„Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt. Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt.“ (Matthäus 5,3-12) (1079)
Das Festhalten am Glauben gegen jegliche Anfeindung, trotz der den Leib marternden heidnischen Ungläubigen oder andere Christen, die Hingabe an Gott bis zur Aufgabe der eigenen irdischen Existenz in Erwartung des Heils durch Gott sind Charakteristika von christlichen Märtyrern wie sie in den mittelalterlichen Heiligenlegenden dargestellt sind. Nicht immer nimmt das Martyrium ein den Leib zerfleischendes Ausmaß an, nicht jede Märtyrergestalt stirbt tausend Tode bevor die Erlösung, die Heiligung durch Gott erfolgt. „Seit alters her boten asketische Praktiken eine alternative Möglichkeit.“ In deren Rahmen kann „Jungfräulichkeit als Ersatzmartyrium“ fungieren. An der Figur der heiligen Margareta , die sich der von den Eltern verfügten Eheschließung entzieht und unter Namen und Maskerade eines Mannes in ein Kloster eintritt, wird eine solche Art des Martyriums, in Form von selbstgewählter Enthaltsamkeit zusätzlich einer von außen aufgezwungenen Askese, vorgeführt. Margareta, die sich Pelagius nennt, wird von den Klosterbrüdern für würdig befunden, dem anliegenden Frauenkloster vorzustehen. Nach einer Zeit frommen Lebens und Lehrens wird sie unter der Anschuldigung eine Frau geschwängert zu haben, zur Buße in einen Kerker geworfen, wo sie, ihre Identität als Frau verbergend, im Tod die Erlösung durch Gott findet.
Ingrid Kasten bezeichnet „die Unterscheidung in einen reproduktiven 'weiblichen' und einen nicht 'reproduktiven' männlichen Körper“ als für die Gattung der Legende konstitutiv. Daher richte sich das Virginitätsideal, wie es auch von Margarete/Pelagius verkörpert wird, in erster Linie an den weiblichen, durch die Fähigkeit zur Reproduktion markierten Leib, der sich durch Jungfräulichkeit eben dieser entzieht. „Paradox“ wirke daher vor diesem Hintergrund „Virginität (...) als Lebensentwurf für Männer, die sich zwecks Heiligung der – sexuelle Enthaltsamkeit einschließenden – Askese verschrieben haben“ . Männliche Virginität sei gleichsam stets eingebunden in die Abwehr und Kontrolle des Weiblichen als dem Reproduktiven und in „die Vergewisserung männlicher Omnipotenz“ . ........
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Christentum, Kirche und Sexualität
- 2.1. Jungfräulichkeits- und Keuschheitsideal
- 2.2. "mulier naturaliter est minoris virtutis"
- 2.2.1. ratio inferior
- 2.2.2. Geist und Körper
- 2.3. Sündhafte Lust
- 2.4. Asketisches Leben und Begehren
- 3. Reproduktion
- 4. „Min name were eins mannes name“ – Der Mönch Pelagius
- 5. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Jungfräulichkeitskonzept in der Legende von der heiligen Margareta im Kontext des mittelalterlichen Christentums und der gesellschaftlichen Wertschätzung von Sexualität. Die Analyse fokussiert auf die Darstellung von Margareta/Pelagius als eine Figur, die durch selbstgewählte Enthaltsamkeit ein alternatives Martyrium praktiziert. Die Arbeit hinterfragt den traditionellen Dualismus von Weiblichkeit/Leib und Männlichkeit/Geist, wie er in der Forschung bereits diskutiert wurde.
- Das Jungfräulichkeits- und Keuschheitsideal im Mittelalter
- Die Rolle der Sexualität im Kontext des christlichen Glaubens
- Die Konstruktion weiblicher und männlicher Körperlichkeit in der Legende
- Margareta/Pelagius als Beispiel für ein alternatives Martyrium durch Askese
- Die Bedeutung der Reproduktion im Verhältnis zu Jungfräulichkeit und Heiligung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Figur der heiligen Margareta vor, die sich durch die Annahme einer männlichen Identität (Pelagius) der Ehe entzieht und ein klösterliches Leben wählt. Sie thematisiert Margareta's Wahl der Enthaltsamkeit als eine Form des Martyriums und kündigt eine kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Forschungsansätzen an, die den Fokus primär auf die Unterdrückung des weiblichen, reproduktiven Körpers legen. Die Einleitung betont die Notwendigkeit einer differenzierteren Betrachtungsweise des Jungfräulichkeitskonzepts in der Legende.
2. Christentum, Kirche und Sexualität: Dieses Kapitel untersucht die christliche Sichtweise auf Sexualität im Mittelalter. Es zeigt, wie Sexualität oft mit Scham und Sünde in Verbindung gebracht wurde, während Jungfräulichkeit als höchste Tugend galt, die sowohl für Männer als auch für Frauen erstrebenswert war. Die Analyse beleuchtet die zugrundeliegenden gesellschaftlichen und religiösen Normen und stellt die Verbindung zwischen Sexualität, Reproduktion und dem christlichen Lebensideal heraus. Die Darstellung von "mulier naturaliter est minoris virtutis" wird kritisch hinterfragt.
Schlüsselwörter
Heilige Margareta, Jungfräulichkeit, Keuschheit, Sexualität, Mittelalter, Christentum, Kirche, Askese, Martyrium, Reproduktion, Gender, Körperlichkeit, Geist, Leib, Legende, Pelagius.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Die Heilige Margareta und das Jungfräulichkeitskonzept im Mittelalter
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht das Jungfräulichkeitskonzept in der Legende der heiligen Margareta im Kontext des mittelalterlichen Christentums und der gesellschaftlichen Wertschätzung von Sexualität. Ein besonderer Fokus liegt auf Margareta/Pelagius als Figur, die durch selbstgewählte Enthaltsamkeit ein alternatives Martyrium praktiziert.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit dem Jungfräulichkeits- und Keuschheitsideal im Mittelalter, der Rolle der Sexualität im christlichen Glauben, der Konstruktion weiblicher und männlicher Körperlichkeit in der Legende, Margareta/Pelagius als Beispiel für alternatives Martyrium durch Askese und der Bedeutung der Reproduktion im Verhältnis zu Jungfräulichkeit und Heiligung. Die traditionelle Dichotomie von Weiblichkeit/Leib und Männlichkeit/Geist wird kritisch hinterfragt.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel über Christentum, Kirche und Sexualität (inkl. Unterkapiteln zu Jungfräulichkeits-/Keuschheitsideal, "mulier naturaliter est minoris virtutis", sündhafter Lust und asketischem Leben), ein Kapitel über Reproduktion, ein Kapitel über den Mönch Pelagius (als männliche Identität Margaretas) und einen Schluss.
Wie wird die Figur der Heiligen Margareta dargestellt?
Die Heilige Margareta wird als eine Frau dargestellt, die sich durch die Annahme einer männlichen Identität (Pelagius) der Ehe entzieht und ein klösterliches Leben wählt. Ihre Enthaltsamkeit wird als eine Form des Martyriums interpretiert.
Welche Forschungslücke schließt die Arbeit?
Die Arbeit kritisiert bestehende Forschungsansätze, die sich primär auf die Unterdrückung des weiblichen, reproduktiven Körpers konzentrieren. Sie plädiert für eine differenziertere Betrachtungsweise des Jungfräulichkeitskonzepts in der Legende.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Heilige Margareta, Jungfräulichkeit, Keuschheit, Sexualität, Mittelalter, Christentum, Kirche, Askese, Martyrium, Reproduktion, Gender, Körperlichkeit, Geist, Leib, Legende, Pelagius.
Wie wird der Begriff "mulier naturaliter est minoris virtutis" behandelt?
Der Ausdruck "mulier naturaliter est minoris virtutis" wird kritisch hinterfragt und im Kontext der gesellschaftlichen und religiösen Normen des Mittelalters analysiert, die eine hierarchische Beziehung zwischen Mann und Frau postulierten.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, das Jungfräulichkeitskonzept in der Legende der heiligen Margareta im Kontext des mittelalterlichen Christentums zu untersuchen und bestehende Forschungsansätze kritisch zu hinterfragen. Der Fokus liegt auf der Darstellung von Margareta/Pelagius als Figur, die ein alternatives Martyrium durch Askese praktiziert.
- Citation du texte
- Katja Losensky (Auteur), 2007, Sexualität und Jungfräulichkeit in der Legende "Von der heiligen Margareta", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130197