Herrschaftskonzept der Charidschiten


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2009

13 Pages, Note: 4


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Gegenbewegung Utmans

2. Anfänge der harigitischen Bewegung
2.1 Die grundlegende Doktrin
2.2 Die Bezeichnung „Ḫ āriğiten“

3. Entwicklung der Doktrin
3.1 Die Azraqiten
3.2 Die Nağditen
3.3 Die Sekten der frühislamischen Zeit

4. Die Bedeutung der Harigiten für das islamische Denken

5. Epilog

Das Herrschaftskonzept der Hāriğiten

Einleitung

Ich möchte im Folgenden kurz und prägnant einen Überblick geben über die Geschehnisse dieser Zeit. Es soll als Hinführung zum Thema dienen, was mir, angesichts des komplexen Inhalts, sinnvoll erscheint.1

Das Problem des Herrschertums beginnt in frühislamischer Zeit mit dem Tod des Propheten Mohammeds. Es stellt sich die zentrale Frage: Wer wird Nachfolger und wer hat am ehesten die Legitimation die muslimische Gemeinde (umma) zu führen? Genealogisch gesehen wäre ein möglicher Nachfolger innerhalb der Sippe der Quraya zu suchen, somit wäre das Prinzip des nasab (Abstammung), am ehesten gewährleistet. Nach jahrelanger Suche herrschte immer noch viel Unklarheit.

Der erste Repräsentant war Abu Bakr, der von 632 bis 634 die Stellung des Kalifen hatte. Er nannte sich Stellvertreter und Gesandter Gottes, (halifat rasul allah) und bezeichnete sich auch als imam, (im Sinne von „Vorbeter“). Sein Nachfolger wurde Umar, der die Herrschaft von 634 bis 644 übernahm. In der Bezeichnung ging er noch weiter und nannte sich, „Anführer der Gläubigen“ (im Kampf), (amir al-mu‘minin).

Erst mit Utman kam ein „Vertreter“ der Qurayš an die Macht. Er gehörte der Sippe der Umayya an. Er wäre eigentlich der ideale Nachfolger für die umma gewesen, dank seiner Kombination von nasab und sābiqa (frühere islamische Verdienste durch einen Beitrag für die muslimische Gemeinde und Dienung des Propheten). Der nächste „Halīfa“ ʿAlī (656­661), hatte sogar die fast perfekte – nur ein Sohn wäre die „perfekte Abstammung“ - genealogische Nähe zum Propheten als Vetter von Muhammed und zugleich Schwiegersohn, (Ehemann von Fāṭima). Die Anhänger ʿAlīs hatten die Legitimationsbasis für die Führung der umma erhoben, es bildeten sich die Schiiten, (ši ʿatʿʿAlī = šiʿa = Schia = Schiiten).

Es wurde im Laufe der Zeit allmählich schwierig sābiqa von nasab zu unterscheiden, denn wer konnte nun noch behaupten, er hätte zurzeit Muhammeds für ihn gedient? Es wurden Stimmen laut, die für eine neue Definition von sābiqa plädierten, wie sie beispielsweise von den Ḫāriğiyya, (aus ihren Reihen kam der Mörder von ʿAlī), gegeben wurde: Verdienste um den Islam von der gleichen Qualität wie früher, also eine Unterstützung der muslimischen Gemeinde und des Propheten, können auch zu einem späteren Zeitpunkt, (als zu Lebtagen Muhammeds), erworben werden. Derjenige mit den meisten Verdiensten ist dann „der beste Muslim“ und soll zum Kalifen ernannt werden. Jedoch war diese neue Definition nicht einmal für die Ḫāriğiyya selbst realisierbar.

Nachdem Tod ʿAlīs und der Bekämpfung der Schiiten übernahm Muʿāwiya die Führung. Er war schon vor seiner Ernennung zum Kalifen ein angesehener Mann in der Gemeinde. Ab diesem Zeitpunkt war das Ganze jedoch keine Legitimationsfrage mehr, sondern eine Frage der Macht. Es folgten etliche Nachkommen von Muʿāwiya als Umayya – Kalifen. Die Anhänger ʿAlīs, (grösstenteils im Irak), waren mit dieser Situation nicht gerade glücklich und es kam zu Kämpfen unter den Ali Anhängern und Gruppierungen der Haragia. Erst die Hāšimiyya, (Hāšim = Sippe des Propheten), konnten mit der Vernichtung der Umayya-Sippe den Banu Umayya Kalifaten ein Ende setzen.

Diese Anfangszeit des Islams von 632 - 750 könnte man als die Zeit der Umayyaden Herrschaft titulieren. Dies ist jedoch sehr gefährlich, weil es nicht ausschliesslich die Banu Umayya waren, die diese Zeit prägten.

Ich werde im weiteren Verlauf, meine Ausführungen auf Watt/Marmura (1985) beziehen. Das Buch bietet meiner Meinung nach ein grundlegendes Verständnis, ohne dabei auf Einzelheiten zu verzichten.

1. Die Gegenbewegung Utmans

Die Zeit vom Aufstand gegen Utman bis zur Ermordung Alis (661) ist wohl die dunkelste und umstrittenste Phase in der frühislamischen Geschichte. Dafür verantwortlich sind die Quellen. Denn die Häresiographen müssen von Behauptungen und verschiedenen Standpunkten muslimischer Gruppierungen ausgehen.

Im Frühjahr 656 zogen unzufriedene Nomadenstämme aus Ägypten, Basra und Kufa gen Medina, um aus verschiedenen Gründen Klage zu führen. Der Auslöser dieser Bewegung war Utman, der das eroberte Land im Irak an verschiedene Leute – wahrscheinlich aus seinen eigenen Reihen – verschenkte und nicht wie vereinbart an die ganze muslimische Gemeinde. Eine weitere Klage kam auf, als Utman wichtige Gouverneurposten mit Leuten aus seinem eigenen Klan besetzte. Des Weiteren wird Utman vorgeworfen, er habe es unterlassen, dem Koran vorgeschriebene Strafen zu verhängen. So jedenfalls ist es zu entnehmen aus einem überlieferten Beispiel, indem al-Walid ibn- Uqbas, Gouverneur von Kufa, betrunken in den Strassen gesehen wurde und von Utman nicht bestraft wurde.

Diese Klagen alleine reichten aber nicht aus, um einen richtigen Groll gegen Utmans Herrschaft zu entwickeln. Es war vielmehr ein soziales Problem; den Nomaden, die nunmehr in einem kommunalen System lebten, fehlte das freie Wüstenleben. Sie fühlten sich eingeschlossen in den Maschen der Bürokratie. Einige sahen die Lösung in der Rückkehr in die Wüste. Die meisten Ex-Nomaden waren jedoch nicht bereit, das vergleichsweise luxuriöse Leben einfach so aufzugeben und plädierten für eine grundlegende Änderung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Struktur.

So kam es dazu, dass Utman 656 in seinem Haus ermordet wurde, was geschichtlich gesehen der Grundstein ist um weitere Spannungen und Bewegungen inner-und ausserhalb der schiitischen und harigitischen Bewegungen zu deuten.

2. Anfänge der harigitischen Bewegung

Nach dem Tod ʿUṯmāns ernannten die Medinenser ʿAlī zu seinem Nachfolger. Er sorgte gleich zu Beginn für Kontroverse, als er den Mord von Uṯmān nicht verfolgen liess. Einige verweigerten ihre Anerkennung ihm gegenüber, indem sie von Medina flüchteten. ʿUṯmāns Verwandter Muʿāwiya, der in Syrien als Gouverneur eingesetzt war, blockierte die Kooperation mit ʿAlī. So kam es zu einer kleineren Schlacht bei Ṣiffīn, wo die zwei Armeen von Mu´awiya und ´Ali zusammentrafen. Durch fragwürdige Ereignisse zog Ali mit seiner Armee ab und man überliess die Entscheidung über Sieg und Niederlage einem Schiedsgericht. Hier nun eine Abfolge der weiteren Ereignisse:

1. Ein Teil der Anhänger ´Alis verbünden sich gegen ihn, weil sie sein Vorgehen nicht mit dem Koran vereinbaren konnten. Es wurden immer wieder folgende Worte laut: „Die Entscheidung steht Gott allein zu!“ (la hukm illa li-llah). Sie kehrten nach Kufa und Harura zurück, wo sie ihr Gefolge vergrösserten.
2. ´Ali verhandelt in Harura mit den Anführern und kann sie durch Bestechung nochmals bekehren. Alle kehren nach Kufa zurück.
3. Der Missmut gegen ´Ali ist jedoch nach wie vor gross und es kommt, wie es kommen muss; es gibt einen Auszug nach an-Nahrawan. Zur gleichen Zeit trifft sich das Schiedsgericht in Dumat-al-Gandal. Der zentrale Diskussionspunkt ist die Frage: Wurde Utman zu Recht oder zu Unrecht getötet und ist nicht vielleicht Mu´awiya dessen Nachfolger? Wenn nämlich Mu´awiya Kalife wird, könnte er Utmans Tod rächen. Daher wurde Mu´awiya 658 zum Kalifen ausgerufen.
4. Währenddessen konnte ´Ali einige seiner früheren Anhänger wieder für sich gewinnen und es kam zur Schlacht in an-Nahrawan, in der die Übriggebliebenen unterlagen und nach Harura abwanderten. Dies könnte man als die erste harigitische Bewegung ansehen; die Abspaltung von ´Ali.

[...]


1 Vgl. Noth, 4. Auflage 2001, 73-80.

Fin de l'extrait de 13 pages

Résumé des informations

Titre
Herrschaftskonzept der Charidschiten
Université
University of Bern
Note
4
Auteur
Année
2009
Pages
13
N° de catalogue
V129685
ISBN (ebook)
9783640380480
ISBN (Livre)
9783640380251
Taille d'un fichier
472 KB
Langue
allemand
Annotations
Note entspricht einer 2 im deutschen Notensystem
Mots clés
Herrschaftskonzept, Charidschiten
Citation du texte
Tobias Hoenger (Auteur), 2009, Herrschaftskonzept der Charidschiten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129685

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