Mit der zuerst anonymen Veröffentlichung des Romans Princesse de Clèves von Madame de Lafayette im Jahr 1678 wurde eine neue Entwicklung des französischen Romans eingeleitet. Die Form ihres Romans ist eine Mischung aus Geschichtsschreibung und psychologischem Roman und wird nouvelle historique genannt: „Wegen der den 'Prozess der Desillusionierung' gnadenlos offenlegenden 'science du coeur' wird das Werk vielfach als Beginn des modernen psychologischen Romans verstanden“(Walter 1990:923). Der Roman Princesse de Clèves, der eine neue, genaue und detaillierte Darstellung von Gefühlen, Liebe und Leidenschaft beinhaltet, trägt lediglich aufgrund seiner Länge die Bezeichnung Roman. Außerdem wurde die Zeitspanne, in der das Geschehen abläuft auf ein Jahr reduziert, was sich wiederum von den „heroisch-galanten“ (Walter 1990:922) Vorgängern absetzt. Dennoch versuchte Madame de Lafayette die Größe und Macht des Hofes hervorzuheben. Das Werk zeichnet ein Bild des Hoflebens Heinrichs II und gibt den Lesern des 17. Jahrhunderts ein Gefühl von Verbundenheit zu ihrer grossartigen, noblen Herkunft. Dennoch stimmen die Beschreibungen des Hofes auch mit dem Ludwigs XIV überein, an dessen Hof die Autorin des Romans lebte. Dieser hatte durch die Anwesenheit des Adels am Hof mehr Einfluss auf deren Handeln und der König konnte sich somit über die Loyalität des Adels sicher sein bzw direkt darauf Einfluss nehmen.
Anders als in dem bisher bekannten „heroisch-galanten Roman“ wird in der nouvelle historique das Leben der Princesse, obwohl sie angestrengt versucht, vernunftgemäß und tugendhaft zu handeln, vom Unheil überschattet, denn ihr Dasein wird von Liebe, Intrigen und Machtspielen überhäuft. Das Aufkommen der 'nouvelle historique' resultierte aus verschiedenen psychologischen, ästhetischen und sozialen Faktoren. Im psychologischen Bereich waren Geschichte und Fiktion bereits eng mit einander verknüpft, beide betonten die Rolle der Leidenschaften im menschlichen Leben.1 Beeinflusst von der doctrine classique wurde die Forderung nach vraisemblance und bienséance größer.2
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Hof Heinrichs II.
- Schein in Princesse de Clèves
- Bienséance und Vraisemblance
- Magnifiquence und Esprit
- Honnêtes Gens
- Die Motive vertu und raison vs. passion
- Die zentrale Szene des Romans: das Geständnis
- Sein in Princesse de Clèves
- Heuchelei und Machtkämpfe
- Liebe und ihre Macht am Hofe
- Schlussbetrachtung
- Bibliographie
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Zielsetzung des Romans Princesse de Clèves ist es, die Scheinwelt des französischen Hofes im 16. Jahrhundert darzustellen und die komplexen Beziehungen zwischen Schein und Sein aufzuzeigen. Der Roman beleuchtet die Moral und Etikette des Hofes, die oft nur eine Fassade für Intrigen, Machtkämpfe und geheime Leidenschaften sind. Die Autorin Madame de Lafayette nutzt die Form der 'nouvelle historique', um die psychologischen Konflikte der Protagonisten vor dem Hintergrund des historischen Kontextes zu erforschen.
- Die Ambivalenz von Schein und Sein am Hof
- Die Rolle der Liebe und Leidenschaft im höfischen Leben
- Die Bedeutung von Moral und Etikette im Kontext von Intrigen und Machtkämpfen
- Die Darstellung der menschlichen Psyche und der Konflikte zwischen Vernunft und Gefühl
- Die Kritik an der höfischen Gesellschaft und ihren Konventionen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung des Romans führt den Leser in die Welt des französischen Hofes im 16. Jahrhundert ein. Sie beschreibt die Atmosphäre des Hofes, die geprägt ist von Glanz, Pracht und Etikette. Der Roman beginnt mit einer ausführlichen Beschreibung des Hofes und seiner Bewohner, die den Leser in die Welt der höfischen Rituale und Konventionen einführt.
Das zweite Kapitel beleuchtet die Rolle des Hofes als Schauplatz für Intrigen und Machtkämpfe. Die Autorin zeigt, wie die Höflinge ihre Macht und ihren Einfluss durch List und Täuschung sichern. Die Liebe und Leidenschaft werden als treibende Kräfte hinter den Intrigen dargestellt, die das Leben am Hofe prägen.
Das dritte Kapitel konzentriert sich auf die Figur der Princesse de Clèves und ihre innere Zerrissenheit zwischen Liebe und Pflicht. Die Princesse ist eine tugendhafte Frau, die sich von den Verführungen des Hofes fernhalten möchte. Doch ihre Liebe zu einem anderen Mann stellt ihre Moral und ihre Treue zu ihrem Ehemann auf die Probe.
Das vierte Kapitel beschreibt die Folgen der Liebe der Princesse und die Auswirkungen ihrer Entscheidung auf ihr Leben. Die Autorin zeigt, wie die Liebe die Princesse in eine tiefe Krise stürzt und sie zu einem Leben in Einsamkeit und Verzicht führt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den französischen Hof, die Princesse de Clèves, Schein und Sein, Liebe und Leidenschaft, Moral und Etikette, Intrigen und Machtkämpfe, sowie die 'nouvelle historique'. Der Roman beleuchtet die Ambivalenz des höfischen Lebens und die Konflikte zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen und den individuellen Bedürfnissen der Protagonisten. Die Autorin verwendet die Form der 'nouvelle historique', um die psychologischen Konflikte der Figuren vor dem Hintergrund des historischen Kontextes zu erforschen.
- Citation du texte
- Laura O. (Auteur), 2008, Sein und Schein in Madame de Lafayettes "Princesse de Clèves", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130210