Samische und finnische Lehnwörter im Schwedischen


Dossier / Travail de Séminaire, 2007

22 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Quellen und Methoden

3 Begriffsklärung: Entlehnung, Lehnwort u.s.w
3.1 Definition von Entlehnung und deren Unterkategorien

4 Lehnwörter im schwedischen Wortschatz (allgemein)

5 Warum wird entlehnt?
5.1 Kulturwörter
5.1.1 Fischerei
5.1.2 Bekleidung
5.1.3 Gebäude, Hauseinrichtung
5.1.4 Finnische Cuisine
5.1.5 Fahrzeuge
5.1.6 Maßeinheiten
5.1.7 Andere
5.2 Zitatwörter
5.3 Fachwörter
5.4 Tabuverschleierung
5.4.1 Der Tabubegriff
5.4.2 Tabubedingte Entlehnungen aus dem Finnischen ins Schwedische
5.5 Heimliche Sprachen
5.6 Namen
5.7 Wörter, die den realen Sprachkontakt und Zweisprachigkeit bezeugen

6 andere wichtige Lehnwörter
6.1 Fischnamen

7 Fazit

Literaturangaben

Anhang – Wortliste

1 Einleitung

Über Jahrhunderte[1] hinweg standen und stehen noch immer die germanischen (besonders Norwegisch und Schwedisch) und die finnougrischen Sprachen (Samisch, Finnisch, Kvenisch) in Skandinavien in Kontakt.

Auffällig ist, dass auf der Oberfläche betrachtet, also zum Beispiel im Bereich des Wortschatzes, die finnougrischen Sprachen kaum einen Einfluss auf die skandinavischen Standardsprachen zu haben scheinen.

Dieser Aufsatz soll darstellen, welche Relikte in Form von finnischen und samischen Lehnwörtern es im Schwedischen aber doch gibt. In die Untersuchung wird das Finnlandschwedische nicht mit einbezogen, da sich die Sprache in Finnland in einer ganz besonderen Kontaktsituation befindet und eine Einzelbetrachtung erfordern würde. Außerdem sollen hauptsächlich die Lehnwörter, die in die schwedische Standardsprache aufgenommen wurden, genannt werden, obwohl teilweise ein Blick auf die Dialekte und die Slangsprache nicht ausbleibt.

2 Quellen und Methoden

Für die finnischen und samischen Lehnwörter habe ich vor allem drei Bezugsquellen: Karl-Axel Benckerts Buch „100 finska ord i svenska språket”, die Online-Version des Svenska Akademiens Ordbok (SAOB) und diverse Aufsätze und Buchkapitel, die sich genau mit der Thematik der finnischen Lehnwörter im Schwedischen auseinandersetzen.

Die Etymologie der finnischen Lehnwörter, die ich bei Benckert gefunden habe, habe ich dann mit den Angaben im SAOB und in Elof Hellquists „Svensk Etymologisk ordbok“ verglichen. Im SAOB gibt es zu jedem Lemma eine Angabe über die Etymologie und den Gebrauch. In Fällen, in denen ein Wort schon seit längerem als veraltet gilt, habe ich es nicht mit in die Untersuchung aufgenommen, weil ich versucht habe, möglichst nah an der modernen Standardsprache zu bleiben.

Da das SAOB bisher nur Wörter bis TILL- enthält, ist die Überprüfung von Benckerts Wörtern teilweise unvollständig.

In dieser Arbeit werden nicht alle finnischen und samischen Lehnwörter, die in den oben genannten Quellen gefunden wurden, erwähnt werden können. Um aber doch eine gewisse Vollständigkeit zu erreichen, habe ich im Anhang eine Liste der Wörter beigefügt, die mit großer Wahrscheinlichkeit einen finnougrischen Ursprung haben, bzw. über das Finnische oder Samische ins Schwedische entlehnt worden sind.

3 Begriffsklärung: Entlehnung, Lehnwort u.s.w.

Der Begriff Entlehnung bezeichnet einen sprachlichen Ausdruck, der aus einer fremden Sprache in die Muttersprache übernommen wird. Entlehnungen kommen oft nicht unmotiviert vor, sondern, wenn ein neuer Sachverhalt von der einen Kultur in die andere eingeführt wird bzw. wenn man sich auf Sachverhalte bezieht, die es nur in der einen Kultur gibt, wird auch die Bezeichnung dieses Sachverhaltes aus der anderen Sprache übernommen. Wie in Kap. 5 dargestellt, gibt es außerdem noch andere Gründe für Entlehnungen.

Die Entlehnung wird allgemein als ein Phänomen bzw. Resultat von Sprachkontakt angesehen. Die Sprecher zweier unterschiedlicher Sprachen müssen hierbei allerdings nicht direkt in Kontakt sein, sondern ihre Sprachen können auch anderweitig in Kontakt geraten, z.B. über Medien wie Fernsehen oder Internet, oder auch über die Lektüre eines Textes auf der jeweils anderen Sprache.

Unter den Begriff Entlehnung fallen verschiedene Phänomene, z.B. Lehnwort, Fremdwort, Lehnbildung, Lehnübersetzung etc.

3.1 Definition von Entlehnung und deren Unterkategorien

In Bußmanns Lexikon der Sprachwissenschaft wird eine erste Unterteilung des weitgreifenden Begriffs Entlehnung gemacht zwischen der lexikalischen Entlehnung (dem Lehnwort im weiteren Sinne) und der semantischen Entlehnung (der sog. Lehnprägung).

Unter lexikalischer Entlehnung versteht man die Entlehnung eines fremden Wortes und dessen Inhalts. Wird das Wort lautlich, orthographisch und morphologisch an die Sprache, in die es entlehnt angeglichen, so spricht man von einem Lehnwort (im engeren Sinne). Wird das Wort nicht assimiliert, nennt man es Fremdwort. Der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen liegt also im Grad der „Fremdheit“, der zuweilen recht subjektiv sein kann.

Die semantische Entlehnung nimmt, wie der Name schon sagt, nur die Bedeutungsseite des neuen Begriffs auf und versucht diese neuen Inhalte mittels der in der eigenen Sprache vorhandenen Möglichkeiten auszudrücken. Man unterscheidet hier zwischen Lehnbedeutungen, bei denen schon vorhandene Wörter semantisch umgewandelt oder ausgebaut werden, d.h. denen eine neue Bedeutungsnuance hinzugegeben wird, und Lehnbildungen – also der Neubildung von Wörtern unter dem Einfluss der Fremdsprache.

Die Lehnbildungen können sich formal stark an den fremdsprachlichen Ausdruck halten (Lehnformungen) oder eher unabhängig von der ursprünglichen Form sein (Lehnschöpfungen).
Eine Lehnschöpfung ist also ein Wort, das nach einem Vorbild eines fremdsprachlichen Ausdrucks gebildet worden ist. Ohne dieses Vorbild würde es das Wort nicht geben. Z.B. ist dt. „Niethosen“ nach engl. „blue-jeans“ gebildet worden. Allerdings ist umstritten, ob es sich bei Lehnschöpfungen wirklich um Entlehnungen im eigentlichen Sinne handelt.

Bei den Lehnformungen unterscheidet man zwischen Lehnübersetzungen, bei denen der fremdsprachliche Ausdruck 1:1 und Glied-für-Glied übersetzt wird, und Lehnübertragungen, die eine nur angenäherte, nicht wörtliche Übersetzung des fremden Wortes bzw. Ausdrucks ist. (Bsp. für Lehnübersetzung: dt. Mitlaut, nach lat. Konsonant; Bsp. für Lehnübetragung: dt. Wolkenkratzer, nach: engl. sky-scraper)

Diese Darstellung nach Bußmann ist allerdings nicht ganz vollständig.

Edlund (1996) z.B. erwähnt als Unterkategorie der Entlehnung neben der lexikalischen Entlehnung (ordlån) und der semantischen Entlehnung (begreppslån) auch die Mischentlehnung (blandlån), bei dem ein Teil eines Ausdrucks entlehnt wird und der andere durch ein einheimisches Morphem ersetzt. Z.B: in schwed. drive-in bio von engl. drive-in cinema[2]. Problematisch ist die Mischentlehnung insofern sie nicht klar vom Begriff einheimische Neubildungen (s. Kap. 4) getrennt werden kann.

4 Lehnwörter im schwedischen Wortschatz (allgemein)

Der schwedische Wortschatz setzt sich aus Erbwörtern, Lehnwörtern und Neubildungen zusammen (s. Edlund, 1996). Zu den Erbwörtern zählt Edlund alle Wörter, deren Ursprung in indoeuropäische, gemeingermanische oder gemeinnordische Zeit zurückgeht. Zu den Lehnwörtern zählt er „ältere Lehnwörter“ aus klassischer Zeit, wie z.B. kyrka und vin und „neuere Lehnwörter“, wie toalett und jazz.

Mit Neubildungen bezeichnet Edlund alle einheimischen Neubildungen, also auch diejenigen, die mit entlehnten Morphemen gebildet wurden, wie z.B. schw. Slang braindead.

Schwedisch ist eine Sprache, die sehr stark durch andere Sprachen beeinflusst wurde. Die wichtigsten Einflüsse sind laut Gellerstam die klassischen Sprachen Latein und Griechisch, das Niederdeutsche, Französisch und gerade in den letzten Jahrzehnten Englisch.

Gellerstam hebt hervor, dass der größte Einfluss auf das Schwedische aus dem deutschen Sprachraum kommt. Die deutsche Sprache hat nämlich nicht nur einheimische deutsche bzw. niederdeutsche Wörter in die schwedische entlehnt, sondern auch als Vermittler für viele andere Sprachen gedient, besonders für die klassischen Sprachen. Man muss also annehmen, dass ein Großteil des Wortschatzes mit klassischem Ursprung über das Deutsche ins Schwedische gekommen ist.

Es fällt auf, dass unter der Liste der wichtigsten Lehnsprachen keine der Sprachen der nordischen Nachbarländer Schwedens vertreten ist, obwohl der Sprachkontakt dort doch eigentlich ziemlich eng sein müsste. Da die nordgermanischen Sprachen aber alle sehr eng miteinander verwandt und daher einen hohen Grad an Ähnlichkeiten vorweisen, ist es oft schwer, etymologisch nachzuweisen, ob ein Wort aus einer skandinavischen Nachbarsprache entlehnt wurde oder ob es einheimisch ist.

Entlehnungen aus den finnougrischen Sprachen sollten sich leichter nachweisen lassen, aber auch da ist die Etymologie oft nicht eindeutig.

5 Warum wird entlehnt?

Wie schon in Kap. 3 erwähnt, kommen Entlehnungen nicht unbedingt ohne Grund vor. Im Folgenden werden die samischen und finnischen Lehnwörter im Schwedischen in Kategorien eingeteilt, die die Ursache der Entlehnung erklärt.

5.1 Kulturwörter

Die wahrscheinlich häufigste Ursache für die Übernahme eines fremdsprachlichen Ausdrucks in die Muttersprache ist das Auftreten eines neuen Sachverhalts (oft einer technischen Innovation), der von einem Kultur- bzw. Sprachraum in den anderen übernommen wird. Diese Wörter sind aufgrund von Kulturkontakt entlehnt worden, folglich spricht man von sogenannten Kulturwörtern.

5.1.1 Fischerei

Unter die Kulturwörter fallen z.B. die relativ vielen finnischen Lehnwörter aus dem Bereich der Fischerei.

Als Beispiel sei hier das Wort karsina genannt. Es bezeichnet eine bestimmte Art Gehege, das in den Fluss gebaut wird, um Fische zu fangen. Das Wort wurde äußerlich unverändert aus dem Finnischen übernommen. Allerdings ist die Bedeutung des schwedischen Wortes begrenzter als die des finnischen. Auf Finnisch bedeutet karsina allgemein „Gehege“ oder „Box“. Auf Schwedisch bezeichnet es jedoch nur dieses bestimmte Gerät, das zum Fischfang benutzt wird. Es wurde also nur eine spezielle Teilbedeutung des Wortes entlehnt.

5.1.2 Bekleidung

Dass ein Begriff oft nur in einer Teilbedeutung entlehnt wird, zeigt sich auch bei dem finnischen Lehnwort känga.

känga bezeichnet einen Stiefel. Das Wort ist vom finnischen kenkä abgeleitet, was die allgemeinere Bedeutung „Schuh“ hat. Auch hier hat also bei der Entlehnung eine Spezialisierung der Bedeutung stattgefunden.

5.1.3 Gebäude, Hauseinrichtung

Eine weitere Kategorie, aus der mehrere finnische Wörter entlehnt worden sind, ist der Bereich „Gebäude und Hauseinrichtung“.

Ein Beispiel ist das Wort ria, das wahrscheinlich vom finnischen riihi abstammt[3]. Ria ist ein Haus, in dem Saatgut getrocknet wird.

Wahrscheinlich war es eine ursprünglich finnische Erfindung, das Saatgut in diesen Häusern zu trocknen. Sie sind vielleicht mit der Einwanderung von Finnen nach Schweden, besonders nach Värmland und Dalarna importiert worden.

5.1.4 Finnische Cuisine

Ein sicheres Relikt der Einwanderung von Finnen nach Schweden ist ein Begriff aus der finnischen Küche und zwar hillo.

Es bezeichnet ein värmländisches Gericht aus Preiselbeeren und Milch.

Im Finnischen bedeutet hillo Kompott oder Marmelade. Durch finnische Einwanderung nach Värmland ist es dort in die Sprache entlehnt worden, allerdings wieder mit leicht veränderter, spezialisierter Bedeutung.

5.1.5 Fahrzeuge

Wie erwähnt handelt es sich bei Kulturwörten oft um technische Erneuerungen, die von einer Sprachgruppe erfunden wurden und dann in die Kultur einer anderen Sprachgruppe übernommen wurden. Um solche technischen Innovationen handelt es sich bei den samischen und finnischen Kulturwörtern aus dem Bereich der Fahrzeuge, d.h. in diesem Fall Schlitten und Boote.

Von allen samischen Lehnwörtern, die ich gefunden habe, lässt sich eigentlich nur eins als wirkliches Kulturwort bezeichnen, nämlich pulka. Es bezeichnet eine bestimmte Art von bootförmigen Lastschlitten. Das Wort ist vom sam. pul'hkē mit gleicher Bedeutung entlehnt.

Die Worterklärungen im SAOB („bland lapparna bruklig o. från dem övertagen [...] båtliknande släde[4] ”) lassen keinen Zweifel daran, dass es sich bei diesem Lehnwort sozusagen um den Prototypen eines Kulturworts handelt.

5.1.6 Maßeinheiten

In dem Bereich der Maßeinheiten gibt es auch mehrere finnische Lehnwörter. Allerdings sind eigentlich keine mehr so richtig gebräuchlich.

Die Maßeinheit, die in den meisten Artikeln (z.B. Edlund, S. 16) aber noch genannt wird ist

kappe (von fin. kappa). Das finnische Wort ist sowohl die Bezeichnung für eine Maßeinheit, die ca. 4,5l entspricht, als auch für einen Krug. Letztere Bedeutungskomponente ist wohl der Ursprung der Maßbezeichnung, die bis 1638 nur in Finnland gebräuchlich war, danach aber nach Schweden „importiert“ wurde.

Sie stammt aus der Zeit bevor man in Litern gemessen hat. 1638 wurden in Schweden die Maßeinheiten umgestellt, von „gehäuften“ zu „gestrichenen“ Maßen. Eine Kappe entsprach dann ungefähr dem „gestrichenen“ Maß und deswegen wurde die finnische Maßeinheit mit dem finnischen Namen dazu entlehnt.

Allerdings wieder nur in der Spezialbedeutung. Die Bedeutung kappa - Krug wurde nicht übernommen

.

5.1.7 Andere

Ausserhalb der oben genannten Kategorien gibt es auch noch andere finnische Lehnwörter aus dem Bereich der übernommen Erfindungen, z.B.:

kont – Rucksack, auf dem Rücken getragener Korb (fin. kontti).

[...]


[1] Kontake zwischen Samen und Skandinaviern werden sogar auf urnordische Zeit geschätzt (s. Kusmenko/Rießler, S. 229ff).

[2] s. Edlund, Lars-Erik (Red.):Lånord i svenskan, S.35.

[3] Die Etymologie ist nicht ganz gewiss. Im SAOB steht daher die Angabe „sannolikt av fin. riihi“.

[4] s. SAOB, Eintrag: pulka

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Samische und finnische Lehnwörter im Schwedischen
Université
Humboldt-University of Berlin  (Nordeuropa-Institut)
Cours
HS Skandinavisch und Finno-Ugrisch im Kontakt
Note
1,0
Auteur
Année
2007
Pages
22
N° de catalogue
V128500
ISBN (ebook)
9783640354368
ISBN (Livre)
9783640354238
Taille d'un fichier
472 KB
Langue
allemand
Mots clés
Samische, Lehnwörter, Schwedischen
Citation du texte
Heike Ewert (Auteur), 2007, Samische und finnische Lehnwörter im Schwedischen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128500

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