Linguistische Analyse einer Fußballberichterstattung

Das Endspiel der Europameisterschaft 2008


Magisterarbeit, 2009

95 Seiten, Note: 3.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Massenmedien

3. Fernsehen
3.1. Historie und Entwicklung des Fernsehens
3.2. Besonderheiten des Fernsehens gegenüber anderen Massenmedien
3.3. Die einseitige Kommunikationsform des Fernsehens

4. Fernsehkommunikation / Sprache des Fernsehens
4.1. Begriffsdefiniton Fernsehsprache
4.2. Sprachwissenschaftliche Bedeutung der Sprache im Fernsehen
4.3. Bedeutung der Kombination von audiovisuellen Informationen
4.4. Gesprochene und geschriebene Sprache
4.5. Sprechformen
4.5.1. Sprechdenken
4.5.2. Freies Sprechen
4.5.3. Vorlesen
4.5.4. Auswendig gelerntes Sprechen
4.6. Sprechstile und ihre Anwendung

5. Sport und Medien – Medien und Sport
5.1. Der Begriff „Sport“
5.2. Die Darstellung des Sports in den Medien

6. Fußball
6.1. Zur Historie des Fußballsports
6.2. Die Entstehung der Europameisterschaft
6.3. Fußball im Fernsehen
6.3.1. Zur Sprache der Fußballberichterstattung

7. Das Finalspiel der Europameisterschaft 2008
7.1. Der Kommentator
7.2. Vorgehensweise
7.3. Analyse
7.3.1. Zeichenerklärung
7.3.2. Transkript

8. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Sportkommentator Thomas „Tom“ Bartels

Abbildung 2: Offizielles Logo der Europameisterschaft 2008

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit widmet sich der Sprache des Sportkommentars, genauer, der Berichterstattung hinsichtlich des Fußballsports. Anhand des Finalspiels der Europameisterschaft 2008 wird eine sprachwissenschaftliche Analyse des Kommentars durchgeführt.

Die Arbeit setzt sich zusammen aus dem Teil der Einleitung, auf die ein Überblick zum Begriff der Massenmedien im zweiten Abschnitt erfolgt.

Dieser Erläuterung schließt sich im dritten Kapitel eine Spezifizierung hinsichtlich des Massenmediums Fernsehen an.

Das vierte Kapitel der Arbeit stellt die besondere Form der Kommunikation im Fernsehen bzw. die Verwendung von Sprache im Fernsehen dar.

Hier stellt sich gerade die Frage, ob und wie die Fernsehsprache sich von der Alltagssprache unterscheidet und welche charakteristischen Merkmale sie aufweist.

Da in dieser Arbeit Bezug auf den Fußballsport genommen wird, erfolgen im fünften Kapitel nähere Erläuterungen zum Thema Fußball. Der Fußballsport ist der öffentlich angesehenste in Deutschland; er darf durchaus als Massensport bezeichnet werden.

Die Verbindung von Sprache und Visualisierung eines Fußballspiels im Fernsehen stellt eine spezielle Form der Kommunikation dar, daher widmet sich das sechste Kapitel dem „Fußball im Fernsehen“.

Gleichermaßen wird ein kurzer Überblick über die Geschichte des Fußballs im Fernsehen sowie die Historie der Europameisterschaft aufgezeigt. Zudem erfolgt eine Darstellung der Europameisterschaft im Jahre 2008.

Die sprachliche Analyse der Daten folgt im siebten Abschnitt der Arbeit. Hier werden konkrete Beispiele und Szenen des EM-Finales aufgezeigt und ausgewertet, wobei vor allem auf die unterschiedlichen sprachlichen Mittel und Besonderheiten geachtet wird, die der Kommentator im Rahmen des Berichtes in Anspruch nimmt.

Letztendlich zeigt das Fazit die Ergebnisse der Arbeit auf.

Das vorliegende Finalspiel vom 29. Juni 2008 wurde von dem deutschen Moderator und Sportreporter Thomas „Tom“ Bartels kommentiert.

Das Erste Deutsche Fernsehen, die ARD, besaß die Übertragungsrechte für das Finale im deutschen Fernsehen.

Im Finale standen sich die deutsche und spanische Nationalmannschaft gegenüber; das Spielergebnis lautete 1:0 für die spanische Mannschaft.

Vor allem im Hinblick darauf, dass das Endspiel der Europameisterschaft von der deutschen Nationalmannschaft bestritten wurde sowie mit einer Niederlage für diese endete, macht die Berichterstattung eines deutschen Kommentators dahingehend interessant, dass hier die Verbundenheit des Kommentators zu seinem Heimatland auch durch die geäußerten Kommentare zur Geltung kommt.

2. Massenmedien

Der Begriff des Massenmediums ist gerade in der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Eine Welt bzw. ein einfachstes soziales System „ohne Medien wie Tageszeitung, Fernsehen, Plakat oder Stimmzettel (Blatt) wäre für die Massengesellschaft gar nicht vorstellbar.“1 Nicht nur Rundfunk und Presse, sondern auch das Internet zählen in ihren unterschiedlichsten Beschaffenheiten und Abstufungen zum Hyperonym der Massenmedien.

Tatsächlich besitzt das Massenmedium nicht nur die Funktion eines Begleiters im täglichen Leben, sondern wirkt auch einen erheblichen Einfluss auf Menschen jeglicher sozialer und sprachlicher Schichten aus, auch wenn dies nicht immer bewusst aus Sicht des Individuums wahrgenommen wird.

Daher tragen Massenmedien neben der Unterhaltung und Bildung zur individuellen Sozialisation und Integration bei.

3. Fernsehen

Das Kompositum aus „fern“ und „sehen“ beinhaltet gleichzeitig die Bedeutung dieses Begriffes, die aus dem Griechischen abgeleitet ist, nämlich Television. In den folgenden Kapiteln wird neben dem historischen Hintergrund auf die Besonderheit des Fernsehens gegenüber anderen Medien sowie auf die sprachlichen Möglichkeiten bzw. auf die spezielle Kommunikationsform eingegangen.

3.1. Historie und Entwicklung des Fernsehens

„So hat uns denn die Technik jene kunstvolle Schale geliefert, die sich fortan alltäglich mit dem bunten Weltgeschehen füllen wird. Neue Quellen der Freude werden sich uns im Anblick von Spiel und Tanz erschließen, verschlossene Tore zum Reich des Geistes werden aufgestoßen, und unser Leben kann dadurch nicht nur reicher, es kann dadurch auch tiefer werden, (...). Worauf es deshalb im Fernsehen ankommt, ist, dass das Getränk in dieser Schale ein Heiltrank wird, der die guten Seiten, die doch in jedes Menschen Herz nur auf den Weckruf warten, stärkt.“2

Während bereits ab den 1920er Jahren der Hörfunk als Massenmedium einen höchst erfolgreichen Durchbruch innerhalb der deutschen Landesgrenzen erlebte, hatte das Fernsehen am 25. Dezember 1952 den ersten offiziellen Programmbeginn; das Programm des NWDR (Nordwestdeutscher Rundfunk) wurde in etwa 5000 Haushalte an private Fernsehanschlüsse übertragen.3

Die seit 1950 bestehende „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“,4 die ARD, fusionierte im November 1954 mit dem NWDR, dem Bayerischen Rundfunk, Radio Bremen sowie dem Süddeutschen und dem Hessischen Rundfunk; dieser Zusammenschluss führte nicht zuletzt dazu, dass die Anzahl der Fernsehkonsumenten stetig anstieg: Nachdem im Februar 1956 bereits 100.000 Teilnehmer angemeldet waren, wurden 1963 schon über 7.000.000 angemeldete Teilnehmer verzeichnet. Im selben Jahr hatte das ZDF (Zweites Deutsches Fernsehen) seinen Sendestart.5 Am 25. August 1967 Am 25. August 1967 hielt das Farbfernsehen Einzug in die deutschen Haushalte, nachdem dies zuvor schon in Japan, Kanada und den USA geschehen war.6

3.2. Besonderheiten des Fernsehens gegenüber anderen Massenmedien

Setzt man das Fernsehen dem Hörfunk und auch den Printmedien gegenüber, so stellt sich zunächst der Unterschied heraus, dass dieses Medium durch die Kombination von Bild und Ton beherrscht wird.

Der Hörer einer Radiosendung hat die Möglichkeit, sich durch das Gesagte ein eigenes mentales Bild zu erschaffen; liest er einen Bericht – ob bebildert oder nicht - so bleibt ihm überlassen, wie lange und in welcher Form er das Gelesene reflektiert. Das Fernsehen hingegen unterliegt seit frühester Zeit der Kritik, den Zuschauer der eigenständigen Reflektionsfähigkeit zu berauben.

„Das Fernsehen scheint deshalb – so der Verdacht – ein „Verdummungsgerät“ (G. Anders) zu sein, das zu einer „geistigen Verarmung“ (A. K. Ruf) beiträgt.“7

Im weiteren direkten Vergleich zum Hörfunk besteht bei einer Fernsehübertragung das Risiko des Bild- oder Tonausfalls, wenn dies auch recht selten geschieht. So ist dies auch unter anderem bei der Begegnung zwischen der Türkei und Deutschland im Halbfinale der Europameisterschaft 2008 geschehen, als zeitweise sowohl Bild und Ton ausfielen und daraufhin zum einen der Ton, zum anderen die Bildübertragung ausblieben. Der Kommentator bzw. Sprecher steht in solch einem spontanen Fall vor der Herausforderung, die Zeit des Bildausfalls sprachlich zu füllen, und zwar so, dass es möglichst für den aktuellen Kontext geeignet ist. Im Falle des Fußballspiels muss der Kommentator demnach das Spiel in der Form kommentieren, dass der Zuschauer dem Spielverlauf auch ohne Fernsehbild folgen und sich so ein eigenes Bild des Spiels machen kann.

Kommt es zu einem Tonausfall, so ist der Zuschauer auf seine eigene Reflektionsgabe angewiesen; dies kann unterschiedlich schwierig oder einfach ausfallen: Fällt der Ton beispielsweise bei einem Interview oder einer Gesprächsrunde im Fernsehen aus, so ist es schwierig, den Sprechern anhand Mimik und Gestik genau zu folgen; wenn der Ton unerwartet in einem Nachrichtenbeitrag ausfällt, hat er noch immer die Bilder der entsprechenden Thematik vor Augen, jedoch keine weiteren Einzelheiten – ein Beispiel hierfür sind Bilder eines Kriegsgeschehens.

3.3. Die einseitige Kommunikationsform des Fernsehens

Die Kommunikationsform des Fernsehens unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von einer „normalen“ Kommunikation, wie beispielsweise einer Unterhaltung zwischen zwei oder mehr Personen oder einem Telefonat.

Die Situation, dass der Moderator seinem Publikum nicht direkt gegenübersteht und ihm keine Möglichkeit bietet, auf seine Äußerungen wie Fragen oder Aufforderungen zu reagieren, stellt keine Form eines Dialoges dar, denn „Kommunikation setzt voraus, dass den Zuhörern oder Zuschauern Raum zu Kritik und Nachfrage bleibt. Darin könnte wirkliche Kommunikativität bestehen.“8

Stattdessen kann man den Weg, über den der Sprecher im Fernsehen an die Zuschauer herantritt, als Einwegkommunikation ansehen. Die Kommunikation mit dem Zuschauer wird inszeniert, das heißt, der Sprecher setzt voraus, dass sein Publikum ihm folgt und unter Umständen sogar seine Meinung teilt. Ein „wir sehen uns morgen wieder!“9 seitens des Moderators zeigt eben dies; ob der Zuschauer überhaupt willens ist, die Sendung am Folgetag zu schauen oder Zeit hierfür aufbringen kann, ist für den Sprecher demnach zunächst irrelevant.

Sicherlich existieren seit einigen Jahren mit zunehmender Zahl so genannte „Call-In“-Sendungen, bei denen der Zuschauer live mit dem Moderator sprechen kann, handele es sich nun um ein Gewinnspiel oder eine Befragung von Tarot-Karten. Der Zuschauer kommuniziert in „Echtzeit“ mit dem Moderator per Telefon und sieht ihn entsprechend auf dem Fernsehbildschirm. Der Moderator hat hingegen die Kamera und nicht das (bewegte) Bild des Anrufers vor Augen, er befindet sich somit im Nachteil, was die vollständige Kommunikation angeht, da er auf die Stimme des Anrufers angewiesen ist. Er kann Signale seines Gegenübers nicht per Gestik und Mimik aufnehmen und verarbeiten.

Des Weiteren spielt es ebenfalls eine Rolle, ob ein Beitrag in Echtzeit, also live übertragen wird oder ob er bereits vor der Sendung produziert wurde. Unter anderem kommt es in regional übertragenen Nachrichten- bzw. Magazinsendungen vor, dass ein Beitrag unterschiedlich kommentiert wird und dieser Kommentar jeweils vor dem eigentlichen Sendebeginn aufgenommen wurde.

Dass Nachrichtenbeiträge nicht durch aktuelles, sondern durch bereits vorhandenes „Archivmaterial“ ergänzt werden, zeigt einen weiteren Aspekt dessen, dass der Zuschauer keine Option des Eingriffs oder Widerspruchs in das Gesehene und Gehörte hat.

Mary-Ann Doane gibt hinsichtlich dessen zu bedenken, Bilder aus dem Archiv, „außer wenn sie sorgsam zu einer nostalgischen Konstruktion orchestiert werden, unterminieren den Anreiz des „Live-Charakters“ und des Momenthaften, der die Nachrichten stützt.“10

Diese Einwegkommunikation des Fernsehens weicht demnach vom direkten Gespräch, also der „face-to-face“-Situation ab.11

4. Fernsehkommunikation / Sprache des Fernsehens

Es stellt sich die Frage, ob die Sprache, die durch das Fernsehen vermittelt wird, pauschal Abweichungen von der Standardsprache aufweist, und wenn dem so ist, welche sprachlichen Mittel in diesem Fall eine Rolle spielen.

Im Folgenden wird näher auf diese Fragestellung eingegangen.

4.1. Begriffsdefiniton Fernsehsprache

Ob von einer Fernsehsprache als eigenständiger Begriff die Rede sein kann, ist fraglich. Tatsächlich setzt sich die Sprache des Fernsehens aus verschiedenen Komponenten bzw. Charakteristiken zusammen und diese wiederum können dann zu dem Gesamtbegriff der Fernsehsprache zusammengefasst werden. Vor allem in den letzten Jahren findet eine Adaption der Sprache im Fernsehen an die Alltagssprache statt. Auf die einzelnen Charakteristika wird im Folgenden näher eingegangen.

4.2. Sprachwissenschaftliche Bedeutung der Sprache im Fernsehen

Die Sprache des Fernsehens ist aus soziolinguistischer Sicht von den Werten der gesamtsprachlichen Kultur auszugrenzen und dem Bereich des „Jargons“ zuzuweisen, also einer situationsdependenten „Sprachvarietät mit gemeinsprachlicher Grammatik, saloppem Stil, emotionalen Wörtern und Wendungen“.12 Demnach ist aber die Sprache im Fernsehen nicht nur einem bestimmten Jargon zuzuordnen, dies ist insofern nicht möglich, als es verschiedenste Sendeformate gibt, die teils Umgangssprache vermitteln, teils fachbezogene Sprache.

4.3. Bedeutung der Kombination von audiovisuellen Informationen

Das Fernsehen kann primär als ein visuelles Medium angesehen werden. Der Zuschauer konzentriert sich in der Tat eher auf die raschen Bildfolgen und diversen visuellen Elemente als auf die auditiven Eindrücke, obwohl die zu vermittelnden Informationen vornehmlich in der sprachlichen Erläuterung enthalten sind.13 Die visuelle Darstellung von Sachverhalten jeglicher Art ist demnach eng mit der auditiven Illustration verknüpft. Eine rein auditive Erläuterung eines Kontextes hingegegen bedarf nicht zwangsweise einer visuellen Präsentation; letztere kann als Unterstützung hilfreich sein.

Des Weiteren erfordert eine unmittelbare Folge von Bildern einen ebenso raschen sprachlichen Kommentar, was jedoch nicht immer möglich ist. Demzufolge können sich Bild- und Toninformationen durchaus, wenn auch nur im Rahmen von Sekunden, überschneiden, so dass aufgrund dieser Inkompatibilität die Möglichkeit eines gewissen Informationsverlustes besteht. Als „Text-Bild-Schere“ bezeichnete bereits Bernward Wember dieses Phänomen.14

4.4. Gesprochene und geschriebene Sprache

Die gesprochene Sprache unterscheidet sich wesentlich von der geschriebenen Sprache. Im Vergleich zur geschriebenen Sprache bestehen bei der gesprochenen Sprache im Fernsehen sowohl gewisse Vor- als auch Nachteile. Es wurde bereits darauf eingegangen, dass das Fernsehen primär ein visuelles Medium repräsentiert. Demnach ist der Zuschauer auf die Sprache im Rahmen von Fernsehsendungen angewiesen, um sämtliche Bilder in ihrer Gesamtheit reflektieren zu können. Die Schriftsprache wiederum ist häufig nahezu als ebenso wichtig anzusehen. Das Fernsehen bedient sich hauptsächlich der gesprochenen Sprache. Die Tatsache, dass sich Oralität im Fernsehen vornehmlich durch vorgefertigte Texte äußert und durch bestimmte „fernsehgerechte“ Konventionen geleitet wird, schließt den Vergleich mit einem natürlich Gespräch, beispielsweise zwischen zwei Personen, aus. Häufig ist aber auch die Kombination von gesprochener und schriftlicher Sprache zu erkennen, wenn in Nachrichten- und Magazinsendungen das Gesprochene zusätzlich in einer schriftlichen Zusammenfassung dargeboten wird, quasi als Gedächtnisstütze für den Zuschauer. Betrachtet man die Tatsache, dass gerade in Reportagen, bei denen der Interviewte nicht verständlich, weil zum Beispiel mit einem Dialekt, spricht, so erweist sich die Anwendung von Untertiteln als sehr sinnvoll. Insbesondere Gehörlose können mit Hilfe von Untertiteln nahezu genauso viel verstehen wie Zuschauer, die keine auditiven Beeinträchtigungen aufweisen.

4.5. Sprechformen

Für die Vertonung eines Fernsehbeitrages sind diverse Formen der Sprechweise ausschlaggebend; wie bereits erwähnt, besteht die Möglichkeit, einen Beitrag „live“ zu senden und zu vertonen. Hierbei kann der Sprecher zum einen vor der Kamera stehen, sodass er von dem Zuschauer gesehen wird. Zum anderen kann der Sprecher aber auch nur seine Stimme übertragen, ohne dass sein Erscheinungsbild zu vernehmen ist. Dies ist bei einem Fußballkommentator meist der Fall. Zudem kann eine Sprachaufnahme erst im Nachhinein einem bereits produzierten Beitrag hinzugefügt werden. Unabhängig von der Situation ist es jedoch immer ein monologischer Text, den der

Sprecher durchführt, da der Zuschauer keinerlei
Reaktionsmöglichkeiten auf seine Äußerungen besitzt. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Sprechformen näher erläutert.

4.5.1. Sprechdenken

„Sprechdenken heißt, logisch zusammenhängende Sinneinheiten vorausschauend zu planen und dabei eine Gliederung von „Gedanken“ in sprecherische Einheiten herzustellen. Der Begriff des Sprechdenkens beschreibt, was uns scheinbar selbstverständlich ist: Das Gedachte soll im Sprechausdruck sinnfällig werden. Sprechdenken ist die Übersetzung von Denken mittels Sprache in Körperlich-Lautliches.“15

Denken und Sprechen sind miteinander verbunden.

4.5.2. Freies Sprechen

Das freie Sprechen ist die am häufigsten genutzte Art der Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen. Im Rahmen eines Fernsehbeitrags kann diese Sprechform jedoch diverse Herausforderungen mit sich bringen.

Zumeist tritt das freie Sprechen innerhalb von Fernsehbeiträgen nicht zutage, stattdessen werden vorgefertigte Texte verwendet. Als ein allgemein bekanntes Beispiel für die freie Rede im Fernsehen ist die Berichterstattung über die Terroranschläge auf das New Yorker World Trade Center vom 11. September 2001. Sämtliche Sendungen wurden spontan aufgrund der Katastrophennachricht unterbrochen, Moderatoren und Nachrichtensprecher mussten die Berichterstattung spontan durchführen.

Hinsichtlich der Fußballberichterstattung existiert ein weiteres Exempel, das eine ausgesprochen intuitive freie Rede seitens der Moderatoren erforderte. Am 01. April 1998 wurde das Halbfinale der Champions League zwischen Real Madrid und Borussia Dortmund von den Reportern Günther Jauch und Marcel Reif auf dem Privatsender RTL kommentiert. Bevor jedoch das eigentliche Spiel kommentiert werden konnte, mussten beide Moderatoren über eine Zeitspanne von insgesamt 76 Minuten improvisieren und gänzlich frei reden: Ein Tor war zu Spielbeginn umgefallen und Ersatz musste herbeigeschafft werden.16 Die Kommentierung eines Sportereignisses musste entsprechend unterbrochen werden und die Sprecher mussten spontan einen neuen Redeablauf konzipieren – ohne vorgefertigte Texte bzw. Stichpunkte ist dies eine recht große Herausforderung für einen Sprecher, besonders bei einer Sendung, die minutiös durch den Sender geplant ist.

Das freie Sprechen stellt die natürlichste und authentischste Form der sprachlichen Informationsübermittlung dar. Der Sprecher bringt – trotz oder gerade wegen seiner Spontaneität – Emotionen mit in den Beitrag ein, er vermittelt glaubwürdiges Wissen an den Zuschauer.17

4.5.3. Vorlesen

Das Vorlesen eines Textes in einem Fernsehbeitrag unterliegt diversen Gefahren für den Sprecher, die sich sodann auf das Hörverständnis des Zuschauers und damit auf sein Interesse an dem Beitrag auswirken. Ein abgelesener Text klingt nie so unverfälscht wie ein frei gesprochener Text. Liest ein Sprecher einen Text vor, so muss er auf die korrekte Betonung sowie Aussprache der ihm vorliegenden Wörter achten; er muss sich in die konkrete Situation und die eventuell vorhandenen Emotionen hineinversetzen und den Inhalt erfassen, die der Text ihm vermittelt.

Ein abgelesener Text birgt zudem das Risiko, dass es zu einem „Versprecher“ kommt, dass der Sprecher also falsch oder unvollständig von seinem Text abliest; so ist dies nicht nur der Nachrichtensprecherin Dagmar Berghoff in einer „Tagesschau“-Sendung der 70er Jahre passiert. Liest ein Sprecher einen Text vor, so kann dies auch dazu führen, dass die Modulation seiner Stimme und die Sprechgeschwindigkeit irritierend für den Zuschauer sind; beides, vor allem aber die Geschwindigkeit des vorgelesenen Textes, muss zum einen dem vorliegenden Thema angepasst werden, zum anderen darf der Sprecher nicht vergessen, dass er zu einem Publikum spricht.

Das Vorgelesene darf demnach nicht zu schnell, aber auch nicht zu langsam sein – tatsächlich unterscheidet sich diese Form des Sprechens stark von dem Sprachgebrauch in der alltäglichen Kommunikation. Der Sprecher muss also neben dem Sprechtempo darauf achten, bewusst und demnach mit einer korrekten Betonung zu lesen.

Letztlich kann zwar dem Vorlesen insofern ein Vorteil abgewonnen werden, als es den Sprecher durch den vorhandenen Text absichert – im Gegensatz zur freien, meist improvisierten Rede, bei der der Sprecher nicht immer zwangsläufig die Option hat, einem Leitfaden folgen zu können. Dennoch muss der Sprecher beim Vorlesen genau auf seine Atmung achten, die ebenfalls einen Bestandteil der

Betonung ausmacht – dies geschieht bei der freien Rede selbständig, ohne, dass der Sprecher sich dessen wirklich bewusst ist.18

Die Verwendung der so genannten „Teleprompter“ sind ein weiteres Beispiel für vorgelesene Texte – zumeist und im Optimalfall wirkt dies auf den Zuschauer wie die Anwendung der freien Rede.

4.5.4. Auswendig gelerntes Sprechen

Sprechen, das auf auswendig gelernten Informationen basiert, wirkt häufig sehr versiert, jedoch besteht auch in diesem Fall die

Schwierigkeit, eine angemessene Sprechgeschwindigkeit
beizubehalten. Der Sprecher muss gleichermaßen in seinem Gedächtnis gespeicherte Informationen abrufen und diese in einem entsprechenden Rahmen dem Publikum präsentieren.

4.6. Sprechstile und ihre Anwendung

Das Fernsehen richtet sich nicht nur an einen bestimmten Zuschauerkreis, sondern ist für sämtliche Schichten der Gesellschaft gleich welcher Bildung und Kultur konzipiert. Daher erscheint es selbstverständlich, dass diverse Sprechstile nebeneinander existieren und entsprechend angewendet werden müssen. Die Form der Kommunikation und sein Zweck bestimmen den Stil; er ist von der Art einer Sendung abhängig. Denn tatsächlich versteht nicht jeder Zuschauer beispielsweise eine bestimmte Fachsprache. Zumeist ist es dennoch der Fall, dass Jargons und Sprachvarietäten vermischt, Anglizismen und die Form des Code-Switching verwendet werden, so dass das Gesagte einer möglichst großen Bandbreite von Zuschauern verständlich ist.

In den Nachrichten der Tagesschau oder im Sportstudio wird ein anderer Stil angewandt als in einer Magazinsendung für Frauen oder einer Kindersendung.

5. Sport und Medien – Medien und Sport

Im Folgenden wird neben der Erläuterung des Begriffes „Sport“ der nähere Zusammenhang mit den vorhandenen Massenmedien dargestellt. Sport hat in unserer heutigen Gesellschaft mehr soziale und politische Relevanz denn je.

5.1. Der Begriff „Sport“

An dieser Stelle sei zunächst geklärt, was unter „Sport“ verstanden wird.

Glaubt man dem Brockhaus, so ist dieser Ausdruck eine „Sammelbez(eichnung). für die an spieler(ischer). Selbstentfaltung sowie am Leistungsstreben ausgerichteten vielgestaltigen Formen körperl(icher). Beweglichkeit als auch dem allgemeinen Wohlbefinden dienen sollen.“19

Der deutsche Begriff selbst wurde dem englischen Ausdruck „disport“ bzw. dem altfranzösischen „se desporter“ entlehnt,20 beides als Synonym für das „Vergnügen“ und den Zeitvertreib. Seinen etymologischen Ursprung hat der Begriff des Sports im Lateinischen „portare“ („tragen“).21

Sportliche Betätigung bedeutet demnach nicht nur die körperliche Bewegung, sondern auch geistige Arbeit wird als Sport betrachtet. Dies geschieht beispielsweise in geistigen Sportarten wie dem Schachspiel, welches unter sportliche Disziplinen fällt. Des Weiteren

[...]


1 Cerrahoğlu, Necati: Sportmedien und Sportjournalismus in der Türkei. Köln 2004; S. 9.

2 Grimme, Adolf: Ferne wird Nähe. Ansprache zur Eröffnung des Gemeinschaftsprogramms des NWDR-Fernsehens am 1.1.1953. In: Ders.: Die Sendung der Sendungen des Rundfunks. Frankfurt a. M. 1955; S. 63f. In: Dammann, Clas: Stimme aus dem Äther- Fenster zur Welt. Die Anfänge von Radio und Fernsehen in Deutschland. Köln 2005; S. 9.

3 Damman; S. 9 – 11.

4 http://www.ard.de/intern/chronik/-/id=8302/lk71l3/index.html

5 Damman; S. 11.

6 http://www.tagesschau.de/kultur/meldungß76.html siehe auch: http://www.wdr.de/unternehmen/technik/rundfunk_gestern.jhtml;sessionid=FRG NGO4QP31KWCQKYRSUTIQ

7 Dammann; S. 28.

8 Wachtel, Stefan: Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen. Konstanz 2000; S. 10.

9 Wachtel; S. 9.

10 Doane, Mary-Ann: Information, Krise, Katastrophe. In: Philosophie des Fernsehens. München 2006; S. 102 – 120. Hier: S. 107.

11 Brinker, Klaus / Sager, Sven F.: Linguistische Gesprächsanalyse. Eine Einführung. Berlin 2006; S. 10f.

12 Veith, Werner H.: Soziolinguistik. Ein Arbeitsbuch. Tübingen 2005; S. 28.

13 Doelker, Christian: Immer dieses Fernsehen. Handbuch für den Umgang mit Medien. Wien 1983; S. 28.

14 Doelker; S. 42.

15 Wachtel, Stefan: Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen. Konstanz 2000; S. 23.

16 http://www.welt.de/sport/articleß855367/Jauch_rettete_mich_vorm_medialen_Se lbstmord.html?nr=1&pbpnr=0

17 Wachtel; S. 28f.

18 Wachtel; S. 31 – 35.

19 Zwahr, Annette (Hrsg.): Brockhaus Enzyklopädie in 30 Bänden. Band 25 (Sele – Spos). Leipzig 2006; S. 805.

20 Zwahr: Brockhaus Enzyklopädie in 30 Bänden, Band 25 (Sele – Spos); S. 805.

21 Kluge, Friedrich (Hrsg.): Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin 2002; S. 869

Ende der Leseprobe aus 95 Seiten

Details

Titel
Linguistische Analyse einer Fußballberichterstattung
Untertitel
Das Endspiel der Europameisterschaft 2008
Hochschule
Universität Bremen
Note
3.0
Autor
Jahr
2009
Seiten
95
Katalognummer
V128657
ISBN (eBook)
9783640345687
ISBN (Buch)
9783640345571
Dateigröße
907 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Linguistische, Analyse, Fußballberichterstattung, Endspiel, Europameisterschaft
Arbeit zitieren
Gülay Bayraktar (Autor:in), 2009, Linguistische Analyse einer Fußballberichterstattung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128657

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