Regelbruch als Faktor erfolgreicher Unternehmensentwicklung


Diplomarbeit, 2008

76 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

1.0 Einleitung

2.0 Regelformen und Ausprägungen
2.0.1 Akkumulationsprozess aus soziologischer und psychologischer Perspektive
2.0.2 Wirkungsweisen von Regeln
2.0.3 Entstehung von Regeln
2.0.4 Durchsetzung von Regeln
2.0.5 Charakter des öffentlichen Gutes
2.0.6 Regelbruch innerhalb der Gesellschaft
2.1 Regel und Regelbruch im wirtschaftlichen Kontext
2.1.1 Bedingungen des Regelbruchs
2.1.2 Innovation und Regelbruch
2.1.3 Methoden des erfolgreichen Regelbruchs
2.1.4 Kreativitätstechniken
2.1.5 Regeldefinition im wirtschaftlichen Kontext
2.2 Untersuchung verschiedener Regelbrecher anhand der aufgestellten Klassifizierung
2.2.1 Regelbruch der ersten Ordnung:
2.2.2 Regelbruch der zweiten Ordnung:
2.2.3 Regelbruch der dritten Ordnung:
2.2.4 Regelbruch der vierten Ordnung:

3.0 Ableitung von Erfolgsdeterminanten zum effizienten Regelbruch anhand der vorgestellten Beispiele
3.1 Zusammenfassung der Ergebnisse

4.0 Schlusswort

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Auszahlung bei Regeleinhaltung

Abbildung 2: Auszahlung bei Vetragseinhaltung

Abbildung 3: Absolute selbstinduzierte Neuheit von Regeln am Markt

Abbildung 4: Kreativitäts- und Vorbereitungsphase

Abbildung 5: Klassifizierung der Marktregeln

1.0 Einleitung

„Wir leben in einer Welt voller Regelbrüche: Der beste Rapper ein Weißer. Der beste Golfer ein Schwarzer. Die Schweiz gewinnt den America`s Cup. Die Franzosen nennen die Amerikaner arrogant und die Deutschen wollen nicht in den Krieg ziehen.“ (Garry Kasparow 2004)

Wie bereits Garry Kasparow erkannte, rücken Regelbrüche immer mehr in den Fokus unserer Gesellschaft. Diesen Umstand gilt es in Hinsicht auf die aktuelle und frühere Wahrnehmung kritisch zu hinterfragen. Waren Regelbrüche bereits vor 100 Jahren alltäglich, und wurden lediglich nicht oder weniger stark wahrgenommen?

Es scheint tatsächlich erst ein Phänomen der jüngsten Zeit zu sein, den Regelbruch bewusst wahrzunehmen und zu nutzen. Besonders im wirtschaftlichen Kontext sind Regelbrüche ein Erfolgsrezept vor allem für Unternehmen die trotz rückläufiger, bzw. stagnierender Märkte, respektable Zuwachsraten erreichen.

Was impliziert diesen Unterschied? Was macht die einen Unternehmen erfolgreich, während andere auf der Stelle treten?

Der Grund ist relativ leicht zu erklären. Während sich die breite Masse der Unternehmen mit aller Kraft an konservative und nahezu dogmatische Marktspielregeln halten, missachten die übrigen konsequent diese Regeln.

„Wie bitte? Regelbruch? Wir sind ein Waschmaschinenhersteller. Wir haben mit sowas nichts zu tun!“ sind klassische Aussagen von Unternehmen, welche die Zeichen der Neuorientierung noch nicht erkannt haben. Das Phänomen Regelbruch war bisher vermeintlich ausschließlich Branchen mit kreativen Hintergrund vorbehalten, ist allerdings lange schon kein Ausnahmefall mehr.

Immer häufiger wird eine „Gegen den Strom“ - Strategie quer durch die unterschiedlichen Branchen praktiziert.

So geschehen bei der Bauknecht AG, die sich vorgenommen hat, eines Tages das Ziel „ Waschen ohne Wasser“ zu erreichen. Mit diesen Zielvorstellungen, wurde mittlerweise eine Wasserersparnis erreicht, welche weit unterhalb der gesetzlichen vorgeschriebenen Standards der Wasserverbrauchsrichtlinien liegt.

Nivea überrascht mit einer ungewöhnlichen Preispolitik, die sowohl Low - Budget - Produkte, wie die Creme Dose für 1.50€, als auch die hochpreissegmentigen Produkte aus der Reihe „Nivea DNAge“ enthält.

Modellabels wie Zara verzichten sogar ganz auf Werbung und festgelegte Saisonkollektionen.

H&M schockt mit Karl Lagerfeld die gesamte Haute Couture und verzeichnet sofortige Ausverkäufe der Designermode. Ein Beispiel für Regelbruch, der nicht nur für gute Verkaufszahlen sondern auch zum Talk of the Town führt.

Der Club der Regelbrecher zieht sich durch alle Märkte und Produktfelder und verzeichnet zweistellige Zuwachsraten.

Faber Castell im Schreibwarensegment, Swarovski im Schmuckmarkt und Red Bull auf dem Feld der Erfrischungsgetränke.

Ein unmissverständliches Zeichen für alle strategischen Marketingexperten und Geschäftsführer. Ausgetretene Lehrbuchstrategien müssen kritisch hinterfragt werden, wenn man die Leistungen von Puma im Sportmarkt oder Douglas und Tchibo im vermeintlich stagnierenden Einzelhandel betrachtet.

Beispiele dieser Art sollen vor allem Mut geben, mutig zu handeln. Das unternehmerische Handeln und Denken wieder zu entdecken. Dass Mut sich lohnt, zeigt auch ein Blick auf die Lage außerhalb Deutschlands. Namhafte Vertreter wie Dell, Starbucks oder Ryan Air, welche das Discountfliegen erstmals angeboten haben, zeigen, dass es sich lohnt, die alten Pfade zu verlassen und das Vorhandene einfach umzudrehen.

Die größte Computerzeitschrift in Deutschland ist die „Computer- Bild“ Zeitschrift der Bild. Entstanden durch die Markendiversifikation, welche den restlichen Vertretern der Medienbranche die Möglichkeiten aufzeigte. Diese Beispiele lassen sich nahezu endlos fortsetzten,

Diese Beispiele reflektieren die wiederentdeckten Ursprungsideen des Marketings, nämlich Märkte zu öffnen, Überraschungen zu entwickeln und Neues zu erfinden. Das jahrzehntelange Wachstum verursachte Trägheit. Maxime war, keine Fehler zu machen und risikoaverse Entscheidungen und Strategien zu implementieren, um somit am kollektiven Marktwachstum zu partizipieren. Keine Entscheidungen zu treffen, ohne zuvor sicher kalkulierte Entwicklungsszenarien zu errechnen, mit dem Ziel ein Unentschieden auf höchstem Niveau zu erreichen. Unter der Prämisse rationaler Prozessoptimierung vergaß man den Reiz der Entdeckung neuer Ufer.

Dennoch entwickelt sich der Markt weiter und auf permanente Wachstumsphasen folgen in der Regel Rezessionen. Verständlich, dass bei rückläufigen Märkten der Fokus auf der Fehler-, respektive Risikovermeidung liegt, anstatt auf der Wiederentdeckung des Kunden.

Dieser ist sprunghafter und unberechenbarer geworden. Gestern viel konsumieren, heute sparen, morgen bei Aldi kaufen und übermorgen bei Dolce&Gabana shoppen.

Standardisierte Marketingkonzepte greifen nicht mehr und verlangen nach neuen Ansätzen, um sich „Just In Time“ dem Markt anzupassen.

Ziel dieser Arbeit ist das Aufzeigen erfolgsorientierter Regelbrüche, sowie die Identifikation von Marktregeln. Mithilfe unterschiedlicher Kreativitätstechniken werden gewohnte Denkautobahnen verlassen, um neue Perspektiven auf bestehende Regeln zu erlangen. Im Gegensatz zu Innovationen, welche durch Marktforschung auf Praxistauglichkeit überprüft werden können, bedingen Regelbrüche den fast vergessenen Mut der Unternehmensführung. Des Weiteren wird untersucht, wie der Regelbruch als Strategieoption in der Unternehmensführung bewusst gemacht werden kann. Anhand von Beispielen werden Regelbrecher mit positiven, jedoch auch mit negativen Folgen analysiert.

2.0 Regelformen und Ausprägungen

Jedermann kennt diverse Situationen, ob im Straßenverkehr, im Berufsleben, auf dem Fußballplatz oder in der Freizeit, in denen der gesamte Alltag streng reglementiert wird. Das steht im genauen Gegensatz zur menschlichen Natur, welche sich nur ungern einengen lässt.

Es stellt sich also unweigerlich die Frage, warum man sich überhaupt Regeln unterwirft?

Um diese Frage zu beantworten, gibt es verschiedene Ansätze und Theorien:

Die kulturanthropologische Perspektive, die soziokulturellen Ansätze, den rationalen ökonomischen Ansatz und Erklärungsversuchen, die auf der Spieltheorie beruhen.

An dieser Stelle gilt es, die Tatsache festzuhalten, dass in Ermangelung empirischer Untersuchungen über die Regelentstehung, zur Erklärung nur Theorien vom Verfasser herangezogen werden können.

Hier zitiert der Autor gerne das Beispiel des Robinson Crusoe, der sich auf seiner Insel einer chronischen Ressourcenknappheit gegenübersieht. Anhand der Verhaltensanalyse dieser Einzelperson, ist es nicht schwer, Rückschlüsse auf ganze Gesellschaften zu ziehen, welche sich mit demselben Problem beschränkter Ressourcen konfrontiert sehen.

Robinson ist wie jeder von uns ein Nutzenmaximierer. Das heißt, jeder Einzelne besitzt eine individuelle Nutzenfunktion, die er zu optimieren versucht. Er ist bestrebt, alle seine Ziele möglichst effizient zu erreichen, ohne Beachtung der daraus resultierenden Begleiterscheinungen/Benachteiligung für andere. Aus dieser Erkenntnis leitet der Autor ab, dass das Verhalten eines jeden Menschen unter rationalen Gesichtspunkten betrachtet, stets auf seinen eigenen Vorteil abzielen muss. Wenn man das Ergebnis dieser Analyse nun auf eine komplette Gesellschaft überträgt, kommt man zu dem Ergebnis, dass dieses Verhalten, unter der Bedingung jeglicher Ressourcenknappheit, zwangsläufig zu einer Situation „Jeder gegen Jeden“ führen muss. Schon Thomas Hobbes verurteilte diesen Zustand 1638 in seinem Werk „Leviathan“ als Urform allen gesellschaftlichen Lebens, welches in diesem Fall „arm, kümmerlich und kurz“ wäre. Kein Individuum würde dem anderen Vertrauen schenken können, unter der Annahme, dass jegliches Verhalten und alle Entscheidungen durch ein opportunistisches Kalkül beeinflusst werden. Unter diesen Umständen ist ein gesellschaftliches und wirtschaftliches Miteinander kaum vorstellbar.

Dieser recht pragmatische Ansatz reicht aber nicht aus, um Verhalten im Kontext der Konfliktbewältigung und sozialen Ordnung zu erklären. Denn vor allem durch divergierende Zielvorstellungen und antagonistische Interessen treten Kooperationsprobleme auf. So muss vor dem Hintergrund des Erhalts der sozialen Ordnung eine Verknüpfung der „höheren Interessen“ der Individuen erfolgen, statt nur die eigenen Vorstellungen durchzusetzen.

Dahingehende Motive sind ausschlaggebend für bestimmte Verhaltensmuster.

Betrachtet man die Lage eines neugeborenen Menschen, so stimmt man zu, dass dieser durch mangelhafte Kenntnis der soziokulturellen und ökonomischen Regeln gesellschaftlich orientierungslos ist. Erst sein Umfeld ermöglicht ihm ein gesellschaftliches Zusammenleben, indem grundlegende Werte, Einstellungen, und Regeln bereits im Kindesalter vermittelt werden. Dies geschieht vornehmlich durch die Familie. Die dabei vermittelten Regeln basieren auf Erfahrungswerten, welche sich im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung als vorteilhaft erwiesen haben.

Zu unterscheiden sind im Grunde zwei Arten von Regeln:

1. Regeln, die aus der Gleichförmigkeit eines Sachverhalts resultieren
2. Regeln, die Handlungsabfolgen bestimmen.

Erstere sind im Sinne eines sich stetig wiederholenden Vorgangs, sowie aus Gesetzmäßigkeiten abgeleitet.

Ein einfaches Beispiel zum gesetzmäßigen Charakter einer Regel ist, dass ein Gegenstand aufgrund der Gravitationskraft der Erde immer zu Boden fällt, wenn er aus einer beliebigen Höhe fallen gelassen wird. Diese Erkenntnis basiert zu einem großen Anteil auf empirischem Wissen. Obwohl diese Regel im Grunde schon latent Gültigkeit besitzt, bedarf es einer weiteren wissenschaftlichen Betrachtung und Akkumulationsdynamik, um den physikalischen Sachverhalt endgültig zu beweisen und sich anschließend dieses Wissen zu Nutze zu machen.

Auf diese Weise werden alle Forschungsergebnisse der Wissenschaft genutzt, verarbeitet und in Regeln transformiert, um die Handhabung der Erkenntnisse zu vereinfachen.

Bei sich wiederholenden Vorgängen wird laut dem Autor eine periodische Konformität zu einer Regel gemacht. Diese findet zwar nicht im Sinne einer Gesetzmäßigkeit Anwendung, zielt aber auf die Vorhersagbarkeit ab, nach der mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ein Ereignis „X“ eintreten wird.

Der Hallesche Komet ist in diesem Zusammenhang ein Beispiel, das aufgrund seiner Vorhersehbarkeit als Regel an dieser Stelle genannt wird. Aufgrund seiner Flugbahn erscheint er in periodischen Abständen in unmittelbarer Erdnähe.

Natürlich sind aber auch interstellare Ereignisse möglich, die diesen Umstand verändern können.

Doch ähnlich der Regeln im Sinne von Gesetzmäßigkeiten müssen diese gleichförmigen Erscheinungen ebenfalls erst bewusst entdeckt werden. Dabei kommt erschwerend die Tatsache hinzu, dass sich Gleichförmigkeiten im Laufe der Zeit durch kulturelle, wirtschaftliche und soziale Evolution neu generieren.

So bewies beispielsweise Kondratieff den zyklischen Charakter von innovativen Neuentdeckungen erst um 1850, also mit Beginn der industriellen Revolution in Deutschland.

In einer weiteren wichtigen Form existieren Regeln, die ein Verhalten fordern. Diese beinhalten Gebote, praktische Handlungsrichtlinien und Verfahrensvorschriften. Erst diese Regeln ermöglichen eine Teilnahme am sozialen Leben. Der wichtigste Unterschied zu gesetzesgleichen Regeln ist nach dem Autor der Umstand, dass Verhaltensregeln nur in genau definierten Situationen Anwendung finden. Gleichförmige und naturgesetzliche Regeln hingegen besitzen nahezu universelle Gültigkeit, sofern wissenschaftlicher Fortschritt und die daraus resultierenden Erkenntnisse nicht mit den vermeintlich feststehenden Regeln brechen und einen Paradigmenwechsel einleiten.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Regelform sind konstitutionelle Regeln, welche beispielsweise Zivil-, Verfahrens- und strafrechtliche sowie Straßenverkehrsregeln enthalten. Allesamt sind sie vereinbarte Regeln, deren Einhaltung bei Nichterfüllung per Gesetzbeschluss erzwungen oder mithilfe von Sanktionen durchgesetzt werden kann. Entwickelt haben sich diese Arten von Regeln parallel zum ständig wachsenden kritischen Sozialbewusstsein des Menschen. Erst durch sie werden die Gesellschaftsmitglieder von der ständigen Improvisationsforderung durch eine Handlungsvorgabe bei standardisierten Situationen entlastet. In diesen Regeln verbirgt sich die praktische Umsetzung empirischen Wissens und eröffnet so die Möglichkeit, auf genau definierte Situationen in höchstem Maße effizient zu reagieren. Dennoch bleibt es durch den ständigen Wandel des menschlichen Umfeldes nicht aus, nach neuen Regeln zu suchen und diese, sofern sie sich als wirkungsvoller erweisen, mit den antiquierten Regeln zu substituieren. Dies ist notwendig, um sich an fortlaufende Veränderungen optimal anzupassen..

So entwickelten sich die Regeln der Straßenverkehrsordnung nicht innerhalb von Wochen oder Monaten, sondern wuchsen jahrzehntelang parallel mit der steigenden Nutzung, sowie dem zunehmenden Bedarf an motorisierten Fortbewegungsmitteln und öffentlichen Verkehrswegen.

Konstitutionelle Verhaltensregeln generieren eine Handlungskonformität aller Teilnehmer und erzeugen damit die Möglichkeit, eine Handlung von Anderen in gewisser Weise vorausahnen zu können. Ebenso kann das eigene Handeln von anderen Teilnehmern gedanklich vorausgeahnt werden, was dem eigenen Verhalten eine formale Sicherheit im Kontext gesellschaftlichen Interagierens gibt.

Eine weitere Form von verhaltensfordernden Regeln sind die nichtkonventionellen Regeln, welche soziale, moralische und linguale Vorgaben umfassen. Sie beeinflussen unser Handeln hinsichtlich der Kommunikation mit anderen Menschen und durchdringen alle Bereiche sozialer Interaktion. Diese Regelform ist meist naturgewachsen und beinhaltet bereits akzeptierte Verhaltensweisen. Sie fördert bei steter Anwendung die Akzeptanz des Einzelnen in der sozialen Gruppe. Auch diese Regeln unterliegen dem Innovationsfluss und werden durch ständige Neuerungen weiterentwickelt bzw. ausgetauscht.

Im Gegensatz zu den konstitutionellen Regeln beschränkt sich jedoch der Handlungsspielraum bei Sanktionierungsfragen, die einen Verstoß gegen die geltenden Vorgaben betreffen. Kann man im Kontext der konstitutionellen Regeln mit einer Vielzahl von Maßnahmen einen Regelbruch ahnden, so ist in diesem Fall meist der Ausschluss aus der Gruppe und folglich die soziale Isolation des Einzelnen die Reaktion auf sein Verhalten. Der funktionale Wert dieser Regeln liegt hier also vor allem in seiner konfliktreduzierenden und integrationsfördernden Verhaltenskoordination.

Aus Gründen der Vollständigkeit sei darüber hinaus erwähnt, dass letztlich noch Erfahrungsregeln existieren, welche aus sogenannten Bauern- und Daumenregeln bestehen. Diese sollen in der vorliegenden Arbeit jedoch keine Berücksichtigung finden, da sie keinen sozialen Vorteil bewirken und somit kaum Anwendung finden. Rückblickend stellt der Autor fest, dass der Einzelne bei seinen Handlungen in der Gruppe nicht nur eine einzelne Regel beachtet. Vielmehr ermöglicht die

Berücksichtigung aller Regelformen im ständigen Zusammenspiel, die Qualität des gesellschaftlichen Zusammenlebens zu optimieren, was im folgenden Beispiel erläutert werden soll:

Schon der tägliche Besuch einer Bäckerei beinhaltet eine enorme Reglungsdichte, von der Teilnahme am Straßenverkehr, über die Verhaltensanforderungen im Geschäft bis hin zur Geschäftsabwicklung. Eine besondere Stellung nehmen hier die konstitutionellen und verhaltensfordernden Regeln ein, was auf ihre hohe Reglungsdichte und die vielfältigen Sanktionsmechanismen zurückzuführen ist. Vor diesem Hintergrund lohnt sich eine kurze Interaktionsanalyse der bereits beschriebenen, unter rationalen Umständen opportunistisch handelnden Gesellschaftsmitglieder, die speziell auf ihre Befolgungsmotive hin detaillierter untersucht werden sollen. Dahingehend kann man jede Interaktion der Teilnehmer als Austausch, respektive Transaktion beurteilen.

Es wird angenommen, dass sich mehrere Personen in der Filiale befinden. Ohne die Verhaltensforderung, sich aufgrund der verschiedenen zeitlichen Ankünfte in die Warteschlange einzureihen, würde jeder als erster bedient werden wollen. Unter rationalen Gesichtspunkten erscheint dieses Denken sinnvoll. Doch es gibt zwei Motive, die solch ein Verhalten verhindern: Die soziale Ausgrenzung als Sanktionierungsmaßnahme der anderen Gesellschaftsmitglieder und die Gewissheit, nach Ablauf der Wartezeit ebenfalls bedient zu werden. Somit bekommt das schwächste und das stärkste Mitglied der Gruppe ein Motiv zu warten und der Verhaltensforderung zu folgen. Außerdem ist zu bedenken, dass mit jedem neuen Kunden, der die Filiale betritt, das zu diesem Zeitpunkt bestehende Stärke-Schwäche-Verhältnis relativiert und neu ausgelotet werden muss.

2.0.1 Akkumulationsprozess aus soziologischer und psychologischer Perspektive

Im folgenden Abschnitt soll der Adaptionsprozess von Regeln in Bezug auf psychologische und soziologische Aspekte diskutiert werden.

In diesem Zusammenhang wird erklärt, durch welche Umstände der Mensch Regeln vermittelt bekommt.

Die Wert- und Gerechtigkeitsvorstellungen des Menschen werden in erster Linie durch interpersonelle Faktoren wie Kulturkreis, soziale Schicht, Gruppenzugehörigkeit und die Familie, aber auch durch die charakteristischen Persönlichkeitsmerkmale des Menschen geprägt.

Durch diesen enormen Komplexitätsgrad der Einstellungs- und Wertentwicklung ist es völlig natürlich, Gruppen und einzelne Mitglieder der Gesellschaft zu identifizieren, die unterschiedliche Ansichten in Bezug auf Verhaltensanweisungen oder Gerechtigkeitsvorstellungen haben.

Dementsprechend unterliegen vor allem die verhaltensfordernden Regeln einer geringeren Zustimmung, da die verschiedenen Gruppenregeln nur innerhalb der Gruppe ihre Gültigkeit besitzen. Dieser Umstand begründet sich vor allem in der mangelnden Durchsetzbarkeit der verhaltensfordernden Regeln in anderen Gruppen.

Einen entscheidenden Faktor, ob Regeln im sich stets verändernden Gefüge Bestand haben und sich auch nach einer eventuellen Neuausrichtung des Wertemaßstabes des Menschen durchzusetzen vermögen, stellen die aus ihnen resultierenden Sanktionsmaßnahmen dar.

Als Beispiel identifiziert der Autor zwei Gruppen die durch kulturelle geprägte unterschiedliche Essgewohnheiten auffallen. Im asiatischen Raum wird in erster Linie mit Händen gegessen, wobei im europäischen Raum vorwiegend mit Essbesteck gegessen wird. Die unterschiedlichen Essgewohnheiten werden nur in den jeweiligen Gruppen toleriert und Abweichung, je nach Wertgehalt, mit sozialer Isolation geahndet. Der Wertgehalt spiegelt dabei die Wichtigkeit der Regelkonformität wieder.

Dadurch clustern sich Gruppen, die wiederum nur bestimmte verhaltensfordernde Regeln akzeptieren und auch spezifische Gruppenregeln selbst erzeugen. Diese besitzen allerdings nur Gültigkeit in den jeweiligen Gruppen. Aufgrund der untereinander heterogenen Gruppenregeln wird die Konfliktlösungsfunktion der verhaltensfordernden Regeln aufgehoben. Nun ist es auch vor allem die Aufgabe öffentlicher Institutionen dieses Vakuum mithilfe von konstitutionellen Regeln zu füllen. Dies geschieht, indem gewisse Grundwerte, wie Entfaltung oder Menschenwürde, konstitutiv formuliert werden und somit eine Art Entwicklungskorridor für spezifische Gruppenregeln erzeugt wird.

2.0.2 Wirkungsweisen von Regeln

Vor allem die verhaltensfordernden, aber auch die konstitutionellen Regeln haben unterschiedliche Wirkungsweisen. Dementsprechend wird dem folgenden Abschnitt eine Einteilung der verschieden Interaktionsmuster vorangestellt:

1. Interaktionen im Sinne eines Tausches
2. Interaktionen im Sinne sozialer Ordnung

Innerhalb beider Regelarten gibt es Transaktionen, bei denen ein Austausch von Gütern, Rechten und/oder Informationen stattfindet. Diese werden dem ersten Interaktionsmuster zugeordnet.

Die andere Form von Interaktion stellen Transaktionen dar, die nicht auf einem Austausch beruhen, sondern Verhalten koordinieren und somit dem Erhalt der sozialen Ordnung dienen.

Beide Interaktionsformen resultieren aus unterschiedlichen Motiven. Bei transaktionsähnlichen Kontakten sollen Regeln deshalb gerechte und effiziente Gleichgewichte erzeugen. Um das zu erreichen, müssen die den Gleichgewichtszustand beeinflussenden Motive wie Opportunismus, sowie unterschiedliche Gerechtigkeitsvorstellungen unterbunden werden.

Um die Wirkungsweise von Regeln zu erklären, bedient sich der Autor im Folgenden einem Beispiel aus der Spieltheorie: Das Gefangenendilemma zeigt anschaulich, wie Transaktionskontakte innerhalb der verhaltensfordernden und konstitutionellen Regeln zustande kommen und umgesetzt werden.

Aus der Matrix ist ersichtlich, dass es nur zu einem beiderseitigen Nutzen für die jeweiligen Parteien kommt, wenn sich beide Protagonisten an die abgesprochenen Regeln halten. Wie die Abbildung zeigt, kann jeder einzelne Akteur seinen persönlichen Nutzen maximieren, indem er die Regeln bricht. Infolge dieses Verhaltens würde der Nutzen des jeweiligen Antagonisten gegen Null gehen. Da eine Situation angenommen wird, in der sowohl Akteur A, als auch Akteur B sich dieses Konflikts bewusst sind, handelt es sich um eine Interaktion bei vollständiger Information. Ohne gültige Regel, quasi im Urzustand, würden beide eine auf den eigenen Nutzen bedachte regelunkonforme Strategie verfolgen und die Interaktion würde unwiderruflich im 4. Sektor enden. Ein zugegebenermaßen für beide Seiten uneffizientes Gleichgewicht. Eine Transaktion käme also ohne Regeln nicht zustande.

Nur durch externes Einwirken werden beide Vertragspartner in ein effizientes Gleichgewicht wie im 1. Sektor geführt. Der Einfachheit halber wäre ein solcher externer Faktor ein Regelsatz, der in diesem Fall den Regelbruch ausschließt.

Wie genau diese Regeln zustande kommen, soll im Weiteren diskutiert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.:1 Quelle Eigendarstellung

Natürlich spiegelt das gewählte Beispiel nicht die komplexen Formen von Transaktionen wider, doch die Erkenntnis, dass im regellosen Urzustand kaum Transaktionen stattfinden, ist essentiell.

Regeln sollen diese Tauschbeziehungen erleichtern, ja zuweilen erst ermöglichen, und lösen Konflikte bei der Allokation knapper Güter. Desweiteren geben diese Regeln jedem gesellschaftlichen Mitglied die Möglichkeit, mit anderen zu interagieren, auch bei unterschiedlichen Ausgangssituationen der einzelnen Akteure. Dies geschieht auf der Basis der von der Gesellschaft in Form von konstitutionellen und verhaltensfordernden Regeln vorformulierten Erfahrungen von Gerechtigkeits- und Effizienzvorstellungen. Je nachdem wie Regeln, speziell bei transaktionsförmigen Kontakten, gebrochen werden, treten Sanktionen in Kraft. Diese wirken einem weiteren Regelbruch entgegen und fungieren als Vergeltungsformen gleichzeitig im Sinne der Wiederherstellung des Gerechtigkeitsgefüges.

Aufgrund der unterschiedlichen Motive, bewirken konstitutionelle und verhaltensfordernde Regeln bei Interaktionen, die keinen Transaktionscharakter besitzen, auch unterschiedliche Ergebnisse. Ziel beider Regelformen ist die Verhaltenskoordination der Gesellschaftsmitglieder, um soziale Ordnung und Konformität zu erzeugen. Hierbei bestimmt als Hauptmotiv die gesellschaftliche Akzeptanz das Interaktionsmuster. Da es somit keinen evidenten Nutzenaustausch gibt, ist es schwerer, die Wirkungsweise zu erfassen. Festzuhalten gilt, dass aufgrund der fehlenden konstitutionellen Vorformulierungen von gerechtem Handeln, die Regeltreue auf dem eigenen individuellen Wertesystem basiert. Ebenfalls fördert der formal fehlende Sanktionsapparat in Form einer richtenden Institution die Tendenz einzelner Gesellschaftsmitglieder zum Regelbruch. Die quasi einzige Sanktion misst sich an der individuellen Gewichtung von Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Der Autor schließt daraus, dass die Tendenz zur Regeltreue mit dem Wunsch der gesellschaftlichen Integration wächst. Anhand dieses Zusammenhanges kann man laut Definition ebenfalls mithilfe einer Verhaltensmatrix (Abb. 1) den individuellen Nutzen darstellen.

Abschließend ist festzuhalten, dass sich regelkonformes Handeln sowohl bei transaktions-, als auch bei nichttransaktionsinduzierten Interaktionen durch folgende Begleiterscheinungen rentiert:

Regeln...

1. Machen Handlungsabfolgen vorhersagbar.
2. Geben dem eigenen Handeln Sicherheit.
3. Erleichtern die Transaktionen Zwischen Menschen.
4. Aufwendungen zur Verteidigung der eigenen Rechte (Eigentumsrecht) werden stark reduziert.

2.0.3 Entstehung von Regeln

Es drängt sich nun die Frage nach der Entstehung einer solchen Verhaltenskoordination und der daraus zwangsläufig resultierenden Akzeptanz auf.

In den beiden angeführten Beispielen haben beide Akteure erkannt, dass einzig regelkonformes Handeln jedem von ihnen weiterhelfen kann. Doch wie kommt dieser Umstand zustande?

Eine vom Autor selbst getroffene Einteilung vor diesem Hintergrund ist die Klassifizierung in Regelrahmen und dem situationsspezifischen Handeln innerhalb eines solchen Rahmens.

Sowohl konstitutionelle, wie auch verhaltensfordernde Regeln können dieser Einteilung zugeordnet werden. Dies ist leicht nachzuvollziehen, wenn man sich bewusst macht, dass bei beiden Regelformen ein vorher definierter Rahmen aufgrund des gemeinsamen Konsenses zustande kommen muss. Das Handeln innerhalb dieses Regelrahmens findet zum größten Teil in Eins-zu-Eins-Situationen statt, vom Autor als „Spielzug“ definiert. Ebenfalls muss hier ein spezifischer Konsens gefunden werden. Die Einteilung begründet sich durch die unterschiedlichen Funktionen. Durch Festlegung und Anwendung des Regelrahmens werden definierte Situationen alltagsfähig gemacht und ihre funktionalen Vorteile kommen zur Anwendung. Die Einteilung in Spielzügen hingegen begründet sich durch ihren Innovationscharakter. Durch Abweichendes Verhalten vom Regelrahmen entstehen neue Versuche und Möglichkeiten, Situationen gewinnbringender zu lösen. Im Erfolgsfall führt dies zu einem Paradigmenwechsel. Eine induktive Form der Regelsubstitution.

Zuoberst gilt es, die Entstehung des Regelrahmens zu klären. Es ist nicht schwer nachzuvollziehen, dass eine Einigung in Bezug auf den Rahmen schneller zustande kommt, als die Lösung eines Konfliktes innerhalb eines Spielzuges. An dieser Stelle wird nur das Zustandekommen eines Regelsystems als Rahmen, in dem die Mitglieder interagieren, erörtert.

Ein gemeinschaftlicher Konsens entwickelte sich im Verlaufe der Evolution. Ob es sich dabei um formelle oder informelle Regeln handelte, ist irrelevant. Es ist auch nicht vonnöten, einen wohlwollenden Herrscher, dem das gemeinschaftliche Glück am Herzen liegt, als oberste Instanz zu installieren, da auch mehrheitsgewählte Vertreter andere Interessen als einzelne Gesellschaftsschichten besitzen.

Vielmehr wird hier dem Kontrakttheoretischem Ansatz des Nobelpreisträgers James Buchanan und Gordon Tullocks (Brennan/Buchanan 1993 S.25-42) zugestimmt, wonach den einzelnen Individuen einer Gesellschaft die Quelle aller Werte zugesprochen wird. Dabei wird nicht verkannt, dass die Gesellschaft einen maßgeblichen Einfluss auf das Wertesystem eines Menschen hat. Folglich muss davon ausgegangen werden, dass alle Personen eine konsistente Wertevorstellung besitzen. Denn erst unter dieser Bedingung wird es erstmals möglich, eine kollektive Ordnung zu entwickeln (Brennan&Buchanan 1993 S.28­29). Dazu zwingend erforderlich ist die Einstimmigkeitsregel über den Regelrahmen, in den alle Beteiligten eingeschlossen sein müssen und in welchem die Kollektiven sowie die privaten Handlungsparameter aller Mitglieder festgelegt werden. Doch unter realistischen Annahmen ist eine komplette Einstimmigkeit nicht vorstellbar, da schließlich jeder seine eigenen Wertvorstellungen und Interessen, wie bei jedem Tauschgeschäft, respektive gesellschaftlicher Interaktion, verwirklichen möchte.

Hier kommt zum Tragen, dass bei einer kollektiven Entscheidung über konstitutionelle Regeln, die einen öffentlichen Gutscharakter besitzen, die wahren Interessen der einzelnen Teilnehmer nicht leicht zu erkennen sind, wie es doch beim einfachen Eins-zu-Eins-Kontakt zweier Akteure der Fall ist. Das impliziert eine Unsicherheit bei den einzelnen Individuen, da diese Ihren späteren Nutzen nicht mehr gedanklich vorausahnen können. Man erkennt folgende Tendenz: Je öffentlicher der Charakter der zu bestimmenden Regel wird, desto stärker verschwinden die einzelnen individuellen Werte und Nutzenvorstellungen der Beteiligten, und umso leichter wird ein Konsens gefunden. Da es aber nicht mehr abzusehen ist, ob der Einzelne sein Maximum erreicht, oder ob es gar unerwünschte Folgen für ihn gibt, werden vor allem Regeln getroffen, die eher in Richtung der Verhinderung eines Übels steuern. Bei kollektiven Entscheidungen über verhaltensfordernde Regelrahmen gibt es zwar auch einen öffentlichen Gutscharakter, doch anders als bei der Festlegung der konstitutionellen Regeln liegt der zu erwartende Nutzen in dem Erhalt der sozialen Ordnung.

Erschwerend kommt der zeitliche Aspekt einer Regel hinzu. Denn eine Regel macht erst Sinn, wenn sie über längere Perioden ihre Gültigkeit behält. Je länger eine Regel gültig ist, desto schwieriger kann man die eigene zukünftige Nettowohlfahrt bestimmen. Dies gibt weitere Unsicherheit und trägt ebenfalls nicht zu schnelleren Einigungen bei.

Um dies zu verdeutlichen, betrachten wir das von Buchanan angeführte Beispiel eines Milchbauern, der natürlich strikt gegen eine staatliche Milchpreissenkung ist. Seine Interessen werden klar ersichtlich und eine Konsensfindung ist nicht so leicht zu erlangen, wohingegen er schon eher dazu bereit wäre, über Regeln abzustimmen, bei denen der Milchpreis nur durch die Kräfte des Marktes bestimmt wird. In dem Fall wird der zukünftige Gewinn des Bauern nicht ersichtlich. Aber eine bei einer Milchpreissenkung stattfindende Verschlechterung muss nicht zwingend einsetzen.

Zusammenfassend kann man sagen, einen legitimen Konsens in Bezug eines Regerahmens zu finden, beinhaltet immer die Einbeziehung aller darin handelnden Mitglieder. Das heißt, die Regeln gelten für alle gleichermaßen.

Um eine Regel zu legitimieren oder bestehende zu reformieren, benötigt man die Einstimmigkeit aller, denn schon wenige Verweigerer können die Tragfähigkeit des das Gerüstes gefährden. Je öffentlicher der Charakter des zu bestimmenden Regelrahmens ist, desto leichter fällt aufgrund fehlender strategischer Überlegungen der Akteure die Konsensfindung. Das bedeutet, es werden keine speziellen Ergebnisse definiert, bei denen die Interessen und Werte aller Akteure aufzeigbar sind. Somit wüsste jeder Akteur bereits seinen finalen Nettonutzen, und wer würde schon Regeln zustimmen, von denen er weiß, dass er mit ihnen verlöre? Der Kontrakttheoretische Ansatz der modernen Public-Choice-Theorie interpretiert den Rahmen als einen Mehrpersonentausch, bei dem alle Akteure ein institutionelles Dach erarbeiten unter dem jeder, unter ökonomischem Verständnis, maximale Tauschraten erzielt und das für alle von Vorteil ist. (Brennan&Buchanan 1993 S25-42)

Es werden also Regeln definiert unter denen Ergebnisse möglich sind, mit denen ein Wohlfahrtsmaximum der einzelnen Akteure zu erreichen wäre. Zum Beispiel die einfache Regel, dass jeder den Besitz des anderen respektiert und keine Gewaltanwendung oder ähnliche fragwürdige Methoden Anwendung finden. Diese Regel würde von allen akzeptiert werden.

Um dem Verständigungsproblem entgegenzuwirken, der Staat als Institution sei der eigentliche Regeldefinierer, sei kurz gesagt, dass dieser nur treuhändisch von einer Mehrheit eingesetzt wird. Er selbst verfolgt kein eigenes Ziel, sondern dient der Offenlegung des Gemeinwillens. Auch die Ausführung der Sanktionen bei Regelverstößen basiert auf den einstimmigen Regeln der Gesellschaft, wie Verstöße zu ahnden sind.

Einstimmigkeit ist also eine der wichtigsten Vorraussetzungen, um Regeln zu definieren. Doch um Regeln wirkungsvoll zu machen, müssen diese allgemeiner Akzeptanz unterliegen. Das geschieht aber nur, wenn diese Regeln fair formuliert sind. Der Grund ist ähnlich dem oben beschriebenen, dass Regelkonsens erst bei ungewisser Allokation der Güter stattfindet. Keiner kennt sein Ergebnis. Das macht den einzelnen, der ja von Natur aus risikoavers handelt, unsicher und begünstigt nur die Verwendung fairer Regeln. Da die festgelegten Regeln für alle gelten (Öffentlichkeitscharakter), verschwindet zusätzlich das Interesse an Verteilungsgewinnen, wie es beim Tauschgeschäft der Fall ist. Diese Gewinne könnten ja zu Lasten der eigenen Person gehen.

2.0.4 Durchsetzung von Regeln

Das grundlegende Basiswissen von funktionalem Nutzen, Wirkung und Zustandekommen von Regeln ist vom Autor bereits ausführlich vermittelt worden. Dennoch blieb bis jetzt die Frage unbeantwortet, wie das speziell bei konstitutionellen Regeln auftretende, verhaltenskalkülgenerierte und
opportunistische Handeln der Akteure unterbunden werden kann. Dabei steht im Folgenden nicht der Regelrahmen zur Diskussion, sondern die Einhaltung der im Vorfeld abgestimmten Regeln innerhalb dieses Regelrahmens: Das Verhalten in den sogenannten Spielzügen.

An dieser Stelle kommen die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Individuen zum Tragen, die zuweilen ein uniformes Handeln aller Beteiligten verhindern.

Um diesen Sachverhalt näher zu erläutern, bedient sich der Autor wiederholt des o.g. Beispiels aus der Spieltheorie, dem Gefangenendilemma.

[...]

Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Regelbruch als Faktor erfolgreicher Unternehmensentwicklung
Hochschule
Fachhochschule Lausitz
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
76
Katalognummer
V127971
ISBN (eBook)
9783640341160
ISBN (Buch)
9783640338818
Dateigröße
842 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Regelbruch, Faktor, Unternehmensentwicklung
Arbeit zitieren
Dipl. Betriebswirt (FH) Norbert Winter (Autor:in), 2008, Regelbruch als Faktor erfolgreicher Unternehmensentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127971

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