Menschliches Verhalten widerspricht oftmals den entscheidungstheoretischen Aussagen
und Axiomen der Erwartungsnutzentheorie. Nicht axiomkonforme menschliche Verhaltensweisen
werden als Anomalien, Irrationalitäten oder Biases bezeichnet und können
zu wirtschaftlichen Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen führen.1 Besondere
Relevanz haben diese Verhaltensweisen dann, wenn sie nicht nur einzelne Anleger
betreffen, sondern sich auf der obersten Managementebene eines Unternehmens zutragen.
Hier können irrationale, anomale Verhaltensweisen weniger Individuen in Fehlentscheidungen
und Fehlentwicklungen resultieren, welche die Wirtschaftslage einer ganzen
Unternehmung gefährden und im Extremfall dessen Ausscheiden aus dem Markt
bewirken.2
Gegenstand der vorliegenden Arbeit soll es im Folgenden sein, am konkreten Beispiel
der DaimlerChrysler AG verschiedene Fehlentscheidungen bzw. Fehlentwicklungen
aufgrund menschlicher Irrationalitäten aufzuzeigen. Hierzu wird zunächst im zweiten
Kapitel grob die jüngere Strategie des Konzerns dargestellt. Die Darstellung bezieht
sich auf den Zeitabschnitt Mitte 1995 bis Mitte 2002. Dieser Abschnitt wurde gewählt,
da nach der Berufung Jürgen E. Schrempps zum Vorstandvorsitzenden der Daimler-
Benz AG am 24.05.1995 zahlreiche strategische Umstrukturierungen und Fusionen im
Konzern erfolgten. Schrempp ist auch nach der Fusion mit der Chrysler Corporation
1998 bis zum Jahre 2005 als Vorstandsvorsitzender der DaimlerChrysler AG durch den
Aufsichtsrat bestellt worden. Der gesamte Vorstand hat sich trotz der Fusion mit Chrysler
nur in wenigen Positionen gegenüber 1996 verändert. Die jüngere Unternehmensstrategie
ist somit weitgehend mit Schrempp und den übrigen Vorstandsmitgliedern
verbunden, so dass sie sich als signifikanter Betrachtungszeitraum für menschliche Verhaltensstudien
eignet. Die Unternehmensstrategie der Chrysler Corporation vor der Fusion
mit Daimler-Benz 1998 wird folglich im zweiten Kapitel nicht erläutert. In Bezugnahme
auf OEHLER (1992) werden im dritten Kapitel verschiedene unternehmerische
Fehlentscheidungen bzw. Fehlentwicklungen bei DaimlerChrysler den ihnen zugrundeliegenden
Anomalien zugeordnet. [...]
1 vgl. OEHLER (1992), S. 99-100.
2 vgl. FREY/EICHENBERGER (1990), S.273.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die jüngere Unternehmensstrategie (1995-2002)
- Die Refokussierung auf Kernaktivitäten bei Daimler-Benz (1995-1998)
- Die Entwicklung zur „Welt-AG“ (1998-2002)
- Fehlentscheidungen bzw. Fehlentwicklungen aufgrund menschlicher Anomalien
- Selective Perception
- Status-quo-Bias und Conservatism
- Anchoring
- Illusion of Control
- Endowment Effect
- Sunk Cost Effect
- Regret Avoidance
- Drive for Consistency
- Curse of Knowledge und Hindsight Bias
- Overconfidence Bias
- Group Think
- Escalation of Commitment
- Kritische Würdigung der jüngeren Unternehmensstrategie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert am Beispiel der DaimlerChrysler AG verschiedene Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen, die durch menschliche Irrationalitäten verursacht wurden. Die Analyse konzentriert sich auf den Zeitraum von 1995 bis 2002, einer Periode, die von umfassenden strategischen Umstrukturierungen und Fusionen geprägt war. Die Arbeit zielt darauf ab, zu zeigen, wie kognitive Biases und Fehlentscheidungen die Unternehmensstrategie beeinflussen können und welche Auswirkungen diese auf die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens haben können.
- Die jüngere Unternehmensstrategie von DaimlerChrysler (1995-2002)
- Die Rolle menschlicher Anomalien bei Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen
- Die Auswirkungen von kognitiven Biases auf die Unternehmensstrategie
- Die kritische Würdigung der jüngeren Unternehmensstrategie von DaimlerChrysler
- Die Frage, ob Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen vermeidbar gewesen wären
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema der Fehlentscheidungen ein und beleuchtet die Rolle menschlicher Irrationalitäten in der Wirtschaft. Das zweite Kapitel beschreibt die jüngere Unternehmensstrategie der DaimlerChrysler AG, die sich in zwei Phasen gliedert: Die Refokussierung auf Kernaktivitäten von Daimler-Benz (1995-1998) und die Entwicklung zur „Welt-AG“ (1998-2002).
Im dritten Kapitel werden verschiedene Anomalien vorgestellt, die zu Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen führen können. Zu den Anomalien gehören:
- Selective Perception
- Status-quo-Bias und Conservatism
- Anchoring
- Illusion of Control
- Endowment Effect
- Sunk Cost Effect
- Regret Avoidance
- Drive for Consistency
- Curse of Knowledge und Hindsight Bias
- Overconfidence Bias
- Group Think
- Escalation of Commitment
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Fehlentscheidungen, Fehlentwicklungen, menschliche Anomalien, kognitive Biases, Unternehmensstrategie, DaimlerChrysler, Refokussierung, Globalisierung, Wertorientierung, Akquisitionen und Fusionen. Die Analyse betrachtet die Auswirkungen dieser Faktoren auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Unternehmensstrategie.
- Citar trabajo
- Roald Neubert (Autor), 2002, Fallstudien zu Fehlentscheidungen / Fehlentwicklungen in der Unternehmenspraxis - Der Fall DaimlerChrysler, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12777