Die vergilische Fassung des Orpheus-Mythos ist vor der des Ovid entstanden. Die Forschung geht daher davon aus, dass Ovid Vergils Version als Prätext verwendet hat und daher beide Fassungen in den inhaltlichen Grundelementen übereinstimmen. Dennoch wird betont, dass es bei Ovid in manchen Abschnitten der Passage zu Abweichungen und Gegensätzen kommt. Neumeister, Klodt und Döring nehmen in ihren Arbeiten einen Vergleich der beiden Fassungen vor. Bömer und Norden führen dagegen eine poetologische Auslegung durch, wobei Norden auch stilistische Unterschiede bei beiden Dichtern untersucht. Zudem ist der Fokus unter den genannten Philologen ein anderer. Neumeister meint bei Ovid hinsichtlich des intertextuellen Bezugs auf Vergils Fassung an bestimmten Stellen eine Parodie zu erkennen. Bömer hingegen verhält sich in seinen Ausführungen neutral.
Speziell die Rede des ovidischen Orpheus in der Unterwelt wirft bis heute noch Fragen auf und wird deshalb verschiedenartig interpretiert. Klodt und Bömer gehen dabei von einem Plädoyer vor Gericht aus, während Döring eine Mischung aus Rhetorik und Gesang konstatiert. In dieser Arbeit sollen die genannten Divergenzen im Zentrum stehen und detaillierter dargestellt werden. Damit dies umgesetzt werden kann, sollen zunächst die Arten und Funktionen der Intertextualität nach Stocker angeführt werden, um diese hinterher im Fallbeispiel, dem Orpheus-Mythos, anwenden zu können. Im Anschluss werden anhand markanter Textstellen diese intertextuellen Bezüge und Funktionen benannt und ausgearbeitet. Mit Bezug auf die Analogien und Differenzen werden zusätzlich die Absichten der Autoren und deren Stil erarbeitet. Gegen Ende der Arbeit soll eine Tabelle nochmals zusammenfassend die wichtigsten Teile des Mythos und die Unterschiede zwischen den beiden Versionen veranschaulicht darstellen. Ziel dieser Arbeit soll sein, dem Leser zu zeigen, wie sich die Version des Ovid von der des Vergil abgrenzt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Intertextualität
- 2.1 Palintextualität
- 2.2 Metatextualität
- 2.3 Hypertextualität und Similtextualität
- 2.4 Thematextualität und Demotextualität
- 3. Funktionen der Intertextualität
- 3.1 Die kulturelle Funktion
- 3.2 Die poetische Funktion
- 3.3 Die textstrategische Funktion
- 4. Einbettung in den Erzählrahmen
- 4.1 Der Rahmen bei Vergils Mythos
- 5. Formen der Intertextualität im Orpheus-Mythos
- 5.1 Palintextualität im Orpheus Mythos
- 5.2 Leerstellen im Mythos bei Ovid und Vergil
- 5.3 Die Rede des Orpheus
- 5.3.1 Analyse der Rede und intertextuelle Bezüge zum Mythos
- 5.3.2 Similitextualität: Die Funktion des conditio humana-Topos in der consolatio
- 5.3.3 Der Vortrag des Orpheus - ein Plädoyer oder ein rührendes Lied?
- 5.3.4 Die Diskussion um „,ad carmina [...] ait“
- 5.4 Das Ende des Mythos - Unterschiede zwischen Vergil und Ovid
- 6. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die verschiedenen Formen und Funktionen von Intertextualität im Orpheus-Mythos, insbesondere im Vergleich der Versionen von Vergil und Ovid. Sie zielt darauf ab, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Fassungen aufzuzeigen und die Bedeutung der intertextuellen Beziehungen für die Interpretation des Mythos zu beleuchten.
- Intertextualität im Orpheus-Mythos: Analyse der Beziehungen zwischen den Versionen von Vergil und Ovid
- Funktionen der Intertextualität: Kulturelle, poetische und textstrategische Aspekte
- Die Rolle der Palintextualität, Metatextualität, Hypertextualität, Similtextualität, Thematextualität und Demotextualität im Mythos
- Analyse der Rede des Orpheus: Intertextuelle Bezüge und stilistische Besonderheiten
- Vergleich der beiden Versionen: Unterschiede in der Darstellung des Mythos und der Intention der Autoren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Orpheus-Mythos in den historischen Kontext und führt die wichtigsten Quellen und Interpretationen ein. Anschließend werden die Arten und Funktionen der Intertextualität nach Stocker erläutert, um diese im weiteren Verlauf auf den Orpheus-Mythos anwenden zu können. Es werden verschiedene Formen der Intertextualität vorgestellt und definiert, darunter Palintextualität, Metatextualität, Hypertextualität, Similtextualität, Thematextualität und Demotextualität.
Das Kapitel über die Einbettung in den Erzählrahmen beleuchtet die Rahmenhandlung des Orpheus-Mythos bei Vergil. Im Fokus stehen die Formen der Intertextualität im Orpheus-Mythos. Es werden die Palintextualität, Leerstellen und die Rede des Orpheus analysiert. Die Rede des Orpheus wird mit Blick auf intertextuelle Bezüge, stilistische Besonderheiten und die Funktion des „conditio humana“-Topos untersucht.
Schlüsselwörter
Intertextualität, Orpheus-Mythos, Vergil, Ovid, Palintextualität, Metatextualität, Hypertextualität, Similitextualität, Thematextualität, Demotextualität, Rede des Orpheus, conditio humana, Mythosvergleich, Stilanalyse.
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- Anonym (Author), 2018, Der Orpheus-Mythos bei Ovid und Vergil. Ein Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1297253