe des CAPM errechneten Zinssatz ke folgende Formel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch für den Beta-Faktor und rp lassen sich allgemein gültige Zinssätze finden, wofür wieder auf den Anhang 2 und 3 verwiesen wird.

Obwohl das CAPM mit seinen theoretischen Grundlagen und der Tatsache, dass der risikobehaftete Zinssatz auch nicht alle Unternehmen am Markt abbildet, in der Kritik steht,34 soll es im Folgenden ohne Anpassungen als Mittel zu Ermittlung des Diskontierungssatzes verwendet werden.

Im Ganzen genommen ergibt sich der Unternehmenswert nach der Ertragswertmethode also aus dem abgezinsten, angepassten Betriebsergebnis. Da die DCF-Methode aber durch ihre Betrachtung der Free-Cashflows (FCF) und somit der tatsächlichen Zahlungseingänge/-ausgänge einen aussagekräftigeren Wert ergibt, wird dieses auch bei der Bewertung von Immobiliengesellschaften bevorzugt. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass Immobiliengesellschaften durch die Bewertung von als Finanzanlagen gehaltenen Immobilien nach IAS 40 i.V.m. IFRS 13 sehr große Buchgewinne haben, die aber aus keinem richtigen Zahlungseingang bestehen.

2.3.3 Das Discounted-Cashflow-Verfahren

Wie bereits zu Beginn dieser Arbeit erwähnt wurde, ist das DCF-Verfahren in der Praxis die beliebteste Methode zur Bewertung von Unternehmen. Grundsätzlich ist es mit dem Ertragswertverfahren zu vergleichen, jedoch werden, wie bereits erwähnt, beim DCF-Verfahren die zukünftigen FCFs diskontiert. Für diese wird in Abbildung 4 von der Darstellung des IDW etwas abgewichen, da in der Literatur direkt die Earnings before Interest and Taxes (EBIT) verwendet und um die Steuern bereinigt wird. Dadurch ergibt sich der Net Operating Profit after Taxes (NOPAT), welcher dann noch um nicht zahlungswirksame Erträge und Aufwendungen und letztendlich noch den investiven Cashflow (nicht operativen) bereinigt wird.35

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4 - Berechnung des FCF, Quelle: Hörler, 2018, S. 30

Unter dem NUV wird das Nettoumlaufvermögen, oder auch Working Capital verstanden. Der FCF ist ebenso um die Steuerersparnis aus der steuerlichen Abziehbarkeit der Fremdkapitalzinsen (Zinsaufwand) verringert, da diese im jeweiligen Diskontierungszinssatz enthalten ist. Diese Steuerersparnis wird auch ‚tax shield‘ genannt und wird immer dann herangezogen, wenn eine Vor-Steuer-Größe in eine Nach-Steuer-Größe umgewandelt werden muss.36

Wie nun bereits in Abb. 2 gezeigt wurde, gibt es beim DCF-Verfahren einen Entity- und Equity-Approach. Beim Entity-Approach, genauer gesagt dem WACC-Ansatz werden die FCFs der Perioden in der Planungsphase mit den weighted average cost of capital‘ (WACC) diskontiert. Dieser Zinssatz ergibt sich aus den mit der Eigenkapital (EK) -Quote multiplizierten Eigenkapitalkosten ke, welche sich durch das CAPM errechnen lassen, und den mit der Fremdkapital (FK) -Quote multiplizierten Fremdkapitalkosten kf. Diese ergeben sich aus dem durchschnittlichen Kostensatz des verzinslichen FKs, also z.B. Darlehen und Pensionsrückstellungen, multipliziert mit dem tax shield.37 Demnach lautet die Formel zur Berechnung der WACC:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassend ergibt sich der Wert des EKs also durch Berechnung des Gesamtkapitalwerts über eine Abzinsung der jeweiligen FCFs mit den WACC, inklusive einer ewigen Rente, zuzüglich dem Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens und abzüglich des Marktwerts des FKs, welcher sich aus den abgezinsten FCFs an die FK-Geber ergibt. Da die Berechnung der ewigen Rente und des Marktwerts des FKs an sich noch einmal eine komplizierte Berechnung und nicht Thema dieser Arbeit sind, wird auf die entsprechende Literatur verwiesen.38 Zusätzlich gibt es für den Entity-Approach des DCF-Verfahrens noch das Adjusted-Present-Value-Verfahren (APV), bei dem zunächst der Marktwert eines vollständig unverschuldeten Unternehmens mit den jeweiligen ke diskontiert, um den mit den jeweiligen kf diskontierten Wertbeitrag der Verschuldung erhöht und um den Marktwert des FKs verringert wird.39 Jedoch ist der WACC-Ansatz gebräuchlicher, daher wird der APV-Ansatz nicht im Detail besprochen.40

Beim Equity-Approach des DCF-Verfahrens ist der Unterschied zum Entity-Approach, dass direkt die sog. Flow(s)-to-Equity (FTE), also die FCFs, die nur den Eigenkapitalgebern zur Verfügung stehen, berechnet werden.41 Der Unterschied, bzw. die Anpassung zu den FCFs soll in Abb. 5 deutlich werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5- Berechnung der FTE, Quelle: Heesen, 2019, S. 12

Diese FTE werden anschließend wieder in der jeweiligen Periode mit den ke diskontiert. Da es sich eben um einen Equity-Ansatz handelt, werden lediglich noch die ewige Rente und der Marktwert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens addiert, um den Marktwert des Eigenkapitals (Unternehmenswert) zu erhalten.

2.3.4 Das Vergleichswertverfahren und der Börsenwert

Laut IDW und anderer Literatur werden Vergleichswerte häufig als Plausibilitätsbeurteilungen für einen Unternehmenswert herangezogen42. Hierbei kann z.B. der Börsenwert in Form der Marktkapitalisierung herangezogen werden, da es sich an der Börse auch immer um bezahlte Preise für Werte in der Zukunft handelt. Da diese Werte aber oft stark schwanken, können sie nicht allein für die Berechnung verwendet werden. Ebenso werden Vergleichswerte in Form von Multiplikatoren für z.B. den Gewinn verwendet. Hierfür wird eine Vergleichsgruppe von Unternehmen zusammengestellt, die sich anhand ihrer Größe, Standort, Branche und Unternehmensmodell vergleichen lassen.43 Von dieser Peer Group wird dann jeweils der Marktwert (z.B. Börsenwert) durch die Bezugsgröße geteilt und ein von dieser Peer Group durchschnittlicher Multiplikator errechnet. Durch Multiplikation des Multiplikators mit der Bezugsgröße des zu betrachtenden Unternehmens kann der Unternehmenswert berechnet werden.

[...]


1 Vgl. Statista – Immobilienpreisindex, 2020.

2 Vgl. ebenda.

3 Vgl. Vonovia, 2021, S. 36.

4 Vgl. Vonovia, 2020, S. 149-151.

5 Vgl. Vonovia, 2021, S. 49.

6 Vgl. Bayer, 2017, S. 235.

7 Vgl. Heesen, 2019, S.5 f.

8 Vgl. Schmidlin, 2013, S. 143 ff.

9 Vgl. IDW Factsheet, Berliner Mietendeckel. Auswirkungen auf die Rechnungslegung, 2020, S. 3.

10 Vgl. Statista – Anzahl M&A Deals in Deutschland, 2020 sowie Statista – Volumen der M&A Deals in Deutschland, 2020.

11 Vgl. u.a. Zeranski, 2020, S. 3-35, sowie Behringer, 2020, S. 79-102.

12 Vgl. Heesen, 2019, S. 203, sowie Hörler, 2018, S. 1.

13 Vgl. IDW S1, 2016, S. 4 f.

14 IDW S1, 2016, S. 5.

15 Vgl. IDW S1, 2016, S. 5.

16 Vgl. ebenda, S. 7.

17 IDW S1, 2016, S. 9.

18 Vgl. Schmidlin, 2013, S. 143 ff., sowie Matzen, 2005, S. 12 ff.

19 Vgl. Matzen, 2005, S. 12 f.

20 Vgl. IDW S1, 2016, S. 8.

21 Vgl. ebenda, S. 15.

22 Vgl. Matzen, 2005, S. 17 f., sowie Heesen, 2019, S. 234 f.

23 Vgl. IDW S1, 2016, S. 20.

24 Vgl. ebenda, S. 22.

25 Vgl. Matzen, 2005, S. 13.

26 Vgl. IDW S1, 2016, S. 17 f., sowie Matzen, 2005, S 209 f.

27 Vgl. Heesen, 2019, S. 3 f.

28 Vgl. IDW S1, 2016, S. 4.

29 Vgl. ebenda, S. 23, sowie Heesen, 2019, S. 4 f.

30 Vgl. IDW S1, 2016, S. 15.

31 Vgl. Schweizer Eidgenossenschaft, 2015.

32 Vgl. IDW S1, 2016, S. 25, sowie Heesen, 2019, S. 211.

33 Vgl. Zeranski, 2020, S. 3-11, sowie IDW, 2016, S. 25 f., sowie Heesen, 2019, S. 211-221.

34 Vgl. Zeranski, 2020, S. 13-24.

35 Vgl. IDW S1, 2016, S. 27 f., sowie Hörler, 2018, S. 29 ff., sowie Heesen, 2019, S. 8 ff.

36 Vgl. Heesen, 2019, S. 228.

37 Vgl. IDW S1, 2016, S. 29, sowie Heesen, 2019, S. 230.

38 Vgl. Heesen, 2019, S. 283-295, sowie Matzen, 2005, S. 231 f.

39 Vgl. IDW S1, 2016, S. 29.

40 Vgl. Heesen, 2019, S. 6.

41 Vgl. Hörler, 2018, S. 33, sowie Matzen, 2005, S. 26 f.

42 Vgl. IDW S1, 2016, S. 30, sowie Heesen, 2018, S. 16

43 Vgl. Bernström, 2014, S. 23-27.

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Die zukünftigen Einflussfaktoren auf die Bewertung deutscher Immobiliengesellschaften und deren Auswirkungen
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Villingen-Schwenningen, früher: Berufsakademie Villingen-Schwenningen
Note
2,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
47
Katalognummer
V1268812
ISBN (Buch)
9783346715562
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Immobilien, Unternehmensbewertung, Bewertung, DCF-Modell
Arbeit zitieren
Daniel Kneipp (Autor:in), 2021, Die zukünftigen Einflussfaktoren auf die Bewertung deutscher Immobiliengesellschaften und deren Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1268812

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