Die Nachfolge des Augustus

Eine Ausnahmeregelung und ihr Weg zum Verfassungsgrundsatz


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2009

17 Pages, Note: 2.0


Extrait


Inhaltsverzeichnis:

1. Caesar, Augustus und die Königsfrage

2. Anforderungen an den Nachfolger des Augustus
2.1. Herkunft und Familie
2.2 Militärische und politische Erfolge
2.3 Finanzielle Mittel

3. Augustus und seine Favoriten
3.1 Marcellus und Agrippa
3.2 Tiberius und Drusus
3.3 Tiberius, Gaius und Lucius
3.4 Tiberius Rückkehr und Rehabilitierung
3.5 Agrippa Postumus und Germanicus

4. Die Nachfolge – Tiberius Regierungsantritt

5. Der Weg zum „Kaisertum“

6. Sekundärliteratur:

7. Quellen:

1. Caesar, Augustus und die Königsfrage

In seinem Buch „Caesar und Pompeius“ schreibt der Althistoriker Ernst Baltrusch, Caesar[1] habe sich „in klar erkennbarer Steigerung Ämter, Gewalten und Rechte verleihen [lassen] – [B]is hin zum [ihm verweigerten] Königtum.“[2] Nach Caesars Tod und dem erneuten Aufflammen des Bürgerkriegs, ging sein Adoptivsohn Augustus[3] ähnlich vor. Er hatte sich keine Ämter, wohl aber Gewalten und Rechte verleihen lassen.[4] Ein institutionalisiertes Königtum, wie es Caesar angestrebt hatte, lehnte Augustus ab. Unter dem Deckmantel der „republica restituta“, der erneuerten Republik[5],[6], ließ er sich zum „primus inter pares“, zum ersten unter gleichen, ernennen[7],[8],[9],[10] Damit war er König, ohne offiziell König zu sein[11],[12] – Eine ideale Regelung, die auf lange Sicht aber auch ihre Nachteile besaß.

Das institutionalisierte Königtum wäre laut Baltrusch „die einzig denkbare, als dauerhaft und erblich angelegte“[13], Lösung des römischen Herrschaftsproblems gewesen. Augustus’ Stellung als Princeps[14], als erster Mann im Staat, war an die Bedeutung seiner Person gebunden. Sie war weder „dauerhaft“ noch war sie, aus sich selbst heraus, „erblich“.[15] Dass Augustus nicht der erste und letzte Prinzeps Roms blieb, verdankt die Welt seiner Nachfolgepolitik.

Diese Nachfolgepolitik soll im Folgenden genauer betrachtet werden. Dabei muss zuerst auf die Anforderungen eingegangen werden, die ein Princeps zu erfüllen hatte. In einem zweiten Schritt sollen die historischen Entwicklungen und Dynamiken betrachtet werden, denen Augustus bei der Auswahl eines Nachfolgers unterworfen war.

Als zentrale Quelle dient die „Historia Romana“, das große Geschichtswerk des Velleius Paterculus.[16],[17] Da Paterculus von etwa 20 vor Chr. bis 30 nach Chr. lebte, schreibt er mit Blick auf die, zu betrachtende Problematik, über Ereignisse seiner eigenen Epoche. Querverweise zu anderen Quellen sind nichtsdestotrotz zwingend erforderlich, da gerade die Nähe des Paterculus zu Zeit, Ereignissen und bedeutenden Personen[18], sein Urteil beeinflusst hat.[19]

Hier werden die Kaiserviten des Sueton, die Annalen des Tacitus und die Res Gestae des Augustus Verwendung finden. Auch auf die Römische Geschichte des Cassius Dio soll ab und zu verwiesen werden. Da eine Angabe aller relevanter Stellen, wie sie im Falle von Sueton, Tacitus und Augustus vorgenommen werden kann, auf Grund des Umfangs der Römischen Geschichte, unmöglich ist, beschränken sich die Fußnoten auf unverzichtbare Passagen oder Empfehlungen zur weiteren Lektüre.

2. Anforderungen an den Nachfolger des Augustus

Welche Anforderungen ein Princeps erfüllen musste, welche Faktoren ihm zu Autorität und Ansehen, im Sinne der augusteischen „auctoritas“[20],[21], verhalfen, lässt sich am besten an Augustus Vita verdeutlichen, die von diesen Anforderungen stark geprägt wurde.

2.1. Herkunft und Familie

Augustus stammte zwar nicht aus einer patrizischen Familie, war aber durch seine Mutter Atia mit den Juliern verwandt.[22] Spätestens seit der Adoption durch Caesar[23], war er entgültig julisch. Herkunft und Familie, beides Traditionswerte aus alter republikanischer Zeit, hatten in Rom immense Bedeutung. Augustus Herkunft war weniger nobel als die bedeutender Zeitgenossen. Sein Gegner Marcus Antonius wies im Bürgerkrieg gern darauf hin.[24] Augustus Bindung an die Julier konnte diesen Makel zum Glück weitgehend ausgleichen. Zumal deren familiärer Status nach den Erfolgen Caesars immens gewachsen war. Eine noble Herkunft, eine noble Familie und Verbindungen zu den Juliern[25] gehörten dennoch geschlossen zu den Voraussetzungen, die ein geeigneter Nachfolger im besten Fall erfüllen konnte.

2.2 Militärische und politische Erfolge

Augustus zehrte nicht nur vom Ruhm seiner Ahnen und Familienmitglieder, er zehrte vor allem von seinen eigenen Erfolgen. Hier sei als Beleg auf die „Res Gestae“ verwiesen, die im Grunde eine Auflistung dieser Erfolge sind. Im Vordergrund stehen militärische Siege.[26],[27] Erfolgreiche Feldherrn, die Wohlstand nach Rom brachten, waren hoch angesehen. Gleiches galt, wenn auch in geringerem Maße, für erfolgreiche Politiker.[28] Augustus’ Nachfolger musste demnach in beiden Bereichen überzeugen.

2.3 Finanzielle Mittel

In den „Res Gestae“ sind mehrere Abschnitte direkt und indirekt den Ausgaben des Augustus gewidmet.[29] Der Princeps gab Geld für die Bürger Roms und die Bürger des Reiches aus. Dieses Geld entnahm er nicht ausschließlich der Staatskasse. Häufig griff Augustus auf eigene Mittel zurück[30]. Zwar wusste er, wie er diese Mittel aus dem Staatshaushalt auffüllen konnte – Sein Nachfolger musste aber zweifelsfrei über ein gewisses Startkapital verfügen und sei es nur, um, in den ersten Wochen und Monaten seiner Regierungszeit das Volk bei Laune zu halten. Augustus hatte natürlich die Möglichkeit seinem Nachfolger sein Privatvermögen zu vererben. Fast ebenso, wie Caesar einst Augustus beerbt hatte. Letztendlich sollte Augustus auf genau diese Möglichkeit zurückgreifen[31]. Deshalb können die finanziellen Aspekte, auch wenn sie natürlich nicht unbedeutend sind, in unserer Betrachtung außer Acht gelassen werden.

3. Augustus und seine Favoriten

Noble Herkunft, Zugehörigkeit zu einer noblen Familie, Verbindungen zu den Juliern, militärische und politische Erfolge - Welche Männer im Umkreis des Augustus erfüllen nun alle, oder zumindest möglichst viele, dieser Anforderungen? Welche Männer hatte Augustus bei der Regelung seiner Nachfolge im Auge?

3.1 Marcellus und Agrippa

Gehen wir chronologisch vor und beginnen mit Marcus Claudius Marcellus,[32] den man laut Velleius Paterculus seinerzeit „für den Nachfolger in [Augustus’][33] Machtstellung [hielt]“. Marcellus Claudius war der Sohn von Octavia, der Schwester des Augustus.[34],[35] Als Claudier mit julischem Blut vereinte sich in ihm der Status zweier bedeutender Familien.[36] Marcellus war mit Julia, der Tochter des Augustus verheiratet[37],[38] - Ein weiterer Punkt, der dafür spricht, dass er als Nachfolger vorgesehen war. Nicht nur nach Herkunft und Familie, sondern auch militärisch und politisch schien Marcellus vielversprechend. Mit 13 Jahren begleitete er den Triumphzug nach der Schlacht von Actium[39]. Mit 19 Jahren wurde er, weit vor der Zeit, Ädil. Seine Rivalen, allen voran Agrippa und Tiberius, beäugten ihn argwöhnisch. Zu ihrem Glück starb Marcellus 23 v. Chr. Augustus sollte seinen „Nachfolger“ überleben. Um stattliche 37 Jahre![40]

[...]


[1] Biografische Details zu Caesar, sofern nicht separat belegt, nach Alfred Klotz, Vgl. RE, 19. Band,
Stuttgart 1918, S. 186 – 275.

[2] Ernst Baltrusch, Caesar und Pompeius, Darmstadt 2004, S. 134.

[3] Biografische Details zu Augustus, sofern nicht separat belegt, nach Kurt Fitzeler & Otto Seeckt,
Vgl. RE, 19. Band, Stuttgart 1918, S. 275 – 380.

[4] Vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte, 53, 32. 6.

[5] Dass die Republik nicht wirklich wiederhergestellt worden war, verdeutlicht Sueton. Vgl. Sueton, Kaiserviten, Augustus, 28.

[6] Vgl. Velleius Paterculus, Historia Romana, 2, 4.

[7] Vgl. Augustus, Res Gestae, 34.

[8] Vgl. Heinrich Schlange-Schöningen, Augustus, Darmstadt 2005, S. 27 - 28.

[9] Cassius Dio widmet Augustus’ Machtpolitik, inklusive der Frage seiner Gewalten und der Frage nach
der „Erneuerung der Republik“ zu Beginn des Prinzipats ein ganzes Buch in seiner Römischen
Geschichte. Hier lässt sich kein direktes Zitat finden. Vielmehr liegt die Bedeutung in der
Gesamtwirkung. Es sei daher als Literatur empfohlen. Vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte, 52.

[10] Vgl. ebd., 53, 2 – 12.

[11] „Doch nicht durch Königsmacht, noch Diktatur [wie Caesar], sondern unter dem Titel eines
Oberhauptes“
, Tacitus, Annalen, 9.

[12] Hierzu gibt Cassius Dio eine treffende Einschätzung in der er auch nocheinmal auf die Gewalten und
Rechte des Augustus eingeht. Vgl. ebd., 53, 17.

[13] A.a.O. Caesar und Pompeius, S. 134.

[14] Vgl. a.a. O. Augustus, S. 5.

[15] Das musste sie aber werden, wenn Augustus, wie Sueton berichtet, wünschte, dass die Verfassung, die
Grundlagen des Staates, die er geschaffen hatte, seinen Tod überdauerten. Vgl. a.a.O. Kaiserviten,
Augustus, 28.

[16] Gewidmet Marcus Vinicius anlässlich dessen Konsulat (30 n. Chr.), Vgl. a.a.O. Historia Romana,1, 8,1.

[17] Die heute vorliegende Version der basiert auf einem Codex von Beatus Rhenanus, der im
Jahr 1515 im elsässischen Kloster Murbach entdeckten wurde und in einem sehr schlechten Zustand
war. Der Codex wurde von zwei Schülern des Beatus Rhenanus abgeschrieben. Die Originalhandschrift
ging verloren, die Abschriften der beiden Schüler blieben erhalten. Die zweite wurde 1834
in Basel entdeckt. Beatus Rhenanus gab dem Werk des Velleius Paterculus nachträglich den Titel
Historia Romana. Der Originaltitel ist nicht überliefert. Vgl. Marion Giebel, „Kommentar zum
lateinischen Text“ in: Velleius Paterculus, Historia Romana, Stuttgart 1992, S. 279., Vgl. M. Schanz,
„Velleius Paterculus“ Paterculus, in: W. Otto (Hg.), „Geschichte der römischen Literatur“, 2. Teil,
München 1959, S. 587.

[18] Paterculus stammte aus einer Ritterfamilie. Er war Reiteroberst unter Gaius und Tiberius. Tiberius
verdankte er seinen späteren Aufstieg, d.h. seine politische Karriere. Vgl. ebd., 2, 104, 3 u. 2, 124, 4.

[19] Vor allem in Hinblick auf seinen Förderer Tiberius, den er in ein außergewöhnlich gutes Licht rückt.

[20] Vgl. a.a.O. Res Gestae, 34.

[21] Vgl. a.a.O. Augustus, S. 6.

[22] Vgl. a.a.O. Kaiserviten, Augustus, 4, 1.

[23] Vgl. ebd, 7, 2.

[24] Vgl. a.a.O. Kaiserviten, Augustus, 4, 2.

[25] Vgl. a.a.O. Augustus, S. 139 u. 141.

[26] Vgl. a.a.O. Res Gestae, hier v.a. 3 – 4 u. 25 – 27 u. 29 – 33.

[27] Vgl. Historia Romana, 2, 6.

[28] Vgl. a.a.O. Res Gestae, hier v.a. 5 – 8 u. 10 u. 15 – 16 u. 34.

[29] Vgl. ebd., hier v.a. 15 – 24 u. Z. 1 – 4.

[30] Vgl. ebd., hier v.a. 15 u. 17 – 18 u. 21 u. Z. 1 – 4.

[31] Vgl. Annalen, 8.

[32] Biografische Details zu Marcellus, sofern nicht separat belegt, nach Friedrich Münzer, Vgl. RE, 6.
Band, Stuttgart 1899, S. 2764 – 2770.

[33] Im Original wird Augustus hier als „Caesar“ bezeichnet.

[34] Vgl. a.a.O. Historia Romana, 2, 93, 1.

[35] Vgl. a.a.O. Kaiserviten, Augustus, 63, 1.

[36] Vgl. a.a.O. Historia Romana, 93 1.

[37] Vgl. ebd.

[38] Vgl. a.a.O. Kaiserviten, Augustus, 63, 1.

[39] Vgl. Sueton, Kaiserviten, Tiberius, 6, 4.

[40] Vgl. a.a.O. Historia Romana, 2, 123, 2.

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Die Nachfolge des Augustus
Sous-titre
Eine Ausnahmeregelung und ihr Weg zum Verfassungsgrundsatz
Université
Free University of Berlin  (Friedrich Meinecke Institut)
Cours
Einführung Alte Geschichte, Thema: Augustus
Note
2.0
Auteur
Année
2009
Pages
17
N° de catalogue
V130227
ISBN (ebook)
9783640385843
ISBN (Livre)
9783640386277
Taille d'un fichier
477 KB
Langue
allemand
Annotations
Die Note kam durch die Tatsache zustande, dass diese Seminararbeit als Quelleninterpretation abgegeben wurde. Ansonsten wäre das Ergebnis deutlich besser gewesen.
Mots clés
Nachfolge, Augustus, Eine, Ausnahmeregelung, Verfassungsgrundsatz
Citation du texte
Stefan Noack (Auteur), 2009, Die Nachfolge des Augustus , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130227

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