Ausländische Direktinvestitionen im mitteldeutschen Chemiedreieck und deren Einfluß auf die Clusterbildung


Diplomarbeit, 2003

120 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau und Vorgehensweise

2. Grundlagen
2.1 Ausländische Direktinvestitionen
2.1.1 Arbeitsdefinition der ausländischen Direktinvestition
2.1.2 Die weltweite Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen
2.1.3 Deutschland im Wettbewerb um ausländische Direktinvestitionen
2.2 Das mitteldeutsche Chemiedreieck
2.2.1 Regionale- und branchenspezifische Abgrenzung des mitteldeutschen Chemiedreiecks
2.2.2 Meilensteine der Entwicklung dieses industriellen Kernes
2.3 Cluster als Bestandteil wettbewerbsfähiger Standorte
2.3.1 Allgemeine Fragen zur Definition von Clustern
2.3.2 Beispiele von Clustern im globalen Standortwettbewerb
2.3.3 Clusterpolitik als integrierte Strategie regionaler Wirtschaftspolitik

3. Erklärungsansätze internationaler Investitionstätigkeit und der Clusterbildung
3.1 Ausgewählte Theorien zur Erklärung von ausländischen Direktinvestitionen
3.1.1 Die Theorie des monopolistischen Wettbewerbsvorteils
3.1.2 Internalisierungtheorie nach Buckley und Casson
3.1.3 Die Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens
3.1.4 Eklektische Theorie der internationalen Produktion von Dunning
3.1.5 Weitere Erklärungsansätze
3.1.6 Fazit dieser Betrachtung
3.2 Ansätze der internationalen Standorttheorie
3.2.1 Der Ansatz von Sabathil
3.2.2 Der Ansatz von Goette
3.2.3 Der Ansatz von Tesch
3.3 Empirische einzelwirtschaftliche Motivforschung ausländischer Direktinvestitionen
3.3.1 Absatzorientierung
3.3.2 Kosten- und Effizienzorientierung
3.3.3 Strategische Orientierung
3.3.4 Orientierung an staatlichen Rahmenbedingungen
3.4 Ableitung von Vermutungen für die Untersuchung im mitteldeutschen Chemiedreieck
3.5 Ansätze zur Erklärung von Clustern
3.5.1 Die kalifornische Schule der Wirtschaftsgeographie
3.5.2 Der Nachweis anhand der Wertschöpfungskette
3.5.2.1 Der Ansatz von Porter
3.5.2.2 Der Ansatz von Rehfeld

4. Internationales Investitionskapital im mitteldeutschen Chemiedreieck und dessen Einfluß auf die Clusterbildung - eine exemplarische Fallstudie -
4.1 Zur Besonderheit des mitteldeutschen Chemiedreiecks als Untersuchungsobjekt
4.2 Vorgehensweise und Bestandteile der Untersuchung
4.2.1 Zum Design der statistischen Erhebung
4.2.2 Die Struktur der einbezogenen Unternehmen
4.3 Analyse der ausländischen Direktinvestitionen
4.3.1 Der Investitionsprozeß
4.3.2 Ergebnisse der Investitionen
4.3.3 Motive ausländischer Investoren
4.3.4 Das mitteldeutsche Chemiedreieck als Standort der chemischen Industrie
4.3.4.1 Evaluierung der Standortqualität
4.3.4.2 Zukunftsorientierte Engpässe des Standortes
4.3.5 Bewertung der EU-Osterweiterung
4.3.6 Transformation der Untersuchungsergebnisse auf die theoretischen Ansätze
4.4 Interdependenzen zwischen ausländischen Direktinvestitionen und der Clusterbildung im mitteldeutschen Chemiedreieck
4.4.1 Beurteilung des mitteldeutschen Chemiedreiecks als Cluster
4.4.1.1 Clusterumfeld nach dem "Porter'schen Diamanten"
4.4.1.2 Nachweis anhand der Wertschöpfungskette
4.4.2 Entstehungsvariablen der Clusterbildung
4.4.3 Positive Externalität des Clusters auf ausländische Direktinvestitionen
4.4.3.1 Kostenvorteile
4.4.3.2 Technologie Spillovers
4.4.4 Fazit der Clusterbetrachtungen
4.5 Strategiekonzept zur Prosperierung des mitteldeutschen Chemiedreiecks
4.5.1 Clusterpolitik zur Verbesserung der Netzwerkstruktur
4.5.1.1 Clustermanagement als organisatorischer Kern
4.5.1.2 Definition von strategischen Aufgabenfeldern
4.5.2 Sicherung der Standortqualität
4.5.3 Einzelwirtschaftlicher Verantwortungsbereich

5. Zusammenfassung der Ergebnisse

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen im Anhang

Anhang

Danksagung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und Ziel der Arbeit

Nach dem Zusammenbruch der DDR, nicht zuletzt verursacht durch den maroden wirtschaftlichen Zustand, kam es zu grundlegenden strukturellen Umbrüchen in allen Teilen der Gesellschaft. Die Transformation des wirtschaftlichen Systems von der Planwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt und sucht in der Geschichte ihresgleichen. Die DDR-Volkswirtschaft wurde in kürzester Zeit weltwirtschaftlichen Bedingungen unterworfen, dem die anachronistischen Strukturen im Osten Deutschlands1 nicht standhalten konnten.

Mit Hilfe der Treuhandanstalt sollte eine wirtschaftliche Umstrukturierung gelingen, die eine sich selbsttragende und wettbewerbsfähige Ökonomie hervorbringen mußte. Unter dem Motto „schnelle Privatisierung, entschlossene Sanierung, behutsame Stillegung“2 sollte der ostdeutsche Produktionsapparat zu internationalem Standard geführt werden. Die politische Realität setzte dabei hauptsächlich auf die Erzielung ökonomischer Erträge durch den Verkauf von Unternehmen. Diese einzelbetriebliche Sicht ging dabei nicht konform mit einer strukturpolitischen Orientierung. Als Resultat folgte die weitgehende Zerschlagung der industriellen Kerne in Ostdeutschland.3

Nach mehr als zehn Jahren ist der Transformationsprozeß, zumindest ordnungspolitisch, weitgehend abgeschlossen. Der Lebensstandard hat sich dadurch für die meisten Ostdeutschen insgesamt verbessert. Dennoch sind die fünf neuen Bundesländer von der Leistungskraft der westdeutschen Wirtschaft weit entfernt. Die „blühenden Landschaften“ konzentrieren sich nur auf einige wenige regionale Wachstumspole und das Bruttoinlandsprodukt als entscheidender Regionalindikator, hinkt dem westdeutschen weiter hinterher. Im Jahre 2001 lag das BIP im Osten bei 61 Prozent des Westniveaus und erreichte zu 75 Prozent den EU-Durchschnitt.4 Die enorme Produktionslücke resultiert aus der zu geringen ostdeutschen Wertschöpfung. Die ostdeutsche Nachfrage liegt über 40 Prozent höher als die ostdeutsche Produktion und wird zu einem großen Teil über Transferzahlungen aus dem Westen künstlich am Leben gehalten. Es mangelt vorwiegend an großen und innovativen Unternehmen, die sowohl Arbeitsplätze als auch regionale Wettbewerbsfähigkeit durch technologischen Fortschritt schaffen und die viel zu geringe Exportquote anheben. Die Arbeitslosenquote von ca. 18 Prozent stellt das Schlüsselproblem Ostdeutschlands dar. Die Ost-Regionen mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit bewegen sich dabei auf dem Niveau der Arbeitsamtsbezirke im Westen mit den höchsten Arbeitslosenquoten. In den nächsten Jahren ist mit einer Veränderung dieser Situation nicht zu rechnen.1 Für die Betroffenen resultieren daraus nicht nur wirtschaftliche Nachteile, sondern auch der Verlust an Selbstwertgefühl und sozialen Kontakten. Gesamtwirtschaftlich bedeutet dies die Verödung von Regionen und die Entwertung von Humankapital. Dies bremst nicht nur den „Aufschwung Ost“, sondern auch das Zusammenwachsen aller Deutschen und den europäischen Integrationsprozeß. „Es ist nicht nur sozialer, sondern auch wirtschaftlicher - jedenfalls aus gesamtwirtschaftlicher Sicht -, wenn das Kapital zur Arbeit wandert und nicht die Arbeit zum Kapital.“2 Bedingt durch den „industriellen Kahlschlag“3 und eine zu geringe Investitionsquote je Einwohner, die in Ostdeutschland um 40 Prozent niedriger liegt als im Westen, ist ein neuer Anlauf der Investitionstätigkeit von Nöten. Der Solidarpakt II soll dafür die Finanzierung öffentlicher Projekte sichern.4 Privatwirtschaftliche Investitionen müssen in Anbetracht der hohen Kapitalsumme sowohl aus dem Inland, als auch aus dem Ausland kommen.5

Die vorliegende Arbeit hat sich mit der Allokation von Kapital in Form von Dirketinvestitionen aus dem Ausland beschäftigt. Als Untersuchungsgebiet wurde dafür das mitteldeutsche Chemiedreieck ausgewählt. Dabei werden nacheinander drei zentrale Fragestellungen bearbeitet:

1. Wie und warum kam bisher ausländisches Kapital in die Region?
2. Welche Rolle nimmt in diesem Zusammenhang der Cluster ein?
3. Wie kann weiteres ausländisches Kapital in das mitteldeutsche Chemiedreieck gelenkt werden?

Diese Arbeit erhebt nicht den Anspruch, vollkommen neue und qualitativ andersartige Ergebnisse als die bisherige Forschung zu liefern. Es geht auch nicht um die Entwicklung eines allgemeingültigen Ansatzes für Ostdeutschland. Sie bildet vielmehr eine regionale Analyse und soll zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Debatte beitragen.

1.1 Aufbau und Vorgehensweise

Zur Bearbeitung der Fragestellungen wird eine exemplarische Fallstudie in Form einer Befragung dienen. Dazu ist die Konzentration auf ein regional- branchenspezifisches Untersuchungsobjekt notwendig. Das mitteldeutsche Chemiedreieck als ehemaliger industrieller Kern der DDR hat sich durch die relativ hohe Intensität an ausländischen Direktinvestitionen für diese Untersuchung angeboten. Die Vermutung eines integrierten Wertschöpfungszusammenhanges in Form eines Clusters hat die Entscheidung zur Analyse des mitteldeutschen Chemiedreiecks ebenfalls beeinflußt.

Im zweiten Abschnitt werden die drei Hauptelemente der Arbeit, ausländische Direktinvestitionen, mitteldeutsches Chemiedreieck und Cluster, näher vorgestellt, um somit den Untersuchungsgegenstand der Arbeit klar abzugrenzen und wichtige definitorische Grundlagen zu schaffen.

Der dritte Abschnitt soll die theoretische Grundlage für die empirische Analyse der Arbeit fundieren. Dies geschieht über die Betrachtung ausgewählter Theorien zur Erklärung ausländischer Direktinvestitionen und der daraus abgeleiteten Ansätze der internationalen Standorttheorie. Des Weiteren wird die Clustertheorie näher beleuchtet, um damit das mitteldeutsche Chemiedreieck als ein solches Konstrukt zu verstehen. Aufgrund der Vielzahl theoretischer und empirischer Ansätze konnte nur eine selektive Diskussion erfolgen. Diese war jedoch insbesondere für die Erarbeitung des Fragebogens sehr wichtig.

Die empirische Analyse im Rahmen eines Feldversuches bildet das zentrale Element der Arbeit und ist in Abschnitt vier dargestellt. Es wurden einzelne Investoren persönlich befragt, um damit die aufgeführten Erklärungsansätze der internationalen Investitionstätigkeit speziell für die Region Mitteldeutschland zu überprüfen und repräsentative Aussagen zu den Fragestellungen der Arbeit zu erhalten. Außerdem werden Aussagen über die Clusterstruktur im mitteldeutschen Chemiedreieck gegeben, da unterstellt wird, daß die regionale Wettbewerbsfähigkeit insbesondere auch von der Ballung von Unternehmen und deren Vernetzung abhängt.

Aus dem empirischen Teil und mit Hilfe der theoretischen Ansätze, leitet der Autor Handlungsempfehlungen nicht nur für die regionale Wirtschaftspolitik ab. Es wurde ein drei Säulen Modell entwickelt, das zur Prosperierung des mitteldeutschen Chemiedreiecks dienen soll.

2. Grundlagen

2.1 Ausländische Direktinvestitionen

Zur klaren Abgrenzung des Untersuchungsobjektes der Arbeit soll aus einer Vielzahl von Begriffserklärungen eine Arbeitsdefinition für ausländische Direktinvestitionen hergeleitet werden. Daran schließt sich eine kurze Analyse der weltweiten Direktinvestionstätigkeit im Zeitverlauf an. Die nähere Betrachtung Deutschlands soll schon vorab einige Schlußfolgerungen im Zusammenhang mit dem Thema zulassen.

2.1.1 Arbeitsdefinition der ausländischen Direktinvestition

Im Rahmen der internationalen Unternehmenstätigkeit bieten sich eine Vielzahl von Strategien an (siehe Anhang, Abb. 1).1 Es gibt dabei Möglichkeiten, die Kapital erfordern, aber auch Alternativen, die ohne Kapital auskommen. Als Kapitalanlagen sieht man sowohl die Portfolio- als auch die Direktinvestition an (siehe Anhang, Abb. 2). Bei der Portfolioinvestition2 steht ausschließlich der wirtschaftliche Erfolg über Gewinnausschüttungen, Dividenden und Kursgewinne im Vordergrund.3 Perlitz spricht in diesem Zusammenhang von einem „Zins- und Liquiditätsmotiv“4 und Kutschker/Schmid von einem „Ertrags- und Risikodiversifikationsmotiv“5.

Das Motiv einer Direktinvestition liegt hingegen in der Kontrolle des ausländischen Unternehmens,1 was allerdings wirtschaftliche Beweggründe, wie z. B. die Maximierung des shareholder value, nicht ausschließt. Sowohl die Deutsche Bundesbank, der IWF als auch die OECD unterstellen dem Investor ein längerfristiges Interesse und die Absicht eines dauerhaften Einflusses auf die kapitalnehmende Unternehmung.2 Die Übertragung von Ressourcen kann, im Gegensatz zur Portfolioinvestition, auch über nicht-monetäre Transfers geschehen. Zur eindeutigen Unterscheidung von Portfolio- und Direktinvestition bedienen sich die meisten statistischen Ämter eines Indikators auf Basis des Kapitals oder der Stimmrechte. Von einer ausländischen Direktinvestition spricht man heute sobald der ausländische Investor 10 Prozent am Kapital oder an den Stimmrechten besitzt.3 Der Kapitalanteil kann dabei aus Eigen- und/oder Fremdkapital bestehen.

In der Praxis findet man verschiedenste Ausprägungen der Direktinvestitionen, beispielsweise:4

- Beteiligungserwerb/-aufstockung an Unternehmen
- Übernahme bestehender Unternehmen (Beteiligung von mehr als 50%)
- Neugründung von Tochterunternehmen (Beteiligung von mehr als 50%)
- Käufe von sonstigen vorhandenen Vermögensbeständen und Immobilien
- Kredite des Mutterunternehmens an Tochter- oder Beteiligungsunternehmen
- Auf das Mutterunternehmen entfallende reinvestierte Gewinne von Tochter- oder Beteiligungsunternehmen

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß 80 Prozent aller Direktinvestitionen in Form von Beteiligungen und Übernahmen bestehender Unternehmen ablaufen.5 Somit muß für einen potentiellen Strom an Investitionszuflüssen aus dem Ausland auch die Grundlage in Form von Investitionsobjekten vorhanden sein. Mitteldeutschland hat hier aufgrund seines schwachen Unternehmensbestandes ausgeprägte Defizite.1

Als Essenz dieser vielfältigen Ansätze soll im Rahmen dieser Arbeit folgende Definition gelten: Ausländische Direktinvestitionen sind Kapitalbeteiligungen oder Stimmrechtsanteile ausländischer Unternehmen oder deren inländischer Tochtergesellschaften an inländischen Unternehmen in Höhe von mindestens 10 Prozent. Dies ist unabhängig von Form und Finanzierung der Investition.

In englischsprachigen Publikationen wird der Terminus „Foreign Direct Investment“ (FDI) verwendet und im deutschen Raum lediglich der Begriff „Direktinvestition“ (DI), da meist eine Auslandsinvestition impliziert wird.2 Somit soll auch in dieser Arbeit auf die Bezeichnung „ausländisch“ verzichtet werden und die Abkürzung DI sowohl für den Singular als auch den Plural gelten.

2.1.2 Die weltweite Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen

Die Ursprünge der weltweiten Direktinvestitionstätigkeit gehen zurück bis ins Mittelalter. Zu größerer weltwirtschaftlicher Bedeutung gelangten sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ausgelöst durch die fortschreitende Industriealisierung erreichten sie bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges ein Volumen von ca. 14,5 Mrd. US-$ und damit einen Anteil am Weltsozialprodukt von 9 Prozent.3 Dieses relative Niveau konnte erst im Jahr 2000 wieder erreicht werden. Drei Viertel aller DI stammten damals aus europäischen Staaten und flossen vorwiegend in deren Kolonien. Nach dem zweiten Weltkrieg dominierten amerikanische Investitionen. In den achtziger Jahren verstärkte sich das Engagement japanischer Unternehmen.

In den letzten 20 Jahren hat sich der weltweite Bestand an DI fast verachtfacht (siehe Anhang, Abb. 3). Das Investment halten etwa 45.000 Muttergesellschaften bei ca.

280.000 Tochterunternehmen. Der jährliche Investitionsfluß betrug im Jahr 1998 430 Mrd. US-$. Diese enorme Entwicklung wurde zum einen durch die politischen und ökonomischen Veränderungen in Asien, Südamerika, Mittel- und Osteuropa getrieben. Auf der anderen Seite hat die fortschreitende Globalisierung, bedingt durch die zunehmende Liberalisierung des Kapitalverkehrs und den technischen Fortschritts innerhalb der weltweiten Kommunikation, diesen Trend begünstigt.1 Insbesondere in Europa hatte die Schaffung des EU-Binnenmarktes einen positiven Einfluß auf die Direktinvestitionstätigkeit.

Die wichtigsten Empfängerländer (FDI Inward Stock) sind dabei die USA, gefolgt von China2 und vorrangig europäische Staaten. Bei der Betrachtung der wichtigsten Geberländer (FDI Outward Stock) fällt auf, daß hierbei die gleichen Länder dominieren wie bei den Empfängerländern, wenngleich eine Verschiebung innerhalb der Rangfolge festzustellen ist. Die Gegenüberstellung der wichtigsten Empfänger- und Geberländer zeigt zwei Gruppen. Einige Länder, wie z.B. Japan und Deutschland, haben in der Vergangenheit mehr Kapital exportiert als importiert.

Davon haben vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer wie Brasilien und China, aber auch Industrieländer, wie Spanien und Australien, profitiert (siehe Anhang, Abb. 4).

Eine Betrachtung der Flußgrößen an Direktinvestitionsströmen der Jahre 1993 bis 1998 (siehe Anhang, Abb. 5) zeigt jüngste Entwicklungen auf. Dabei erkennt man, daß wiederum die USA, China und das Vereinigte Königreich die meisten Zuflüsse (FDI Inflows) für sich verbuchen konnten. Länder wie Deutschland und Italien hatten zwar Zuflüsse, die aber gemessen an dem DI-Bestand vergleichsweise gering waren. Bei der Analyse der Direktinvestitionsabflüsse (FDI Outflows) zeigt sich ein positiver Zusammenhang mit den DI-Beständen. Man erkennt, daß die Länder mit den höchsten DI-Bestand auch die größten Investoren der letzten Jahre waren. Eine Ausnahme bildet hierbei China, daß erst in den letzten Jahren fast den gesamten DI- Bestand im Ausland aufgebaut hat. Die Gegenüberstellung der DI-Zuflüsse und der DI-Abflüsse zeigt die meisten europäischen Länder auf der Geberseite, wobei die Differenz Deutschlands in Höhe von -198.160 Mio. US-$ am deutlichsten ausfällt. Dieser Betrag wäre sicherlich noch um einiges höher, wenn nicht als Ergebnis der Wiedervereinigung Kapitalströme von West- nach Ostdeutschland gelaufen wären.3

2.1.3 Deutschland im Wettbewerb um ausländische Direktinvestitionen

Es hat sich gezeigt, daß Deutschland im Sinne der Bestände an Direktinvestitionen das drittgrößte Geberland und das viertgrößte Empfängerland ist.

Bei den Auslandsinvestitionen in Deutschland handelt es sich in 65 Prozent der Fälle um 100 Prozent-Beteiligungen und 20 Prozent sind zumindest Mehrheitsbeteiligungen.1 Die Bestände (siehe Anhang, Abb. 6) entfallen dabei zu mehr als 70 Prozent auf vier Bundesländer (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen). Auf Ostdeutschland entfallen 8,6 Prozent, wobei Sachsen-Anhalt einen Hauptanteil von 3 Prozent inne hat.2 Dabei stammen 97 Prozent aller DI in Deutschland aus Industrieländern. Der größte Geber ist die USA mit einem Anteil von 24 Prozent, gefolgt von vorwiegend europäischem Kapital.

Hauptbranchen (siehe Anhang, Abb. 7) sind dabei das Grundstücks- und Wohnungswesen (25,9 Prozent), der Handel (16,9 Prozent) und die Chemieindustrie (9,6 Prozent).

In den Jahren 1993 bis1998 flossen DI in Höhe von 54.647 Mio. US-$ nach Deutschland. Dabei ist zwar ein stetiges Wachstum zu verzeichnen, im Vergleich mit anderen Investitionsgebieten hinkt Deutschland der globalen Entwicklung allerdings hinterher. Die Defizite werden in der Betrachtung der DI je Einwohner und dem Verhältnis zu den DI-Bestand noch deutlicher (siehe Anhang, Abb. 8). Die Gründe für die vergleichsweise geringe Direktinvestitionstätigkeit liegen u.a. in der hohen Kostenbelastung3 der Unternehmen und in einem noch immer unzureichenden Strukturwandel. Argumente für den Standort Deutschland, wie z.B. eine gute Infrastruktur und sehr gut ausgebildete Mitarbeiter, dürfen aus dieser Diskussion nicht ausgelassen werden. Aus den vorliegenden Daten sollte man nicht vorschnell auf eine geringe Attraktivität Deutschlands im Wettbewerb um ausländische DI schließen. So verzerren z.B. sogenannte Mega-Fusionen und Mega-Akquisitionen die Aussagekraft. Es ist somit eine regionale, als auch sektorale Betrachtung notwendig, um genaue Aufschlüsse über die Standortqualität Deutschlands im globalen Wettbewerb zu erhalten.1

Aus dem Überblick der ausländischen Direktinvestitionen im globalen, als auch im deutschen Kontext, lassen sich bereits einige Ansatzpunkte für die DI im mitteldeutschen Chemiedreieck ableiten.

1. In den letzten 20 Jahren haben Direktinvestitionen als Strategie der globalen Internationalisierung an Bedeutung gewonnen. Folgt man diesem Trend, kann dies positive Auswirkungen auf die mitteldeutsche Chemieindustrie haben, noch zumal Deutschland ein interessanter Standort für Investitionen in der Chemiebranche zu seien scheint.
2. Es wurde festgestellt, daß Deutschland am dynamischen Wachstum der globalen DI nur im geringen Maße partizipieren konnte. Im Rahmen des EU-Binnenmarktes haben viele Unternehmen ihre europäische Expansion weitgehend abgeschlossen und werden zur Marktbearbeitung bzw. zum Markteintritt in Deutschland die Kapazitäten ihrer europäischen Gruppengesellschaften nutzen.2
3. Die Konkurrenz um DI wird für das mitteldeutsche Chemiedreieck durch die EU-Osterweiterung zunehmen. Die Frage wird sein, inwieweit das Ausland diese Region nutzen wird, um ihre Marktentwicklungsstrategien in Osteuropa durchzusetzen.
4. In den letzten Jahren wurde verstärkt im Dienstleistungsektor investiert und 80 Prozent aller DI laufen über Unternehmensübernahmen bzw. Fusionen. Die strukturellen Gegebenheiten im mitteldeutschen Chemiedreieck werden sich in diesem Trend nur bedingt hervorheben können.

2 Vgl. Haas (1996), S. 39f.

2.2 Das mitteldeutsche Chemiedreieck

Es gilt nunmehr zu klären, wo sich das mitteldeutsche Chemiedreieck befindet bzw. wie es definiert wird. Dies soll sowohl über eine geographische, als auch über eine branchenspezifische Definition erfolgen. Eine kurze Betrachtung der Vergangenheit und der Gegenwart des Standortes sollen diesen Teil der Grundlagenüberlegungen abschließen.

2.2.1 Regionale- und branchenspezifische Abgrenzung des mitteldeutschen Chemiedreiecks

Die Region Mitteldeutschland wird unter verschiedensten Perspektiven unterschiedlich definiert. Aus wirtschaftspolitischer Sicht wird Mitteldeutschland sowohl mit den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in Verbindung gebracht als auch mit den Regierungsbezirken Halle, Leipzig und Dessau.1

Als mitteldeutsches Chemiedreieck im eigentlichen Sinne wird das Gebiet zwischen den Standorten Bitterfeld/Wolfen, Schkopau/Leuna im Raum Merseburg und Böhlen südlich von Leipzig bezeichnet.2 Dies soll auch im Rahmen dieser Arbeit als Untersuchungsgebiet gelten. Aufgrund vertikaler Verbundstrukturen innerhalb der chemischen Industriestandorte der Region kann dieses Gebiet auch weiter, um die Standorte in Bernburg, Piesteritz (Wittenberg) und Zeitz gefaßt werden. Darauf wurde im Rahmen dieser Arbeit verzichtet.

Die Betrachtung bezieht sich dabei auf Unternehmen der chemischen Industrie.3 Allgemein läßt sich dieser Sektor folgendermaßen charakterisieren:

- Die zentrale Aktivität besteht in der Umwandlung von Stoffen.
- Die einzelnen Produktionsstufen sind verbundwirtschaftlich miteinander verflochten.
- Herstellung einer Vielzahl unterschiedlicher Produkte für sehr unterschiedliche Märkte.1

In Anbetracht horizontaler und vertikaler Interdependenzen zwischen den Unternehmen im mitteldeutschen Chemiedreieck soll zudem der Bereich Mineralöl- und Kunststoffindustrie zur Beantwortung der Fragestellung herangezogen werden. Dabei wird der Begriff Chemieindustrie synonym verwendet.

2.2.2 Meilensteine der Entwicklung dieses industriellen Kernes

Mitteldeutschland wird seit über hundert Jahren von der chemischen Industrie geprägt (siehe Anhang, Abb. 11). Der Ursprung liegt dabei in der Carbo- und Kohlechemie, begünstigt durch die reichen Vorkommen an Braunkohle, Kali- und Steinsalzen.2 Das Bauland war billig und die Genehmigungsverfahren verliefen schnell. Somit bot sich die Region auch zur Expansion der Großchemie Ende des 19. Jh. an, die durch den begrenzten Raum im Rhein/Main Gebiet und in Berlin nach Standortalternativen suchte.

Den Grundstein für das mitteldeutsche Chemiedreieck bildeten dabei die Ansiedlung der chemischen Fabrik Griesheim Elektron Bitterfeld und der Elektrochemischen Werke Greppin zur Produktion von Chlorkalk und Laugen durch Elektrolyse. Diese Entwicklung setzte sich mit Gründung einer Farbenfabrik (1895) und der Filmfabrik in Wolfen (1909) durch Agfa fort.3

Entscheidenden Einfluß auf die Prosperierung der Region hatte die Entwicklung der Ammoniaksynthese durch Haber/Bosch. Infolge dessen errichtete die BASF im Jahre 1916 in Leuna eine Anlage, mit der Methanol im Hochdruckverfahren weltweit erstmalig hergestellt werden konnte.4 Im Jahre 1927 wurde im Rahmen der Methanolsynthese die Herstellung von Kohlenwasserstoffen ermöglicht und somit der Weg zur Produktion von Benzin aus Kohle geebnet. Es entstanden Hydrierwerke in Leuna, Böhlen, Magdeburg, Zeitz und Lützkendorf.5 Leuna avancierte zum größten europäischen Chemiewerk mit einer Belegschaft von 29.000 Mitarbeitern und wurde eine Technologiehochburg.1 Durch die Entwicklung der Großsynthesen und der damit verbundenen weltweiten Monopolstellung der I.G. Farben AG wurde der Konzern zum mächtigsten Chemieunternehmen der Welt.2 Der Braunkohlebergbau gelangte zu entscheidender Bedeutung und die Bauindustrie, das Handwerk ebenso wie der Dienstleistungssektor profitierten ebenfalls von diesen Impulsgebungen.3

Neben Treibstoff waren weitere Produkte für die deutschen Kriegspläne von entscheidender Bedeutung. Durch massive staatliche Interventionen wurden weitere Anlagen errichtet. Es entstanden u.a. die Buna Werke Schkopau GmbH als Tochter der I.G. Farben AG zur Produktion von synthetischen Kautschuk. Die chemische Industrie in Mitteldeutschland war maßgeblich in die autarken Kriegsbestrebungen Deutschlands eingebunden und erreichte ihren Höhepunkt im Jahre 1943.

Infolge der alliierten Luftangriffe wurden weite Teile des mitteldeutschen Chemiedreiecks zerstört. 4 Das was davon übrig blieb, fiel unter die Herrschaft der Besatzungsmacht. Den Amerikanern ging es um „intellectual reparations“5 in Form von Wissenschaftlern, Know-how und Patenten. Darauf folgte die Demontage der Sowjets, die sich auf 135.000 Tonnen belief und damit zu einem Produktivitätsverfall um 70 Prozent führte. Nach der Enteignung entstand ein Industriezentrum sozialistischer Prägung.6 Anfang der fünfziger Jahre wurden die Anlagen mit sowjetischer Technologie wieder aufgebaut, in volkseigene Betriebe überführt und in ein sowjetisch/osteuropäisches Zuliefernetzwerk eingebunden. 1958 wurde ein Chemie-Programm durch die staatliche Plankommission erlassen, das Investitionen in die Petrochemie vorsah. Entgegen internationalen Trends wurde aber auch der Ausbau der Kohlechemie weiter forciert, was die Entwicklung der ostdeutschen Chemie nachhaltig bremste.7 Mitte der 60er Jahre wurden die neuen petrochemischen Produktionskomplexe in Leuna fertiggestellt. 1969 entstand das petrochemische

Kombinat Böhlen. Dadurch kam es zu einer verstärkten Verbundstruktur zwischen den Chemiestandorten in Mitteldeutschland, die dem Bestreben der erhöhten Produktion von Plastik und Kunstfasern zuträglich war. Anfang der 80er Jahre waren die Olefin-Strukturen mit dem Cracker in Böhlen und den Prozeßkapazitäten in Buna und Leuna vollständig und entsprachen westlichem Standard.1 Die Olefin-Produkte aus dem mitteldeutschen Chemiedreieck waren damals der Devisenbringer und die „cash cow's“ der ostdeutschen Wirtschaft. Gerade zu dieser Zeit reduzierte die Sowjetunion ihre Erdöllieferungen und die Weltmarktpreise stiegen. Um den Import von Rohöl zu senken, kam es insbesondere für den einheimischer Markt zu scharfen Einschnitten, die einem Rückschritt in die Kohlechemie gleich kamen.2

Die Wende 1989 brachte einschneidende Veränderungen. Die Betriebsgrößen wurden reduziert und damit die alten Kombinatsstrukturen zerschlagen. Die Treuhand privatisierte und wo dies nicht gelang, wurden die Betriebe stillgelegt. In den Jahren 1990 - 1995 verloren 85 Prozent aller in der mitteldeutschen Chemie Beschäftigten ihren Arbeitsplatz. Lediglich zehn Prozent der Bausubstanz an den einzelnen Standorten blieben bis heute erhalten.3 Dennoch wurde um den Erhalt des mitteldeutschen Chemiedreieck gerungen. Nach einigen Fehlschlägen4 konnte die Treuhandanstalt, wenn auch mit massiven Beihilfen des Bundes und der EU, The Dow Chemical Group als Groß-Investor für Buna, Böhlen und die LDPE-Anlage in Leuna gewinnen. Dazu kamen weitere kleine und große Investitionen.

„Die westdeutsche Chemie brauchte und wollte den größten Teil der ostdeutschen Kapazitäten nicht, sondern plädierte für ihre Schließung. Interessant war für sie der Markt in den neuen Bundesländern, weniger die dortigen Produktionskapazitäten.“5

2.3 Cluster als Bestandteil wettbewerbsfähiger Standorte

Der Cluster als Teil regionalökonomischer Wettbewerbsvorteile ist in aller Munde. Oftmals ist die genaue Bedeutung jedoch unklar, da die Literatur vielfältige Beschreibungen liefert. Ebenso ist der Begriff Clusterpolitik weder in der wissenschaftlichen noch in der politischen Diskussion feststehend.6 Im folgenden sollen die Begriffe kurz spezifiziert werden, um die Erklärungsansätze von Clustern unter Punkt 3.4 näher zu diskutieren.

Der Cluster ist ein notwendiger Bestandteil einer zukunftsorientierter Wirtschaftsstruktur. So hat sich auch der „Verein zur Förderung des Regionalmarketings für Mitteldeutschland e.V.“ u.a. dem Ziel der Herausbildung strukturprägender Cluster verschrieben.1 Einige Beispiele wettbewerbsfähiger Cluster sollen den Einstieg in diese Thematik abrunden.

2.3.1 Allgemeine Fragen zur Definition von Clustern

Seit Mitte der 80er Jahre geht man davon aus, daß innerregionale Verflechtungen eine zentrale Rolle für die Stabilität von Wirtschaftsstrukturen spielen. Damit gehen Konzepte wie „Industrieller District“, „Agglomerationsvorteile“ und „Netzwerke“ einher.2 Seit den 90er Jahren werden theoretische Erkenntnisse und vielfältige Ansätze aus der empirischen Forschung gebündelt. Die Cluster-Forschung hat sich seitdem als Zweig der Wirtschaftsgeographie durchgesetzt.3 Vor allem durch die Arbeit von Porter4 und in Deutschland durch Rehfeld5, hat sich der damit verbundene Begriff Cluster6 etabliert.

Gemein ist allen Ansätzen, daß es sich bei einem Cluster um die Häufung von Unternehmen einer bestimmten Produktgruppe oder Branche handelt.7 Porter definiert Cluster wie folgt: „Clusters are geographic concentrations of interconnected companies, specialized suppliers, service providers and associated institutions in a particular field that are present in a nation or region. Clusters arise because they increase the productivity with which companies can compete.“8 Notwendige Bedingung für ein Cluster ist also eine derartige Ballung von Organisationen (Co- Lokation). Entscheidend ist jedoch die Qualität der Bündnisse zwischen den einzelnen Akteuren (Co-Operation) innerhalb des Netzwerkes.9 Diese Faktoren determinieren nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern auch

die Attraktivität der Region für DI. Es wird in diesem Zusammenhang häufig von einer positiven Externalität von Clustern gesprochen, die sich wie folgt äußern kann:1

- Cluster steigern Unternehmensproduktivität und -effizienz
- Effizienter Zugang zu speziellen Vorprodukten, Dienstleistungen, Mitarbeitern, Informationen, Institutionen und „öffentlichen Gütern“
- Vereinfachte Koordination und Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen
- Schnelle Verbreitung von Innovation und neuen „best practices“
- Laufender, schneller Leistungsvergleich mit lokalen Wettbewerbern
- Cluster stimulieren und ermöglichen Innovation
- Verbesserte Wahrnehmung von Innovationspotentialen
- Präsenz von Zulieferern und Institutionen mit wichtigen unterstützenden Funktionen bei der Generierung von Innovationen (Know-how Spillovers)
- Möglichkeit zu schnellen Probeläufen
- Cluster unterstützen die Kommerzialisierung von Innovationen
- Marktchancen für Innovationen sind deutlicher erkennbar
- Kommerzialisierung von neuen Produkten und Gründung neuer Unternehmen wird durch den Zugang zu Know-how und Zulieferern vereinfacht

2.3.2 Beispiele von Clustern im globalen Standortwettbewerb

Zur Generierung bzw. Weiterentwicklung des Chemieclusters in Mitteldeutschland ist die Nutzung der eigenen Potentiale und die Beachtung der Wirtschaftsstruktur und Geschichte von entscheidender Bedeutung. Dennoch kann man aus den Erfahrungen anderer Cluster und Regionen lernen und wichtige Informationen extrahieren. Eine Betrachtung erfolgreicher Beispiele von Clustern erscheint deswegen sinnvoll.

Zentrales Element des kalifornischen Wein-Clusters (siehe Anhang, Abb. 12) sind die Weingüter und die Kellereien in der Region. Den Input für die Produktion an Betriebsmittel und Hilfsstoffen ist eng mit dem benachbarten Landwirtschafts- Cluster verbunden. Bewässerungstechnologien, Ausrüstungen, Dünge- und Pflanzenschutzmittel werden von regionalen Herstellern bezogen, ebenso wie Flaschen, Korken, Etiketten und Fässer. Forschungs- und Ausbildungsinstitutionen wie z.B. das Wine Institute sorgen für die Aufrechterhaltung der Standards und werden durch Behörden und Parlamentsgruppen unterstützt. Die Vernetzung mit dem Tourismus-Cluster rundet diese erfolgreiche Region ab.

Die Ski- und Wintersportindustrie (siehe Anhang, Abb. 13) zählt zu den hoch entwickelten Branchen innerhalb der österreichischen Volkswirtschaft und ist durch eine interorganisationales und branchenübergreifendes Netzwerk gekennzeichnet.

Beweis für diesen erfolgreichen Verbund ist ein Weltmarktanteil von ca. 50 Prozent und der Export in mehr als 40 Länder. Die lange Tradition im Skisport, der Tourismus und ein anpruchsvolles Nachfrageverhalten der Österreicher haben maßgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen. Das Cluster umfaßt, ausgehend von den Ski- und Skizubehörproduzenten, weitreichende Verbindungen zu Lieferanten von Rohstoffen, Komponenten und Maschinen, als auch zu Herstellern von Liftanlagen und Pistengeräten.1

Weitere interessante Beispiele von Clustern sind das „Motor Sport Valley“ auf der Achse London-Birmingham2 und das staatlich geförderte Hochtechnologie-Cluster „Sophia-Antipolis“ außerhalb von Nizza3. Die Greater Boston Region hat sich vor allem durch die Universitäten von Harvard, Boston und das Massachusetts Institute for Technology (MIT) zu einem führenden Zentrum der Biotechnologie und Biomedizin entwickelt.4

Von einem „integrierten Produktionscluster“ spricht Rehfeld in Bezug auf den Raum Mittlerer Neckar.5 Als Kern sind hier Daimler-Chrysler und Porsche zu nennen, um die sich eine weitgehend selbständige Zulieferindustrie aufgestellt hat. Verflochten sind die einzelnen Akteure auch mit Maschinenbauern, Forschungseinrichtungen und Ingenieurbüros in der Region.

Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, daß trotz der Zerschlagung der industriellen Kerne, Clusterstrukturen auch in Ostdeutschland zu finden sind. Das erfolgreichste Cluster ist wohl die Mikroelektronik-Industrie im Raum Dresden/Freiberg.1 Vielversprechende Ansätze findet man auch in der Automobilindustrie im Raum Leipzig/Zwickau mit den „Leuchtturminvestitionen“ von Volkswagen, BMW und Porsche, solange es in Zukunft nicht bei „verlängerten Werkbänken“ bleibt. Die Filmwirtschaft in Potsdam/Berlin hat sich teilweise erfolgreich etabliert, obwohl es an finanzkräftigen Produktionen fehlt.2 Ob und inwieweit das mitteldeutsche Chemiedreieck als Cluster gelten kann, wird unter Punkt 4.4.1 näher betrachtet.

Die Stärke und der Umfang der beschriebenen Cluster, ebenso wie die Intensität der interdependenten Beziehungen innerhalb der Netzwerke differieren stark.3 Es sind gerade die ostdeutschen Cluster-Beispiele, die dem Niveau der langfristig gewachsen Strukturen in Westdeutschland und den anderen Regionen signifikant unterliegen.

2.3.3 Clusterpolitik als integrierte Strategie regionaler Wirtschaftspolitik

Ausgehend von den Problemfeldern4 der regionalen Wirtschaftspolitik haben sich in den letzen Jahren wirtschaftspolitische Tendenzen ergeben, die auf die Entwicklung von Clustern abzielen. Diese Ansätze sollen gebündelt als Instrumentarium zur Neuausrichtung der regionalen Strukturpolitik dienen. Clusterpolitik kann daher „...als Summe aller Maßnahmen verstanden werden, die die Elemente einer Wertschöpfungskette an einem regionalen Standort qualitativ und quantitativ fördert.“5 Clusterpolitik versteht sich dabei nicht allein auf die Regionalisierung wirtschaftlicher Strukturen, sondern vielmehr auf Maßnahmen, die zur Profilierung von Regionen unter den Bedingungen der Globalisierung dienen.6 Es wurde deutlich, daß Clusterpolitik sich nicht nur „harter“ Steuerungsmechanismen bedienen kann, sondern insbesondere „weiche“ (kommunikative) Instrumente nutzen muß („Networking-Politik“). „Public private partnerships“ führen die unterschiedlichen Akteure (Unternehmen, Wissenschaft, Politik, etc.) zusammen und steigern damit die Innovationsfähigkeit des Clusters.1 Diese informellen Verflechtungen der einzelnen Akteure müssen generisch wachsen und bilden oftmals die Kernkompetenz des Clusters.2

Clusterpolitik bedient sich bereits bekannter Instrumente der Technologie-, Regional- , Bildungs-, sowie der Vernetzungspolitik (siehe Anhang, Abb. 14). Daraus entsteht ein integrativer Ansatz, der an den bestehenden Potentialen einer Region ausgerichtet sein muß und zum einen die Belebung der Eigendynamik bestehender Wertschöpfungsstrukturen zum Ziel hat. Dies macht allerdings nur Sinn, wenn die Chance besteht, daß sich dieses Cluster innerhalb der Konkurrenz der Standorte behaupten kann. Zum Zweiten wird versucht, anhand der vorhanden Ressourcen und Fähigkeiten, neue Wertschöpfungszusammenhänge aufzubauen (siehe Anhang, Abb. 15). Damit kommt der Clusterpolitik auch Bedeutung im Rahmen des wirtschaftsstrukturellen Wandels (Regional Change Management) zu.3 Für beide Alternativen sind Ausdauer und eine langfristige Strategie notwendig.4 Interessant wird diese Form von Regionalpolitik insbesondere auch für Mitteldeutschland, da hier nur eine ungenügende Zahl von prosperierenden Wertschöpfungszusammenhängen existiert.5

Da Clusterpolitik immer an Potentialen ansetzt („Stärken stärken“), stößt sie jedoch auch an ihre Grenzen. Strukturschwache Regionen können von ihr kaum profitieren.6 Ebenso sind individuelle Lösungen gefragt, die einen entsprechenden Zeit- und Geldbedarf nach sich ziehen, der zu anderen wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Konkurrenz steht. Außerdem kann Sie nur die Rahmenbedingungen für eine sich selbstentwickelnde Struktur setzen.7

3. Erklärungsansätze internationaler Investitionstätigkeit und der Clusterbildung

3.1 Ausgewählte Theorien zur Erklärung von Direktinvestitionen

Analog dem Wachstum der Direktinvestitionen in den letzten Jahrzehnten, gewann auch die wissenschaftliche Diskussion über das „Wann“ und „Warum“ zunehmend an Bedeutung . Bisher ist es jedoch nicht gelungen, eine allgemeingültige und umfassende Theorie der Direktinvestitionen zu generieren.1 Die Vielzahl an Publikationen zwingt zu einer exemplarischen Darstellung, die in Bezug auf Auswahl und Umfang keinen Anspruch auf Objektivität und Vollständigkeit erhebt.

3.1.1 Die Theorie des monopolistischen Wettbewerbsvorteils

Die Arbeit von Hymer (1960) und Kindleberger (1969) kann als Ursprung der Theorie der DI gesehen werden und reiht sich in die Gruppe der sogenannten Vorteilstheorien ein.

Sie begründet DI mit unternehmensspezifischen Wettbewerbsvorteilen, die aufgrund von unvollkommenen Märkten entstehen und der Konkurrenz nicht zugänglich sind. Diese können u.a. in einzigartigen Management- und Marketingfähigkeiten, technologischem Vorsprung oder besonderen Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten liegen. Diese monopolistischen Vorteile versetzen den Investor in die Lage, anfängliche Nachteile im Ausland gegenüber der inländischen Konkurrenz (z.B. durch geringe Kenntnisse der Sprache, Wechselkursrisiken, staatliche Diskriminierung, Kosten durch geographische Entfernung) zu kompensieren und ggf. Markteintrittsbarrieren gegenüber nationalen und internationalen Unternehmen aufzubauen.2

Zur Erklärung einer DI sind die unternehmensspezifischen Vorteile eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung. Ein Unternehmen wird erst dann im Ausland investieren, wenn es die Vorteile dadurch besser als bei Export oder Lizenzvergabe nutzen kann. Des Weiteren investieren Unternehmen nicht nur um Vorteile zu nutzen, sondern auch um Vorteile zu generieren, beispielsweise durch die Sicherung von Rohstoffen. Die Theorie kann somit nur einen eingeschränkten Erklärungsansatz bieten.1

3.1.2 Die Internalisierungtheorie nach Buckley und Casson

Die Internalisierungstheorie von Buckley/Casson (1976) gilt als weiterer Ansatz im Rahmen der Vorteilstheorien und stellt gegenwärtig eine der fundiertesten Arbeiten zur Erklärung der Internationalisierung von Unternehmen dar.2

Es wird in Anlehnung an die Transaktionskostentheorie von Coase (1937) und später Williamson (1973) versucht, eine Aussage über die „relative Effizienz“3 verschiedener Internationalisierungsstrategien zu treffen.

Unternehmen haben die Möglichkeit, internationale Aktivitäten extern über den Markt (Export oder Lizenzvergabe) oder intern, in Form einer DI, durchzuführen. Die Abwicklung des Leistungsaustauschs ist grundsätzlich mit Transaktionskosten verbunden. Bei der Transaktion über den Markt fallen u.a. Kosten für Anbahnung, Formulierung und Überwachung von Verträgen an. Die Transaktionskosten bei einer DI entstehen hingegen z.B. durch einen erhöhten Kommunikations- und Kontrollaufwand. Somit erfolgt eine „unternehmensinterne Koordination der Leistungsprozesse“4 immer dann, wenn die Transaktionskosten für diesen Fall geringer sind, als die Abwicklung über den Markt.5 Die Theorie ist jedoch monokausal und partialanalytisch. Die primäre Schwäche liegt u.a. darin, daß nur ein Ziel der Internationalisierung von Unternehmen, nämlich die Einsparung von Transaktionskosten, berücksichtigt wird.6

3.1.3 Die Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens

Während die bisherigen Ansätze Bestimmungsgründe für initiatorische DI liefern, erklärt die Theorie von Knickebocker (1973) und später Graham (1978) DI anhand imitatorischer Determinanten, also aufgrund defensiv-strategischer Motive.7

Der Ansatz basiert auf der Betrachtung von Unternehmensaktivitäten auf oligopolistischen Märkten. Die betreffenden Unternehmen richten ihre Strategie dabei maßgeblich an der Konkurrenz aus. Die Basis bildet hierbei eine DI der Konkurrenz und einer daraus resultierenden Störung des oligoplistischen Gleichgewichtes. Um die ursprünglichen Verhältnisse wieder zu erhalten, sind die anderen Wettbewerber gezwungen, DI vorzunehmen. Dabei lassen sich zwei Formen unterscheiden. Im Rahmen der „Follow the Leader-These“ folgt auf die DI eines bisherigen nationalen Konkurrenten eine Folgeinvestition durch ein ebenfalls nationales Unternehmen, um die entstanden Vorteile des Leaders auszugleichen bzw. um das nationale Gleichgewicht wieder herzustellen. Bei der „Cross-Investment- These“ wird das nationale Oligopol durch das Eindringen eines ausländischen Konkurrenten gestört. Dadurch kommt es zur Gegeninvestition auf dem Heimatmarkt des ausländischen Konkurrenten.1

Auch dieser Ansatz kann Direktinvestitionen nur eingeschränkt erklären. Das Verhalten auf monopolistischen- bzw. polypolistischen Märkten und die Motive zur DI aufgrund von Wettbewerbsvorteilen werden ausgeblendet, ebenso die Möglichkeit von „Mitläufer-Effekten“.2

3.1.4 Eklektische Theorie der internationalen Produktion von Dunning

Die von Dunning (1979) entwickelte eklektische Theorie der Direktinvestitionen stellt einen integrativen Ansatz monoplistischer und standorttheoretischer Theorien, sowie der Internationalisierungstheorie dar und bildet somit die Zusammenfassung der Vorteilstheorien. Aufgrund der Ableitung aus den Ownership- /Internalisation- /Locational Advantages wird er auch als OLI-Ansatz bezeichnet. Es werden damit nicht nur die unterschiedlichen Arten von DI erklärt, sondern auch Lizenzvergabe und Export.3

Der Ansatz erklärt DI durch die Existenz von drei notwendigen und zusammen hinreichenden Bedingungen. Erstens muß das Unternehmen über firmenspezifische Wettbewerbsvorteile verfügen. Die Unvollkommenheit der Märkte veranlassen das Unternehmen diese Vorteile auch intern zu nutzen, also in Form einer DI. Verfügt das Ausland über Standortvorteile gegenüber dem Heimatland, kommt es dort zur DI.1

Trotz der häufigen Rezipierung, befindet sich auch diese Theorie in der wissenschaftlichen Diskussion. Perlitz kritisiert sie als „Sammelsurium unterschiedlicher Variablen, die in keinem Zusammenhang zueinander gebracht werden“.2 Der Ansatz impliziert außerdem sich gegenseitig ausschließende Alternativen. Somit können multiple Internationalisierungsstartegien, z.B. Export und DI gleichzeitig, nicht erklärt werden.3

3.1.5 Weitere Erklärungsänsätze

Die Produktzyklustheorie ist von der Annahme geprägt, daß Produkte Entwicklungsstadien hinsichtlich ihrer Produktions- und Absatzalternativen durchlaufen. Daraus hat Vernon (1966) ein idealtypisches Phasenschema der Internationalisierung von Unternehmen entwickelt. Der Ansatz unternimmt eine dynamische Analyse der Standortwahl, bezieht sich dabei allerdings auf die Gegebenheiten in den USA der 50er und 60er Jahre. Somit ist der Ansatz in Zeiten der Globalisierung nur noch eingeschränkt nutzbar.4

DI werden beim Handelschrankenansatz von Corden und Johnson (1967) damit begründet, daß Internationalisierungsalternativen von Unternehmen durch Handelshemmnisse beschränkt sein können. Somit kann die DI in bestimmten Fällen die einzige Möglichkeit sein, einen bestimmten Auslandsmarkt zu bedienen. In den letzten Jahren wurden Handelshemmnisse innerhalb bestimmter Regionen (z.B. EU oder NAFTA) abgebaut, nicht jedoch zwischen Drittländern und den Mitgliedsstaaten.5

Aharoni (1966) vertritt mit seinem behavioristischen Ansatz die These, daß DI nicht nur durch rationale Entscheidungen zu Stande kommen, sondern, bedingt durch „unvollkommene Informationen und begrenzte Informationsverarbeitungs- und Problemlösungskapazitäten“1, hochgradig von den subjektiv gesetzten Zielen, Einstellungen und Erfahrungen der Entscheidungsträger abhängen.

Der Ansatz hat zwar keinen allgemeingültigen Erklärungswert und ist empirisch kaum nachzuweisen, die vorwiegend ökonomischen Erklärungsansätze werden jedoch sinnvoll um einen verhaltenswissenschaftlichen ergänzt.

3.1.6 Fazit dieser Betrachtung

Bis auf den eklektischen Ansatz von Dunning sind alle vorgestellten Theorien partialanalytisch und monokausal. Es können somit nur Teilaspekte der Direktinvestitionstätigkeit beleuchtet werden.2 Es fehlt ein ganzheitlicher Erklärungsansatz. Die vorliegenden Arbeiten beschränken sich auf allgemeine Aussagen über Bestimmungsgründe von DI. Branchen- oder landesspezifische Motive und ökonomische Effekte von DI auf das Gastland können nur indirekt abgeleitet werden.3

Im Rahmen dieser Arbeit können diese Theorien nur indirekt als Instrumente genutzt werden, um die DI im mitteldeutschen Chemiedreieck im Speziellen, also unter sektoralen und regionalen Gesichtspunkten, zu erklären. Der monopolistische Wettbewerbsvorteil von Hymer und Kindleberger wird dafür als gegeben vorausgesetzt, d.h. die ausländischen Unternehmen besitzen einen Wettbewerbsvorteil und versuchen diesen auf den hiesigen Märkten auszuspielen.

Die Theorie der Internalisierung läßt Hinweise auf mögliche absatzorientierte Motive zu. Aufgrund des Mangels an großen ausländischen Investoren und einheimischen Unternehmen spielt die Theorie des oligopolistischen Parlellverhaltens in Mitteldeutschland nur eine untergeordnete Rolle. Für die eigene Untersuchung soll vor allem der OLI-Ansatz von Dunning weiter verfolgt werden, da er aufgrund seiner integrativen Erklärung am plausibelsten erscheint. Dazu ist insbesondere eine gesonderte Betrachtung der Standorttheorien als wesentlicher Bestandteil des OLI- Ansatzes notwendig. Weitere Theorien sollen für die empirische Feldstudie keine Rolle spielen.

3.2 Ansätze der internationalen Standorttheorie

Die Entscheidung für eine DI im Ausland zieht zwangsläufig eine Standortentscheidung nach sich.1 Darauf liegt auch der Fokus dieser Arbeit. Es geht deshalb nur eingeschränkt um die Frage, warum Unternehmen DI tätigen, sondern vielmehr darum, wo sie diese tätigen. Deswegen wurden standortspezifische Ansätze in der bisherigen Diskussion ausgeklammert, um sie im folgenden Abschnitt eingehender zu betrachten.

In der Literatur finden sich vielfältige Ansätze nationaler Standortlehren. Diese lassen sich in Anlehnung an Meyer-Lindemann, erweitert durch Goette, in fünf Gruppen klassifizieren:2

- Die Standortbestimmungslehre als Antwort auf die Frage nach den Bestimmungsgründen für die Wahl eines Standortes.
- Die Standortwirkungslehre als Antwort auf die Frage nach den Wirkungen, die von einer gegebenen Standortwahl ausgehen.
- Die Standortentwicklungslehre als Antwort auf die Frage nach der historischen Entstehung von Standortstrukturen.
- Die Standortgestaltungslehre als Antwort auf die Frage nach den wirtschaftspolitischen Gestaltungsmöglichkeiten der Standortverteilung.
- Die Standortplanungslehre als Antwort auf die Frage nach dem betrieblichen Entscheidungsprozeß im Rahmen der Standortwahl.

Da sich die internationale Standortwahl mit einer größeren Anzahl von Standortkriterien und Standortalternativen auseinandersetzen muß, unterscheidet sie sich von der nationalen Standortwahl im erheblichen Maße. „Die internationale Standorttheorie muß erklären, warum ein Unternehmen seine firmenspezifischen Wettbewerbsvorteile mit Standortvorteilen des Auslands kombiniert bzw. unter welchen Voraussetzungen es dies tut.“3 Somit kann ein standorttheoretischer Ansatz nur eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung zur Beschreibung der Internationalisierung von Unternehmen sein. Obwohl frühzeitig versucht wurde, die Theorie des internationalen Handels mit der nationalen Standorttheorie zu verknüpfen gelang es bisher nicht, eine internationale Standorttheorie im eigentlichen Sinne zu entwickeln.1 Aufgrund der Bedeutung von internationalen Standortentscheidungen gibt es eine Vielzahl empirischer Untersuchungen, die jedoch nur die Standortstrategien einzelner Konzerne oder die Standortqualität einzelner Länder oder Regionen betrachten. Ein allgemeingültiger Theorieansatz wurde dabei nicht generiert.2

Die vorliegende Arbeit läßt sich dem Erkenntnisgebiet der Standortbestimmungs- lehre zuordnen. Stellvertretend für ein Vielzahl an Publikationen werden die Arbeiten von Sabathil, Goette und Tesch näher vorgestellt. Das ist notwendig, um die komplementäre Fragestellung nach der Standortqualität beantworten zu können. Die theoretischen Forschungsansätzen werden dabei zur Erarbeitung eines eigenen Standortfaktorenkatalogs für die empirische Untersuchung genutzt.

3.2.1 Der Ansatz von Sabathil

Die schon 1969 erschienene Arbeit gilt als erste grundlegende Arbeit zur internationalen Standortproblematik im deutschsprachigen Raum und ist auch heute noch „State of the Art“.3 Der Schwerpunkt des entwickelten theoretischen Ansatzes liegt dabei auf der Länderauswahl innerhalb des Standortwahlprozesses und einem dafür entwickelten Standortfaktorenkatalog. Im zweiten Teil der Untersuchung wird der Standortwahlprozeß beschrieben. Der Verdienst Sabathils liegt insbesondere in der Betrachtung unternehmensinterner Determinanten, die in den meisten Standortfaktorenkatalogen nicht enthalten sind. Die Arbeit versucht die „Wirklichkeit“ darzustellen und abstrahiert dazu das Leitbild des homo oeconomicus um folgende Aspekte:4

[...]


1 Im Rahmen dieser Arbeit werden damit die fünf neuen Bundesländer Brandenburg (inkl. Ost- Berlin), Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bezeichnet, die am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik Deutschland beigetreten sind.

2 Leitlinien des Präsidenten der Treuhandanstalt Detlev Rohwedder vom 27.03.1991

3 Vgl. Bruch-Krumbein/Hochmuth (2000), S. 7

4 Vgl. www.einblick.dgb.de/archiv/0205/tx020502.htm

1 Vgl. www.einblick.dgb.de/archiv/0205/tx020502.htm

2 Priewe (2002b), S. 7

3 Bruch-Krumbein/Hochmuth (2000), S. 8

4 Vgl. o.V.: Solidarpakt II: Der Aufbau Ost wird vollendet, in: Wisu 12/2001, S. 1569f.

5 Vgl. Haas (1996), S. 21

1 Vgl. Schmid: Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategien internationaler Unternehmen, in: WISU 5/2002, S. 669; Perlitz (2000), S. 98

2 Portfolioinvestitionen werden in der Literatur teilweise auch als Finanzinvestitionen bezeichnet.

3 Vgl. Macharzina/Oesterle (1997), S. 212

4 Perlitz (2000), S. 98

5 Kutschker/Schmid (2002), S. 79

1 Vgl. u.a. Macharzina/Oesterle (1997), S. 212; Müller/Kornmeier (2002), S. 123; Knödler (1999), S. 6; Haas (1996), S. 30; Kutschker/Schmid (2002), S. 79, Stehn (1992), S. 4; Kamm (2001), S. 11

2 Vgl. OECD (1996), S. 7; IWF (1993), S. 86; Deutsche Bundesbank (1997), S. 81 zitiert bei Kutschker/Schmid (2002), S. 78

3 Laut persönlichem Gespräch mit Frau Licht, Deutsche Bundesbank Abteilung Statistik vom 28.10.2002; vgl. Kutschker/Schmid (2002), S. 80f.

4 Vgl. Knödler (1999), S. 6

5 Vgl. Dietrich (1998), S. 71; Knödler (1999), S. 6f.; Beelitz/Brenke/Fleischer (2000), S. 89

1 Vgl. Beelitz/Brenke/Fleischer (2000), S. 99, 103f.

2 Vgl. Kutschker/Schmid (2002), S. 80

3 Vgl. Kutschker/Schmid (2002), S. 93f.

1 Vgl. Hill (1999), S. 183f.; Knödler (1999), S. 25

2 Die Entwicklung Chinas ist dabei gewaltig, wenn man den kurzen Zeithorizont betrachtet, seit dem Ausländer in China investieren (dürfen) und unter welchen Restriktionen dies oftmals geschieht. Es darf allerdings nicht vergessen werden, daß die Statistik auch die FDI Inward Stocks von Hongkong mit einbezieht.

3 Knödler (1999), S. 25

1 Vgl. Kutschker/Schmid (2002), S. 111

2 Dies ist nur knapp die Hälfte des durchschittlichen DI-Bestandes pro Einwohner in Gesamtdeutschland. Interessant wäre eine Aufschlüsselung der DI-Zuflüsse nach Bundesländern in den Jahren nach der Wiedervereinigung. Eine solche Übersicht liegt jedoch nicht vor, da die Veröffentlichungen der deutschen Bundesbank diesbezüglich lückenhaft sind. Vgl. dazu auch o.V.: Spitzenplatz im Osten für Sachsen-Anhalt, in: Magdeburger Volksstimme vom 30.06.2001

3 Dies kann allerdings nicht der primäre Grund sein, ansonsten müßte ein solches Defizit in weit mehr Ländern vorhanden sein. Vgl. dazu auch Müller/Kornmeier (2002), S. 261; Becker (1997) zitiert nach Müller/Kornmeier (2000), S. 81

1 Eine etwas umfangreichere, jedoch nicht vollständige Übersicht für und gegen den Standort Deutschland findet sich im Anhang als Abbildung 9.

2 Vgl. Haas (1996), S. 39f.

1 Vgl. www.mitteldeutschland.de; §2 der Satzung des "Vereins zur Förderung des Regionalmarketings für Mitteldeutschland e.V., Vereinsregister VR 1818 beim Amtsgericht Halle-Saalkreis; o.V.: Dynamische Wachstumsregion in Europa - Impulse für die Region Mitteldeutschland, in: Konferenzmappe Zukunftsforum 2002, Schkopau 06.11.2002

2 Laut Email von Herrn Ludwig, Administrator chemiedreieck.de vom 16.10.2002

3 Vgl. www.destatis.de/allg/d/Klassif/wz93.htm; siehe auch Abbildung 10 im Anhang.

1 Vgl. Rehfeld (1999), S. 54

2 Vgl. www.dow.com/valuepark/standort/geschich.htm

3 Vgl. o.V. Investregion Landkreis Bitterfeld, in: Wirtschaftsjournal, Hohenstein-Ernstthal, S. 8f.

4 Vgl. www.infraleuna.de/deutsch/chemstan/trad.htm

5 1933 schlossen das Deutsche Reich und die I.G.Farbenindustrie AG den sog. Benzinvertrag. Damit sollten die Kapazitäten der Ammoniakwerke Merseburg auf 350.000 Tonnen ausgebaut werden. Zur Erfüllung des Vertrages schlossen sich mehrere Unternehmen 1934 zur Braunkohle-Benzin AG (BRABAG) zusammen. Die BRABAG wurde dadurch zum größten deutschen Treibstoffhersteller. Vgl. auch www.industriepark-zeitz.com/seiten/geschichte.html

1 Vgl. www.infraleuna.de/deutsch/chemstan/trad.htm

2 Vgl. Brümmer (2002), S. 15

3 Vgl. www.chemiedreieck.de/geschichte.html

4 Auf dem Gelände der Launa Werke schlugen 10.000 Bomben ein. Auch die Hydrierwerke in Lützkendorf, Zeitz und Böhlen wurden stark zerstört. Die Werke in Buna, Bitterfeld und Wolfen blieben weitgehend unzerstört.

5 Karlsch/Stokes (2001), S. 21

6 Vgl. Trittel: Impulse aus einer dynamischen Region, in: Mitteldeutsche Zeitung vom 11.08.2002

7 Vgl. Karlsch/Stokes (2001), S. 28-34

1 Vgl. Karlsch/Stokes (2001), S. 39

2 Vgl. Ebenda (2001), S. 41f.

3 Vgl. Ebenda (2001), S. 246

4 Stellvertretend seien hier der Versuche der Veräußerung an die Hüls AG 1993 oder an Thyssen/Gazprom genannt.

5 Brümmer (2002), S. 17

6 Vgl. Priewe (2002), S. 132; Bruch-Krumbein/Hochmuth (2000), S. 35

1 Vgl. Groot/Luible (2002), S. 2ff.

2 Vgl. Rehfeld (1994), S. 187

3 Vgl. Priewe (2002), S. 132

4 Vgl. Porter (1991/1998)

5 Vgl. Rehfeld (1994/1999)

6 Der Begriff Cluster stammt aus dem englischen und wird in vielen Wissenschaftszweigen verwendet. In deutsch kann er als Büschel, Haufen, Schwarm übersetzt werden.

7 Vgl. www.clustermanagement.de/index.html, Priewe (2002), S. 132

8 Vgl. www.isc.hbs.edu/econ-clusters.htm

9 Vgl. Dybe/Kujath (2000), S. 15

1 Ketels (2002), S. 8; vgl. dazu auch Dybe/Kujath (2000), S. 16ff.; Priewe (2002), S. 133f.

1 Vgl. Weiss (1994), S. 22

2 Vgl. Johnson/Scholes (1999), S. 633-641

3 Laut persönlichem Gespräch mit Mr. Lindsay, Napier University Edinburgh vom 18.05.2000

4 Vgl. Genosko (1999), S. 13

5 Vgl. Rehfeld (1994), S. 190f.

1 Vgl. Priewe (2002), S. 156; Bruch-Krumbein/Hochmuth (2000), S. 160ff.

2 Vgl. Krätke/Scheuplein (2001), S. 84ff.

3 Vgl. dazu genauer die Ausführungen bei Rehfeld (1994), S. 190ff.

4 Damit sind Probleme wie z.B. der einseitige Ausbau von Infrastruktur oder lösgelöste Ansiedelungsförderung branchenfremder Unternehmen verbunden.

5 Priewe (2002), S. 137

6 Vgl. Rehfeld (1999), S. 232

1 Vgl. Genosko (1999), S. 118

2 Vgl. Priewe (2002), S. 140

3 Vgl. Bruch-Krumbein/Hochmuth (2000), S. 84

4 Vgl. Priewe (2002), S. 137ff.

5 Vgl. www.viadrina.euv-frankfurt-o.de/~wisogeo/forschung/persp_cluster_ost.htm

6 Vgl. Priewe (2002), S. 143

7 „Man kann das Pferd nur zur Tränke führen, Saufen muß es allein.“

1 Vgl. Welter (2000), S. 57

2 Vgl. u.a. Welge/Hollbrügge (2001), S. 74f.; Scherm/Süß (2001), S. 49f.; Welter (2000), S. 60ff.; Müller/Kornmeier (2002), S. 266

1 Vgl. Scherm/Süß (2001), S. 50f.

2 Vgl. Welge/Holtbrügge (2001), S. 76

3 Welter (2000), S. 64

4 Scherm/Süß (2001), S. 51

5 Vgl. u.a. Haas (1996), S. 65ff.; Welter (2000), S. 65ff.; Welge/Holtbrügge (2001), S. 75f.

6 Vgl. Scherm/Süß (2001), S. 52

7 Vgl. Welter (2000), S. 78

1 Vgl. Kutschker/Schmid (2002), S. 403ff.; Müller/Kornmeier (2002), S.265; Perlitz (2000), S. 104, Welter (2000), S. 79ff.

2 Unternehmen investieren deswegen, weil sie durch die DI der Konkurrenz auf attraktive Märkte aufmerksam geworden sind. Dies bezeichnet man als „Mitläufer-Effekte“ und kann nicht als Investition zur Wiederherstellung des oligopolistischen Gleichgewichtes gesehen werden. Zur Diskussion der Schwächen dieser Theorie, vergleiche z.B. Welter (2000), S. 80

3 Vgl. Welge/Holtbrügge (2001), S. 77f.; Welter (2000), S. 71

1 Vgl. Haas (1996), S. 79

2 Perlitz (2000), S. 129

3 Vgl. Welge/Holtbrügge (2001), S. 79

4 Vgl. Welter (2000), S. 75ff.; Welge/Holtbrügge (2001), S. 64; Perlitz (2000), S. 81ff.

5 Vgl. Kutschker/Schmid (2002), S. 407ff.

1 Vgl. Welge/Holtbrügge (2001), S. 68

2 Vgl. Welter (2000), S. 90; Welge/Holtbrügge (2001), S. 79

3 Vgl. Welter (2000), S. 90

1 Vgl. Perlitz (2000), S. 110

2 Vgl. Meyer-Lindemann (1951) zitiert bei Godau, Martin (2001), S. 55; Schnurrenberger (2000), S. 63; Goette (1994), S. 63ff.

3 Haas (1996), S. 61; Godau (2001), S. 56

1 Vgl. u.a. Tesch (1980), S. 343, 359; Godau (2001), S. 56

2 Vgl. Goette (1994), S. 67f.; Godau (2001), S. 56f.

3 Sabathil, Theobald: Standortprobleme internationaler Industrieunternehmungen, Diss., Erlangen- Nürnberg 1969; Vgl. u.a. Goette (1994), S. 69ff.; Godau (2001), S. 62f.; Autschbach (1997), S. 138ff.

4 Vgl. Sabathil (1969), S. 262ff.

Ende der Leseprobe aus 120 Seiten

Details

Titel
Ausländische Direktinvestitionen im mitteldeutschen Chemiedreieck und deren Einfluß auf die Clusterbildung
Hochschule
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig  (Wirtschaftswissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
120
Katalognummer
V12908
ISBN (eBook)
9783638186957
Dateigröße
1899 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Direktinvestition, Cluster, Ostdeutschland, Chemieindustrie, Mitteldeutschland
Arbeit zitieren
Steffen Rohr (Autor:in), 2003, Ausländische Direktinvestitionen im mitteldeutschen Chemiedreieck und deren Einfluß auf die Clusterbildung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12908

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