Herausforderungen der fachdidaktischen Erschließung internationaler Krisen und Konflikte. Am Beispiel der Ereignisse in der Ukraine (2022)


Hausarbeit, 2022

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Aktualität des Konflikts

3. Didaktische Reduktion

4. Kontroversität des Konfliktes

5. Konfliktanalyse

6. Reflexion

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine erschüttern uns alle: In der Nacht vom 23.02.2022 zum 24.02.2022 startete der russische Präsident, Wladimir Putin, einen flächendeckenden Angriff auf die Ukraine und sprach in seiner Rede von einer "russischen Spezialoperation, um das Land zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren" (Die Rede von Wladimir Putin im Wortlaut, 2020). Innerhalb von zwei Kriegswochen haben nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR über 2,15 Millionen Menschen das Land verlassen, tausende Soldatinnen und Soldaten auf beiden Seiten sowie Zivilistinnen und Zivilisten wurden getötet (vgl. kurier.at, 2022).

Dieser Konflikt beschäftigt auch Kinder und Jugendliche, die das Thema Krieg bisher vor allem aus Geschichtsbüchern kennen. Auch für mich als angehende Lehrkraft ist die Situation neu und ruft neben vielen Fragen auch Sorgen und Ängste in mir hervor. In dieser Seminararbeit möchte ich neben fachdidaktischen Perspektiven der Erschließung eines internationalen Konfliktes auch die Umgangsweise vor dem Hintergrund des Kontroversitätsgebot diskutieren: Inwieweit eignet sich der Ukraine-Konflikt für eine kontroverse Betrachtungsweise im Politikunterricht? Sind Putins Ansichten gleichermaßen zu diskutieren oder widerspricht dies einem demokratischen Verständnis von Politikunterricht? Welche Grenzen des legitimen politischen Streits gibt es?

Da dieser Konflikt nicht erst in den letzten Wochen und Monaten entstanden ist, sehe ich die größte Herausforderung vor allem in der fachdidaktischen Erschließung dieses Themas. Aufgrund der hohen Komplexität werde ich lediglich auf die theoretische Herangehensweise eingehen, ohne dabei den Konflikt in seiner Sache zu analysieren. Dabei stellt sich auch die Frage, inwieweit sich Inhalte didaktisch reduzieren lassen, ohne dabei den Anspruch an Kontroversität zu verlieren. Denn eine Sache ist mir bereits vor der Bearbeitung klar: Eine vollumfängliche Bearbeitung des Ukraine-Konfliktes ist weder im Kontext dieser Seminararbeit noch die des Politikunterrichtes möglich.

Ziel der Arbeit soll es sein, einen Vorschlag zur Thematisierung von gegenwärtigen Konflikten am Beispiel der politischen Ereignisse in der Ukraine zu entwickeln, die für Lehrkräfte und angehende Lehrkräfte hilfreich sein können.

2. Aktualität des Konflikts

Die Ukraine-Krise ist kein Gegenstand, welcher sich aus einem Blickwinkel mit ausreichend Abstand diskutieren lässt. Sie ist ein gegenwertiger Konflikt, welcher vor allem medial geprägt ist. Die Faktenlage ist teilweise unklar und kontroverse Perspektiven lassen sich aufgrund der Komplexität und historisch gewachsenen Dimension nicht ohne weiteres zusammenfassen. Grundsätzlich empfiehlt der Professor für Klinische Kinder- und Jugendpsychologie der Universität Leipzig, Julian Schmitz, den Konflikt jedoch als Lehrkraft aktiv anzusprechen: "Es verunsichert Kinder und Jugendliche massiv und fühlt sich für sie bedrohlich an, wenn sie merken, es ist ein Krieg in Europa im Gange, aber Erwachsene sprechen nicht darüber. Die Kinder brauchen Antworten. Lehrkräfte müssen ihnen klare Informationen und Gesprächsangebote bieten" (Anders, 2022). Dieses Angebot kann sich zunächst auch nur auf Fragen und Sorgen der Schülerinnen und Schüler richten. Es ist völlig okay, wenn eine Lehrkraft nicht alle Fragen beantworten kann und dabei selbst Emotionen und Gefühle äußert (ebd.). Es ist außerdem möglich, dass dieser Konflikt bei einzelnen auch Erlebnisse und negative Emotionen hervorrufen können, z.B. wenn es Kinder und Jugendliche gibt, die bereits Flucht- oder Kriegserfahrungen erlebt haben. Deswegen sollte mit diesem Thema sensibel umgegangen werden (ebd.). Es geht anfangs lediglich um ein Gesprächsangebot. Nina Toller, Lehrerin an einer Schule in Nordrhein-Westfalen, berichtet auf Twitter über ihre Erfahrungen im ersten Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern: "Egal welches Fach anstand. Egal was ich vorbereitet hatte. Egal wie nah der Termin für die nächste Klassenarbeit liegt. Jede Klasse habe ich begrüßt und direkt gesagt, sie können sich entscheiden, ob sie mit dem normalen Lernen fortfahren oder über die Entwicklungen und Geschehnisse in der Ukraine und Russland reden wollen. Keine Überraschung: Alle Kinder hatten Fragen, die sie stellen wollten." (Troller, 2022). Dieses Angebot gibt den Schülerinnen und Schüler auch die Möglichkeit, Abstand zu der Thematik gewinnen.

In diesem Zusammenhang ist es außerdem sinnvoll, über die mediale Berichterstattung zu sprechen. Wie informieren sich die Schülerinnen und Schüler über den Krieg? Welche Quellen nutzen sie? Das Thema Fake-News und seriöse Berichterstattungen sind in Zeiten von Social Media ein wichtiger Bestandteil der Politischen Bildung. Julia Roispich, Schulsprecherin der BBS Osterholz-Scharmbeck dazu: "Unsere Schule rät uns offensiv, uns nur mit seriösen Medien zu beschäftigen. Es ist viel Blödes im Umlauf, ob nun auf Instagram oder TikTok." (Anders, 2022). Hierbei kann es sinnvoll sein, eine Auswahl seriöser Informationsquellen an die Schülerinnen und Schüler zu richten. Kontroverse Darstellungen können im weiteren Verlauf thematisiert und diskutiert werden. Hendrik Haverkamp, Evangelisch Stiftisches Gymnasium Gütersloh: "Es ist ein trauriger Anlass, aber zugleich eine große Chance, jetzt die Medienkompetenz der Schüler:innen zu stärken. [...] Es geht nicht darum, ihnen Snapchat oder TikTok zu verbieten, sondern Alternativen aufzuzeigen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass der Inhalt seriös ist, relativ hoch ist." (ebd.).

3. Didaktische Reduktion

Wie bereits eingangs erwähnt, ist eine didaktische Reduktion des Ukraine-Konfliktes zwingend notwendig, da die Gesamtheit der Thematik aufgrund des Umfangs und der Komplexität im Kontext des Politikunterrichts schwierig zu erfassen ist. Dabei geht es darum, den Sachverhalt für Schülerinnen und Schüler überschaubar (quantitativ) und begreifbar (qualitativ) zu machen (vgl. Lehner 2020, S.11f). Lehner unterscheidet dabei zwischen einer curricularen und einer vermittlungstechnischen Perspektive (ebd.). Erstere beschreibt den Umfang der Lerninhalte, welcher durch reduktive Überlegungen der Unterrichtsplanung bzw. Lehrplanentwicklung verringert werden. Die vermittlungstechnische Perspektive konzentriert sich hingegen auf die fundamentalen Aspekte einer Sache unter der Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler (ebd.). Die Auswahl der Lerninhalte richtet sich demnach an die Zielgruppe, der Lernziele und des Zeitbudgets (ebd.).

Curricular lässt sich der Ukraine-Konflikt nach dem sächsischen Lehrplan in mehrere Bereiche einordnen: z.B. Klassenstufe 10 - Zukunft Europas, Jahrgangsstufe 11 – Internationale Politik in der globalisierten Welt, Digitale Medien in einem aktuellen internationalen Konflikt (vgl. Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2019, S.4). Aufgrund des gesteigerten Kommunikationsbedürfnis der Schülerinnen und Schüler bietet es sich jedoch an, auch mit Klassen der Sekundarstufe 1 über den derzeitigen Konflikt zu sprechen. Selbst in Grundschulklassen empfiehlt Schmitz über die gegenwärtigen Ereignisse zu sprechen: "Gerade für Kinder im Grundschulalter sollten Lehrkräfte ein offenes Format wählen, das Thema benennen und ein Angebot machen" (Anders, 2022). Die Lernvoraussetzungen der Zielgruppe sollten bei der Planung einer Konfliktanalyse berücksichtigt werden.

Lehner führt aus, dass es sich bei einer didaktischen Reduktion um eine "bewusst vorgenommene Unterscheidung" handele (Lehner 2020, S.14). Demnach sind neben einer qualitativen und quantitativen Reduktion auch unterschiedliche Betrachtungsweisen zu berücksichtigen (ebd.). Vor allem im Politikunterricht, welcher durch viele inhaltliche Verknüpfungen und Querverbindungen charakterisiert ist, können durch das Interesse unterschiedlichster Akteure eine Vielzahl von neuen Politikfeldern aufkommen. Demnach ist eine sinnvolle Auswahl des Inhalts für eine greifbare Erschließung eines internationalen Konflikts essenziell. Als Lehrkraft besitzt man durch die Selektion der Unterrichtsmaterialien ein hohes Maß an Verantwortung, da diese sich auf die unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen eines Konfliktes auf die Schülerinnen und Schüler auswirkt.

Christian Fischer verweist bei seiner Ausarbeitung zur Ukraine-Krise 2014 auf didaktisch-pragmatische Erwägungen und nimmt Bezug zu einem normativen Ansatz: Dieser unterscheidet sich in eine multiperspektive Herangehensweise der Konfliktparteien und einer historisch gewachsenen: Hierbei verweist er auf er eine kritische Betrachtung der Kriege, welche seitens der NATO geführt wurden, z.B. Kosovo-Krieg und inwieweit diese sich mit dem Vorgehen Putins vergleichen lassen (vgl. Fischer 2015, S.4f). Er zieht dabei den Entschluss, dass eine vergleichende Darstellung erst dann sinnvoll sei, wenn beide Konflikte im Einzelnen erschlossen wurden (ebd.). Ich teile diese Auffassung, vor allem aber auch aus reduktiven Gründen. Viel eher sehe ich als sinnvoll an, das Vorgehen der NATO im Zusammenhang der Osterweiterung und dessen Auswirkungen auf die Position Russlands zu diskutieren.

Deichmann verweist bei der problemorientierten Betrachtungsweise auf einen Ansatz, der die Idee der sozialen Gerechtigkeit sowie die Sicherung des Friedens in den Fokus stellt: "Wie kann der internationale Frieden gesichert werden? Wie kann eine internationale, politische, soziale und wirtschaftliche Ordnung nach der Idee der Gerechtigkeit realisiert werden?" (Deichmann 2015, S.52). Diese Betrachtung sei Voraussetzung dafür, dass Schülerinnen und Schüler befähigt, für Frieden und Gerechtigkeit einzustehen (vgl. Deichmann 2015, S.55).

4. Kontroversität des Konfliktes

"Heutige Gesellschaften sind pluralistisch und umfassen eine wachsende Vielfalt an kulturellen, religiösen und weltanschaulichen Perspektiven. Eine der größten politischen Herausforderungen der Gegenwart ist es, einen Umgang mit dieser Pluralität zu finden." (Westphal, 2018). Eine besondere Herausforderung in Bezug auf die didaktische Reduktion ist der Beutelsbacher Konsens und das Kontroversitätsgebot. Wie soll man in einem zunehmend polarisierten politischen Klima kontroverse, die pluralistische Gesellschaft spaltende Themen pädagogisch vermitteln und diskutieren? Welche Positionen sind kontrovers zu diskutieren? Im folgenden Abschnitt werde ich unterschiedliche Ansätze von Kontroversität aufzeigen sowie diese im Zusammenhang des Ukraine-Konfliktes diskutieren.

Der Beutelsbacher Konsens als handlungsleitendes Prinzip des Politikunterrichts umfasst neben dem Überwältigungsverbot und der Adressat/-innenorientierung auch das Kontroversitätsgebot, welches aussagt, dass Themen, welche in der Wissenschaft oder Politik kontrovers diskutiert werden, auch im Unterricht kontrovers behandelt werden sollte (vgl. (Westphal et al., 2020, S.29). Denn nicht nur das Aufdrängen einer Meinung wird als Indoktrination gesehen (ebd.), auch eine einseitige Darstellung umstrittener Themen (Framing) kann das Meinungsbild der Lernenden stark beeinflussen. Am Beispiel des Ukraine-Konfliktes stellt sich mir zunächst die Frage, ob und inwieweit sich diese Auseinandersetzung überhaupt kontrovers betrachten lässt.

Drerup und Yacek diskutieren in einem Artikel des Journals für Politische Bildung die Bedeutung des sozialen Kriteriums sowie dessen Grenzen, welche zur politdidaktischen kontroversen Planung angewendet werden können. Es soll dabei helfen, zwischen der Betrachtung von kontroversen und nichtkontroversen Themen zu unterscheiden (Westphal et al., 2020, S.20ff). Dabei geht es davon aus, dass alle Themen, welche in der Öffentlichkeit und Politik diskutiert werden, auch kontrovers im pädagogischen Kontext behandelt werden sollten (ebd.). Diese Offenheit von unterschiedlichsten Ansichten soll dazu führen, dass sich die Adressatinnen und Adressaten ihre eigene Meinung bilden können (ebd.). Das hat jedoch auch zufolge, dass auch antipluralistische und undemokratische Meinungen kontrovers betrachtet und auch akzeptiert werden müssen (ebd.). Die gesellschaftliche Polarisierung eines bestimmten Themas soll demnach auch im pädagogischen Kontext gleichermaßen reproduziert werden (ebd.). Als problematisch sehe ich das soziale Kriterium vor dem Hintergrund der didaktischen Reduktion. Bei einem komplexen Konflikt wie der in der Ukraine gibt es viele Akteure mit unterschiedlichen Interessen, die bei der Betrachtungsweise entsprechend des Zeitbudgets und den Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler angepasst werden müssen.

Entgegen dem sozialen Kriterium setzt eine alternative Form, die des Kriterienpluralismus, klare Grenzen der pädagogischen Toleranz (ebd.): "Dies bedeutet, dass erstens nur solche Themen kontrovers zu diskutieren sind, für die sich in epistemologischer (vgl. Hand 2008) und wissenschaftlicher Hinsicht wohlbegründete und nachvollziehbare Positionen entwickeln lassen, und die zweitens mit basalen Grundwerten liberaler Demokratien (etwa: Akzeptanz von gesellschaftlichem Pluralismus und Grundfreiheiten) zu vereinbaren sind." (Westphal et al., 2020, S.22f). Doch inwieweit lässt sich das Vorgehen Putins mit diesen angesprochenen Grundwerten vereinbaren, wenn Russland mit den derzeitigen Ereignissen gegen Punkte des Völkerrechts verstößt, Demonstrantinnen und Demonstranten verhaftet werden sowie eine regierungskritische Berichterstattung in dem Land kaum noch möglich ist (tagesschau.de, 2022). Anhand dieses Beispiels lassen sich auch die Grenzen des Kriterienpluralismus erkennen. Auch wenn Putin mit den genannten Beispielen nicht den Grundwerten einer liberalen Demokratie entspricht, ist die Betrachtungsweise Russlands zwingend notwendig, um den Konflikt aus unterschiedlichen Perspektiven zu erschließen. Demnach ist aber auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Vorgehen möglich und legitim. "Auch wenn keine Konfliktpartei die andere überzeugt, kann eine Auseinandersetzung über Differenzen für ein besseres Verständnis der jeweils anderen Sichtweise sorgen" (Westphal et al., 2020, S.32). Das sieht auch Christian Fischer so und fügt hinzu, dass auch ein Verstehen Russlands ein Teil des demokratisch orientierten Politikunterrichts sei: "Selbstverständlich muss Russland – mit seiner Perspektive, seinen Interessen und Motiven – verstanden werden, weil sich sonst nämlich die Sache, also der Ukraine-Konflikt selbst, nicht erschließen lässt. Um einen Konflikt analysieren zu können, sind alle beteiligten Konfliktparteien zu untersuchen und ihre jeweiligen Sichtweisen zu beachten." (Fischer, 2015, S.3). Doch wie gehe ich als Lehrkraft damit um, wenn Schülerinnen und Schüler eine klar prorussische Position beziehen?"Demokratisch orientierter Politikunterricht muss ein Forum sein, in dem verschiedene, auch politisch schwierige Positionen, ausgetauscht und diskutiert werden können und müssen. Die Lernenden brauchen die Möglichkeit, das, was sie aus ihrer sozialen Lebenswelt über den Konflikt gehört haben und was sie sich denken, ohne Androhung oder Vollzug von Diskursausschlüssen frei zu äußern" (ebd.). Drotschmann führt aus, dass es wichtig sei, solche Meinungen ernst zu nehmen und sich die Argumente der Person anzuhören (Anders, 2022). Es ist also legitim, wenn Schülerinnen und Schüler eine derartige Stellung beziehen und bietet eine gute Möglichkeit, diese Position mit der Klasse zu diskutieren. Ein bejahendes Verständnis für das Vorgehen Putins aufzubringen, ist als Unterrichtsziel in Bezug zu den Grundwerten von Politikunterricht unbedingt zu vermeiden (vgl. Fischer, 2015, S.3).

Politische Bildung soll nicht nur Wissen, sondern auch Kompetenzen vermitteln und Menschen dazu befähigen, sich aktiv am politischen Prozess zu beteiligen. Demnach lässt sich Kontroversität auch aus einem radikaldemokratischen Ansatz betrachten. Vor allem die Kritik- und Konfliktkompetenzen stehen nach Westphal dabei im Mittelpunkt (vgl. Westphal et al., 2020, S.29). Ziel sei es, "dass der andere im Reich der Politik nicht als ein Feind betrachtet wird, den es zu zerstören gilt, sondern als ein Gegner, d.h. jemand, dessen Ideen wir bekämpfen, dessen Recht, seine Ideen zu verteidigen, wir aber nicht in Frage stellen" (Mouffe, 2007 zitiert nach Westphal et al., 2020, S.30ff). Westphal führt aus, dass es bei der politischen Auseinandersetzung darum ginge, mit denjenigen ins Gespräch zu kommen, die eine andere Vorstellung vom gesellschaftlichen Zusammenleben haben als man selbst (vgl. Westphal et al., 2020, S.29). Lernende sollen dadurch befähigt werden, sich ihre eigene kritische Meinung bilden zu können und Einfluss auf die gegebene Situation des Konfliktes zu nehmen. Dabei geht der radikaldemokratische Ansatz über dem des Kontroversitätsgebots darüber hinaus, indem nicht nur die bestehende Pluralität abgebildet wird, sondern auch mithilfe der Kritikkompetenz versucht wird zu erkennen, welche Gruppen und Perspektiven von der bestehenden Pluralität nicht abgebildet werden (vgl. Westphal, 2018). Ziel sei es also, nicht nur Kontroversität zu vermitteln, sondern darin, eine fundamentale Kritikkompetenz zu entwickeln (ebd.). Schülerinnen und Schüler können angeregt werden, herauszufinden, welche Perspektiven in der Gesellschaft bestehen und welche ihrer Meinung nach unterrepräsentiert oder gar nicht abgebildet werden (ebd.). Damit die Schülerinnen und Schüler auch lernen mit Kontroversität umzugehen, bedarf es nach Westphal eine ausgeprägte Konfliktkompetenz, die nicht das Ziel verfolgt, ein übereinstimmiges Meinungsbild herzustellen, sondern viel eher die unterschiedlichen Wege politischen Streits aufzuzeigen. (ebd.). Dazu gehört auch die Fähigkeit, zu argumentieren, andere vom eigenen Standpunkt zu überzeugen und Kompromisse auszuhandeln (ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Herausforderungen der fachdidaktischen Erschließung internationaler Krisen und Konflikte. Am Beispiel der Ereignisse in der Ukraine (2022)
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Kontroversität im Gemeinschaftsunterricht
Note
1,7
Autor
Jahr
2022
Seiten
12
Katalognummer
V1282262
ISBN (Buch)
9783346738523
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ukraine, Krieg, Russland, Putin, Krim, Kontroversität, Konflikte, Didakitk, Politik, Politikunterricht, Fachdidaktik, Beutelsbacher Konsens, Pädagogik, Konfliktanalyse
Arbeit zitieren
Jannik Skorna (Autor:in), 2022, Herausforderungen der fachdidaktischen Erschließung internationaler Krisen und Konflikte. Am Beispiel der Ereignisse in der Ukraine (2022), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1282262

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