In der Literaturforschung fanden Fantasy-Rollenspiele bisher kaum Beachtung; sie wurden als Populärkultur betrachtet und deshalb nicht näher untersucht. Zwar gibt es unzählige Forschungsarbeiten zu Rollenspielen, die sich mit ihren soziologischen, pädagogischen oder didaktischen Funktionen auseinandersetzen. Es liegen jedoch nur wenige Arbeiten über ihren Gehalt als Texte vor. Mit Beginn des neuen Jahrtausends sieht sich die Germanistik jedoch mit noch einer weiteren Neuerung konfrontiert: mit der zunehmenden Mediatisierung des Marktes, die auch den Buchmarkt nicht verschont. Gerade im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur bleiben mediale Verschmelzungen nicht aus; Medienverbundangebote sind die neuen Erfolge, die den Kinder- und Jugendbuchmarkt beherrschen. Ein Buch allein scheint langweilig geworden zu sein; erst wenn der Film oder die Fernsehserie dazu existiert, ist das Interesse der jungen Leser geweckt. Umgekehrt werden die Begleitbücher zu Kinofilmen und Fernsehserien Bestseller durch kindliche und jugendliche Rezipienten, die das Angebot dankbar annehmen. Dass diese als neu und innovativ gefeierten Medienverbundangebote in der Form des Rollenspiels bereits seit Jahren existieren, scheint die Forschung nicht bemerkt zu haben.
In dieser Arbeit soll das Medienverbundangebot Fantasy-Rollenspiel erstmals untersucht werden. Dabei beschränke ich mich aus Platzgründen auf die beiden Systeme „Advanced Dungeons and Dragons“ (im Folgenden „AD&D“) und „Das Schwarze Auge“ (im Folgenden „DSA“). Ersteres behandle ich, weil es sich um das erste kommerzielle Rollenspielsystem überhaupt handelt; DSA, weil es das erfolgreichste deutsche Rollenspielsystem ist.
Insofern sollen die einzelnen Medien, die aus dem Primärmedium Rollenspiel entstanden sind, einerseits auf ihr kinder- und jugendliterarisches Potenzial untersucht werden, andererseits soll ein besonderes Augenmerk auf das Erzählen als solches gerichtet werden. Kappelers These vom Rollenspiel als neue Form des Erzählens soll in dieser Hinsicht genauer betrachtet und die erzählerischen Leistungen der einzelnen Medien genauer beleuchtet werden. Obwohl sich diese Arbeit nicht spezifisch mit dem Vorhandensein von Gewalt befasst, sollte doch dieser Aspekt der Fantasy-Erzählung im Auge behalten werden, vor allem was das Erzählerische anbelangt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Medienverbundformen in der Kinder- und Jugendliteratur der Gegenwart
- III. Geschichtlicher Hintergrund der Rollenspiele
- 1. Die Tradition der Fantasy
- 2. Die Geschichte der Systeme „Advanced Dungeons and Dragons“ und „Das Schwarze Auge“
- 3. Rollenspiele als literarische Sonderform
- 3.1 Das Soloabenteuer
- 3.2 Das Gruppenabenteuer
- IV. Das Primärmedium Rollenspielsystem
- 1. Die „Vergessenen Reiche“ und „Averturien“: Mittelalterliche Gesellschaften und unterschiedliche Weltentwürfe
- 1.1 Fantasywelten als Spielort
- 1.2 Eine Welt wird erschaffen: Spielhilfen und Module
- 2. Der Spieler als Gott: Erschaffung einer Rollenspielfigur
- 2.1 Kultur und Rasse
- 2.2 Klasse und Profession
- 3. Der Weg ins Abenteuer
- 3.1 Die Meisterfigur als Verkörperung des Schicksals
- 3.2 Der Held im Spiel
- 3.3 Aktion und Magie
- 3.4 Kampf und Tod
- 4. Literalität – Oralität – Literalität
- 4.1 Erzählen beim Rollenspiel
- 4.2 Geschichten vor der Geschichte: Lebensläufe, Kalender und Abenteuer
- 4.3 Fanfiction
- 1. Die „Vergessenen Reiche“ und „Averturien“: Mittelalterliche Gesellschaften und unterschiedliche Weltentwürfe
- V. Rollenwechsel: Das Live-Rollenspiel
- 1. Die Sonderform des Live-Rollenspiels
- 2. Aufgehen in der Rolle
- 3. Referenz an das Ursprungsmedium
- VI. Das Printmedium
- 1. Die Romane der „Vergessenen Welten“
- 1.1 Selektive Übersetzungen aus dem Amerikanischen
- 1.1.1 Fantasysaga
- 1.1.2 Fantasykrimi
- 1.2 Prosa als Ergänzung und Erläuterung des Primärmediums
- 1.3 Abenteuer in Serie - Imitation des Spieles?
- 1.4 Reflektion von Gewalt
- 1.1 Selektive Übersetzungen aus dem Amerikanischen
- 2. Die Romane des „Schwarzen Auges“
- 2.1 Rollenspielautoren als Romanautoren
- 2.2 Eine Welt entwickelt sich: Geschichtsschreibung in Romanform
- 2.3 Jugendlektüre statt intendierter Jugendliteratur
- 2.4 Repetetives Lesen: „Das Jahr des Greifen“
- 3. Referenz an das Primärmedium
- 4. Die Zeitschriften „Der Aventurische Bote“ und „Dragon Magazine“
- 1. Die Romane der „Vergessenen Welten“
- VII. Der virtuelle Abenteurer
- 1. Die Computerspiele des „Schwarzen Auges“
- 1.1 Von der Gruppe zum Solisten
- 1.2 Der Computer als Meister
- 2. Die vergessenen Reiche: „Baldur’s Gate“ und „Icewind Dale“
- 2.1 Nachgeahmte Gruppenaktivität
- 2.2 Virtuelle Regeltreue und Linearität
- 3. Simulierte Bücher
- 4. MUDs - Abenteuer im Gildenland
- 1. Die Computerspiele des „Schwarzen Auges“
- VIII. Der Film „Dungeons and Dragons“
- 1. Verfilmung eines Spieles und dessen Tradition
- 2. Die D&D-Sekundärwelt auf filmischer Ebene
- 3. Protagonist und Abenteuergruppe
- IX. Der spiel-orientierte Medienverbund: Ein Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht erstmals das Fantasy-Rollenspiel als Medienverbundangebot, fokussiert auf die Systeme „Advanced Dungeons & Dragons“ (AD&D) und „Das Schwarze Auge“ (DSA). Ziel ist es, das kinder- und jugendliterarische Potenzial der verschiedenen Medien (Rollenspiel, Romane, Computerspiele, Film) zu analysieren und die erzählerischen Leistungen im Kontext des Rollenspiels zu beleuchten. Dabei wird der Aspekt der Gewalt in der Fantasy-Erzählung berücksichtigt.
- Das Fantasy-Rollenspiel als Medienverbundangebot
- Analyse des kinder- und jugendliterarischen Potenzials
- Erzählstrukturen und -leistungen der verschiedenen Medien
- Gewalt in Fantasy-Erzählungen
- Vergleich der Systeme AD&D und DSA
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung begründet die Relevanz der Untersuchung von Fantasy-Rollenspielen als Medienverbundangebot, da diese in der Literaturforschung bisher wenig Beachtung gefunden haben. Sie betont den Mangel an Arbeiten, die den narrativen Gehalt von Rollenspielen untersuchen und die zunehmende Mediatisierung des Buchmarktes, insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur. Die Arbeit konzentriert sich auf AD&D und DSA, das erste kommerzielle und das erfolgreichste deutsche Rollenspielsystem, und untersucht das kinder- und jugendliterarische Potential der daraus entstandenen Medien, sowie die Erzählstrukturen. Die These von Kappelers Rollenspiel als neue Form des Erzählens soll genauer beleuchtet werden.
II. Medienverbundformen in der Kinder- und Jugendliteratur der Gegenwart: Dieses Kapitel (welches im vorliegenden Text fehlt) würde die allgemeinen Trends von Medienverbundangeboten in der Kinder- und Jugendliteratur beleuchten. Es würde vermutlich Beispiele für erfolgreiche Medienverbunde nennen und die Gründe für deren Popularität analysieren, um den Kontext für die spätere Analyse des Rollenspiels als Medienverbund zu schaffen. Es würde untersuchen, wie die Verschmelzung verschiedener Medien das Leseverhalten und das Interesse junger Leser beeinflusst und wie diese Entwicklung das Verständnis des Buchmarktes verändert hat.
III. Geschichtlicher Hintergrund der Rollenspiele: Dieses Kapitel liefert den historischen Kontext für die Analyse von AD&D und DSA. Es behandelt die Entwicklung der Fantasy-Tradition, die Entstehung und Entwicklung der beiden Rollenspielsysteme und ihre Besonderheit als literarische Form, unter anderem im Bezug auf Solo- und Gruppenabenteuer. Die Darstellung der Tradition liefert die Grundlage für das Verständnis der Entwicklung der Spiele und ihrer Erzählstrukturen.
IV. Das Primärmedium Rollenspielsystem: Dieses Kapitel analysiert das Rollenspielsystem selbst als Primärmedium. Es untersucht die Spielwelten ("Vergessene Reiche" und "Averturien"), die Charaktererschaffung (Rasse, Klasse, Profession), den Spielablauf (Meisterfigur, Held, Aktion, Magie, Kampf) und den Prozess des Erzählens (Literalität, Oralität). Es wird die Interaktion zwischen Spielern und dem narrativen Rahmen beleuchtet und wie durch gemeinsames Erzählen eine Geschichte entsteht. Die verschiedenen Elemente des Spielsystems werden detailliert beschrieben und ihre Bedeutung für das Gesamtverständnis des Rollenspiels erläutert.
V. Rollenwechsel: Das Live-Rollenspiel: Dieses Kapitel beschreibt das Live-Rollenspiel als eine Sonderform des Rollenspiels, in der die Spieler ihre Rollen physisch verkörpern. Es beleuchtet den Aspekt des „Aufgehens in der Rolle“ und die Beziehung zum ursprünglichen Rollenspielsystem. Es würde wahrscheinlich die Unterschiede zwischen dem Tischrollenspiel und dem Live-Rollenspiel erörtern und untersuchen, wie die spezifische Form des Live-Rollenspiels die Erzählstrukturen und die Spielerfahrung beeinflusst. Es untersucht auch den Grad der Referenzierung zum Ursprungmedium.
VI. Das Printmedium: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen Printmedien, die aus dem Rollenspiel entstanden sind, wie Romane basierend auf den Welten von „Vergessenen Reichen“ und „Das Schwarze Auge“. Es analysiert die spezifischen Merkmale der Romane, wie Übersetzungen aus dem Amerikanischen, die Rolle der Romane als Ergänzung und Erläuterung des Primärmediums, die Serialisierung von Abenteuern, und die Darstellung von Gewalt. Es vergleicht auch die unterschiedlichen Ansätze beider Systeme, im Bezug auf die Autorschaft und die narrative Entwicklung. Der Fokus liegt auf der Analyse der Texte als eigenständige literarische Werke und ihrer Beziehung zum ursprünglichen Rollenspiel.
VII. Der virtuelle Abenteurer: Dieses Kapitel behandelt die Adaption des Rollenspiels in Computerspielen, mit Fokus auf DSA- und „Vergessenen Reiche“-Spielen. Es vergleicht die Spielerfahrung in virtuellen Umgebungen mit dem ursprünglichen Tischrollenspiel und analysiert die Unterschiede im Bezug auf Gruppenaktivität, Regeltreue und Linearität. Es beleuchtet auch die Simulation von Büchern und die Rolle von MUDs im Kontext des Rollenspiels. Der Vergleich zwischen der digitalen und der analogen Version beleuchtet die verschiedenen Erzählformen und die daraus resultierenden Spielerfahrungen.
VIII. Der Film „Dungeons and Dragons“: Dieses Kapitel analysiert die Verfilmung des Rollenspiels und untersucht, wie die Sekundärwelt auf der filmischen Ebene dargestellt wird. Es wird wahrscheinlich auf die Umsetzung der Abenteuergruppe und deren Protagonisten eingehen und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem Film und dem ursprünglichen Spiel erörtern. Der Fokus liegt auf dem Vergleich zwischen dem filmischen Medium und dem ursprünglichen Rollenspiel. Die Analyse könnte sich auf die Adaption der Erzählstruktur und die Darstellung der Figuren und der Welt konzentrieren.
Schlüsselwörter
Fantasy-Rollenspiel, Medienverbundangebot, Kinder- und Jugendliteratur, „Advanced Dungeons & Dragons“, „Das Schwarze Auge“, Erzählstrukturen, Narrativität, Gewalt, Computerspiel, Film, Printmedien, Live-Rollenspiel, Medienadaption.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse von Fantasy-Rollenspielen als Medienverbund
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Fantasy-Rollenspiele, speziell „Advanced Dungeons & Dragons“ (AD&D) und „Das Schwarze Auge“ (DSA), als Medienverbundangebote. Sie untersucht das kinder- und jugendliterarische Potenzial der verschiedenen Medien (Rollenspiel, Romane, Computerspiele, Film) und beleuchtet die erzählerischen Leistungen im Kontext des Rollenspiels, mit besonderem Fokus auf die Darstellung von Gewalt.
Welche Rollenspiele stehen im Mittelpunkt der Analyse?
Die Analyse konzentriert sich auf die beiden Rollenspielsysteme „Advanced Dungeons & Dragons“ (AD&D) und „Das Schwarze Auge“ (DSA). AD&D wird als das erste kommerzielle und DSA als das erfolgreichste deutsche Rollenspielsystem vorgestellt.
Welche Medien werden untersucht?
Die Arbeit untersucht verschiedene Medien, die aus den beiden Rollenspielsystemen hervorgegangen sind, darunter das Rollenspiel selbst als Primärmedium, Romane, Computerspiele, Live-Rollenspiele und den Film „Dungeons and Dragons“.
Welche Aspekte der Erzählung werden analysiert?
Die Analyse konzentriert sich auf die Erzählstrukturen und -leistungen der verschiedenen Medien, die Darstellung von Gewalt in Fantasy-Erzählungen, den Vergleich der Systeme AD&D und DSA und die Untersuchung des narrativen Gehalts von Rollenspielen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in mehrere Kapitel, die den historischen Hintergrund der Rollenspiele, die verschiedenen Medienformen (Rollenspielsystem, Live-Rollenspiel, Printmedien, Computerspiele, Film) und ihre Beziehungen zueinander untersuchen. Es gibt eine Einleitung, eine Zusammenfassung der Kapitel, eine Beschreibung der Zielsetzung und der Themenschwerpunkte und eine Liste der Schlüsselwörter.
Was ist das Primärmedium in dieser Analyse?
Das Rollenspielsystem selbst wird als Primärmedium betrachtet. Die Analyse umfasst die Spielwelten, die Charaktererschaffung, den Spielablauf, den Erzählprozess (Literalität, Oralität) und die Interaktion zwischen Spielern und narrativem Rahmen.
Wie wird das Live-Rollenspiel behandelt?
Das Live-Rollenspiel wird als Sonderform des Rollenspiels betrachtet, in der Spieler ihre Rollen physisch verkörpern. Die Analyse untersucht das „Aufgehen in der Rolle“, die Beziehung zum ursprünglichen Rollenspielsystem und den Grad der Referenzierung zum Ursprungmedium.
Welche Printmedien werden analysiert?
Die Analyse umfasst Romane, die auf den Welten von „Vergessenen Reichen“ und „Das Schwarze Auge“ basieren. Es werden Übersetzungen, die Romane als Ergänzung zum Primärmedium, die Serialisierung von Abenteuern und die Darstellung von Gewalt untersucht.
Wie werden Computerspiele in die Analyse einbezogen?
Die Arbeit untersucht die Adaption der Rollenspiele in Computerspielen, vergleicht die Spielerfahrung in virtuellen Umgebungen mit dem Tischrollenspiel und analysiert Unterschiede in Gruppenaktivität, Regeltreue und Linearität. MUDs werden ebenfalls im Kontext des Rollenspiels betrachtet.
Wie wird der Film „Dungeons and Dragons“ behandelt?
Die Analyse untersucht die Verfilmung des Rollenspiels, die Umsetzung der Sekundärwelt auf der filmischen Ebene, die Darstellung der Abenteuergruppe und deren Protagonisten und vergleicht den Film mit dem ursprünglichen Spiel.
Welche These wird in der Arbeit verfolgt?
Die Arbeit beleuchtet die These von Kappelers Rollenspiel als neue Form des Erzählens genauer.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Fantasy-Rollenspiel, Medienverbundangebot, Kinder- und Jugendliteratur, „Advanced Dungeons & Dragons“, „Das Schwarze Auge“, Erzählstrukturen, Narrativität, Gewalt, Computerspiel, Film, Printmedien, Live-Rollenspiel, Medienadaption.
- Citar trabajo
- Magistra Artium Tanja Monique Bruske-Guth (Autor), 2002, Die Fantasy-Rollenspiele „Das Schwarze Auge“ und „Advanced Dungeons and Dragons“ als Medienverbundangebote, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129160