Konstruktivistische Didaktik im Sachunterricht der Grundschule. Ein Überblick über Theorie und Praxis zum conceptual change im HSU-Unterricht


Hausarbeit, 2019

8 Seiten, Note: 2,0

R. Winter (Autor:in)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Überblick über die Aufgaben des Sachunterrichts

2. Konstruktivistische Didaktik im Sachunterricht

3. Sachanalyse

4. Vorwissenserhebung und deren Auswertung

5. Didaktische Analyse

6. Arbeitsblatt zur Hausaufgabe

7. Literaturverzeichnis

1. Überblick über die Aufgaben des Sachunterrichts

Zentrale Aufgaben des Sachunterrichts sind aufgrund der Historie und der Breite des Faches zwar schwer festzulegen, doch ist die Grundlegung der Bildung der zentrale Leitgedanke des gegenwärtigen Sachunterrichts und gilt auch als Leitgedanke des Grundschulunterrichts im Allgemeinen. Es geht dabei um die Anlegung eines stabilen Wissensfundaments, an welchen weiterführende Schulen nach der Grundschulzeit in mehreren Fächern anknüpfen können. Der Begriff der grundlegenden Bildung' wird im Zuge des Heimat- und Sachunterrichts erreicht durch den Erwerb von Wissen über die unmittelbare Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler. Es geht hierbei nicht nur um bloße Wiederholung von bereits vorhandenen Wissen, sondern die Erweiterung, Differenzierung und Korrektur des Wissens stehen im Vordergrund. Statt einer enzyklopädischen Aneinanderreihung von Fakten, soll hierbei ein Verständnis von Sachverhalten und Sachzusammenhängen geschaffen werden, welches auch auf weiterführende Thematiken anwendbar ist. Während man früher den Sachunterricht durch bloßes Auswendiglernen von Merksätzen gestaltet wurde, legt man heutzutage besonders Wert auf das Verstehen als zentrale Leitidee des Lernens. (Ragaller, 2010, S. 155 f.)

Vor allem Martin Wagenschein macht dieses Anliegen in seinen konstruktivistischen Sichtweisen deutlich: „In der Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt sollen die Kinder lernen, ihre Lebenswirklichkeit zu verstehen und Handlungsfähigkeit in ihr zu erlangen.“ (Ragaller, 2010, S. 158)

2. Konstruktivistische Didaktik im Sachunterricht

John Dewey, Lew Semjonowitsch Wygotski und Jean Piaget gelten als Vorläufer der konstruktivistischen Didaktik, die auch heute hohen Anklang für den Sachunterricht findet. Der Konstruktivismus unterscheidet sich von anderen wissenschaftlichen Ansätzen durch die Betonung des unmittelbaren Misstrauens zwischen der Verbindung von Welt und Abbild. Dewey legt für diese Art der Anschauung eine bedeutende Grundthese: „Die Menschen greifen durch ihre Handlungen, mit ihren Erfahrungen, im Testen der Wirklichkeit durch Experimentieren, Ausprobieren, durch ihr Tun umfassend in die Konstruktion dessen ein, was ihnen dann als Natur der Dinge oder als Fortschritt in der Kultur erscheint. Sie dürfen dabei aber nicht vergessen, dass ihre Konstruktionen und Versionen von Wirklichkeit, die sie in einer Zeit schaffen und folgenden Generationen hinterlassen, kein einfaches Abbild einer Welt sind, in der alles schon vorentschieden, vollständig oder irgendwie abgeschlossen und sicher ist. Viel mehr gehört es zum menschlichen Entdecken und Erfinden, dass immer neue Welten und Versionen über sie gebildet werden können, ohne dass dies allerdings gleich als willkürlich und beliebig erscheinen müsste.“ (Reich, 2012, S. 75) Demnach gibt es keine vorgefertigte Liste von Problemen oder Naturgesetzen, die abgearbeitet und herausgefunden werden müssen, sondern vielmehr kann durch Experimentieren, Ausprobieren und Handeln immer wieder ein neuer Kontext geschaffen werden, der als Grundlage für sich ergebende Problematiken benutzt werden kann und somit Anstoß für weiteres Denken und Tun gegeben werden. Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass der Mensch ein beobachtendes, handelndes und schaffendes Wesen ist, welches viele von der äußeren Natur auferlegten Probleme bewältigen muss, das aber gleichzeitig in der Zivilisation zunehmend eigene Probleme schafft, die es ebenfalls zu lösen gilt. Jeder Mensch ist der Konstrukteur seines eigenen Lebens und immer auch mit sich selbst beschäftigt, wenn es um Fragen nach Wahrheit, Richtigkeit, Verständlichkeit und Bedeutsamkeit des eigenen Tuns und Denkens geht. Diesen Gedanken sollte man zum Leitbild einer konstruktivistisch aufbereiteten Unterrichtssequenz machen. (Reich, 2012, S. 75 f.)

3. Sachanalyse

Die Thematik des Sachunterrichts, auf welche sich im Folgenden bezogen wird, ist die Frage nach dem Lebendigen und Nicht-Lebendigen. Um ein Lebewesen von einem Nicht­Lebewesen zu unterscheiden, braucht es bestimmte Kennzeichen, die alles Lebendige aufweisen kann. Das erste Kennzeichen ist die Gestalt, also sein Aussehen. Der Aufbau von Lebewesen aus Zellen ist hierbei ein grundlegender Aspekt. Das zweite Kennzeichen ist die selbstständige, aktive Bewegung von einem Ort zum anderen. Hierbei zeigt sich schon, dass auch Pflanzen diesem Kennzeichen gerecht werden, da auch sie sich zur Sonne ausrichten können und damit eigenaktive Bewegungen vollziehen können. Ein weiteres Kennzeichen des Lebens ist der Stoffwechsel, also biochemische Reaktionen zum Verwerten von organischen oder anorganischen Verbindungen für den Energiegewinn. Neben der Ernährung gehören auch die Funktionen der Atmung und des Ausscheidens zum Stoffwechsel. Das nächste Kennzeichen ist die Reizbarkeit. Darunter versteht man in der Biologie die Eigenschaft von Lebewesen, auf bestimmte Einwirkungen der Umwelt mit bestimmten Verhaltensweisen zu reagieren. Durch die Fähigkeit Reize aufzunehmen, sie zu verarbeiten und darauf zu antworten, steht ein Lebewesen in ständiger Verbindung und Beziehung zu seiner Umwelt, was eine entscheidende Voraussetzung für die Selbstregulation biologischer Systeme ist. Auch Fortpflanzung ist ein zentrales Kennzeichen für Lebewesen, da ein Lebewesen durch Vermehrung die Erhaltung seiner Art sichert. Grundlage für die Fortpflanzung ist die Replikation von Erbanlagen, also der DNS. Durch geschlechtliche oder ungeschlechtliche Weise können so einzelne bis viele Nachkommen entstehen und gleichzeitig der Genpool bunt gemischt werden, wodurch Vielfalt begünstigt werden kann. Das vorletzte Kennzeichen ist die Individualentwicklung, bzw. das Wachstum. Wachstum ist die irreversible Volumenzunahme eines Organismus oder seiner einzelnen Teile. Der Beginn des Wachstums wird bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle festgelegt und stellt somit einen Startpunkt für die Individualentwicklung dar. Von der Embryonalentwicklung, über die Jugend, Fortpflanzungsfähigkeit und das Alter, zieht sich das Leben bis hin zum Tod und bringt daher verschiedene Wachstums- und Entwicklungsstufen mit sich. Das letzte Kennzeichen der Lebewesen ist die Evolution, bzw. die Anpassungsfähigkeit im Zuge in der Evolution. Im Laufe der stammesgeschichtlichen Entwicklung sind die heutigen Organismen in großen Zeiträumen aus einer geringen Vielfalt einfach organisierter Formen hervorgegangen. Notwendig hierfür sind ständige Anpassungsmechanismen, die sich an der jeweilig vorherrschenden Umwelt orientieren. Wichtig ist insgesamt, dass alle sieben Kennzeichen gleichzeitig zutreffen müssen, damit man von einem Lebewesen sprechen kann. (https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/biologie-abitur/artikel/kennzeichen-des- lebendigen)

4. Vorwissenserhebung und deren Auswertung

Um den bisherigen Wissensstand und die vorherrschenden Konzepte der Zielgruppe aufzugreifen, wurde eine Erhebung in fünf verschiedenen Klassen durchgeführt, darunter zwei vierte Klassen, zwei dritte Klassen und eine zweite Klasse. Die Anweisung zur Durchführung lautete in allen Klassen gleich, nämlich: ,Falte dein Blatt bitte zusammen, so dass du in der Mitte eine Trennlinie hast, die du dann mit dem Stift nachfahren kannst.

Schreibe bitte nicht deinen Namen oder ein Datum auf das Blatt. Male oder schreibe oberhalb der Linie alles auf, was dir zum Wort ,lebendig' einfällt. Male oder schreibe dann unterhalb der Linie alles auf, was dir zum Wort ,nicht lebendig' einfällt. Schreibe auf der Rückseite des Blattes auf, was der Unterschied zwischen lebendig und nicht lebendig ist. Also, woran erkennst du, ob etwas lebt? Zur Hilfe kannst du dir die Unterschiede zwischen einem Kuscheltierhund und einem echten Hund überlegen.' Die aus der Erhebung hervorgehenden Ergebnisse lassen eine Einteilung der kindlichen Vorstellungen, bzw. des Vorwissens, in verschiedene Konzepte zu. Am häufigsten Vertreten war das Konzept der Tiere und Menschen bei Überlegungen zu Lebewesen. Sie werden als erster Einfall von jedem Kind genannt. Ein Unterkonzept davon stellen dir Körperteile dar. Viele Kinder nennen Hände, Füße, Lunge und Herz als lebendige Dinge, die den Menschen und Tieren angehören. Das nächsthäufigere Konzept ist das Konzept der Natur, also alles, was sich draußen in der Natur befindet, ist lebendig. Darunter fallen für die Kinder Dinge wie Wasser, Sonne, Vulkane, Wind und Pflanzen. Ein weiteres Vorwissenskonzept setzt sich aus verschiedenen Verben zusammen, die im Zusammenhang mit Leben stehen sollen. Dabei haben die Kinder Wörter wie laufen, bewegen, springen, kriechen, essen oder trinken am Häufigsten genannt. Das letzte Konzept, das innerhalb der Erhebung festgestellt werden konnte, handelte von Religion. Die Kinder waren der Meinung, dass Gott, Jesus und die Engel als lebendig gelten. Auch zur zweiten Fragen nach dem Nichtlebendigen konnten verschiedene Konstrukte unterschieden werden. Am häufigsten genannt wurden Gegenstände aus dem eigenen Zimmer oder der direkten schulischen Umgebung, also beispielsweise Füller, Büchertaschen, Stifte, Hefte, usw. Ein weiteres beliebtes Konstrukt ist eine Art Umkehr des Lebenden, indem tote Dinge aufgeschrieben wurden, die zuvor lebendig waren, also tote Tiere oder tote Menschen. Außerdem gab es eine Menge von Konstrukten, die sich auf Adjektive und Assoziationen stützt, die mit dem Nichtlebendigen in Verbindung stehen. Hierbei wurden Begriffe wie traurig, dunkel, still, tot oder unecht genannt. Vereinzelt hatten manche Kinder die Vorstellung, dass Bäume und Pflanzen keine Lebewesen sind, weswegen diese teilweise auch in der Kategorie des Unbelebten landeten. Bei der letzten Frage nach dem Erkennen von Lebewesen haben die meisten Kinder das Kennzeichen der Fortbewegung genannt, ein Merkmal das im Konsens aller Lebewesen wohl schon bekannt sein sollte. Viele Kinder haben außerdem das Kennzeichen der Atmung genannt, was Teil des Stoffwechsels ist und somit schon erstes Wissen in diesem Bereich vorhanden ist. Die Erhebungen der vierten Klasse brachten außerdem das Merkmal der Ernährung hervor, was in der dritten und zweiten Klasse eher noch nicht präsent war. Nur wenige Kinder konnten keine plausible Erklärung dafür finden, was ein Lebewesen ausmacht. Insgesamt ist demnach festzustellen, dass die Kinder zu dieser Thematik bereits eigene Konstrukte aufweisen, welche viele richtige Fakten enthalten, aber auch noch Fehler aufweisen. Durch die Erhebung wird das bereits vorhandene Wissen und die Konstruktfehler deutlich, was als Anknüpfpunkt für das Planen und Erstellen von Unterrichtsmaterialien zu diesem Thema dienen kann.

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Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Konstruktivistische Didaktik im Sachunterricht der Grundschule. Ein Überblick über Theorie und Praxis zum conceptual change im HSU-Unterricht
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Veranstaltung
Didaktik des Sachunterrichts
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
8
Katalognummer
V1289688
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Didaktik, Grundschule, Grundschuldidaktik, Sachunterricht, Biologie, Biologiedidaktik, conceptual change, Konstruktivismus
Arbeit zitieren
R. Winter (Autor:in), 2019, Konstruktivistische Didaktik im Sachunterricht der Grundschule. Ein Überblick über Theorie und Praxis zum conceptual change im HSU-Unterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1289688

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