Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Konflikte im organisatorischen Kontext
2.1 Folgeerscheinungen
2.2 Formen von Konflikten
2.3 Ursachen von Konflikten
3 Mitarbeiter:innengespräche
3.1 Kriterien der adäquaten Vorbereitung
3.2 Aufgabenstellung und Umsetzung des MAG
3.3 Nachbearbeitung und Auswirkungen des MAG
3.4 Best-Practice-Fallbeispiel
4 Konfliktprophylaxe
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Konflikte können nicht nur im Kontext der Arbeitswelt, sondern auf fast allen Ebenen des Lebens auftreten. Eine prägnante Definition, die sich auf allgemeine Umstände übertragen lässt, lautet:
„Ein Konflikt ist eine mindestens von einer Seite als emotional belastend und/oder sachlich inakzeptabel empfundene Interaktion, die durch eine Unvereinbarkeit der Verhaltensweisen, der Interessen und Ziele sowie der Annahmen und Haltungen der Beteiligten gekennzeichnet ist.“(Schrader, 2018)
Jedoch soll es in dieser Arbeit nicht um die holistische Auseinandersetzung mit Konflikten gehen, sondern ein spezifischer Blickwinkel auf Konflikte in der Arbeitswelt geschaffen werden. Als organisatorischer Konflikt wird bei einer Übertragung der vorab genannten Definition als ein Zustand am Arbeitsplatz bezeichnet, der Missverständnisse oder Misskommunikation zwischen den Mitarbeiter:innen der Organisation aufgrund eines tatsächlichen oder wahrgenommenen Widerspruchs zwischen den Bedürfnissen, Interessen und Werten beinhaltet.
Es gibt viele Formen von Konflikten, die in Organisationen auftreten können. So kann eine Kollision zwischen der formalen Macht und von dieser betroffenen Personen entstehen. Es kann zu Streitigkeiten über Gehälter und Aufgabenaufteilung kommen. Konflikte können auch über die Arbeitszeiten und -techniken der Mitarbeiter:innen entstehen. Auch kann es zu Kompetenzgerangel zwischen den Abteilungen, Einzelpersonen sowie zwischen der Unternehmensleitung und den Gewerkschaften innerhalb des Unternehmens kommen. Die subtilen Formen von Konflikten implizieren Missgunst, Rivalitäten, Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen Charakteren, Machtkämpfe und Rollenteilung. Die einzelnen Mitarbeiter:innen können unterschiedlich auf die verschiedenen herausfordernden Situationen reagieren, die im Rahmen des Arbeitsprozesses entstehen (Katzenbach & Smith, 2015, S. 15–20).
Somit ist es wichtig, dass adäquate Formen des Kommunikations- und Konfliktmanagements gefunden werden, um Konflikte reduzieren und beseitigen zu können. In dieser Arbeit wird diesbezüglich das Kommunikationsinstrument Mitarbeitergespräche vorgestellt, das die Bindung zwischen Mitarbeiter:innen und Vorgesetzten stärkt und eine unmittelbare Ansprache und Bearbeitung von Konflikten implizieren kann. Dies führt zu der zentralen Fragestellung der Arbeit:
Inwiefern können Mitarbeiter:innengespräche im Rahmen des Kommunikations- und Konfliktmanagements zum Abbau von Konflikten im organisatorischen Kontext beitragen?
Zur Bearbeitung der zentralen Forschungsfrage wird der Begriff Konflikt näher erläutert, indem Folgeerscheinungen im organisatorischen Kontext dargelegt werden. Außerdem findet eine Beschreibung von Konfliktformen und deren Ursachen statt. Anschließend werden die Mitarbeitergespräche als Instrument zum Abbau von Konflikten im organisatorischen Kontext detailliert vorgestellt. Dabei wird beschrieben, wie ein Mitarbeitergespräch vorbereitet, durchgeführt und nachbearbeitet wird. Nach Beschreibung der theoretischen Grundlagen wird anhand eines Best-Practice-Fallbeispiel skizziert, wie ein Mitarbeitergespräch in der realen Arbeitswelt optimaler Weise zum Konfliktabbau eingesetzt werden kann. Im vorletzten Kapitel der Arbeit findet dann eine Analyse der prophylaktischen Funktion des Mitarbeitergesprächs hinsichtlich vorbeugender Maßnahmen zur Konfliktreduzierung statt.
Methodisch wird deduktiv vorgegangen, das heißt die Forschungsfrage, welche eine spezifische Bearbeitung erfordert, wird von der Theorie geleitet beantwortet. Als Quellen werden primär Fachliteratur und Fachzeitschriften sowie einzelne Internetquellen herangezogen. Die Literaturrecherche erfolgte über Google Scholar, themenbasierte Suchbegriffe wurden jeweils auf deutsch und englisch angewandt, beispielsweise „Konflikte in Organisationen; Conflicts in organizations“.
2 Konflikte im organisatorischen Kontext
2.1 Folgeerscheinungen
Konflikte sind aus einer ganzheitlichen Perspektive problematisch für eine Organisation. Im Folgenden werden deshalb einige der negativen Folgeerscheinungen genannt:
- Zwischen den beiden Konfliktparteien kann es zu psychischen Spannungen kommen.
- Unzufriedenheit und Unverständnis können in Wechselwirkung zwischen den beiden Konfliktparteien dauerhaft entstehen.
- Bei Streitigkeiten können Gefühle des Unterlegen-Seins oder der Dominanz auftreten, welche die Moral der betroffenen Individuen beeinträchtigen oder in schweren Fällen zu Mobbing am Arbeitsplatz führen können.
- Auch Kommunikationsstörungen sind eine häufige Folge von Konflikten.
- In extremen und repetitiven Fällen können Konflikte zur Kündigung eines Mitarbeiters führen.
- Es entsteht eine Atmosphäre des Misstrauens, die das reibungslose Interagieren der Mitglieder eines Teams behindert.
- Die Produktivität der Mitarbeiter:innen wird oftmals stark eingeschränkt, was dauerhaft zu einer Einschränkung des Wachstums eines Unternehmens führen kann (Russ, 2013, S. 240–248).
Jedoch sind nicht alle Auswirkungen von Konflikten negativ zu betrachten, obgleich die Nachteile organisatorischer Konflikten meist mehr negative Folgen verursachen als positive. Folgend wird eine Auswahl an positiven Folgeerscheinungen dargestellt:
- Auf Basis von schwelenden Konflikten wird ein breites Spektrum von Ideen in Betracht gezogen, um zur Konfliktlösung beizutragen. Dies kann in eine Weiterentwicklung der gesamten Organisation resultieren.
- Unzutreffende Annahmen zu verschiedenen Themen werden aufgedeckt.
- Die Kreativität und die Partizipation am Arbeitsplatz können allgemein zunehmen.
- Spezifische und streitbare Perspektiven können in Folge eines Konfliktes anerkannt und korrigiert werden, was wiederum zu einem Lernprozess der Organisation beiträgt.
- Nachdem ein Konflikt gelöst ist, wird die Bindung zwischen den Mitarbeiter:innen vertieft.
- Die Beteiligten verstehen sich nach einem Konflikt besser, wodurch die Wahrscheinlichkeit weiterer Konflikte verringert wird.
- In gewisser Weise werden durch Konflikte auch aufgestaute Spannungen abgebaut (Horton et al., 2014, S. 19–22).
2.2 Formen von Konflikten
Die Entstehung von Konflikten am Arbeitsplatz sind unvermeidlich, sie können in unterschiedlichen Formen auftreten. Zwischenmenschliche Konflikte sind die häufigste Art von Konflikten am Arbeitsplatz, daneben existierten jedoch noch weitere spezifische Konfliktbereiche. Dazu gehören Konflikte zwischen Abteilungen, Machtkämpfe und Konflikte zwischen Organisationen (Mohd Nain, 2004, S. 4).
Zwischenmenschliche Konflikte deuten darauf hin, dass die Mitglieder einer bestimmten Organisation nicht in jedem Fall gut miteinander auskommen und eine Kontaktknüpfung untereinander abgelehnt wird. Müssen die sich ablehnend gegenüberstehenden Individuen nun intensiv miteinander arbeiten, kann es zu Konflikten zwischen ihnen kommen (Mikkelsen & Clegg, 2019, S. 170).
Eine weitere Form von Konflikten sind Rollenkonflikte. Diese Konflikte sind nicht auf individuellen Persönlichkeiten oder Werte zurückzuführen, sondern ergeben sich aus Situationen im Zusammenhang mit ihren Rollen und Verantwortlichkeiten. Sie treten in Fällen auf, in denen unterschiedliche Rollen mit unterschiedlichen Verpflichtungen verbunden sind. Beispielsweise kann eine Pflegedienstleiterin einer Krankenschwester befehlen, keine Tests an einem Patienten durchzuführen, da die Versicherung jene Tests nicht abdeckt, während sich die Krankenschwester durch ihre ethischen Grenzen verpflichtet fühlt, den Patienten zu retten. Diese Konflikte werden in der Regel von übergeordneten Institutionen gelöst (Mikkelsen & Clegg, 2019, S. 172).
Auf Basis der Theorie der Reife (Maturity-Theory) und Theorie der Unreife (Immaturity-Theory) können weitere Konfliktformen abgeleitet werden. In der Theorie der Reife wird die Grundannahme formuliert, dass Menschen sich in ihrem Berufsleben in ähnlicher Weise entwickeln und reifen wollen wie in ihrem Privatleben. Dies steht im Widerspruch zur Immatury-Theorie, welche in hierarchisch gegliederten Bereichen vorzufinden ist, in denen Aufgaben detailliert aufgeteilt und deren Zuständigkeiten festgeschrieben sind, was die Entfaltungsmöglichkeiten der Mitarbeiter:innen einschränkt und zu Unzufriedenheit bei den Arbeitnehmer:innen führen kann. Diese Unzufriedenheit kann wiederum zu Konflikten zwischen den Anhänger:innen der beiden Theorien führen und somit eine spezifische Konfliktform auslösen. Aus individueller Sicht könnten die Arbeitnehmer Unzufriedenheit entwickeln und sich in Gewerkschaften zusammenschließen, im Extremfall sogar revoltieren. In Branchen, die einen hohen Grad an Spezialisierung und weniger Flexibilität fördern, kommt es in der Regel häufig zu Konflikten, die auf die Theorien der Reife und Unreife zurückzuführen sind (Lumineau et al., 2015).
Abschließend wird eine häufig beobachtbare Form des Konflikts in Unternehmen dargelegt. Der Intergruppenkonflikt beschreibt eine Auseinandersetzung zwischen verschiedenen sozialen Gruppen, die Teil einer Organisation sind. Ein Symptom des Konflikt ist beispielsweise, dass eine Gruppe den Arbeitsablauf einer weiteren Gruppe behindert oder ganz aufhält. Eine Eskalation und Nicht-Auflösung der Streitigkeiten kann für eine Organisation als Ganzes äußerst schädlich sein. Daher muss ein solcher Konflikt sofort gelöst werden, sobald er auftritt (Kerzner, 2013, S. 301).
2.3 Ursachen von Konflikten
Es existieren eine Vielzahl möglicher Ursachen für organisatorische Konflikte. Meistens handelt es sich um Faktoren wie Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern desselben Teams oder um unterschiedliche Auffassungen zwischen den verschiedenen Instanzen einer Organisation (Franks et al., 2014). Im Folgenden wird eine Auswahl von Ursachen für Konflikte im organisatorischen Kontext erörtert.
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