Die vorliegende Schrift untersucht rhetorische und ästhetische Mittel, mit denen konspirative Dokumentarfilme sich um die Gunst des Publikums bemühen. Als Fallbeispiel dient die US-amerikanische Produktion "VaxXed, From Cover-Up to Catastrophe" (2016). Diese erhielt bereits vor ihrer geplanten Premiere auf dem Tribeca Film Festival breite internationale,
mediale und vor allem kritische Aufmerksamkeit. Wie der Titel bereits vermuten lässt, handelt es sich hier um einen Film über Impfungen: In einer dokumentarischen Assemblage von weinenden Kindern in Homevideos, Audio-Aufnahmen eines Whistleblowers, herzzerreißenden Zeuginnenberichten von Eltern und ernsten Interviewaufnahmen von Ärztinnen und Expertinnen, wird eine holzschnittartige Darstellung der Welt präsentiert, in der die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) die US-amerikanische Bevölkerung belügt.
Robert de Niro – Hollywoodschauspieler und Mitbegründer des Tribeca Film Festivals, sowie Vater eines autistischen Sohns – hatte den Film persönlich für das Programm 2016 ausgesucht. Er wollte nach eigenen Aussagen mit der Aufführung des Filmes eine Konversation ermöglichen. Es folgten internationale Proteste von Wissenschaftlerinnen, Journalistinnen, Autismus-Organisationen und Dokumentarfilmerinnen. De Niro wurde vorgeworfen, den Film und seine Inhalte mit seinem Verhalten zu würdigen. Schließlich wurde der Film aus dem Programm genommen. Die Kontroversen und die ‘Zensur’ – wie Wakefield die Handhabung des Films bezeichnet– waren ein Glücksfall für eben jenen. Es wurde genau das Gegenteil des eigentlichen Zwecks erreicht: Die Folge waren ein großes mediales und gesellschaftliches Interesse und hohe Publikumszahlen. Der Film lief international in zahlreichen Kinos an, auch in Deutschland und Österreich – trotz oder gerade wegen der Kritik. Die Bekanntheit und Verbreitung sowie kritische Aufmerksamkeit, die dem ersten Film zuteil wurden, waren ausschlaggebend für meine Auswahl als Fallbeispiel.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- 1. Verschwörungstheorien, ihre Geschichte und ihre Verbreitung
- 1.1 Von heterodoxen zu orthodoxem Wissen
- 1.2 Was ist eine Verschwörungstheorie?
- 1.3 Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien?
- 1.3.1 Psychologische Faktoren
- 1.3.2 Wissen, Sicherheit und ein gutes Selbstwertgefühl
- 1.4 Beweisführung und Argumentation von Verschwörungstheorien
- 1.5 Impfgegnerinnen und Verschwörungstheorien
- 1.6 Die Wakefield-Studie
- 1.7 Verschwörungstheorien im World Wide Web
- 2. Wenn Filme lügen: Der konspirative Dokumentarfilm
- 2.1 Where truth lies – Der Dokumentarfilm
- 2.2 Michael Moore und die politische Dokumentation
- 2.3 Verschwörungen in Film und Fernsehen
- 2.4 Der konspirative Onlinedokumentarfilm
- 3. Fallbeispiel: VAXXED - FROM COVER-UP TO CATASTROPHE
- 3.1 Eine unsichere Welt – Der Vorspann (00:00:00-00:02:50)
- 3.2 The Cover up – Die Verschwörung
- 3.3 Von Opfern und persönlichen Katastrophen
- 3.3.1 Real Parents
- 3.3.2 Hear this Well Kampagne (00:57:05-00:59:18)
- 3.3.3 Wakefield – der Märtyrer
- 3.3.4 Good Doctors
- 3.4 Die Fortsetzung: VAXXED. PEOPLE’S TRUTH und die Anti-Vaxx Community
- Conclusio
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit analysiert das Phänomen des konspirativen Dokumentarfilms anhand des Fallbeispiels VAXXED. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der rhetorischen und ästhetischen Strategien, die genutzt werden, um Zuschauerinnen von der Existenz einer Verschwörung zu überzeugen. Die Arbeit geht der Frage nach, warum Menschen an Verschwörungstheorien glauben und wie diese in Film und Fernsehen verbreitet werden.
- Die Geschichte und Entwicklung von Verschwörungstheorien
- Die Rhetorik und Argumentationsstruktur von Verschwörungstheorien
- Die Rolle des Dokumentarfilms als Medium zur Verbreitung von Verschwörungstheorien
- Die Rolle der Impfgegnerinnenbewegung im Kontext von Verschwörungstheorien
- Die Auswirkungen von Verschwörungstheorien auf Politik, Gesellschaft und Kultur
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Phänomen der Verschwörungstheorie, ihrer Geschichte und Verbreitung. Es werden die Gründe analysiert, warum Menschen an Verschwörungstheorien glauben und welche psychologischen Faktoren dabei eine Rolle spielen. Der Einfluss der Wakefield-Studie auf die Impfgegnerinnenbewegung wird beleuchtet und die Verbreitung von Verschwörungstheorien im World Wide Web untersucht.
Das zweite Kapitel widmet sich dem konspirativen Dokumentarfilm. Es werden die verschiedenen Arten des Dokumentarfilms und die Rolle von Michael Moore in der Entwicklung des Genres behandelt. Die Arbeit untersucht, wie Verschwörungstheorien in Film und Fernsehen verbreitet werden, sowie das Phänomen des konspirativen Onlinedokumentarfilms.
Im dritten Kapitel wird der Film VAXXED - FROM COVER-UP TO CATASTROPHE im Detail analysiert. Die Arbeit untersucht die Inszenierung der Protagonistinnen und ihre jeweiligen Geschichten, sowie die verschiedenen Strategien des Films, um das Publikum zu überzeugen. Es wird gezeigt, wie der Film ein negatives Bild der Verschwörung und ihrer Mitglieder zeichnet und gleichzeitig ein positives Bild von den Eltern autistischer Kinder und denjenigen Wissenschaftlerinnen und Ärztinnen, die gegen die Verschwörung kämpfen, vermittelt.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit behandelt zentrale Themen wie Verschwörungstheorien, Impfgegnerinnen, konspirative Dokumentarfilme, Medien, Wissenschaft und Autismus. Sie untersucht wichtige Begriffe wie 'Big Pharma', 'Whistleblower', 'Hear this Well Kampagne', 'Galileo Gambit', 'Tokenismus', 'Found Footage' und 'Postfaktisch'.
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- Yul Koh (Author), 2022, Konspirative Dokumentarfilme. Geschichte und Verbreitung am Beispiel "VaxXed", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1289088