In der vorliegenden Arbeit wird die Fuge in c-Moll aus dem ersten Band des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach (BWV 847) analysiert. Es ist die zweite von den 24 Fugen des ersten Bandes. Das besondere dieser Fuge liegt in ihrem Abweichen von der typischen Schulfugen-Klausel, nach der die Fuge ein „Aufeinanderfolgen themengesättigter Durchführungen und themenfreier Zwischenspiele“ ist; also gewissermaßen ein Abwechseln zwischen dem Vorstellen von einem oder mehreren Themen und den dazwischen vermittelnden Passagen. Es soll aufgezeigt werden, dass in dieser Fuge die Zwischenspiele wichtiger Bestandteil in der thematischen Ausarbeitung sind; dass sie dazu verwendet werden, um die Motive aus Soggetto und Kontrasubjekten sich aus sich selbst heraus entwickeln zu lassen und immer neue Kombinationen dieser Motive herzustellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Aufbau der Fuge
3. Soggetto
4. Kontrasubjekte
4.1 Kontrasubjekt 1
4.2 Kontrasubjekt 2
5. Zwischenspiele
5.1 Zwischenspiel 1: Takt 5/6
5.2 Zwischenspiel 2: Takt 9/10
5.3 Zwischenspiel 3: Takt 13/14
5.4 Zwischenspiel 4: Takt 17-19
5.5 Zwischenspiel 5: Takt 22- 26, 1.Hälfte
5.6 Zwischenspiel 6: Takt 29
6. Abschließende Bemerkungen
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der vorliegenden Arbeit wird die Fuge in c-Moll aus dem ersten Band des Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach (BWV 847) analysiert. Es ist die zweite von den 24 Fugen des ersten Bandes. Das besondere dieser Fuge liegt in ihrem Abweichen von der typischen Schulfugen-Klausel, nach der die Fuge ein „Aufeinanderfolgen themengesättigter Durchführungen und themenfreier Zwischenspiele“[1] ist; also gewissermaßen ein Abwechseln zwischen dem Vorstellen von einem oder mehreren Themen und den dazwischen vermittelnden Passagen. Es soll aufgezeigt werden, dass in dieser Fuge die Zwischenspiele wichtiger Bestandteil in der thematischen Ausarbeitung sind[2] ; dass sie dazu verwendet werden, um die Motive aus Soggetto und Kontrasubjekten sich aus sich selbst heraus entwickeln zu lassen und immer neue Kombinationen dieser Motive herzustellen.
2. Aufbau der Fuge
Das Stück ist als dreistimmige Fuge angelegt und besteht aus 31 Takten im 4/4 Takt. Diese 31 Takte sind in zwei ungleich große Teile gegliedert. Der erste Teil stellt die erste und auch einzige vollständige Durchführung dar und reicht bis zum einschließlich achten Takt[3]. Die wichtigsten Bestandteile der Fuge werden hier vorgestellt. Während das Soggetto durch alle Stimmen geführt wird – bei tonaler Antwort des Comes[4] – werden auch die beiden Kontrasubjekte vorgetragen. In Takt 1 und 2 tritt das Soggetto zunächst als Dux im Alt auf. Die Grundtonart c-Moll wird hier aufgezeigt. Die beiden anderen Stimmen verbleiben zunächst stumm. In den nächsten beiden Takten folgt dann der Comes in g-Moll im Sopran und wird vom ersten Kontrasubjekt im Alt begleitet. Takte 5 und 6 stellen das erste Zwischenspiel dar, welches zurück nach c-Moll moduliert, um so in den beiden folgenden Takten den Dux wieder in der Grundtonart im Bass auftreten lassen zu können. Das erste Kontrasubjekt ist nun im Sopran zu finden, während dem Alt erneut die Aufgabe zufällt, den neuen musikalischen Bestandteil – nämlich das zweite Kontrasubjekt – einzuführen.
Der zweite Teil der Fuge beinhaltet keine Durchführung, sondern wird dazu verwendet, mit dem Soggetto und den beiden Kontrasubjekten zu arbeiten. Zwar tritt das Soggetto immer wieder in seiner Ursprungsgestalt auf und wird auch durch alle Stimmen geführt, die Beantwortung des Dux mit dem Comes bleibt jedoch aus[5]. Das Beantwortungsprinzip wird hier zugunsten der motivischen Ausarbeitungen zurückgestellt. So beginnt dieser zweite Teil der Fuge mit einem zweitaktigen Zwischenspiel (Takte 9 und 10), welches nach Es-Dur moduliert. Die Tonikaparallele wird in den folgenden zwei Takten beibehalten, in denen der Sopran das Soggetto, der Alt das Kontrasubjekt 2 und der Bass das Kontrasubjekt 1 wiedergeben. Das dritte Zwischenspiel schließt sich hieran an und wird wiederum dazu verwendet nach g-Moll zu modulieren. Die Takte 15 und 16 stellen rechnerisch gesehen die Mitte der Fuge dar. Ob der Comes deshalb in der Mittelstimme – also im Alt – liegt, bleibt offen. Kontrasubjekt 1 findet sich im Sopran wieder; im Bass ist das zweite Kontrasubjekt. Nicht nur rechnerisch lässt sich in diesen Takten die Mitte finden. Im folgenden Teil wird das bisherige Zweitaktschema nun durchbrochen und so hebt sich diese zweite Hälfte von der ersten ab. Auch finden sich Parallelen zwischen erstem und viertem Zwischenspiel, sowie zwischen dem zweiten und dem fünften, sodass eine Zweiteilung an dieser Stelle und nicht nach Takt 9 ebenfalls denkbar wäre[6]. Das vierte Zwischenspiel ist drei Takte lang und moduliert in die Grundtonart, sodass in den Takten 20 und 21 der Dux folgen kann. Er findet sich im Sopran, während die Mittelstimme das erste Kontrasubjekt beinhaltet und der Bass das zweite. Es folgt das längste Zwischenspiel der Fuge. Es reicht von Takt 22 bis 26 bis zur zweiten Zählzeit. Bis Takt 28 wird dann erneut das Soggetto im Dux wiedergegeben, diesmal im Bass. Das erste Kontrasubjekt im Sopran ist leicht abgewandelt, schön stärker verändert hingegen ist das zweite Kontrasubjekt im Alt. Takte 29 bis 31 stellen die Coda der Fuge dar. Durch ein sechstes eintaktiges Zwischenspiel (Takt 29) wird in den letzten Einsatz des Dux im Sopran übergeleitet. Der Alt ahmt in reduzierter Form den Sopran nach, während der Bass auf dem Orgelpunkt C und c zu liegen kommt. Die Fuge endet schließlich auf der pikardischen Terz in C-Dur.
3. Soggetto
Abb. 1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Soggetto erstreckt sich über zwei Takte und endet auf der ersten Sechszentel des dritten Taktes. Es beginnt auftaktig mit einer Achtelpause, welche von einer ausgeschriebenen Mordentfigur gefolgt wird. Im Dux steht diese Mordentfigur auf cII, hI, cII – der Beginn des Soggettos ist also auf dem Grundton. Das hI stammt aus dem äolischen Tonvorrat der c-Moll-Tonleiter.
Die Mordentfigur kommt im Soggetto dreimal vor: jedes Mal auf den gleichen Tönen und auf unbetonter Zeit (vgl. Abb. 2: rote Umkreisungen). Aufgrund ihrer Prägnanz kann diese Figur als Beginn von Unterthemen verstanden werden, sodass das Soggetto in drei Teile zerfällt. Diese drei Unterthemen ähneln sich in ihrem Aufbau, nur dass das dritte Unterthema sich noch länger fortzieht. Im Anschluss an jede Mordentfigur folgen Intervalle in zunehmender Größe: zunächst eine Quarte (cII – gI), dann eine Quinte (dII – gI) und schließlich eine große Sexte (dII – fI). Im ersten Unterthema ist der Intervallsprung direkt im Anschluss an die Mordentfigur, in den beiden folgenden Unterthemen wird zunächst nach dII nach oben geführt, dann folgt der Intervallsprung abwärts. Die damit erreichten Noten in den Unterthemen 2 und 3 sind zwei der Schwerpunkte des Soggettos. Aufgrund des 4/4 Taktes liegt die betonte Zeit auf Zählzeit 1 und 3. Dadurch ergeben sich im gesamten Soggetto folgende Schwerpunkte: eine Achtelpause, dann asI, gI, fI und esI (vgl. Abb. 2: grüne Umkreisungen). In den durch die Zählzeiten sich ergebenden Schwerpunkten lässt sich also eine skalare Abwärtsbewegung feststellen. Diese Abwärtsbewegung wird im Soggetto nochmals auf den gleichen Tönen wiedergegeben und zwar in den letzten vier Noten[7]. So werden die melodischen Gerüsttöne geschickt in das harmonische Fortgehen eingebunden. Besonders hervorgehoben wird dieser Abgang durch die Synkope, mit der die Abwärtsbewegung eingeleitet wird (vgl. Abb. 2: Pfeil). Im Soggetto kommt nur diese eine Synkope vor. Nach diesem etwas stauenden Element folgt dann der Abfluss zur Terz, die schließlich das Soggetto zum Abschluss bringt.
Abb. 2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieses esI stellt den tiefsten Ton des Soggettos dar, dessen Ambitus von esI bis dII reicht. Rhytmisch baut sich das Soggetto nur aus Sechszentel- und Achtelnoten auf. Die Ausnahme bildet die Synkope als einzige Viertelnote.
[...]
[1] Dürr, Alfred: Johann Sebastian Bach – Das Wohltemperierte Klavier, Kassel u.a. 1998, S. 108.
[2] Kühn, Clemens: Formenlehre der Musik, Kassel u.a. 82007, S. 123.
[3] Kühn, Formenlehre, S. 123.
[4] Czaczkes, Ludwig: Analyse des Wohltemperierten Klaviers. Form und Aufbau der Fuge bei Bach,
Bd. 1, Wien 31985, S. 58.
[5] Kühn, Formenlehre, S. 123.
[6] Dürr, Wohltemperiertes Klavier, S. 109.
[7] Czaczkes, Analyse, S. 58.
- Arbeit zitieren
- Katharina Fee Volling (Autor:in), 2008, Eine Analyse der Fuge in c-Moll aus dem Wohltemperierten Klavier Band 1, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127009
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