Der deutsch-französische Vertrag

Entstehung und Probleme seiner Umsetzung


Trabajo, 2005

27 Páginas, Calificación: sehr gut


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entstehung des Vertrages
2.1 1945 – 1958: Annäherung beider Länder durch weltpolitische Ereignisse
2.2 1958 – 1963: Der Weg zum deutsch-französischen Vertrag

3. Inhalte des Vertrages
3.1 Organisation
3.2 Programm
3.3 Schlussbestimmungen

4. Umsetzung
4.1 1963 – 1969: Schwierigkeiten am Anfang des Vertrages
4.2 1969 – 1974: Zeit der vorsichtigen Fortschritte
4.3 1974 – 1981: Europäische Priorität
4.4 1981 – 1989: Wiederbelebung der bilateralen Kooperation
4.5 1989 – 2002: Deutsch-französische Beziehungen nach der Wiedervereinigung
4.6 2002/ 2003: Die gemeinsame Initiativenflut

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die deutsch-französische Zusammenarbeit – der sogenannte Elysée-Vertrag - der am 22. Januar 1963 von General de Gaulle und Bundeskanzler Adenauer in Paris unterzeichnet wurde, ist in die Geschichte eingegangen. Dieser Vertrag bedeutete einen wichtigen Einschnitt in die Beziehungen beider Länder, denn mit ihm besiegelten die beiden Staatsmänner die Versöhnung zwischen den „jahrhundertealten Rivalen“[1] und schufen gleichzeitig eine Grundlage für eine zukünftige bilaterale Kooperation in den drei Bereichen: Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung und Erziehungs- und Jugendfragen. Der Vertrag kann also sowohl als „Zielpunkt“ als auch als „Startpunkt“ des deutsch-französischen Verhältnisses angesehen werden.[2] Die deutsch-französischen Beziehungen beruhen auch heute noch auf diesem 1963 vereinbarten Vertragswerk, das nur 1967 durch eine Zusatzvereinbarung und 1988 durch ein Zusatz- bzw. Ergänzungsprotokoll erweitert wurde.

Auch wenn die vollbrachten Leistungen der deutsch-französischen Zusammenarbeit auf Grundlage des Elysée-Vertrages u. a. auf Gipfeltreffen und im Rahmen von Jahrestagen der Unterzeichnung immer wieder von vielen Staatsmännern gewürdigt und zelebriert werden, so ist der Erfolg dieses Vertrages in der Literatur jedoch nicht unumstritten. Kritische Stimmen beurteilen die Umsetzung bzw. die Ergebnisse des Vertrages als unzureichend. Sein Inhalt wird in diesem Zusammenhang bisweilen als bloße „Bekundung von Absichten“[3] beschrieben. So wird den Erfolg-Feiernden u. a. „Schönfärberei“[4] und eine verkannte Realität vorgeworfen. Es ist daher angebracht, nach einer konkreten Bilanz dieser Kooperation in der Vergangenheit zu fragen.

Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden schriftlichen Arbeit, nach einer kurzen Darstellung der Entstehungsgeschichte und des Inhaltes des Vertragswerkes, untersucht werden, ob und wenn ja in welchem Maße die im Elysée-Vertrag formulierten Ziele von 1963 bis 2003 konkret umgesetzt wurden. Es soll analysiert werden, in welchen Bereichen eine bilaterale Zusammenarbeit stattgefunden hat und wie diese zu beurteilen ist. Auf diesem Weg soll am Ende dieser Arbeit versucht werden, eine qualifizierte Aussage über den Erfolg der Umsetzung des Vertrages zu machen. Aufgrund der vielfältigen, z. T. intensiven Verflechtungen, die die deutsch-französischen Beziehungen in den verschiedenen Bereichen kennzeichnen, wird in der Darstellung positiver und negativer Ergebnisse des Vertrages kein Anspruch auf Vollständigkeit gelegt, da der Rahmen dieser Hausarbeit ansonsten mit Sicherheit gesprengt würde. Es sollen vielmehr nur die meines Erachtens wichtigsten Ereignisse in der Kooperation beider Länder dargestellt werden. Die deutsch-französischen Beziehungen können dabei nicht losgelöst von jeglichem internationalen Kontext betrachtet werden, sondern es ist auch die jeweilige weltpolitische Situation zu berücksichtigen, die die Umsetzung des Vertrages immer entscheidend mit beeinflusst hat. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Mitwirkung des deutsch-französischen Tandems am europäischen Einigungsprozess von Bedeutung.

2. Die Entstehung des Vertrages

Um die Bedeutung der Vertragsschließung für die deutsch-französischen Beziehungen als solche und die mehr oder weniger konstruktive Umsetzung des Vertrages in der Folgezeit besser verstehen zu können, erscheint es mir sinnvoll, zunächst die deutsch-französischen Beziehungen vor dem Vertrag kurz darzustellen und zu schildern, wie es zu diesem Vertrag gekommen ist. Dabei werde ich auch, soweit notwendig, den internationalen Kontext mit in die Betrachtung einbeziehen.

2.1 1945 – 1958: Annäherung beider Länder durch weltpolitische Ereignisse

Ein deutsch-französischer Freundschaftsvertrag gleich nach Ende des Zweiten Weltkrieges wäre sicher aufgrund des beidseitigen Misstrauens nicht möglich gewesen. Frankreichs Deutschlandpolitik war in der Nachkriegszeit von historischen Erfahrungen gekennzeichnet und aufgrund der antideutschen Haltung in allen Bevölkerungsschichten sowie des hohen Sicherheitsbedürfnisses der Franzosen immer auf die Schwächung Deutschlands ausgerichtet. Eine autonome Deutschlandpolitik mit dieser Zielsetzung konnte Frankreich jedoch nicht auf Dauer durchsetzen, war es doch selbst durch den Krieg ökonomisch geschwächt und auf finanzielle Hilfen der USA angewiesen. So war Frankreich gezwungen, die amerikanische Deutschlandpolitik zu akzeptieren, die vor dem Hintergrund eines sich abzeichnenden Ost-West-Konfliktes, den Zusammenschluss Europas als übergreifende westliche Einheit unter der Führung der USA anstrebte.[5]

Erst ab 1955 spricht G. Ziebura[6] von einer einsetzenden Phase „konstruktiver Annäherung“ zwischen Frankreich und Deutschland, an deren Ende die Entstehung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) stand, ein Vorläufer der Europäischen Gemeinschaft und der jetzigen Europäischen Union.

Neben einem in breiten Schichten der Bevölkerung vorhandenen Verständigungswillen in beiden Ländern gab es laut G. Ziebura auch noch weitere Faktoren, die diesen Prozess begünstigten. Frankreich hat in den fünfziger Jahren immer nur seine nationalstaatlichen Interessen verfolgt, mit dem Ziel, eine 3. Kraft in der Weltpolitik darzustellen (u. a. Bau der Atombombe, Force de frappe). Dadurch hat sich Frankreich in der Welt aber überwiegend isoliert und letztendlich geschwächt. Dazu beigetragen haben aber auch der Algerienkrieg und das Suez-Abenteuer. Deutschland hat sich klugerweise, aber auch mangels Einflussmöglichkeiten, dazu politisch unbeteiligt gezeigt und nicht versucht, aus dieser Situation Vorteile zu ziehen. Im Gegenteil, Deutschland hat Frankreich in manchen schwierigen Situationen sogar noch unterstützt (u. a. durch Kohlelieferungen, finanzielle Unterstützung im Algerienkrieg), so dass G. Ziebura zu dem Schluss kommt, dass Frankreich „1957 […] keine Freunde außer Deutschland“ hatte.[7]

Nachdem Frankreich erkannte, dass es alleine keine 3. Kraft in der Weltpolitik mehr spielen konnte, war es gegenüber den Benelux-Staaten und Deutschland bereit, einen wirtschaftlichen Zusammenschluss auf europäischer Ebene einzugehen, um damit zum einen die Position Europas gegenüber der Vormundschaft der USA zu stärken, zum anderen aus wirtschaftlichen Interessen. Frankreich erhoffte sich in diesem Zusammenhang im Stillen eine Führungsposition in dieser Gemeinschaft mit der Absicht, Deutschland weiterhin kontrollieren zu können. Auch Deutschland hatte seine eigenen nationalen Interessen an der Errichtung eines Gemeinsamen Marktes, und so kam es 1957 zur Unterzeichnung der Römischen Verträge.[8]

2.2 1958 – 1963: Der Weg zum deutsch-französischen Vertrag

Mit dem Zusammenbruch der IV. Republik im Jahre 1958 und der Rückkehr General de Gaulles an die Macht, befürchtete Deutschland unter Bundeskanzler Adenauer eine Anknüpfung an die französische Deutschlandpolitik der Nachkriegszeit.[9] Tatsächlich wurden dann auch die deutsch-französischen Beziehungen durch den Machtwechsel auf eine neue Grundlage gestellt, denn das gaullistische Konzept sah primär eine Stärkung nationaler Souveränität vor.

Nun stellt sich die Frage, wie es 1963 trotz grundlegender Interessendivergenzen zwischen den beiden Ländern (z.B. in Bezug auf eine militärische Kooperation, die de Gaulle bilateral, Adenauer aber im Rahmen der Nato organisieren wollte) zum deutsch-französischen Vertrag kam. Einig waren sich de Gaulle und Adenauer in dem Punkt, dass eine Politik der Aussöhnung und Zusammenarbeit mit dem Nachbarn sowohl für eine Fortsetzung des Friedens, als auch für die europäische Einigung von elementarer Bedeutung war.[10] Die weiteren Motive für die Bereitschaft beider Länder, sich vertraglich langfristig zu binden, beruhten dagegen auf grundlegend verschiedenen nationalen außen- und innenpolitischen Interessen. Frankreich beabsichtigte, die Bundesrepublik aus dem Einfluss der USA zu lösen, um so seine eigene Position in Europa zu stärken und seine eigenen Interessen durchsetzen zu können.[11] Für Adenauer stellte eine deutsch-französische Kooperation dagegen eine willkommene Ergänzung zum Bündnis mit den Vereinigten Staaten dar, denn die Bundesrepublik war insbesondere aus sicherheitspolitischen Gründen von guten Beziehungen mit Frankreich und den USA gleichermaßen abhängig.[12] Letzten Endes wollte man auch versuchen, die ablehnende Haltung Frankreichs gegenüber den USA positiv zu beeinflussen, um u. a. eine Verständigung in der NATO zu garantieren.[13] Auch die wechselseitige Angst beider Länder vor den negativen Folgen einer Ostpolitik im nationalen Alleingang kann als Grund für die intensivere Zusammenarbeit angesehen werden.[14]

3. Inhalte des Vertrages

An dieser Stelle sollen die wichtigsten im deutsch-französischen Vertrag getroffenen Vereinbarungen kurz dargestellt werden. Dies ist insofern notwendig, als dass nur daran der Umfang und die Formen der Umsetzung gemessen werden können. In meinen Ausführungen orientiere ich mich dabei eng an den einzelnen Vertragsabschnitten (siehe Anhang).

Zum Vertragswerk selbst gehört auch eine „Gemeinsame Erklärung“ (siehe Anhang), in der Bundeskanzler Adenauer und General de Gaulle ihrer Überzeugung Ausdruck verleihen, dass die deutsch-französische Versöhnung das Ende einer langen Rivalität bedeute und insofern ein „geschichtliches Ereignis“ darstelle, das das „Verhältnis der beiden Völker zueinander von Grund auf neu gestaltet“.[15] Zu finden ist auch ein Hinweis auf die große Bedeutung, die der bilateralen Zusammenarbeit für ein „vereinigtes Europa“ zukommt, das das „Ziel beider Völker“ sei.

3.1 Organisation

Inhaltlich ist der Vertrag in drei Hauptteile gegliedert. Teil I legt die Formen der gemeinsamen Zusammenarbeit fest und sieht regelmäßige Konsultationen auf verschiedenen politischen Ebenen vor, die für beide Vertragspartner verbindlich sind. Danach treffen sich u.a. die Staats- und Regierungschefs mindestens zweimal jährlich, die Außen- und Verteidigungsminister beider Länder alle drei Monate, leitende Beamte der beiden Außenministerien sogar monatlich. Regelmäßige Treffen sollen auch zwischen den Erziehungs- und Jugendministern sowie Generalstabschefs beider Seiten stattfinden. Die Außenminister tragen die Gesamtverantwortung für die Durchführung der Vertragsbestimmungen und die Koordination. Schließlich wird in jedem Land eine interministerielle Kommission vorgesehen, die die Aktivitäten zwischen beiden Ländern koordiniert und der jeweiligen Regierung darüber Bericht erstattet.

3.2 Programm

Der Teil II handelt von den inhaltlichen Gegenständen der Zusammenarbeit und stellt damit den Schwerpunkt des Vertrages dar. Die beiden Länder streben eine weitgehende Zusammenarbeit auf den Gebieten der auswärtigen Angelegenheiten (Abschnitt A), der Verteidigungspolitik (Abschnitt B) und der kulturellen Beziehungen in Abschnitt C (Erziehungs- und Jugendfragen) an.

Im Rahmen der auswärtigen Angelegenheiten soll es vor jeder wichtigen außenpolitischen Entscheidung, insbesondere bei „Fragen von gemeinsamem Interesse“ zu Konsultationen der Regierungen kommen, um somit „so weit wie möglich“ zu übereinstimmenden Positionen zu gelangen. So sollen insbesondere Angelegenheiten der Europapolitik, der Ost-West-Beziehungen, internationaler Organisationen sowie der Nato erörtert werden. Eine Voraussetzung für derartige Konsultationen ist ein Informationsaustausch zwischen den Regierungen, der zu diesen Zwecken noch weiter intensiviert werden soll. Im Bereich der Entwicklungshilfe verständigen beide Länder sich auf eine Koordinierung bereits bestehender Programme sowie zur Inangriffnahme gemeinsamer Vorhaben. Im Rahmen des Gemeinsamen Marktes soll auch eine verstärkte Zusammenarbeit in wichtigen Bereichen der Wirtschaftspolitik (z. B. Landwirtschafts-, Energie-, Verkehrs- und Transportpolitik sowie industrielle Entwicklung und Ausfuhrkreditpolitik) angestrebt werden.

[...]


[1] Picht, 1982, S. 157.

[2] Vgl. Defrance, Pfeil, 2005, S. 7.

[3] Ziebura, 1970, S. 117.

[4] Ziebura, 1997, S. 11.

[5] Vgl. ebd., 1997, S. 55-73.

[6] Vgl. ebd., S. 119-132.

[7] Vgl. ebd., 1997, S. 131.

[8] Vgl. ebd., 1997, S. 130ff.

[9] Vgl. Ziebura, 1978, S. 12.

[10] Vgl. Scholz, Reinhart, 1978,

[11] Zervakis, von Gossler, 2003, S. 6.

[12] Tatu, 1982, S. 83.

[13] Zervakis, von Gossler, 2003, S. 7.

[14] Ebd., 2003, S. 6.

[15] Vgl. Gemeinsame Erklärung zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit.

Final del extracto de 27 páginas

Detalles

Título
Der deutsch-französische Vertrag
Subtítulo
Entstehung und Probleme seiner Umsetzung
Universidad
University of Göttingen  (Seminar für Romanische Philologie)
Curso
Hauptseminar: Die deutsch-französischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg
Calificación
sehr gut
Autor
Año
2005
Páginas
27
No. de catálogo
V127719
ISBN (Ebook)
9783640342723
ISBN (Libro)
9783640522804
Tamaño de fichero
435 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Vertrag, Entstehung, Probleme, Umsetzung
Citar trabajo
Alice Sievers (Autor), 2005, Der deutsch-französische Vertrag, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127719

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