Mediation als Methode. Gerechtigkeit im Schulalltag finden?


Term Paper, 2004

29 Pages, Grade: 2,5


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1.Begriff „Gerechtigkeit“

2. Was ist Mediation?
2.1 Geschichtliche Entwicklung
2.2 Merkmale des Mediationsverfahrens
2.3 Allgemeine Schritte des Mediationsverfahrens
2.3.1 Vorphase
2.4 Rolle der MediatorInnen
2.5 Grundlegende Methoden
2.5.1Aktives Zuhören
2.5.2 Ich-Botschaften Die Kontrahentlnnen werden angeleitet, von ihren eigenen Erfahrungen und Gefühlen zu reden und sich nicht hinter Allgemeinplätzen zu verstecken oder in Beleidigungen und Beschuldigungen der Gegenseite auszuweichen.
2.5.3 Brainstorming Kreative Ideensammlung, bei der alle Vorschläge unzensiert aufgelistet werden und die brauchbarsten zur Weiterarbeit verwendet werden.
2.6 Wann ist Mediation sinnvoll?
2.7 Wo kann Mediation angewendet werden?
2.8 Chancen und Grenzen der Mediation

3.Konflikte und Gewalt im Schulalltag

4.Bezug der Mediation\ Schlichtung zum Schulalltag
4.1 Schüler - Streit – Schlichtung(Peer- Konflikt- Mediation)
4.2 Ist Schüler-Streit-Schlichtung ein Beitrag zur Schulentwicklung?
4.3 Institution Schule, ein Problem für die Schüler-Streitschlichtung?
4.4 Weitere Präventive Interventionen zur Lösung von Konflikten und Gewalt in der Schule

Fazit

Literatur

Anhang

Einleitung

Was veranlasst mich, sich mit dem Thema der Mediation zu beschäftigen?

Als Schulsozialarbeiter einer Förderschule im sozialen Brennpunkt Schwerins, dem Großen Dreesch, als Schulsozialarbeiter, dessen Klientel, die Förderschüler aus meiner Sicht von vornherein in dieser Gesellschaft benachteiligt sind, habe ich die Erfahrung gemacht, das Gewalt, Konflikte und Auseinandersetzungen in meiner Schule an der Tagesordnung sind, das ein konstruktiver Umgang mit ihnen, das Präventive Maßnahmen sowie positive, konstruktive Konfliktlösungen, die nicht nach dem Prinzip “Gewinner-Verlierer“ handeln, in der Institution „Schule“ kaum möglich ist, es sei denn, auf meine Einflussnahme als Schulsozialarbeiter hin, das also „Gerechtigkeit“ in Form von Aushandlungsprozessen nicht stattfindet.

Besonders auffällig in meiner Arbeit ist, dass diese Schüler aus zumeist sozial schwachen Familien durch fehlende Perspektiven in der Ausbildung, auf dem Arbeitsmarkt, durch geringe Akzeptanz in der Gesellschaft wenig an demokratischen Werten wie Toleranz ,Rücksichtnahme und Zivilcourage interessiert sind.

Sie sind aus meiner Sicht gebrandmarkt, als Lernbehinderte Verlierer dieser Gesellschaft und versuchen durch Gewalt auf sich aufmerksam zu machen. Auseinandersetzungen, Gewalt, Konflikte in verschiedensten Formen gehört für viele meiner Schüler zum Alltag und adäquate Handlungsstrategien und Konfliktlösungen sind kaum vorhanden und werden nicht vorgelebt. Der Stärkere setzt sich durch.

Meine Erfahrung ist, dass in meiner Schule Konflikte zum größten Teil negativ besetzt, ein Störfaktor sind. Sie werden oft todgeschwiegen oder durch Lehrer auch aufgrund mangelhafter Ausbildung, aus Hilflosigkeit oder auch aus ihrer Machtposition heraus autoritär subjektiv nach dem „Gewinner-Verlierer-Prinzip entschieden. Wenn Lehrer aber keinen konstruktiven Umgang auch mit ihren eigenen Konflikten erlernen, wie können sie dann aber auch ihrem Erziehungsauftrag gerecht werden, welcher wäre, “Demokratie“ in der Schule erlebbar zu machen.

Im Grunde genommen setzen sie als Lehrer den Werten der „Ellenbogengesellschaft- „Jeder ist sich selbst der Nächste“ - „Jeder will Gewinner sein, Konsumer sein“, nichts entgegen und prägen so die nächsten Generationen.

So müssen hier Lösungsmodelle für den Umgang mit Konflikten gefunden werden, aber auch aufgezeigt werden, das der richtige Umgang mit Konflikten das Schulleben auch befördern kann, das Konflikte nicht nur negativ, sondern auch positiv wirken können und Chancen beinhalten, das eine „neue Form von Gerechtigkeit“ Einzug ins Schulleben hält.

Deshalb ist es für mich wichtig, dass bei mir an der Schule ein "Umdenken" erfolgt, ein anderer Umgang mit Konflikten erlernt wird. Um dies zu erreichen, suchte ich nach Alternativen, schaute immer neidisch auf Schulen, die eine eigene Schülerstreitschlichtergruppe hatten, kämpfe seit 2Jahren,das meine Schulleitung grünes Licht für eine solche Gruppe gibt, die dann auch aktiv an der Schule wirkt. Jetzt endlich ist es so weit.

Im Rahmen einer Kooperation mit der Evangelischen Jugend Schwerin, welche den Mediator stellt und die fachliche Aufsicht für das Projekt hat, wird es ab Ende Februar das Projekt “Streitschlichter“ geben, in dem eine Lehrerin und ich als Schulsozialarbeiter aktiv mitwirken, die Schlichtergruppe anleiten und hilfreich unterstützen.

In sofern ist es mir ganz wichtig, die „Mediation“ zu verstehen, mich fachlich und inhaltlich mit dieser Form der Konfliktvermittlung auseinander zu setzen und selber eventuell in der Zukunft die Ausbildung zum Mediator zu machen. Spannend ist für mich vor allem die Frage, ob Mediation/Streitschlichtung eine Methode des Findens von Gerechtigkeit an der Schule, im Schulalltag sein kann.

1.Begriff „Gerechtigkeit“

Gibt es „Gerechtigkeit“? Gibt es „die Gerechtigkeit“? Was ist Gerechtigkeit, für wen? Auf welchen Ebenen?

Ich denke, die eine Gerechtigkeit gibt es nicht und kann es auch nicht geben, da diese unterschiedlichen Gerechtigkeitsebenen sehr differenziert zu betrachten sind.

Hier spielt soziale Herkunft, sozialer Status, Regeln, Normen, in denen, mit denen man aufgewachsen ist, eine große Rolle.

Auch global gilt es die Frage nach der Gerechtigkeit zu betrachten.

Ist Gerechtigkeit für einen durchschnittlichen Mitteleuropäer etwas anderes als für einen Bewohner der Slums von Mexiko- City?

Gerechtigkeit bedeutet für mich zum Ziel zu haben, „Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ (Art. 1, Abs. 1 GG)

Gerechtigkeit ist der Versuch, jedermann fair und moralisch angemessen zu behandeln. Insoweit existiert Gerechtigkeit nur in Beziehungen zwischen Menschen. In unterschiedlichen Lebensbereichen spielen Gerechtigkeitskonzepte eine große Rolle, insbesondere in der Rechtsprechung, im sozialen Zusammenleben (Soziale Gerechtigkeit), im Sport, bei Auswahlverfahren (Chancengleichheit) und im Ausgleich zwischen gesellschaftlichen Gruppen (Gleichberechtigung, Generationengerechtigkeit).(vgl.www.bpb.de)

Im Politlexikon wird G. als ein zentraler Grundwert und oberstes Ziel des Rechtsstaates bezeichnet, das als Ordnungs- und Verteilungsprinzip immer wieder neu bestätigt und angewandt werden muss. Gerechtigkeit bezeichnet das Verhalten eines Menschen oder eine soziale Gegebenheit, die subjektiv als gerecht beurteilt wird.

Seit Aristoteles wird zwischen ausgleichender und austeilender G. unterschieden.

Ausgleich wird im Verhältnis zwischen den Individuen geschaffen, wenn z.B. geschlossene Verträge eingehalten werden (der Verkäufer übergibt die Ware, der Käufer zahlt den Kaufpreis; die geleistete Arbeit wird entlohnt) oder Schadensersatz geleistet wird (auch: Tausch- G.).

Die austeilende G. bezieht sich auf das Verhältnis des Individuums zur Gemeinschaft: Das Individuum trägt, entsprechend seinen Kräften, zum Wohle der Gemeinschaft bei, erfüllt die staatsbürgerlichen Pflichten, zahlt Steuern etc., und die Gemeinschaft sorgt dafür, dass dem Individuum sein (verhältnismäßig) gerechter Anteil (z.B. Fürsorge) bzw. seine gerechte Strafe (bei Verstoß gegen die Ordnung) zukommt.

Traditionell gehört damit die Aufrechterhaltung einer gerechten Ordnung zu den Pflichten der Herrschenden bzw. kommt den Beherrschten bei Unrecht ein Widerstandsrecht zu. Schwierigkeiten hinsichtlich der G. ergeben sich nicht aus diesen allgemeinen Bestimmungen, sondern jeweils im konkreten Einzelfall, innenpolitisch z.B. bei der Frage, welche Aufgaben der Sozialstaat im einzelnen zu erfüllen hat (Vorsorge-, Nachsorge-, Wächterstaat), in der internationalen Politik bspw. bei der Frage, welcher (z.B. Wohlstands-, Gesundheits-, Bildungs-)Unterschied zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern noch als gerecht beurteilt wird.(vgl. Schubert/Klein; Das Politiklexikon)

Das Fachlexikon der sozialen Arbeit verweist auf den Begriff ‚soziale Gerechtigkeit’.

Diese Bezeichnung macht deutlich, dass sich das Verhältnis von sozialer Arbeit und Gerechtigkeit aus Einflussgrößen formt.

Zu nennen sind die „ faktische Gestaltung“ von sozialer Arbeit und Gerechtigkeit durch die Gesellschaft, deren Vorstellung und Ausgestaltungen des Sinns und Zwecks Sozialer Arbeit, sowie aus dem Selbstverständnis der Sozialen Arbeit und den Erwartungen ihrer Adressaten.

Der Begriff ‚soziale Gerechtigkeit’ führt verschiedene Gerechtigkeiten zusammen, so betrifft er die gerechten Verhältnisse zwischen Generationen, den Geschlechtern und Fragen der Verteilungsgerechtigkeit von Ressourcen, ihren Verbrauch und risikobezogenen Umgang. (vgl. Hosemann, Wilfried / Trippmacher, Brigitte; Soziale Arbeit und Soziale Gerechtigkeit )

Aus psychologischer Perspektive sagte Dörner in seinem Lehrbuch:" Soll die Psychiatrie auch die soziale Gerechtigkeit und den sozialen Ausgleich im Auge haben, muss sie nach Konflikten suchen, die durch Ungerechtigkeit, sozialer und ökonomischer Ungleichheit bedingt sind“(vgl. Dörner u. Plog; S. 290)

Bleibt wieder die spannende Frage: was ist gerecht, was ist ungerecht?

Gerechtigkeit aus psychologischer Sicht betrachtet, bedeutet für mich interpersonale Bezüge zum Begriff Gerechtigkeit herzustellen. So möchte ich davon ausgehen, dass Gerechtigkeit, aus ganzheitlicher Perspektive gesehen, unterschiedliche Facetten beinhaltet wie bspw.

- subjektiver Wahrnehmung und der Erkenntnis aus dieser subjektiven Wahrnehmung
- Emotion und Motivation
- Denken und Lernen

Im Kontext ‚Gerechtigkeit’ sieht die Psychologie auch die Moralentwicklung. Normen- und Wertesysteme werden im Kindes- oder Jugendalter internalisiert.

„Moralentwicklung steht als Begriff für den lebenslangen Prozess der Veränderung von Normen- und Wertmaßstäben. Normen und Werte stellen Präskriptionen (Vorschriften) oder Regeln für das Handeln des einzelnen dar. Sie sagen aus, was richtig (sozial akzeptiert)und was falsch ist“. (vgl. Zimbardo, Philip G. / Gerrig Richard J.; Psychologie) Widmen wir uns also der Mediation und stellen die Frage, ob in ihr Bestandteile meines Gerechtigkeitsbegriffs enthalten sind.

2. Was ist Mediation?

Wörtlich übersetzt bedeutet "Mediation" Vermittlung.

Gemeint ist die Vermittlung in Streitfällen durch unparteiische Dritte, die von allen Seiten akzeptiert werden. Die vermittelnden MediatorInnen helfen den Streitenden, eine einvernehmliche Lösung ihrer Probleme zu finden.

Aufgabe der Mediatorlnnen ist es nicht, einen Schiedsspruch oder ein Urteil zu sprechen. Vielmehr liegt es an den Konfliktparteien selbst, eine ihren Interessen optimal entsprechende Problemlosung zu erarbeiten. Alle sollen durch die Übereinkunft "gewinnen". Diese konstruktive Konfliktlösung wird durch das Mediationsverfahren ermöglicht. Sie kann selbst dann gelingen, wenn die Konfliktparteien in einer offenkundigen Sackgasse stecken und alleine nicht mehr weiterkommen bzw. gar nicht mehr miteinander reden.

Die Vermittlerlnnen hören sich die Anliegen aller Beteiligten an, lassen sie ihre Gefühle ausdrücken und helfen bei der Klärung der eigentlichen Interessen der Konfliktparteien.

In zunehmendem Maße stellen sie wieder eine direkte Verbindung zwischen den Streitenden her.

Die Kontrahentlnnen erfahren durch diese Vorgehensweise, welches die eigentlichen Probleme, Gefühle und Interessen der anderen Seite sind. Im geschützten Raum eines solchen Gesprächs können sie Verständnis und neues Vertrauen zueinander entwickeln und schließlich gemeinsam an einer Lösung ihrer Probleme arbeiten. Das Ziel ist eine Vereinbarung, die alle Konfliktparteien unterzeichnen und umsetzen.(vgl. Cristoph Besemer; Mediation.)

Nach Jamie Walker ist Mediation die Vermittlung in Konfliktfällen durch dritte. Anders als bei der herkömmlichen Schlichtung hilft die Mediation den Konfliktparteien, die auf Grund gestörter Kommunikation nicht(mehr) in der Lage sind, direkt bzw. ohne Hilfe von außen miteinander verhandeln. (vgl. Jamie Walker; S.14)

Im Fachlexikon der Sozialen Arbeit steht, das Mediation ein auf Kooperation, Kommunikation und befriedenden, befriedigenden Ausgleich wiederstreitender Interessen angelegtes, freiwilliges Verfahren ist zur außergerichtlichen, einvernehmlichen und eigenverantwortlichen Regelung von Konflikten durch die Konfliktparteien selbst mit Unterstützung einer oder zweier Vermittlungspersonen, die den Vermittlungsprozess neutral und überparteilich steuern.

Mediation zielt auf einen interessenbezogenen Konfliktausgleich durch die Streitparteien selbst unter Berücksichtigung ihrer subjektiven Vorstellungen, Wahrnehmungen, Erinnerungen, Wünsche, Gefühle, auf die Förderung ihrer Konfliktregelungsfähigkeit und auf die Stärkung ihrer Selbstständigkeit, ihres Selbstbewusstseins, Selbstwertgefühls., und Selbstvertrauens.(vgl. Fachlexikon der Sozialen Arbeit; S.628)

2.1 Geschichtliche Entwicklung

Aus den Fachbüchern geht hervor, dass der Gedanke, eine neutrale dritte Person einzuschalten, um streitende bei der Konfliktlösung zu unterstützen, alles andere als neu ist.

In vielen Gesellschaften existierten bzw. existieren Formen der Konfliktregelung, die Gerichts unabhängig und ohne Sanktionen arbeiten.

So entsprang das heute verbreitete Konzept der Mediation der Bürgerrechts- und Antikriegsbewegung der Sechziger- und Siebziger Jahre in den USA. Hintergrund war einerseits ein gewisses Misstrauen in die Fähigkeit staatlicher Strukturen(wie z.B. Gerichte),faire Lösungen herbeizuführen, andererseits der Anspruch Menschen zu befähigen, ihre eigenen Belange in die Hand zu nehmen, ihre Konflikte ohne einen autoritären Eingriff zu lösen.(vgl. Jamie Walker; S.14)

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Excerpt out of 29 pages

Details

Title
Mediation als Methode. Gerechtigkeit im Schulalltag finden?
College
Catholic University of Applied Sciences Osnabrück
Grade
2,5
Author
Year
2004
Pages
29
Catalog Number
V128210
ISBN (eBook)
9783668014381
ISBN (Book)
9783668014398
File size
524 KB
Language
German
Keywords
Mediation Schule Gerechtigkeit Streitschlichtung Schüler
Quote paper
Norman Röper (Author), 2004, Mediation als Methode. Gerechtigkeit im Schulalltag finden?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128210

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