Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Historische Entwicklung und Begriffsdefinition der Schulsozialarbeit
1.1 Historische Entwicklung
1.2 Begriffserklärung und Definitionsproblematik
2. Organisation der Schulsozialarbeit
2.1 Zielgruppe und Zielsetzung
2.2 Rechtlicher Rahmen
2.2 Trägerstrukturen / Finanzierung
2.3 Begründungsmuster
3. Methodisches Handeln in der Schulsozialarbeit
3.1 Definition
3.2 Grundsätze und Handlungsprinzipien
3.2 Einzelfallhilfe
3.3 Gruppenarbeit
3.4 Gemeinwesenarbeit bzw. innerschulische und außerschulische
Vernetzung
Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit behandelt das Handlungsfeld der Schulsozialarbeit (im folgenden Text mit SSA abgekürzt), welches einen Teilbereich des Arbeitsfeldes der Kinder- und Jugendhilfe darstellt.
Die Fragestellung beschäftigt sich damit, welche Herausforderungen sich in der SSA in Nordrhein-Westfalen bzw. der Stadt Dortmund aufgrund verschiedener Trägerschaften sowie fehlender rechtlicher Grundlagen ergeben.
Die Institution Schule des deutschen Bildungssystems ist ein Reproduzent sozialer Ungleichheiten (vgl. Maaz et al. 2011: 69ff). Spätestens die Ergebnisse der Vergleichsstudie PISA verdeutlichen, dass der Schulerfolg von Schüler*innen stark von der sozialen Herkunft abhängig ist. Um leistungsbezogenen Selektionsmechanismen des Schulsystems und damit verbundene Folgen zu analysieren und aufarbeiten zu können, ist eine Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule von großer Bedeutung (vgl. Maaz et al. 2011: 69ff). Schule und Jugendhilfe sollten kooperierend die Verantwortung für Kinder und Jugendliche übernehmen sowie strukturelle, individuelle und organisatorische Maßnahmen zur Förderung der Bildungs- und Lebenskompetenzen entwickeln (vgl. Otto 2005: 30). Die Schulsozialarbeit dient als Kompensator dieser Ungleichheiten und zielt darauf ab, alle Kinder und Jugendliche im Lebensbereich der Schule zu erreichen (vgl. Otto 2005: 30ff.).
Der erste Abschnitt thematisiert die historische Entwicklung der Profession, indem die Entstehung der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Verbindung zur Schule erläutert wird. Des Weiteren findet eine Annäherung an den Begriff der Schulsozialarbeit und den verschiedenen Definitionen der SSA statt, um zu veranschaulichen, wie sich das Verständnis der SSA im Laufe der Zeit durch neue Forschungsergebnisse, dem gesellschaftlichen Wandel und neue Zielsetzungen verändert hat. Der zweite Abschnitt beinhaltet die Einordnung der SSA in die Rechtsgrundlage, um zu überprüfen, ob das Sozialgesetzbuch VIII (SGB Vlll) als eine Handlungsgrundlage dienen kann. Darüber hinaus werden sowohl die Trägerstrukturen, die Finanzierung und das Begründungsmuster dargestellt als auch die Zielgruppe und die Zielsetzung der SSA. Im dritten Abschnitt erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem methodischen Handeln von Fachkräften in der SSA. Hierbei wird zunächst das methodische Handeln definiert, anschließend werden Grundsätze und Handlungsprinzipien erläutert und eine Auswahl von drei Basismethoden fokussiert. Das Fazit ergibt sich aus einer zusammenfassenden Betrachtung der wichtigsten Ergebnisse dieser Hausarbeit sowie einem Ausblick für zukünftig mögliche und notwendige Handlungsansätze in der SSA.
1. Historische Entwicklung und Begriffsdefinition der Schulsozialarbeit
In diesem Abschnitt wird die historische Entwicklung der Schulsozialarbeit anhand der wichtigsten Ereignisse skizziert. Der Fokus liegt hierbei auf den ersten Einführungen von Einrichtungen, Konzepten, inhaltlichen Maßnahmen und bedeutsamen gesetzlichen Veränderungen. Im Anschluss erfolgt eine Annäherung an die Begriffserklärung der SSA, da in der Fachliteratur keine allgemeingültige Definition der SSA vorliegt. Die SSA ist sehr vielfältig und abhängig von verschiedenen Rahmenbedingungen, sodass nicht klar definiert werden kann, welche Bereiche insgesamt umfasst werden (vgl. Speck 2013: 22ff.).
1.1 Historische Entwicklung
Der Beginn der gegenwärtigen Schulsozialarbeit ist auf einen Artikel von Maas aus dem Jahr 1966 zurückzuführen (vgl. Speck 2013: 22). Die ersten sozialpädagogischen Konzepte, um Bildung, Erziehung und Fürsorge zu kombinieren, entstanden schon deutlich früher.
Kurz vor der Industrialisierung entstand der Gedanke zur Einführung einer allgemeinen Schulpflicht für Kinder, um bessere Voraussetzungen für das wirtschaftliche Wachstum zu erschaffen (vgl. Schmidtchen 2004: 18). Diese Bestrebungen führten jedoch in vielen gesellschaftlichen Schichten zu Problemen und Krisen, sodass die Kinder zu dieser Zeit als günstige Arbeitskräfte eingestellt wurden (vgl. Schmidtchen 2004: 18). Aufgrund dieser Situation bildeten sich die ersten Industrie- und Arbeitsschulen, um der Verwahrlosung der Kinder entgegenzuwirken (vgl. Krüger 2008: 153). Die Schulpflicht als fundamentale Jugendschutzmaßnahme wurde erst etwa Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführt (vgl. Schmidtchen 2004: 18). Diese sollte die Kinderarbeit einschränken bzw. verhindern. Danach wurden viele Maßnahmen zur Verbesserung der Lage von den immer noch arbeitenden Kindern eingeführt. Dazu gehört die Schulkinderfürsorge, welche die Einführung des schulärztlichen Dienstes zwischen den Jahren 1880 und 1890 umfasst (vgl. Pötter 2014: 6; Speck 2014: 11).
Im Jahre 1920 wurde auf der Reichschulkonferenz die Trennung von Sozialpädagogik und Schule diskutiert und beschlossen (vgl. Krüger 2008: 153). Es entstand eine hierarchische Rangordnung, in der die Jugendhilfe der Schule durch das Reichsjugendwohlfahrtgesetz im Jahre 1924 untergeordnet wurde (vgl. Stüwe et al. 2017: 21; Krüger 2008: 153). Des Weiteren entstand in den 1930er Jahren die Hamburger Schülerhilfe mit reformpädagogische Ansätzen (vgl. Speck 2014: 11). Der Nationalsozialismus hat in der SSA seine Spuren hinterlassen, wodurch schulreformerische Ansätze eingestellt und Sozialpädagogen vertrieben wurden (vgl. Pötter 2014: 7).
Erst in den 1970er Jahren erhielt die SSA wieder Einzug in die Gesellschaft. Nach Hollenstein und Nieslony (2012) war das die Initialphase der SSA. In dieser Phase wurden neue Reformziele durch eine intensive sozialpädagogische Diskussion formuliert, die sich stark an den Zielen der Bildungsreform orientierten (vgl. Speck 2013: 23). Diese dienten zur Unterstützung von Bildungsprozessen, Chancengleichheit, Selbstbestimmung, Selbstverantwortung sowie dem Abbau von sozialen Benachteiligungen (vgl. Speck 2013: 22). Die Einführung der Gesamtschule in den 70er Jahren zielte auf den erneuten Einzug der Sozialpädagogik in die Schule ab (vgl. Pötter 2014: 7). Dieses Angebot konnte sich nur in wenigen Teilen Deutschlands als Schulform durchsetzen. Dennoch wurde die SSA dort zu einem festen Bestandteil (vgl. Schmidtchen 2004: 22). Bis zu diesem Zeitpunkt entwickelten sich Schule und Sozialpädagogik getrennt voneinander und eine Kooperation verfügte nur über einen geringen Stellenwert (vgl. Stüwe et al. 2017: 22).
In den 80er Jahren wurden die öffentlichen Förderungen von Projekten zur Schulsozialarbeit eingestellt. Durch die Veränderung der Gesellschaft wurden neue politische Prioritäten im Bereich der Bildung gesetzt (vgl. Stüwe et al. 2017: 23). Die Entwicklung der Schulsozialarbeit stagnierte. Mitte der 80er Jahre kristallisierten sich neue gesellschaftliche Veränderungen heraus, die ihre Beachtung fanden. Die Emanzipation der Frau, die Pluralisierung von Familienformen und die Zusammensetzung verschiedener Ethnien in den Klassenräumen führte zu weiterem Handlungsbedarf. (vgl. Schmidtchen 2004: 23). Es entstand eine erhöhte Nachfrage an Erziehungs- und Betreuungsleistungen an den Schulen (vgl. Schmidtchen 2004: 23). Dadurch wurde das Arbeitsfeld der SSA differenzierter betrachtet und durch Fortbildungen, Forschungen und Publikationen weiterentwickelt. Außerdem entstanden währenddessen vielfältige Trägerschaften sowie neue Ansätze und Angebote (vgl. Speck 2014: 13). Zu dieser Zeit wurde der Begriff der Schulsozialarbeit in weiten Teilen Deutschlands für alle Kooperationen zwischen Schule und Jugendhilfe eingeführt (vgl. Speck 2014: 13).
Hollenstein und Nieslony (2012) sehen die 90er Jahre als Phase der „quantitativen und qualitativen Konsolidierung“ an. Durch die Wiedervereinigung Deutschlands veränderte sich auch die SSA. Sie wurde insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern ausgebaut und angepasst (vgl. Speck 2013: 24). In der DDR verfügten die Lehrer*innen über eine größere Verantwortung für die Schüler*innen. Hierbei übernahmen sie nahezu den gesamten Erziehungsauftrag, der im Laufe der Jahre jedoch wieder vermehrt an die Eltern übertragen wurde (vgl. Schmidtchen 2004: 23). Auf der konzeptuellen Ebene entwickelte sich ein neues Bewusstsein für die Aufgabenstellungen und Probleme von Jungendhilfe und Schule. Besonders erwähnenswert ist das im Jahr 1991 eingeführte Kinder- und Jugendhilfegesetz. Das Gesetz ist sozialpädagogisch ausgelegt und zielt auf eine Kooperation mit der Institution Schule ab (vgl. Speck 2014: 13). Öffentliche Debatten und Diskurse führten außerdem zu verschiedenen Förderprogrammen der SSA (vgl. Vogel 2006: 14). Diese Förderprogramme hatten das Ziel, die Folgen der gesellschaftlichen Veränderungen für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu kompensieren und Probleme zu minimieren (vgl. Speck 2014: 14).
Ende der 1990er bzw. Anfang der 2000er Jahre entwickelt sich die die SSA auf fachlicher Ebene enorm weiter. Im Mittelpunkt der fachlichen Veröffentlichungen und wissenschaftlichen Erhebungen stehen nun das Konzept und Profil, das Bildungsverständnis, die Professionalität, das methodische Handeln der Fachkräfte und die Wirkungspotentiale der SSA (vgl. Speck 2014: 15). Ausschlaggebend dafür sind unter anderem die Ergebnisse in internationalen Schulvergleichsstudien (PISA) (vgl. Speck 2013: 25).
Die Entwicklung der SSA ist damit aber noch nicht abgeschlossen. Neue Konzepte, Ideen entwickeln sich aus den unzähligen Forschungen und Studien und die rechtlichen Grundlagen verändern sich stetig (vgl. Vogel 2006: 14f.). Der aktuelle Stand bezüglich der Organisation der SSA wird im zweiten Abschnitt dieser Arbeit am Beispiel des Bundeslands Nordrhein-Westfalen mit besonderer Berücksichtigung der Stadt Dortmund dargestellt. Zu dem aktuellen Stand zählen die rechtlichen Grundlagen, das Prinzip der Trägerschaft und die damit verbundene Finanzierung sowie die Begründungsmuster der SSA.
1.2 Begriffserklärung und Definitionsproblematik
Der Begriff der Schulsozialarbeit stammt aus der amerikanischen „School Social Work“ und wurde im Jahr 1966 durch Maas eingeführt (vgl. Speck 2013: 22). Im Jahr 1971 erwähnte Abel diesen Begriff in seinen Publikationen und trug entscheidend zu der Verbreitung bei. Für diesen Begriff existiert in der Fachdiskussion ein hoher Zuspruch, da dieser unter anderem anschlussfähig an die internationale Debatte zur „School Social Work“ ist und das Wort Sozialarbeit eine breite Angebotsvielfalt mit intervenierenden und präventiven Angeboten impliziert. Trotzdem gibt es in Deutschland unterschiedliche Begrifflichkeiten (z.B. „Jugendsozialarbeit an Schulen“ in Berlin, oder „Schoolworker“ im Saarland) (vgl. Speck 2014: 35ff.). Die Ursache dafür ist die historische Entwicklung des föderalen Bildungssystems. Des Weiteren werden die historische Vorbelastung des Begriffes der Schulsozialarbeit, die Vermeidung von eingrenzenden Zielsetzungen oder die verstärkte Betonung des Jugendhilfecharakters als Gründe für andere Begrifflichkeiten verwendet. Der Begriff allein reicht nicht aus, um die Vielfältigkeit des Handlungsfeldes zu beschreiben. Ein breites Spektrum an Definitionen führt zu einem besseren Verständnis der SSA (vgl. Speck 2014: 35ff.).
Ebenso wie die praktische Ausgestaltung haben auch die Definitionen der SSA über die Jahrzehnte eine Veränderung erfahren und wurden immer wieder erweitert, sodass nun unzählige Definitionen in der Fachliteratur existieren. Für die Definitionen von Schulsozialarbeit gibt es drei verschiedene Wege. Die Autoren beschreiben ihre praktischen Beobachtungen, nehmen Bezug auf die rechtlichen Grundlagen, oder leiten ihre Definitionen aus ihren theoretischen Überlegungen ab (vgl. Pötter 2014: 4). Mittlerweile wird versucht, alle drei Bereiche für eine allgemeingültige Definition zu verbinden.
Für die Anfangsphase der SSA in den 1970er und 1980er Jahren in Deutschland steht die Definition von Stickelmann aus dem Jahre 1981:
Schulsozialarbeit (SSA) ist der Versuch, soziale Probleme und Spannungen, denen besonders Kinder und Jugendliche aus unterpriviligierten – häufig auch aus unvollständigen – Familien ausgesetzt sind und die vor allen Dingen durch den Selektionscharakter der Schule entstehen, durch Einzelfall- bzw. Soziale Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen aufzufangen, Stigmatisierungstendenzen abzubauen und so einer Ausgliederung bestimmter oder Jugendlicher bzw. Gruppen in der Schule etwas entgegenzusetzen (Stickelmann 1981: 405).
Eine weit verbreitete und in vielen Konzepten integrierte Definition ist von Speck aus dem Jahre 2006. In dieser verweist er auf die Relevanz von Kooperationen und ordnet das Handlungsfeld der SSA der Kinder- und Jugendhilfe zu. Die Definitionen aus den 2000er Jahren versuchen mehr Bezug auf die Adressaten sowie den Zielsetzungen zu nehmen (vgl. Speck 2014: 41).
Unter Schulsozialarbeit wird ein Angebot der Jugendhilfe verstanden, bei dem sozialpädagogische Fachkräfte kontinuierlich am Ort Schule tätig sind und mit Lehrkräften auf einer verbindlich vereinbarten du gleichberechtigten Basis zusammenarbeiten, um junge Menschen in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen Entwicklung zu fördern, dazu beizutragen, Bildungsbenachteiligungen zu vermeiden und abzubauen, Erziehungsberechtigte und LehrerInnen bei der Erziehung und dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz zu beraten und zu unterstützen sowie einer schülerfreundlichen Umwelt beizutragen (Speck 2006: 23).
Durch den gesellschaftlichen Wandel verändert sich zudem der Auftrag der Schulsozialarbeit, sodass der Fokus auf ein aktuelles Thema gelegt wird. Eine immer größer werdende Bedeutung wird der Vernetzung diverser schulischer und außerschulischer Professionen zugeschrieben (vgl. Stüwe et al. 2017: 29) So heißt es in der Definition des Kooperationverbundes Schulsozialarbeit: „ […] Für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern öffnet die Schulsozialarbeit Zugänge zum Leistungsangebot der Jugendhilfe und erweitert deren präventive und integrative Handlungsmöglichkeiten “ (Kooperationsverbund 2007: 4).
Abschließend ist die einfachste Definition der SSA zu erwähnen: „ Schulsozialarbeit ist das, was Schulsozialarbeiter machen “ (Pötter 2014: 5). Anhand dieser Aussage/Definition wird deutlich, dass es trotz der fast 50- jährigen Entwicklung noch keine allgemeingültige Definition für das Handlungsfeld der SSA gibt (vgl. Gastinger/ Lachat 2012: 15). Viel mehr wird deutlich, dass die Schulsozialarbeit an jeden Standort verschieden ist und sich an die gegebenen Rahmenbedingen anpasst. Dabei spielen die Adressaten und die dafür gewählten Methoden genauso eine Rolle, wie die finanziellen Möglichkeiten oder die gesetzten Schwerpunkte der Schule. Die SSA definiert sich an jedem Standort neu und bietet dadurch vielfältige Entfaltungsmöglichkeiten.
2. Organisation der Schulsozialarbeit
In diesem Abschnitt wird die Organisation der Schulsozialarbeit dargestellt. Als erstes erfolgt eine Erläuterung zu der Zielgruppe und der Zielsetzung. Danach wird die Schulsozialarbeit in einen rechtlichen Rahmen eingeordnet. Hierbei wird geprüft, ob das SGB Vlll als Grundlage für die SSA dienen kann. Für die Vertiefung der rechtlichen Grundlagen wird die Politik des Landes Nordrhein-Westfalen miteinbezogen. Außerdem werden das Prinzip der Trägerschaft und die finanziellen Rahmenbedingungen erläutert, wobei die Stadt Dortmund im Fokus steht. Abschließend werden die Begründungsmuster für die SSA veranschaulicht.
2.1 Zielgruppe und Zielsetzung
Die wichtigsten Adressaten der SSA sind alle Kinder und Jugendlichen einer Schule. Im Grundsatz des SGB VIII nach § 1 Abs. 1 wird beispielsweise verdeutlicht, dass jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (Marburger 2013: 66). Dabei ist die Erreichung, die Förderung und die Unterstützung von benachteiligten und beeinträchtigten Kinder von besonderer Bedeutung (vgl. Speck 2014: 64; Gastiger/ Lachat 2012: 22). Angebote für sozial benachteiligte Kinder richten sich nach dem SGB VIII § 13. Dazu zählen Kinder aus belasteten familiären Umfeldern, Kinder mit Migrationshintergrund sowie junge Menschen mit einem fehlenden Schulabschluss (vgl. Stüwe et al. 2017: 77).
Schüler*innen als primäre Zielgruppe sind sehr vielfältige Individuen. Unter den Gesichtspunkten des Geschlechts, der kognitiven Leistungsfähigkeit, der sozialen und kulturellen Herkunft sowie der individuellen Entwicklung sollte unterschieden werden, sodass verschiedene Angebote angepasst werden können (vgl. Stüwe et al. 2017: 77). Zudem ändern sich die Aufgaben für die Sozialarbeiter*innen durch die Schulart und -form sowie den konzeptionellen Rahmenbedingungen (vgl. Gastiger/ Lachat 2012: 22). Die SSA ist eine Bildungs- und Übergangsbegleitung, die sich sowohl auf den Übergang von dem Kindergarten in die Grundschule, auf den Wechsel in die Sekundarstufe l und den möglichen Wechsel in die Sekundarstufe ll bezieht als auch auf den Übergang von der Schule in den Beruf (vgl. Stüwe et al. 2017: 75). Die zentralen Ziele der SSA für Kinder und Jugendlichen setzen sich aus einer gelingende Identitäts- und Persönlichkeitsentwicklung, der schulischen und außerschulischen Lebensbewältigung bei Entwicklungsaufgaben und der Förderung von sozialen Kompetenzen zusammen (vgl. Speck 2014: 65). Präventive und intervenierende Angebote sollen bei der Umsetzung helfen.
Die Kinder und Jugendlichen sind ein Bestandteil von Familie oder anderen Bezugspersonen, sodass diese Personen mit einbezogen werden sollten. Nur dadurch kann eine vielversprechende Unterstützung und Förderung der Kinder und Jugendlichen gewährleistet werden (vgl. Gastiger/ Lachat 2012: 22f). Dabei sollen die Erziehungsberechtigten bei Erziehungsfragen und -Problemen beraten und unterstützt werden. Außerdem ist es wichtig, die Erziehungsberechtigten über Hilfsangebote, den Kinder- und Jugendschutz, soziale Einrichtungen und die Ansprechpartner vor Ort zu informieren. Ergänzend können die Schulsozialarbeiter*innen die Erziehungsberechtigten bei Problemen oder Konflikten mit den Lehrkräften unterstützen. Entscheidend für den Erfolg bei der Arbeit mit den Erziehungsberechtigten ist eine direkte Ansprach. (vgl. Speck 2014: 66)
Lehrkräfte und Schulleitung können sowohl als Adressaten, als auch als Kooperationspartner*innen der Schulsozialarbeiter*innen gesehen werden. Die Aufgaben der Schulsozialarbeiter*innen mit den Lehrkräften als Adressaten werden nach Speck (2014: 66) im Folgenden aufgeführt:
- Die Sensibilisierung der Lehrkräfte für die Sichtweisen von Kinder und Jugendlichen
- Lehrkräfte über konkrete Unterstützungsmöglichkeiten sowie Kooperationspartner bei den sozialen Einrichtungen und Diensten vor Ort informieren
- Lehrkräfte in Bezug auf sozialpädagogische Themen beraten und fortbilden
- Lehrkräften fachliche Anregungen für die Verringerung und Bewältigung von akuten Problemen bei Schüler*innen und in Klassen bieten
- Als Vermittler zwischen Lehrkräften und Schülern agieren
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