Soziale Repräsentationen zum Euro

Ein Ländervergleich zwischen Österreich, Italien und Belgien


Diplomarbeit, 2003

167 Seiten, Note: 1


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

I EINLEITUNG

II THEORETISCHER TEIL
1 DER EURO
1.1 Kosten und Nutzen einer Währungsunion
2 EUROPÄISCHE UNION
2.1 Österreichs Weg in die EU
2.2 Belgiens Weg in die EU
2.3 Italiens Weg in die EU
3 NATIONALWÄHRUNGEN
3.1 Die Geschichte des Schilling
3.2 Die Geschichte des Belgischen Franc
3.3 Die Geschichte der Lira
4 SOZIALE REPRÄSENTATIONEN
4.1 Entwicklungsgeschichte der Theorie der Sozialen Repräsentationen
4.2 Definition von Sozialen Repräsentationen
4.3 Entstehung von sozialen Repräsentationen
4.4 Struktur der Sozialen Repräsentationen
4.5 Methoden zur Untersuchung von Sozialen Repräsentationen
4.5.1 Methodé d’evocation
4.5.2 Trama associativa
5 EINSTELLUNGEN
6 SOZIALE REPRÄSENTATIONEN VERSUS EINSTELLUNGEN
7 BISHERIGE FORSCHUNGSERGEBNISSE ZUM EURO
7.1 Einstellungen zum Euro
7.1.1 Typologie der Europäer
7.1.2 Psychologische Landkarte der EU
7.1.3 Österreichs Einstellung zum Euro
7.1.4 Belgiens Einstellung zum Euro
7.1.5 Italiens Einstellung zum Euro
7.2 Soziale Repräsentationen zum Euro

III EMPIRISCHER TEIL
1 FRAGESTELLUNGEN
2 METHODE
2.1 Teilnehmer
2.2 Material
2.3 Durchführung
3 ERGEBNISSE
3.1 Einstellungsindex
3.1.1 Faktorenananalyse
3.1.2 Reliabilitätsanalyse
3.2 Ergebnisse aus den Analysen zur Einstellung zum Euro
3.2.1 Einstellungsindizes der vier Gruppen
3.3 Ergebnisse zu den Assoziationsbewertungen
3.4 Korrelation von Einstellungsindex und Bewertungsindex
3.5 Deskriptivstatistik des Assoziationsmaterials
3.6 Ergebnisse zu den Sozialen Repräsentationen zum Euro
3.6.1 Struktur der Sozialen Repräsentationen zum Euro
3.6.1.1 Ergebnisse zur Struktur der Sozialen Repräsentationen
3.6.1.1.1 Ergebnisse der Kern-Peripherie-Analysen zum Euro
3.6.1.1.2 Ergebnisse der Kern-Peripherie-Analysen zu den Nationalwährungen
3.6.2 Assoziationsinhalte
3.6.2.1 Kategoriensystem zur Einordnung der Assoziationen in Assoziationskategorien
3.6.2.2 Rater-Übereinstimmung bezüglich des Frage- Kategoriensystems
3.6.2.3 Häufigkeiten der Frage-Kategorien
3.6.2.4 Unterteilung der Frage-Kategorien in thematische Kategorien
3.6.3 Gruppenvergleiche der Sozialen Repräsentationen zum Euro
3.6.3.1 Ergebnisse der Korrespondenzanalyse zu den Frage- Kategorien und den vier Gruppen
3.6.3.2 Ergebnisse der Korrespondenzanalyse der österreichischen
und belgischen Euro-Befürworter und Euro-Gegner
3.6.3.3 Ergebnisse der Korrespondenzanalyse der österreichischen und italienischen Euro-Befürworter und Euro-Gegner
3.7 Sequenz der Assoziationen
3.7.1 „Kettenanalysen“

IV DISKUSSION UND ZUSAMMENFASSUNG

V LITERATUR

VI ANHANG

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Soziale Repräsentationen und Einstellungen im Vergleich

Abbildung 2: Positionen der 15 EU-Länder auf der psychologischen Landkarte

Abbildung 3: Geschlechtsspezifische Aufteilung der Teilnehmer

Abbildung 4: Formel zur Kalibrierung der Einstellungsitems

Abbildung 5: Formel zur Berechnung des Polaritätsindexes

Abbildung 6: Kern-Peripherie-Analyse zum Euro: Österreich (PsychologiestudentInnen)

Abbildung 7: Kern-Peripherie-Analyse zum Euro: Österreich (WirtschaftsstudentInnen)

Abbildung 8: Kern-Peripherie-Analyse zum Euro: Belgien (PsychologiestudentInnen)

Abbildung 9: Kern-Peripherie-Analyse zum Euro: Italien (WirtschaftsstudentInnen)

Abbildung 10: Kern-Peripherie-Analyse zum Schilling: Österreich (PsychologiestudentInnen)

Abbildung 11: Kern-Peripherie-Analyse zum Schilling: Österreich (WirtschaftsstudentInnen)

Abbildung 12: Kern-Peripherie-Analyse zum Franc: Belgien (PsychologiestudentInnen)

Abbildung 13: Kern-Peripherie-Analyse zur Lira: Italien (WirtschaftsstudentInnen)

Abbildung 14: Frage-Kategoriensystem zum Euro

Abbildung 15: Thematisches Kategoriensystem zum Euro

Abbildung 16: Ergebnis der Korrespondenzanalyse mit vier Spaltenvariablen (Gruppen) und sieben Zeilenvariablen (Frage-Kategorien)

Abbildung 17: Ergebnis der Korrespondenzanalyse mit vier Spaltenvariablen (Gruppen) und neun Zeilenvariablen (thematische Kategorien)

Abbildung 18: Ergebnis der Korrespondenzanalyse mit vier Spaltenvariablen (Gruppen) und neun Zeilenvariablen (thematische Kategorien)

Abbildung 19: Graphische Darstellung der Kettenanalyse zum Euro

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Historische Daten zum Euro

Tabelle 2: Historische Daten zum belgischen Franc

Tabelle 3: Untersuchungsdesign

Tabelle 4: Items zur Erfassung der Einstellung zum Euro

Tabelle 5: Einstellungsindizes der vier Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen)

Tabelle 6: Polaritätsindizes der vier Gruppen (Mittelwerte und Standardabweichungen)

Tabelle 7: Korrelationen zwischen Einstellungs- und Polaritätsindizes der vier Gruppen

Tabelle 8: Anzahl der Assoziationen in den vier Gruppen

Tabelle 9: Struktur der Sozialen Repräsentationen

Tabelle 10: Assoziationsliste zum Euro - Österreich (PsychologiestudentInnen)

Tabelle 11: Assoziationsliste zum Euro - Österreich (WirtschaftsstudentInnen)

Tabelle 12: Assoziationsliste zum Euro - Belgien (PsychologiestudentInnen)

Tabelle 13: Assoziationsliste zum Euro - Italien (WirtschaftsstudentInnen)

Tabelle 14: Assoziationsliste zum Schilling - Österreich (PsychologiestudentInnen)

Tabelle 15: Assoziationsliste zum Schilling - Österreich (WirtschaftsstudentInnen)

Tabelle 16: Assoziationsliste zum Franc - Belgien (PsychologiestudentInnen)

Tabelle 17: Assoziationsliste zur Lira - Italien (WirtschaftsstudentInnen)

Tabelle 18: Beschreibung der zwölf Frage-Kategorien (plus Restkategorie) zum Euro mit Beispielen

Tabelle 19: Assoziationskategorien und Häufigkeiten der Nennungen (mit Rangplätzen)

Tabelle 20:Unterkategorien der Frage-Kategorie "Veränderungen durch den Euro"

Tabelle 21: Beschreibung der thematischen Kategorien mit Beispielen und Häufigkeit der Nennungen aller Teilnehmer

Tabelle 22: Überblick über die Standard Residuen der 12 Fragen über die vier Gruppen

Tabelle 23: Überblick über die Standard Residuen zu den thematischen Kategorien (österreichische und belgische Euro-Befürworter und - Gegner)

Tabelle 24: Überblick über die Standard Residuen zu den thematischen Kategorien (österreichische und italienische Euro-Befürworter und - Gegner)

Tabelle 25: Standard Residuen der Frage-Kategorien (über die Assoziationspositionen)

Tabelle 26: Übersichtstabelle über die Sozialen Repräsentationen zum Euro der verschiedenen Gruppen

I Einleitung

Im Mittelpunkt dieser Studie steht der Euro, der das „größte Währungsexperiment aller Zeiten darstellt“ (Emmerich, 2001, S. 8). Im Rahmen dieser einmaligen Situation kann untersucht werden, woran Menschen denken, wenn sie an den Euro denken und welche Aspekte herangezogen werden, um eine negative oder positive Einstellung zum Euro zu entwickeln.

Die Währungsumstellung wird im Auftrag der Österreichischen Nationalbank von der Arbeitsgruppe Wirtschaftspsychologie der Universität Wien unter der Leitung von Prof. Dr. Erich Kirchler mitverfolgt und wissenschaftlich untersucht. Die vorliegende Diplomarbeit ist Teil dieses Projektes. Eine universitäre Lehrveranstaltung war der Beginn der Zusammenarbeit mit Mag. Tarek El-Sehity und zwei weiteren Studentinnen, Claudia Mödlagl und Elisabeth Lucius. Mag. El-Sehity beaufsichtigte im Rahmen seiner Dissertation die Teamarbeit.

Das Konzept der Sozialen Repräsentationen bildet den theoretischen Rahmen der vorliegenden Arbeit. Unter „Sozialen Repräsentationen versteht man einen historisch ablaufenden gesellschaftlichen Prozess der Elaboration, Kommunikation und Verbreitung von Wissenssystemen“ (Wagner, 1994, S. 285). Das Konzept konzentriert sich auf den sozialen und kulturellen Hintergrund verschiedener Personen und erscheint daher besonders geeignet, die Vorstellungen über den Euro verschiedener Gruppen zu untersuchen.

Insgesamt wurden 498 Personen aus Österreich, Belgien und Italien befragt, um ihre Sozialen Repräsentationen und Einstellungen zum Euro zu untersuchen. Zudem wurde überprüft, inwiefern sich die Euro-Befürworter und Euro-Gegner verschiedener Nationen in ihren Sozialen Repräsentationen zum Euro unterscheiden.

Die vorliegende Arbeit beginnt mit der Entwicklungsgeschichte des Euro. Kapitel zwei handelt von der Europäischen Union unter besonderer Berücksichtigung der Länder Österreich, Belgien und Italien. Kapitel drei beschäftigt sich mit den Nationalwährungen Schilling, Belgischer Franc und Lira. Die detaillierte Darstellung historischer Aspekte der EU und der Nationalwährungen beruht auf der Überlegung, dass sich unterschiedliche historische Erfahrungen auf die Sozialen Repräsentationen zum Euro auswirken könnten. In Kapitel vier wird das Konzept der Sozialen Repräsentationen beschrieben und anschliel3end dem Konzept der Einstellungen gegenübergestellt. Bisherige Forschungsergebnisse über Einstellungen und Soziale Repräsentationen zum Euro schliel3en den theoretischen Teil ab.

Der empirische Teil der vorliegenden Arbeit beginnt mit den Ergebnissen zu den Einstellungen zum Euro und einer Analyse der Assoziationsbewertungen. Im nächsten Schritt wird die Struktur der Sozialen Repräsentationen zum Euro und zu den Nationalwährungen dargestellt, die mittels Kern-Peripherie-Analysen erforscht wurde. Anschliel3end wird das Kategoriensystem zur Zusammenfassung der Assoziationen präsentiert. Mittels Korrespondenzanalysen werden die Sozialen Repräsentationen zum Euro untersucht und mögliche Unterschiede zwischen Euro-Befürwortern und Euro-Gegnern verschiedener Nationen erfasst. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit der Sequenz der Assoziationen zum Euro.

II Theoretischer Teil

1 Der Euro

Im Jahr 1995 einigten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf den Namen Euro. Das graphische Zeichen (ein E mit einem markanten Doppel-Querstrich) ist eine Kombination aus dem griechischen Buchstaben Epsilon als Symbol für die Wiege der europäischen Zivilisation, dem Buchstaben E für Europa und den Parallelen (doppelter Querstrich) als Symbol für Stabilität (Der Euro, 2000). Der schwungvolle Bogen des E ähnelt einer Brücke und symbolisiert die europäische Zusammenarbeit. Die Farben (bevorzugt Gelb auf weißem oder blauem Grund) verweisen auf die Farben der Europa-Fahne, die zwölf gelbe Sterne auf blauem Grund abbildet (Emmerich, 2001).

In Tabelle 1 ist die historische Entwicklung der europäischen Währungsunion dargestellt.

Tabelle 1: Historische Daten zum Euro

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus Grundlagen der Europäischen Währungsintegration von A. Heise, 1997, Wiesbaden: Gabler

Bereits im vorigen Jahrhundert schlossen sich in Europa mehrere Staaten zu verschiedenen Währungsunionen beziehungsweise Währungsblöcken zusammen, um gleichartige Währungssysteme aufzubauen. Nach Heise (1997) waren diese Münzunionen vor allem deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die nationale Finanz - und Geldpolitik beibehalten wurde und keine übergeordnete Institution existierte, welche die Einhaltung der Vertragsbestimmungen überwachen und Sanktionen aussprechen konnte.

Die Idee einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion wurde 1969 im Rahmen eines EG-Gipfels in Den Haag geboren. Eine währungspolitische Zusammenarbeit schien zu jener Zeit besonders interessant, zumal sich Spannungen im Bretton-Woods-System abzeichneten, das seit dem zweiten Weltkrieg eine weltwirtschaftliche Währungspolitik (mit dem US-Dollar als Leitwährung) vorangetrieben hatte.

Die Umsetzung einer Währungsunion sollte, wie im sogenannten Werner-Plan festgehalten wurde, in den folgenden zehn Jahren in drei Phasen erfolgen. Der Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems, die Schuldenpolitik der USA sowie die Ölkrise im Jahr 1973 führten jedoch dazu, dass sich die einzelnen Nationen auf die heimischen Wirtschaftsprobleme konzentrierten und Kooperationsbemühungen mit anderen europäischen Ländern vernachlässigten.

Vom engagiertem Projekt einer europäischen Währung blieb daher nur der Europäische Wechselkursverbund (auch Währungsschlange genannt), welcher 1979 in das Europäische Währungssystem (EWS) überging. Die European Currency Unit (ECU) stellte das Kernstück des EWS dar: Dabei handelt es sich um eine Verrechnungseinheit, die sich aus dem am jeweiligen Sozialprodukt der EG-Mitgliedsstaaten gemessenen Gewicht der nationalen Währungen zusammensetzt.

Ein Wechselkurs – und Interventionsmechanismus wurde eingeführt, indem eine gewisse Bandbreite festgelegt wurde, innerhalb derer die Währungen bilateral gegeneinander schwanken durften. Bei einer Über – oder Unterschreitung der Bandbreite waren die Zentralbanken zu Interventionen verpflichtet, wobei ein finanzielles Beistandssystem die einzelnen Mitgliedsländer in Krisen unterstützen sollte (Lechner, 2001).

Mit der Einheitlichen Europäischen Akte von 1986 wurden die währungspolitischen Integrationsbemühungen wieder in den Mittelpunkt gerückt, nachdem sich das EWS nach anfänglichen Schwierigkeiten zu bewähren schien. In einem zweiten Anlauf wurde der Kommissionspräsident Delors beauftragt, einen Plan zur Errichtung einer Währungsunion auszuarbeiten.

Sein 1989 präsentierter Plan war die Grundlage des Maastrichter Vertrages von 1991, der 1992 nach zähen Verhandlungen in Kraft trat. Das Ziel dieses Vertrages ist die Förderung eines ausgewogenen und dauerhaften wirtschaftlichen Fortschrittes, und zwar durch die Schaffung einen Raumes ohne Binnengrenzen, durch die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und durch die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion (Heise, 1997).

Für letztere wurde ein Zeitplan ausgearbeitet, der drei Phasen auf dem Weg zu einer einheitlichen Währung vorsah (Heise, 1997):

1. Stufe (ab Mitte 1990)

- vollständige Liberalisierung der Kapitalmärkte (Verwirklichung der vier Grundfreiheiten bezüglich Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr)
- Komplementierung des EG-Binnenmarktes
- Verstärkte Koordination der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer
- Entwicklung von nationalen Programmen zur Erreichung der Konvergenzkriterien

2. Stufe (ab 1.1.1994)

- Errichtung eines Europäischen Währungsinstitutes (EWI) als Vorläufer einer Europäischen Zentralbank (EZB), um Richtlinien für die zukünftige gemeinsame Geldpolitik festzulegen
- Geldpolitik bleibt noch in der Kompetenz der nationalen Zentralbanken
- Vermehrte nationale Anstrengungen zur Erreichung der Konvergenzkriterien

Der Übergang einer Nation zur dritten Stufe wird von sogenannten Konvergenzkriterien abhängig gemacht. Diese sollen sicherstellen, dass die teilnehmenden Staaten ein im wesentlichen ähnliches wirtschaftliches Niveau aufweisen, sodass die Vereinheitlichung der Geldpolitik im Zuge der Währungsunion möglich ist und diese von Beginn an eine Stabilitätsgemeinschaft darstellt.

Die Eintrittskriterien beziehen sich auf die Finanzlage des Staates (Fiskalkriterien, Defizitkriterium, Schuldenstandkriterium), die Preisstabilität (Inflationskriterium), das langfristige Zinsniveau (Zinskriterium) und die Stabilität des Außenwerts der nationalen Währung (Wechselkurskriterium). Die politische Unabhängigkeit der nationalen Zentralbanken gilt zudem als rechtliches Konvergenzkriterium.

Das Jahr 1997 wurde als Referenzjahr herangezogen, um Anfang 1998 die einzelnen Länder auf die Einhaltung der geforderten Kriterien zu überprüfen. Folgende elf Länder erfüllten die nötigen Anforderungen und konnten somit am 1. 1. 1999 in die dritte Stufe der WWU übergehen: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien.

Dänemark und Großbritannien verzichteten freiwillig auf eine Teilnahme an der WWU. Schweden und Griechenland wurden aufgrund der Nichterfüllung der Kriterien abgelehnt. Nachdem sich Griechenlands wirtschaftliche Situation nach 1997 positiv entwickelte, wurde es ab 1.1.2001 ebenfalls in die WWU aufgenommen (Der Euro, 2000).

3. Stufe (ab 1.1.1999)

- Einrichtung einer Europäischen Zentralbank (EZB) und Verknüpfung mit den nationalen Zentralbanken zum Europäischen System der Zentralbanken (ESZB)
- Vollständige Übertragung monetärer und wirtschaftspolitischer Kompetenzen auf die Gemeinschaftsorgane
- Unwiderrufliche Fixierung der Wechselkurse der teilnehmenden Währungen
- Einführung des Euro als Buchgeld

Nach einer weiteren Übergangsfrist von drei Jahren kam die europäische Einheitswährung am 1.1.2002 als Bargeld in Umlauf und sollte spätestens nach sechs Monaten (Phase des dualen Bargeldverkehrs) die jeweilige Nationalwährung als gesetzliches Zahlungsmittel ersetzen.

Zur Sicherung der Stabilität des Euro wurde 1997 der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt vereinbart, um die öffentlichen Defizite der EU-Staaten langfristig zu begrenzen. Auch nach Beginn der EWU soll die Haushaltsdisziplin im Sinne einer Erfüllung der Konvergenzkriterien gewährleistet bleiben. Daher beinhaltet der Pakt ein Frühwarnsystem, das finanzpolitische Fehlentscheidungen verhindern soll sowie einen Sanktionsmechanismus, der bei einem übermäßigen Defizit eingeleitet wird (Der Euro, 2000).

1.1 Kosten und Nutzen einer Währungsunion

Im folgenden sind einige Argumente von Wirtschaftsexperten für beziehungsweise gegen den Euro angeführt (Burger, Frauwallner & Handler, 1997). Als positive Aspekte eines einheitlichen Währungsraumes gelten:

- Verringerung der Kosten für grenzüberschreitende Finanztransaktionen
- Verringerung der Wechselkursschwankung und der Wechselkursunsicherheit
- Glaubwürdigkeitseffekt einer Einheitswährung (Spekulationswellen gegen einzelne Mitgliedswährungen sind unwahrscheinlich, da die Austrittskosten aus der Währungsunion hoch sind)
- Mehr Transparenz und Wettbewerb (Preisvergleiche zwischen in- und ausländischen Preisen werden erleichtert)
- Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit (mehr Wettbewerb im Innern der WWU verbessert über eine höhere Kosteneffizienz auch die Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten)
- Zinssenkung aufgrund des großen Währungsraumes
- Inflationsdämpfung und Wachstumseffekte (die höhere Preisstabilität und die kontrollierten öffentliche Defizite können zu dynamischen Wachstumseffekten führen)
- Verringerung der Devisenreserven der Zentralbanken (mit der Möglichkeit zu einer ertragreicheren Veranlagung)
- Unterstützung der EU-Integrationsziele

Eine Währungsunion birgt folgende Kosten in sich:

- Verlust des Wechselkurses als Politikinstrument (zur Unterstützung der Anpassung an ein neues Gleichgewicht nach einem asymmetrischem, länderspezifischen Schock)
- Verlust der Unabhängigkeit der nationalen Geldpolitik (die nationale Wirtschaft kann nicht mehr durch geldpolitische Mittel stimuliert werden, was allerdings durch die festen Wechselkurse des EWS ohnehin nur beschränkt möglich war)
- Begrenzung der fiskalpolitischen Autonomie (zur Vermeidung negativer Rückwirkungen einer instabilen Entwicklung der öffentlichen Haushalte eines Landes auf andere Mitgliedsstaaten)
- Ausfall von „Seignorage“ (jener Ertrag, den die nationale Notenbank derzeit aus der Ausgabe vom Zentralbankgeld erwirtschaftet und an den Staat abführt)
- Anpassungskosten im Finanzierungssektor

Nach Burger et al. (1997) überwiegen die positiven Aspekte eines einheitlichen Währungsraumes. Der Übergang zur Währungsunion bedingt einmalige Umstellungskosten, die nach Unternehmensberechnungen nach vier bis fünf Jahren vollständig durch die Kosteneinsparungen durch den Euro am Markt verdient worden sind (Der Euro, 2000).

Neben wirtschaftlichen Aspekten ist nach Emmerich (2001) eine ausreichende Akzeptanz für das neue Geld wichtig. Die subjektiv wahrgenommene Stabilität beziehungsweise Instabilität des Euro könnte darüber entscheiden, ob das eigene Kapital in Euro veranlagt wird. Folglich scheint es empfehlenswert, die psychologischen Aspekte einer Währungsumstellung zu berücksichtigen.

2 Europäische Union

Die Studie „Einstellungen zum Euro“ von Müller-Peters et al. (1998) ergab, dass die Einstellung zum Euro deutlich mit der Einstellung zur Europäischen Union korreliert. Demnach scheinen Befürworter des europäischen Integrationsgedankens einer Währungsunion und somit der Einführung des Euro ebenfalls positiv gegenüberzustehen. Daher wird im folgenden der europäische Integrationsprozess skizziert, unter besonderer Berücksichtigung der Mitgliedschaft von Österreich, Belgien und Italien. Je nach Dauer der Mitgliedschaft und der Position innerhalb der Europäischen Union könnten die Sozialen Repräsentationen und Einstellungen zum Euro von Nation zu Nation variieren.

Nach dem zweiten Weltkrieg herrschte in fast ganz Europa das Bestreben, wirtschaftliche Verbesserungen und Veränderungen zu schaffen. Die westeuropäischen Staaten vereinigten sich in ein Ordnungssystem, dessen Strukturen auf einer sozialen Form der Demokratie und liberalem Kapitalismus beruhten. Die USA unterstützten diese Länder, um die politischen Verhältnisse zu stabilisieren und Exportmärkte für die eigene Wirtschaft zu schaffen (Lechner, 2001).

Anders verhielt es sich mit den osteuropäischen Staaten, die bis 1989 unter sowjetischer „Vorherrschaft“ standen und sich mit Beginn des Kalten Krieges von Westeuropa isolierten. Im Gegensatz zur Sowjetunion war es das Ziel der USA, die europäischen Länder zu unterstützen und in einen internationalen Weltmarkt zu integrieren, was zu ungleich günstigeren Bedingungen für Westeuropa führte (Lechner, 2001).

Die Vision eines geeinten Europas verbreitete sich. Der britische Staatsmann Winston Churchill (1946) äußerte sich dazu folgendermaßen:

Wir müssen etwas wie die Vereinigten Staaten von Europa schaffen...Der erste Schritt bei der Neugründung der europäischen Familie muss eine Partnerschaft zwischen Frankreich und Deutschland sein...Es gibt kein Wiederaufleben Europas ohne ein geistig großes Frankreich und ein geistig großes Deutschland. Die Struktur der Vereinigten Staaten von Europa...muss so sein, dass die materielle Stärke eines einzelnen Staates von weniger großer Bedeutung ist. Kleine Nationen zählen ebenso viel wie große und erwerben sich ihre Ehre durch ihren Beitrag zu der gemeinsamen Sache (S. 93).

Die Bemühungen um eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit fruchteten im Jahr 1949, als die Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) gegründet wurde. Im selben Jahr kam es zur Gründung des Europarates, der ältesten europäischen Integrationsstelle. Mitglieder waren Frankreich, Grol3britannien, Irland, Dänemark, Italien, Norwegen, Schweden und die Benelux-Länder. Im Jahr 1956 trat auch Österreich bei (Der Euro, 2000).

Das Konfliktpotential zwischen Deutschland und Frankreich konnte 1951 mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion, EGKS) entschärft werden, an der Deutschland, Frankreich, Italien sowie die Beneluxländer teilnahmen. Die supranationale Vergemeinschaftung der kriegswichtigen Produktionsgüter Kohle und Stahl sollte die Gefahr neuer Kriege in Europa bannen. Zudem sollte die Produktivität im Kohle- und Stahlsektor gesteigert werden, um Arbeitsplätze zu sichern und den Lebensstandard zu erhöhen (Der Euro, 2000).

Die Konferenz in Messina im Jahr 1955 bereitete eine weiteren Integrationsschritt vor, der 1957 in den römischen Verträgen umgesetzt wurde: Die sechs Staaten der EGKS gründeten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG) (Pfetsch, 1997).

Der Versuch Grol3britanniens, eine Auseinanderentwicklung der Staaten der OEEC und der EWG zu vermeiden und eine alle OEEC-Staaten umfassende Freihandelszone zu schaffen, scheiterte 1958 am Veto des französischen Staatsmannes De Gaulle. Gegen den neuen Wirtschaftsblock der EWG entstand daher 1959 die Europäische Freihandelszone (EFTA), an der folgende sieben Länder teilnahmen: Dänemark, Grol3britannien, Österreich, Norwegen, Portugal, Schweden und die Schweiz (Pfetsch, 1997).

Der Fusionsvertrag von 1967 verband die EGKS, EWG und EAG zu den Europäischen Gemeinschaften (EG), den 1973 Grol3britannien, Dänemark und Irland beitraten. Im Jahr 1969 wurde in Den Haag der Grundstein für die Währungsunion gelegt. Zudem sollte der gemeinsame Markt weiter ausgebaut werden. Die Ölkrise der siebziger Jahre und das Zusammenbrechen des Währungssystems von Bretton Woods entfachten allerdings erneuten nationalen Egoismus (Pfetsch, 1997).

Außerdem traten Griechenland im Jahr 1981 und Spanien und Portugal im Jahr 1986 der Europäischen Gemeinschaft bei. Diese südliche Erweiterung war ein Kraftakt für die EG, zumal diese Länder besonders umfangreiche finanzielle Unterstützung benötigten.

Erst durch ein konkret ausgearbeitetes Binnenprogramm und mit dem Entwurf zur Gründung einer Europäischen Union (EU) erhielt die europäische Integration neue Impulse. Das 1985 vorgelegte „Weißbuch“ enthielt Maßnahmen zur Vollendung des Binnenmarktes bis 1992, welche in der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) fixiert wurden, die 1987 in Kraft trat (Pfetsch, 1997).

Nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 wurde die Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft verstärkt. Diese Bestrebungen spiegelten sich im 1992 unterzeichneten Vertrag von Maastricht wider, der die Europäische Gemeinschaft in eine Politische Union überführte (Europäische Union) (Lechner, 2001).

Im Jahr 1995 traten Österreich, Schweden und Finnland der EU bei. Im Amsterdamer Vertrag von 1997 wird der Maastrichter Vertrag weiterentwickelt. Unter anderem wird das Prinzip des „Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten eingeführt“, sodass einzelne Integrationsschritte von einem Teil der Mitgliedsländer vollzogen werden können, auch wenn andere noch nicht dazu bereit sind (Der Euro, 2000).

Die europäische Integration ist wirtschaftlich durch die Realisierung der gemeinsamen Währungsunion am weitesten fortgeschritten. Die politische und gesellschaftliche Integration ist jedoch noch von vielen Konflikten und Spannungen geprägt (Lechner, 2001).

2.1 Österreichs Weg in die EU

Österreich nahm am Marshallplan von 1948, dem Wirtschaftshilfsprogramm der USA nach dem zweiten Weltkrieg, sowie an der OEEC teil. Es ist seit 1956 Mitglied des Europarates und ein Gründungsmitglied der EFTA. Dies deutet darauf hin, dass Österreich den europäischen Integrationsbemühungen durchaus nicht abgeneigt war, die geistig-ideologisch bis zum (Pan-)Europa-Engagement österreichischer Politiker der Zwischenkriegszeit zurückverfolgt werden können (Gehler, 2000). Allerdings war der Weg in die Europäische Gemeinschaft aufgrund ihrer Nähe zu NATO und zur Westeuropäischen Union (WEU) mit der 1955 erklärten Neutralität Österreichs nicht vereinbar (Pfetsch, 1997).

Nach Scheich (2000) war die Spaltung zwischen EFTA und EWG auf einer politisch-emotionalen Ebene für Österreich besonders unangenehm, da es aufgrund seiner Geschichte zu den kontinental-europäischen Kernländern zählt und mit den sechs Gründungsstaaten der EWG in hohem Maß die Erfahrung des zweiten Weltkrieges teilt. Wenn auch die erwähnten Umstände und der damals herrschende Kalte Krieg einen Beitritt zur EWG verhinderten, war Österreich zumindest stets um eine Annäherung zwischen EFTA und EWG bemüht.

Im Laufe der Nachkriegsjahre bildete sich ein neues Bewusstsein zur Neutralität heraus, welches bremsend auf die grundsätzliche Befürwortung des europäischen Integrationsprozesses wirkte. Die Neutralität wurde gedanklich mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des Landes verknüpft. Dazu kam der Stolz auf die politische und wirtschaftliche Stabilität Österreichs. Die Sorge um die Neutralität und das zu bewahrende „österreichische Erfolgsmodell“ führten (insbesondere bei der mittleren und älteren Generation) zu einer skeptischen Haltung gegenüber der EG. Die Bevölkerung befürchtete einen Verlust der souveränen Gestaltungsmöglichkeit ihres Landes durch die supranationalen Mechanismen der EG (Scheich, 2000).

Nach Pfetsch (1997) mehrten sich in den achtziger Jahren die positiven Stimmen für einen Beitritt zur EG. Angesichts der zunehmenden Realisierung des EG-Binnenmarktes sollte eine Diskriminierung und Abkoppelung vom gemeinsamen Markt vermieden werden. Der Hauptgrund für einen EG-Beitritt waren erwartete Kostensenkungen bei einer größeren Ausbringungsmenge in einem vergrößerten Markt. Im Falle eines Nichtbeitritts zur EG wäre Österreich den weiterhin zunehmenden Wettbewerbsverschärfungen ausgesetzt gewesen, ohne von den positiven Seiten des Binnenmarktes profitieren zu können. Auch die Gefahr einer politischen Abgrenzung des EG-Außenseiters auf internationaler Ebene sollte eingedämmt werden. Weiters sprach für einen EG-Beitritt, dass sich Westeuropa und der kommunistische Osten schrittweise von einer Konfrontation zu einer Kooperation hinbewegten, was neue Voraussetzungen für die österreichische Neutralitätspolitik schuf.

Der Zusammenbruch des Warschauer Paktes im Jahr 1989 ermöglichte Österreich schließlich, die WEU als integralen Bestandteil der Entwicklung der Europäischen Union miteinzubeziehen und im Jahr 1995 der „Partnerschaft für den Frieden der NATO“ beizutreten. Im Jahr 1987 kam es mit dem sogenannten global approach, welcher die umfassende Teilnahme an der Substanz der vier Freiheiten des Binnenmarktes anstrebte, zu einer vorsichtigen Annäherung an die EG. Auf einen weiteren Vorstoß Österreichs mit der Forderung nach einer „gleichberechtigten“ Teilnahme reagierte Brüssel, indem es eine gleichberechtigte Mitbestimmung nur bei einer tatsächlichen Mitgliedschaft in Aussicht stellte. Dadurch wurden jene Stimmen gestärkt, die eine befriedigende Lösung nur im Beitritt sahen (Scheich, 2000).

Schließlich wurde im Jahr 1989 unter dem Regierungsteam Vranitzky-Mock der EG-Beitrittsantrag gestellt. In den folgenden Beitrittsverhandlungen wurde besonders das Transitabkommen mit der EG diskutiert, das den Österreichern eine Beschränkung des Verkehrs auf den wenigen Nord-Süd-Verkehrsadern ermöglicht. Ein weiterer wesentlicher Verhandlungspunkt war der österreichische Agrarsektor: Die österreichischen Bauern, die tendenziell durch die Höhenlagen benachteiligt sind, erhielten höhere Subventionen als ihre Kollegen innerhalb der Gemeinschaft. Durch die Ausweitung der strukturstützenden Maßnahmen konnten viele Befürchtungen entschärft werden. Außerdem wurde der Österreicher Franz Fischler zum EG-Agrarkommissar ernannt, was als ein Zeichen des Entgegenkommens Brüssels in dieser Problematik gewertet wurde (Pfetsch, 1997).

Im Juni 1994 wurde ein Referendum durchgeführt, in dem sich 66.5 Prozent für einen Beitritt und 33.6 Prozent dagegen aussprachen. Somit ist Österreich seit 1995 gleichberechtigtes Mitglied der Europäischen Union. Sieben Jahren EU-Mitgliedschaft sind im Vergleich zu Belgien und Italien relativ kurz. Studien weisen darauf hin, dass die anfängliche positive Sichtweise der EU in Österreich zunehmend in eine ablehnende Haltung umschlägt (Pfetsch, 1997).

2.2 Belgiens Weg in die EU

Nach Kayser (1994) ist Belgien durchwegs Befürworter der europäischen Integration und hat sie entscheidend mitgestaltet. Bereits 1921 schloss es sich mit Luxemburg zu einer Währungsunion zusammen, die der belgischen Nationalbank unterstand. Im Jahr 1944 wurde die Benelux-Wirtschaftsgemeinschaft mit den Niederlanden geplant und in den Folgejahren weitgehend realisiert. Diese war lange Zeit eine treibende Kraft in der europäischen Integration und diente oft als Vorbild und als „Versuchslabor“ für die EG, denn ihre wirtschaftliche Integration war weiter als die der EG vorangeschritten. So gab es lange vor der Verwirklichung des Schengener Abkommens keine Grenzkontrollen für Privatpersonen mehr. Bereits 1971 wurden die Wechselkurse der drei Nationen im sogenannten „Benelux-Wurm“ stabilisiert, einem Vorreiter des Europäischen Währungssystems.

Belgiens Bemühungen um eine europäische Integration gründeten sich nach dem zweiten Weltkrieg vor allem auf sicherheitspolitischen Überlegungen. Belgien hatte mehrmals als Opfer des Konfliktes seiner Nachbarländer und als Kriegsschauplatz hohe Verluste erlitten. Daher war es bestrebt, den internationalen Frieden langfristig zu gewährleisten. Als 1957 die EWG gegründet wurde, war Belgien eines der sechs Gründungsmitglieder, und zwar vorwiegend aus wirtschaftlichen Motiven. Durch seine überdurchschnittlich starken Außenhandelsbeziehungen profitierte es insbesondere von der Erleichterung des Außenhandels, der sich die EWG verschrieb. Zudem bestand die Hoffnung, im europäischen Rahmen eine bedeutendere wirtschaftliche und politische Rolle zu spielen.

Aufgrund der günstigen geographischen Lage ist Belgien ein „europäischer Mikrokosmos im Herzen Europas“, unterstützt durch ein dichtes Transport- und Kommunikationsnetz (Pfetsch, 1997, S. 76). Nach Kayser (1994) kann Belgien aus einem weiteren Grund als „Europa im kleinen“ bezeichnet werden. Es besteht aus zwei verschiedenen Volksgemeinschaften (romanisch, germanisch) sowie drei Sprachgemeinschaften (niederländisch, französisch, deutsch). Ebenso wie Europa ist Belgien von einer großen gesellschaftlichen und kulturellen Vielfalt geprägt und durch Konflikte zwischen verschiedenen Nationalitäten gekennzeichnet. Diese Umstände erfordern in besonderem Maße, unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen und Kompromisse einzugehen.

Ebendiese Fähigkeiten sind für die Konsensbildung und Beschlussfassung in der Europäischen Union besonders wichtig.

Kayser (1994) betont, dass der flämisch-wallonische Nationalitätenkonflikt zu einem Prozess der Föderalisierung führte. Ab den siebziger Jahren entwickelte sich der zentrale Einheitsstaat schließlich zum föderalen Bundesstaat mit den drei eigenständigen Regionen Flandern, Wallonien und Brüssel. Die föderale Entwicklung Belgiens stehe nach Kayser (1994) nicht im Widerspruch zur europäischen Integration, da unabhängig von der Föderalisierung das EU-Recht in Belgien gültig bleibt.

Brüssel hat die Rolle als „heimliche Hauptstadt Europas“ übernommen (Kayser, 1994, S. 25). Es ist Sitz von Kommission, Ministerrat und Wirtschafts- und Sozialausschuß, und auch das Europäische Parlament tagt in monatlichen Abständen abwechselnd in Luxemburg und Brüssel. Die belgische Hauptstadt verdankt den EU-Institutionen Wachstum, Beschäftigung und Prestige und hängt wirtschaftlich in hohem Ausmaß von ihnen ab.

Seit den frühen 1970er Jahren werden mittels Eurobarometer-Umfragen die sozialen und politischen Einstellungen der EU-Bürger erforscht (Müller-Peters et al., 1998). Im Auftrag der Europäischen Kommission werden diese zweimal jährlich in allen EU-Mitgliedsländern durchgeführt. Eine Analyse der Eurobarometer-Umfragen von 1973 bis 1991 (Europäische Kommission, 1991) zeigt, dass die „Europhorie“ nicht nur Politikern zuzuschreiben ist, sondern auch von der belgischen Bevölkerung geteilt wird. Dementsprechend wurde die Frage „Glauben Sie im allgemeinen, dass die EG-Mitgliedschaft ihres Landes positiv, negativ oder neutral zu bewerten ist?“ fast durchgehend positiv beantwortet, was deutlich über dem EG-Schnitt liegt.

2.3 Italiens Weg in die EU

Italien spielt als Gründungsmitglied eine wesentliche Rolle in der Europäischen Union. Davon zeugt auch die Tatsache, dass viele Konferenzen, bei denen wichtige Entscheidungen für die europäische Integration gefällt wurden, auf italienischem Boden stattfanden. Im Jahr 1957 unterzeichneten die "Sechs" (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande) in Rom die Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom), die als "Römische Verträge" bekannt wurden (Raith, 2001).

Nach Raith (2001) kann das Bedürfnis nach Zusammenarbeit und Demokratie kann nicht zuletzt als eine Gegenreaktion auf Faschismus und Streben nach wirtschaftlicher Autonomie betrachtet werden. Auf einer Konferenz in Stresa (Italien) im Jahr 1958 wurden die Grundlagen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) geschaffen. Im Jahr 1966 ratifizierte Italien den Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Im Jahr 1979 gründete Italien mit acht der damals neun Mitgliedstaaten der EG das Europäische Währungssystem (EWS). Der Vertrag über die Europäische Union wurde im Jahr 1992 von Italien ratifiziert.

Im Jahr 1996 beschloss die italienische Regierung ein „Crash-Programm“, um das Budgetdefizit unter die 3 Prozent-Grenze zu bringen, da ein Ausschluss von der Teilnahme an der Währungsunion an befürchtet wurde. Die Regierung setzte sich ein ambitioniertes Ziel: Italien sollte von Anfang an Teilnehmer der Europäischen Währungsunion sein. Dadurch sollte eine anhaltende Wachstumsrate erreicht und die Arbeitsmarktsituation verbessert werden (Ciampi, 1997, zitiert nach Raith, 2001, S. 82). Trotz der prekären wirtschaftlichen Situation des Landes erfüllte Italien schließlich die geforderten Konvergenzkriterien und qualifizierte sich somit für die Währungsunion.

Im allgemeinen herrscht in der italienischen Bevölkerung breiter Konsensus über die Notwendigkeit von Maßnahmen zum Abbau des Budgetdefizits, auch mit kurzfristig negativen Folgen. Die Eurobarometer-Umfragen zeigen, dass die Einstellung gegenüber der Europäischen Union relativ zu anderen Nationen deutlich positiv ist.

Unter den Italienern geniel3t die Union europaweit das beste Image.

Obwohl die Unterstützung der EU und die Akzeptanz ihrer Ziele in der italienischen Bevölkerung leicht zurückgegangen sind, ist Italien das Land mit der gröl3ten Unterstützung einer gemeinsamen Währung (Europäische Kommission, 2000).

3 Nationalwährungen

Im folgenden wird anhand der historischen Entwicklung der Nationalwährungen untersucht, ob der Euro für die Bevölkerung eines Landes im Vergleich zum gewohnten Zahlungsmittel eher als Gewinn oder Verlust wahrgenommen werden könnte.

3.1 Die Geschichte des Schilling

Hinter dem Wort „Schilling“ verbirgt sich der lateinische Begriff „solidus“ (solide, stabil) und weist darauf hin, was die Österreicher mit ihm verbinden: Stabilität, Wirtschaftswachstum, Vertrauen. Der ehemalige Finanzminister Androsch bezeichnete den Schilling als „das Symbol eines gesunden erstarkten, wirtschaftlich und politisch stabilen kleinen Staates im Herzen Europas“ (zitiert nach Bachinger, 1974, S. 5).

Eine Reihe von Sprichwörtern spiegelt ebenfalls die Bedeutung des Schillings für die Österreicher wider. Wer zum Beispiel „jeden Schilling zweimal umdreht“, muss „mit jedem Schilling rechnen“, um „niemanden auch nur einen Schilling schuldig zu bleiben“ - und könnte wegen seines Geizes als „Groscherlklauber“ bezeichnet werden. Nach Die Neue Presse (2002, 11. Januar, S. 7) „bleibt noch abzuwarten, ob künftig der, der den Schilling nicht ehrt, den Groschen nicht wert ist, oder der Euro-Verschmäher nicht den Cent. Es kann noch etwas dauern, bis auch sprachlich der Groschen gefallen ist – oder der Cent.“

Aber auch der Schilling, der 1925 eingeführt wurde, musste sich „das Vertrauen der Österreicher erkämpfen“ (Bachinger, 1974, S. 6). Im Jahr 1925 löste die Schillingwährung die Krone ab, da diese in den Nachkriegsjahren einer hohen Inflation ausgesetzt war. Die Hoffnung auf eine endgültige Konsolidierung der Wirtschaft durch den Schilling wurde jedoch in den dreißiger Jahren zunichte gemacht, als die Weltwirtschaftskrise von 1929 zu einer hohen Arbeitslosigkeit und Konjunkturflaute führte.

Österreich hatte zwar mit dem Schilling eine der stabilsten Währungen der Welt, die als „Alpendollar“ bezeichnet wurde, allerdings auf Kosten einer wirtschaftlichen Stagnation und Massenarbeitslosigkeit. Von dieser strikten Währungspolitik profitierten letztlich die nationalsozialistischen Machthaber, die im Zuge des „Anschlusses“ Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 den Schilling gegen die deutsche Reichsmark eintauschten und den Gold- und Devisenschatz der Österreichischen Nationalbank für Rüstungsausgaben beschlagnahmten.

Nach dem Krieg wurde der Schilling 1945 wieder zur österreichischen Währung. Allerdings wurde nur eine Pro-Kopf-Quote von 150 Schilling bar ausbezahlt, darüber hinausgehende Beträge wurden auf Sperrkonten gebunden.

Im Jahr 1947 musste eine weitere Geldabschöpfung vorgenommen werden. Im Zuge des „Währungsschutzgesetzes“ wurden Alt- auf Neuschillinge im Verhältnis drei zu eins umgetauscht, ausgenommen 150 Schilling pro Kopf, und sämtliche Sperrkonten ersatzlos gestrichen. Die Neue Presse (2002, 28. Februar, S. 9) merkt diesbezüglich an, „dass ältere Österreicher bei der Euro-Einführung, die allerdings keine Währungsreform, sondern ein schlichter Umtausch war, wieder um ihr Geld fürchteten.“

Nach Bachinger (1974) bildete die erwähnte Währungsreform von 1947 den Grundstein für die Gesundung des österreichischen Währungs- und Wirtschaftswesens, sodass 1952 die Nachkriegsinflation endgültig eingedämmt werden konnte. Im Jahr 1948 wurde Österreich Mitglied der Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC), 1949 trat es dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und 1950 der Europäischen Zahlungsunion (EZU) bei. In den fünfziger Jahren konnte sich die Wirtschaftslage erholen und stabilisieren.

Nach Stockhammer (2001) führte der Zusammenbruch des internationalen Bretton-Woods-Währungssystems im Jahr 1973 zu einer Verunsicherung der österreichischen Währungspolitik und zu einer Bindung an einen Währungskorb. Dieser bestand aus den wichtigsten Währungen für Österreichs Außenhandel und entwickelte sich in den Folgejahren zur sogenannten Währungsschlange.

Ab dem Jahr 1976 erfolgte eine Orientierung des Schilling an der Deutschen Mark, die wichtigste Währung für Österreichs Wirtschaft und gleichzeitig eine der stabilsten der Welt. Schließlich wurde 1981 der Schilling an die Deutsche Mark gekoppelt, was in den Folgejahren konsequent beibehalten wurde, obwohl die Bindung weder fixiert noch unwiderruflich war. Dadurch konnten die Preisstabilität und die internationale Glaubwürdigkeit in den Schilling sichergestellt werden (Stockhammer, 2001).

Durch das stabile Austauschverhältnis mit der deutschen Mark genießt Österreich folglich bereits seit den achtziger Jahren die wesentlichen Vorteile eine Währungsunion, was für die österreichische Bevölkerung die Frage aufwerfen könnte, aus welchen Gründen der Euro den „liebgewonnenen“ Schilling ersetzen sollte (Gantner, 1997).

3.2 Die Geschichte des Belgischen Franc

Im Vergleich zu anderen europäischen Währungen konnte der Wechselkurs des Franc relativ stabil gehalten werden (R. Quaden, persönl. Mitteilung, 10. 03. 02). Diese Stabilität wurde aufgrund des Benelux- Währungsabkommens von 1971 und der Einführung der Europäischen Währungsschlange von 1972 erreicht. Nach der Abwertung des Franc im Jahr 1982 entwickelte er sich allmählich zu einer der stärksten EU-Währungen. Die Entscheidung, ihn ab dem Jahr 1990 an die deutsche Mark zu koppeln, trug wesentlich zur erwähnten Währungsstabilität bei. In Tabelle 2 ist die Währungsgeschichte des belgischen Franc dargestellt.

Tabelle 2: Historische Daten zum belgischen Franc

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.3 Die Geschichte der Lira

Nach der Einigung Italiens im Jahr 1862 unter Vittorio Emanuele II wurde die Lira als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt (Delueg, 1996). Sie spielte eine wichtige Rolle für das Selbstverständnis des geeinten Landes und war auch Zahlungsmittel in den italienischen Kolonien (Albanien, Libyen, Ägypten, Eritrea und Somaliland). Mit dem Jahreswechsel wurde die Lira auch in San Marino und im Vatikan durch den Euro abgelöst.

In den siebziger Jahren erlebte Italien eine Phase der Stagnation. Die italienischen Regierungen neutralisierten die reale Aufwertung der Lira mit nominalen Abwertungen, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten. Zwar war das Wirtschaftswachstum in anderen europäischen Ländern genauso gering, doch die Inflation war in Italien bedeutend höher. Die Lira wurde in dieser Zeit um etwa 100 Prozent abgewertet. Im Jahr 1976 war Italien faktisch zahlungsunfähig geworden, an einen Zustrom ausländischen Kapitals war nicht zu denken, und Zinserhöhungen blieben ohne Wirkung (Delueg, 1996).

Die gesamte Weltwirtschaft wurde in den 1970er Jahren mit großen Schwierigkeiten konfrontiert. Relativ zu den anderen Industrienationen wirkte sich diese Krise vor allem auf Italien aus. Nach Raith (2001) lässt sich dies durch die hohen Budgetdefizite Italiens erklären. Die immensen Energiepreisbewegungen der siebziger Jahre hatten entsprechend negative Folgen für Italien, das wie kein anderes Industrieland auf den Erdölimport angewiesen ist.

Die Indexierung der Löhne, die 1975 per Vertrag noch ausgeweitet wurde, war ein weiterer Grund für die Ausuferung der Probleme, vor allem der Beschleunigung der Inflation. Die Lohn-Preis-Spirale führte in Kombination mit der laufenden Abwertung der Lira zu einem Teufelskreis. „Der Kreis von Inflation - Kapitalflucht – Abwertung - Inflation schloss sich in lehrbuchartiger Perfektion“ (Delueg, 1996, S. 45).

Nach dem Zusammenbruch des Lirakurses war die Kapitalflucht von solchem Umfang, dass im Oktober 1976 eine zehnprozentige Steuer auf Devisenkäufe eingeführt wurde. Die Steuer, die zunächst für zwei Wochen geplant war, brachte keine Besserung der akuten Lage. Daher wurde die Steuer zwar auf sieben Prozent reduziert, aber auf eine Zeitspanne von vier Monaten ausgedehnt. Die Konsolidierungsprogramme der Regierung führten schließlich zu einer Beruhigung der Währungskrise (Delueg, 1996).

Gegen Ende des Jahres 1991 kam die Lira von neuem unter Druck, was vor allem auf die politische Unsicherheit und die finanzpolitischen Probleme zurückzuführen war. Nachdem der Lirakurs im August die untere Bandbreite des EWS durchbrochen hatte und alle Stützmaßnahmen der Italienischen Zentralbank erfolglos blieben, wurde der Leitkurs im September um sieben Prozent abgewertet. Dieses Realignment reichte jedoch nicht aus, um die Turbulenzen zu beseitigen. Unter den italienischen Sparern verbreitete sich Angst, sodass viele ihre Barbestände einlösten und ihre Kapitalbestände zum Teil ins Ausland schafften. Daher beschloss die Regierung, die Lira vorübergehend aus dem Wechselkursmechanismus herauszunehmen, was zu ihrer Stabilisierung beitrug (Delueg, 1996).

Der Wiedereintritt in den Wechselkursmechanismus wurde nach Raith (2001) allerdings verzögert, da das Konvergenzkriterium zur Teilnahme an der Währungsunion, mindestens zwei Jahre ohne ernstere Spannungen und ohne freiwillige Abwertung am Wechselkursmechanismus teilzunehmen, erfüllt werden musste. Erst im November 1996 nahm Italien wieder am Wechselkursmechanismus teil und setzte die Parität der Lira fest.

4 Soziale Repräsentationen

Zur Beantwortung der Fragestellungen der vorliegenden Untersuchung bedarf es einer psychologischen Theorie, die möglichst gesamtheitlich das Verhalten einer sozialen Gruppe erfasst. Ein solches theoretisches Modell ist das Konzept der Sozialen Repräsentationen.

Dank der Komplexität des erwähnten Konzeptes kann es an ökonomische Theorien anknüpfen und ermöglicht damit den Brückenschlag von der Sozialpsychologie zur Wirtschaft (Moscovici, 2001). Die Überwindung der Kommunikationsschwierigkeiten dieser beiden Wissenschaften erscheint besonders bei einem Themengebiet wie dem Euro, das sowohl wirtschaftliche als auch psychologische Aspekte umfasst, erstrebenswert.

4.1 Entwicklungsgeschichte der Theorie der Sozialen Repräsentationen

Der Franzose Serge Moscovici gilt als Begründer dieser Konzeptes. Im Jahr 1961 veröffentlichte er sein Buch „La Psychoanalyse, son image et son public“, das von den Vorstellungen, also den Sozialen Repräsentationen, der Bewohner eines kleinen Dorfes über die Psychoanalyse handelt. In einem Artikel, der 1963 in der„Annual Review of Psychology“ veröffentlicht wurde, stellte er zum ersten Mal die Theorie der Sozialen Repräsentationen vor.

Ziel dieser Theorie ist es, eine soziale Realität zu erfassen, die neben den individualpsychologischen Faktoren auch das soziale Umfeld und den Bezugsgruppeneinfluss berücksichtigt (Moscovici, 1984). Damit wendete sie sich gegen die sozialpsychologische Forschungstradition in Nordamerika, in der das Individuum im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stand. Soziale Prozesse in größeren Gruppen beziehungsweise komplexe sozialpsychologische Fragestellungen lassen sich laut Moscovici (1984) durch experimentelle Ergebnisse mit Individuen nicht adäquat erfassen. Daher ist er bestrebt, die traditionellerweise auf das Individuum ausgerichtete Sozialpsychologie zu „sozialisieren“ und zu „enkulturieren“ (Moscovici, 1972, zitiert nach Wagner, 1994, S. 132).

Die Theorie von Moscovici führte zu heftigen Diskussionen zwischen den traditionellen sozialpsychologischen Forschern und den Verfechtern der neuen Strömung der Sozialen Repräsentationen. Eine wesentliche Ursache für die Skepsis vieler Sozialpsychologen gegenüber der Theorie der Sozialen Repräsentationen ist die Befürchtung, ein vermeintlich stabiles und eindeutiges Konzept wie das der Einstellungen für das als „schwammig“ wahrgenommene Konzept der Sozialen Repräsentationen aufgeben zu müssen (De Rosa, 1993). Diesbezüglich schlägt Bergman (1998) vor, die Wahl des jeweiligen Paradigmas in erster Linie von den Absichten und dem jeweiligen Forschungsschwerpunkt des Untersuchungsleiters abhängig zu machen, und nicht vom Glauben, dass ein Paradigma dem anderen grundsätzlich überlegen wäre.

Die Sozialen Repräsentationen sind allerdings keine Neuheit in der Sozialpsychologie. Moscovici (1984) bezeichnet sein Konzept selbst als eine „retro-revolution“. Bereits die Völkerpsychologie von Wundt (1910, zitiert nach Wagner, 1994) enthält Aspekte, die auch Moscovici in seinem Konzept thematisiert, wie Sprache, Religion, Bräuche, Mythen, Magie. Auch Freud (1912, zitiert nach Wagner, 1994) beschäftigte sich im Rahmen seiner Arbeiten zur Massenpsychologie mit dem gesellschaftlichen Einfluss auf das menschliche Bewusstsein.

Eine weitere wichtige Wurzel ist die Forschungsarbeit von Durkheim, der den Begriff der kollektiven Repräsentationen prägte. Durkheim (1963, zitiert nach Wagner, 1994) entwickelte am Beispiel der Religion seine Theorie der symbolischen Systeme. Darin postuliert er, dass sich die Gesellschaft mithilfe solcher Systeme ihrer selbst bewusst wird und ihre sozialen Umgangsregeln objektiviert.

Moscovici (1972, zitiert nach Wagner, 1994) orientierte sich bei der Entwicklung seines Konzeptes an Durkheim und machte es sozialpsychologischem Verständnis zugänglich, indem er den Begriff der kollektiven Repräsentationen durch „Soziale Repräsentationen“ ersetzte.

4.2 Definition von Sozialen Repräsentationen

Durch Kommunikationsprozesse und Aufnahme der verfügbaren Informationen entwickeln bestimmte Gruppen von Menschen bestimmte Vorstellungen über den Euro. Solche Vorstellungen, die innerhalb einer Gruppe entstehen und von deren Mitgliedern geteilt werden, werden als Soziale Repräsentationen bezeichnet (Kirchler & Meier, 1998).

Nach Moscovici (1984), dem Begründer dieses Konzeptes, sind Soziale Repräsentationen „eine Reihe von Begriffen, Meinungen und Erklärungen, die ihren Ursprung im täglichen Leben haben und durch Kommunikationsprozesse stabilisiert werden. Verwandte Konzepte sind Ideologie, Weltanschauung und Mythen“ (S. 16).

„A social representation is defined as the elaborating of a social object by the community for the purpose of behaving and communicating“ (Moscovici, 1961, S. 116). Folglich tragen Soziale Repräsentationen zur Bewältigung der Realität bei, indem „Unvertrautes vertraut gemacht wird“ (Moscovici, 1988, S. 223).

Besonders in Situationen mit großer Unsicherheit, wie die Einführung einer neuen Währung, greifen die Menschen auf das Wissen zurück, welches Soziale Repräsentationen zu ähnlichen Situationen anbieten (Kirchler & Meier, 1998). Denn ein unbekanntes Objekt, das Auswirkungen auf das Leben der einzelnen Menschen hat, wird als beunruhigend und fremd empfunden, solange keine Vorstellungen und Meinungen darüber bestehen, um es einzuschätzen (Wagner et al., 1996).

[...]

Ende der Leseprobe aus 167 Seiten

Details

Titel
Soziale Repräsentationen zum Euro
Untertitel
Ein Ländervergleich zwischen Österreich, Italien und Belgien
Hochschule
Universität Wien
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
167
Katalognummer
V129026
ISBN (eBook)
9783640467761
ISBN (Buch)
9783640467747
Dateigröße
1753 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eingebunden in ein internationales Projekt liefert diese originelle Diplomarbeit Erkenntnisse, wie Einstellungen zum Euro im speziellen und zu Währungen im allgemeinen geprägt werden. Die Arbeit wurde mit dem OBERBANK Wissenschaftspreis ausgezeichnet, der mit 3000 Euro dotiert war.
Schlagworte
Soziale, Repräsentationen, Euro, Ländervergleich, Italien, Belgien
Arbeit zitieren
Magistra Linda Kordesch (Autor:in), 2003, Soziale Repräsentationen zum Euro, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129026

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