Durch die grenzüberschreitende wirtschaftliche Betätigung eines inländischen Unternehmens werden mit dem nationalen Ansässigkeitsstaat und dem ausländischen Aktivitätsstaat zwei souveräne Steuerhoheiten berührt. Probleme ergeben sich insbesondere dann, wenn durch diese sog. Outboundbeziehungen Einkünfte im Inland zu berücksichtigen sind, die ausschließlich im Ausland verwirklicht werden .
Besonders deutlich ist dies in jüngster Vergangenheit im Falle negativer ausländischer Betriebsstätteneinkünfte und deren Berücksichtigung im Welt- bzw. Steuersatzeinkommen des inländischen Stammhauses geworden .
Als bedeutende Rechtsquelle des internationalen Steuerrechts hat sich erneut das Europarecht erwiesen. Die Grundfreiheiten des EGV, die seit dem ersten Urteil in der Rs. „Avoir fiscal“ im Jahr 1986 die EuGH-Rechtsprechung im Bereich der direkten Steuern geprägt haben, sollten auch für den Bereich der staatenübergreifenden Verlustberücksichtigung ausländischer Betriebsstätten entscheidende Bedeutung entfalten.
Durch die ergangene Rechtsprechung und das Bestreben des Gesetzgebers bzw. der Finanzverwaltung, die Verlagerung von Verlusten ins Inland zu verhindern, hat die zukünftige Berücksichtigung negativer ausländischer Betriebsstätteneinkünfte an Komplexität zugenommen . Aufgabe der Arbeit ist es, diese Schwierigkeiten zu analysieren und zu bewerten.
Gang der Untersuchung (zusammengefasst):
Behandelt wird die steuerliche Berücksichtigung laufender ausländischer Betriebsstättenverluste. Die Untersuchung konzentriert sich vorwiegend auf die einkommen- und körperschaftsteuerlichen Auswirkungen des Welteinkommensprinzips und dessen Einschränkungen im Stammhausstaat.
Grundlage der zukünftigen einkommen- bzw. körperschaftsteuerlichen Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste bildet die EuGH-Rechtsprechung der Jahre 2007 und 2008. Ziel der Arbeit ist es, die Urteile des EuGH im Zusammenhang mit den Reaktionen der Finanzverwaltung, des BFH sowie des Gesetzgebers darzustellen und unter deren Analyse die Rechtslage 2009 zu entwickeln und zu bewerten.
Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die aktuelle Entwicklung hinsichtlich der Einschränkungen des Welteinkommensprinzips auf Seiten des Stammhauses. In diesem Zusammenhang wird die ergangene EuGH-Rechtsprechung zur Verlustverrechnungsbeschränkung des § 2a EStG („Rewe Zentralfinanz“ ) sowie zur Symmetriethese im Rahmen der DBA-Freistellung („Lidl Belgium“, „KR Wannsee“ ) und deren Folgen betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
- Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- A. Einführung
- I. Einleitung
- II. Gang der Untersuchung
- B. Die Betriebsstätte
- I. Definitionen
- 1. Quellenstaat
- 2. Einschränkung des interperiodischen Verlustabzugs
- 3. DBA-Diskriminierungsverbot / Grundfreiheiten
- II. Qualifikationskonflikte
- C. Grundlagen steuerlicher Verlustberücksichtigung
- I. Stammhausstaat
- 1. Welteinkommensprinzip
- 2. Einschränkungen des Welteinkommensprinzips
- 2.1 Passive Verluste i. S. v. § 2a EStG
- 2.1.1 Regelungstechnik
- 2.1.2 Auswirkungen im negativen Progressionsvorbehalt
- 2.1.3 Durchführung des Verlustverrechnungsverbots
- 2.2 Verluste bei DBA-Freistellung
- 2.2.1 Symmetriethese
- 2.2.2 Negativer Progressionsvorbehalt
- 2.2.3 Interperiodischer Verlustabzug
- 2.2.4 Erweiterte Verlustverrechnung
- D. Aktuelle Entwicklung
- I. Vorabentscheidungen des EuGH
- 1. Befugnisse des EuGH auf dem Gebiet der direkten Steuern
- 2. Diskriminierungsverbot / Grundfreiheiten
- 3. Rechtfertigungsebene
- 4. Folge einer Diskriminierung
- 5. Bindung von Vorabentscheidungen
- 6. Das EuGH-Urteil „Marks & Spencer"
- 6.1 Rechtfertigungstrias
- 6.2 Verrechnung finaler Verluste
- II. Passive Verluste i. S. v. § 2a EStG
- 1. Das EuGH-Urteil „,Rewe Zentralfinanz“
- 1.1 Vorlagefrage
- 1.2 Einschlägigkeit und Einschränkung der Grundfreiheiten
- 1.2.1 Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch passive Verluste
- 1.2.2 Keine Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit
- 1.3 Rechtfertigungsebene
- 1.3.1 Keine Rechtfertigung durch Aufteilung der Besteuerungsbefugnis
- 1.3.2 Keine Rechtfertigung durch Gefahr von „Double Dip“
- 1.3.3 Bestätigung der Rechtfertigungstrias
- 1.3.4 Unverhältnismäßigkeit von § 2a (2) EStG
- 1.4 Ergebnis
- 1.4.1 EG-Rechtswidrigkeit von § 2a (1) S. 1 Nr. 3a EStG
- 1.4.2 Anwendung von § 2a EStG gegenüber Drittstaaten
- 2. Auswirkungen des Urteils „,Rewe Zentralfinanz❝
- 2.1 Übertragung auf Betriebsstättensachverhalte durch den BFH
- 2.2 Einschränkung von § 2a EStG durch die Finanzverwaltung
- 2.3 Änderungen durch das JStG 2009
- 2.3.1 Anwendung von § 2a EStG gegenüber Drittstaaten
- 2.3.2 Fortgeltung von § 2a EStG für festgestellte Verluste
- 2.3.3 Entfall des Progressionsvorbehalts für passive Einkünfte
- 2.4 Kritik und Wertung
- 2.4.1 Endgültiger Ausschluss der Verlustberücksichtigung
- 2.4.2 Vereinbarkeit der Neuregelung mit EG-Recht
- III. Symmetriethese bei DBA-Freistellung
- 1. Das EuGH-Urteil „,,Lidl Belgium“
- 1.1 Vorlagefrage
- 1.2 Einschlägigkeit und Einschränkung der Grundfreiheiten
- 1.2.1 Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch Symmetriethese
- 1.2.2 Keine Einschlägigkeit der Kapitalverkehrsfreiheit
- 1.3 Rechtfertigungsebene
- 1.3.1 Rechtfertigung durch Aufteilung der Besteuerungsbefugnis
- 1.3.2 Rechtfertigung durch Gefahr von „Double Dip“
- 1.3.3 Einschränkung der Rechtfertigungstrias
- 1.3.4 Unverhältnismäßigkeit der Symmetriethese
- 1.4 Ergebnis
- 1.4.1 Grundsätzliche Bestätigung der Symmetriethese
- 1.4.2 Einschränkung der Symmetriethese bei finalen Verlusten
- 1.4.3 Kein Erfordernis einer Nachversteuerungsregel
- 1.4.4 Keine Berücksichtigung von Drittlandsverlusten
- 2. Auswirkungen des Urteils „Lidl Belgium“
- 2.1 Konkretisierung durch den BFH
- 2.2 Bestätigung der Präzisierung durch die Finanzverwaltung
- 2.3 Kritik und Wertung / offene Fragen
- 2.3.1 Bestätigung der Symmetriethese / Liquiditätsargument
- 2.3.2 Finalität der Verluste
- 2.3.3 Geltendmachung der Verluste
- 2.3.4 Keine Verrechnung passiver Verluste i. S. v. § 2a EStG
- 2.3.5 Einschätzung des Verfassers zur Verlustberücksichtigung
- 2.3.5.1 Finalität als Maßstab
- 2.3.5.2 Gesamtsaldo der Auslandsaktivität
- 3. Das EuGH-Urteil,,KR Wannsee"
- 3.1 Vorlagefrage
- 3.2 Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch Nachversteuerung
- 3.3 Rechtfertigungsebene
- 3.3.1 Rechtfertigung durch Kohärenz des Steuersystems
- 3.3.2 Verhältnismäßigkeit der Nachversteuerung bei finalen Verlusten
- 3.4 Ergebnis
- 3.4.1 Keine Finalität bei Versagung quellenstaatlichen Verlustvortrags
- 3.4.2 Reduzierung des Anwendungsbereichs von „Lidl Belgium“
- 3.5 Kritik und Wertung / offene Fragen
- 3.5.1 Besonderheiten der Quellenbesteuerung
- 3.5.2 Finalität durch Einstellung der Auslandsaktivität
- 3.5.3 Auswirkungen der Wiederbelebung steuerlicher Kohärenz
- Die rechtlichen Grundlagen der Betriebsstättenbesteuerung
- Die verschiedenen Formen der Verlustberücksichtigung im Stammhausstaat
- Die Bedeutung des Diskriminierungsverbots und der Grundfreiheiten des EG-Rechts
- Die Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechung auf die Verlustverrechnung
- Die aktuelle Rechtslage und die offenen Fragen im Zusammenhang mit der Verlustberücksichtigung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der steuerlichen Berücksichtigung von ausländischen Betriebsstättenverlusten im deutschen Steuerrecht. Ziel der Arbeit ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verlustverrechnung im internationalen Steuerrecht zu analysieren und die Auswirkungen aktueller Entwicklungen, insbesondere der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), auf die Verlustberücksichtigung zu untersuchen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik der Betriebsstättenbesteuerung und erläutert die rechtlichen Grundlagen der Verlustberücksichtigung im deutschen Steuerrecht. Im zweiten Kapitel werden die verschiedenen Formen der Verlustverrechnung im Stammhausstaat, insbesondere die Einschränkungen des Welteinkommensprinzips, dargestellt. Das dritte Kapitel widmet sich der aktuellen Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH, insbesondere den Urteilen „Marks & Spencer“, „Rewe Zentralfinanz“ und „Lidl Belgium“. Die Arbeit analysiert die Auswirkungen dieser Urteile auf die Verlustberücksichtigung und beleuchtet die aktuellen Herausforderungen und offenen Fragen im Zusammenhang mit der Verlustverrechnung im internationalen Steuerrecht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Betriebsstättenbesteuerung, die Verlustverrechnung, das internationale Steuerrecht, das Diskriminierungsverbot, die Grundfreiheiten des EG-Rechts, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die Urteile „Marks & Spencer“, „Rewe Zentralfinanz“ und „Lidl Belgium“, die Symmetriethese, die Finalität von Verlusten und die aktuellen Herausforderungen und offenen Fragen im Zusammenhang mit der Verlustberücksichtigung im internationalen Steuerrecht.
- Quote paper
- Marco Schella (Author), 2009, Die steuerliche Berücksichtigung von ausländischen Betriebsstättenverlusten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129457