Filmanalyse: 5x2 (Fünf mal Zwei) von François Ozon


Hausarbeit, 2008

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung als Ausgangssituation

II. Ziel der Arbeit – Identifikation vs. Interpretation

III. Inhalt – ein ausfallend offenes Ende

IV. Diskurs der Sexualität – Fantasie vs. Realität

V. Szenenanalyse
1.Episode: Der Mann als das schwächere Geschlecht
2.Episode: Ein Mann unter Männern
3.Episode: Mann, Vater, Verräter
4.Episode: Ein Mann, ein Wort, ein Schlafen
5.Episode: ein Mann, zwei Frauen, kein Ende

VI. Schlusswort – Happy Beginning

VII. Resümmee – Macht und Ohnmacht der Liebe

VIII. Quellen

I. Einleitung als Ausgangssituation

Es gibt Filme, die man nicht gleich vergisst, gerade weil man sie gleich wieder vergessen wollte. „Wir haben uns nichts mehr zu sagen“, sagt man ja auch nur, weil man das Gegenteil herbei reden will. Dieser hehre Satz der Zweisamkeitsgeschichte kommt auch in dem Film 5x2 von François Ozon vor. Ziemlich am Anfang, als man noch nicht den Mut verloren hat, einfach weiter zu treiben in ansehnlichen Bildern mit den üblichen filmischen Geschmacksverstärkern. Aber was bleibt dann in Erinnerung von diesem schönen Film, einem Liebesfilm, oder besser, ein: So- sieht-es-aus-wenn-die-Liebe-verloren-geht-Film? Was bleibt an den Sinnen haften, außer der wunderbaren Musik, voller Melancholie und Hingabe? Die bittere Erkenntnis, dass Liebe scheitert, immer wieder, unerbittlich? Deckt der Film das auf? Will er uns vorführen, dass aus einer anfänglichen Affäre, Verliebtsein, Heirat, gemeinsamem Kind, dann doch getrennte Wege in die Wirklichkeit des jeder-für-sich münden? Dass alles immer wieder von vorne beginnt? 5x2 ergibt zehn, geht man vom Mathematischen, vom rein Rationalen aus. Das geht mir schon mal nicht auf, weil Liebe ja ohnehin als die unberechenbarste aller Gleichungen gilt. Anstatt dieses kryptischen Titels hätte ihm schon eher ein plakatives „Wen die Liebe anfällt...“ gereicht. Weniger ist mehr. Und ganz Gegenteil von Rechnen.

II. Ziel der Arbeit – Identifikation vs. Interpretation

Gewissermaßen mit Abstand betrachtet François Ozon die filmwissenschaftliche Interpretation seiner Filme: „Ich versuche eher, poetische Gefühle zu finden“, sagt er. „In Frankreich gibt es eine große Tradition, Filme zu analysieren und zu interpretieren. [...] Ich wollte dem Publikum die Möglichkeit geben, sich selbst auszumalen, was hier passiert ist.“1 Demzufolge ist sein vordergründiges Ziel, Gefühle zu wecken. Das bedeutet, dass die Zuschauer ihren eigenen persönlichen Zugang finden sollten. Weitere Schwierigkeit bei der Analyse seines Filmes liegt in der geringen Anzahl wissenschaftlicher Auseinandersetzungen begründet. Aus diesem Grund berufe ich mich größtensteils auf mein eigenes Verständnis. Die Charakterisierung des Mannes und der Umgang mit Sexualität der Filmfiguren soll mein mittelbarer Untersuchungsgegenstand sein, um Aussagen miteinander zu verbinden und Zusammenhänge aufzuzeigen. Pöhnert spricht in diesem Kontext vom stetigen Diskurs über Sex der Filmkonstellationen, die oft in einer Fantasiewelt gefangen sind, welche sie nicht mit der Wirklichkeit vereinbaren können. Hierbei geht es vorrangig um Vorstellungen und Wünsche der Protagonisten. Die dargestellten Personen werden verwendet, „um sexuelle Spielarten und unterschiedliche Lebenseinstellungen miteinander zu konfrontieren“.2

Meine Wahl fiel auf diesen Film, da sich das Verhalten und (Re-)Agieren des Mannes in der Rolle des Gilles, von einer zur anderen Episode bemerkenswert wandelt und derartig gegensätzliche Züge annimmt: vom Liebenden zum Hassenden, vom Vergewaltiger zum fürsorglichen Vater. Dies liegt zum einen natürlich an den Umständen, die das Paar umwuchern, zum anderen auch an der Zeit, die vergeht und die die meisten inneren Veränderungen eines Menschen zwangsläufig nach außen kehrt. Diese Wandelbarkeit möchte ich an einzelnen Szenen veranschaulichen und klar machen, welche Position Gilles in diesem Film einnimmt und welches Bild von einem Mann er hinterlässt. Eine Perspektive, aus der mein Blick herum zu irren scheint, in rasender Bewegung, der unglaublichen Wandelbarkeit zweier Menschen folgend.

III. Inhalt – ein ausfallend offenes Ende

Die Story räumt den Gefühlen für-ein-ander verdächtig viel Spielraum ein. Es ist die Geschichte eines jungen Paares, dessen Leben in fünf Episoden erzählt wird. Das Eigentümliche daran ist, dass sie von ihrem Ende aus handelt. Rückgespult, mit ähnlichen Macken, wie sie von alten Kassettenrecordern überliefert sind. Eine rumpelnde Wiederkehr Rückschau der Ereignisse.

Das Paar sitzt beim Scheidungsrichter und versichert mit diversen Unterschriften dem Allmächtigen, Vater Staat und all den anderen Unbeteiligten auf verschiedenen Formularen, sich voneinander trennen zu wollen. „Am Anfang war das Happy End...“ wird der Titel unterlegt, mit Glück, Trauer, Liebe, Leid und Hoffnung beschrieben. Der französische Regisseurs erzählt rückwärtig gewandt die Geschichte der Liebe zwischen Marion (Valéria Bruni-Tedeschi) und Gilles (Stéphane Freiss), und wie sie die unterschiedlichen Etappen im driftenden Miteinander erleben. Hin und her sind Lebenselexier. Und nicht wenigen Menschen liegt im Blick zurück die meiste Zukunft. Da hat er uns schon mal kurz erwischt. In diesem Sinne scheint auch die antichronologisch Erzählweise geradezu gerecht. Dieser Film wird als das emotionalstes Werk von Ozon bezeichnet. Das ist es, was den Zuschauer im Film versinken lässt. Wohl nicht mehr, vielleicht sogar nicht weniger.

Warum ist es zu der Trennung gekommen, deren öffentliches Gütesiegel Scheidung heißt? Während etliche andere Filme ähnlichen Sujets ein solches Ende allenfalls hinhauchen, wird hier die Frage nach dem „Warum“ gleich zu Beginn in den Raum geschrien. Die Geschichte findet ihre Erklärung, sie gibt uns Antwort auf die Eingangsszene, die besiegelten getrennten Wege. In meinen Augen wirft sie allerdings genau dadurch noch mehr Fragen auf. Fragen der Unumstößlichkeit der vereinbarten Trennung, ob die Liebe die beiden am „Ende“ doch wieder zusammen führen kann oder auch, ob es tatsächlich so ist, dass die Liebe, durch den gezeigten Schluss ihrer selbst erst zum Anfang kommt oder von „Anfang an“ gescheitert ist. Insofern gibt der Film genauso wenig Auskunft, wie ein offenes Ende. Fest steht wohl, dass man einen Film, in dem eine Scheidung den letzten Ausweg zweier Menschen voneinander vorführt, die sogar noch an den Beginn gestellt wird, die eine große Liebe zwischen den beiden wohl nicht so recht abkaufen kann. Und doch eher die ganze Zeit darauf bedacht ist, wie sich das unabwendbare Unglück entwickelt, rückwirkend versteht sich, in scheinbarer Harmonie endend, quasi noch leuchtender beginnend. Es empfehlen sich: ein skeptischer und ein zweifelnder Blick.

IV. Diskurs der Sexualität – Fantasie vs. Realität

Die Sexualität der Protagonisten wird in 5x2, wie auch in vielen anderen seiner Filme in den Mittelpunkt gestellt. Aus diesem Grund ist es zunächst von Interesse, das Augenmerk auf die Wichtigkeit und Auswirkung entsprechender Darstellungen zu lenken.Wie oben bereits erwähnt nehmen die Fantasien der Darsteller eine sehr zentrale Stellung ein. Gilles und Marion haben jeder für sich Vorstellungen von anderen Geschlechtspartner als dem eigentlichen. So gibt die frisch vermählte Ehefrau ihrer Versuchung bereits in der Hochzeitsnacht nach und betrügt ihren Mann.3

„Die sexuelle Stimulation durch den jeweiligen Partner scheint offenbar nicht auszureichen, so dass zu Hilfsmitteln gegriffen werden muss. Diese dienen einerseits zur Verführung und Lockerung (bei Unbekannten), sollen aber auch das sexuelle Erlebnis selbst intensivieren (in Beziehungen).“4

In diesem Zusammenhang stehen sich bei Ozon die Lebensentwürfe von Treue und Polygamie mit einer wilden und ungezügelten Sexualität gegenüber, da monogame Beziehungen als nicht möglich verdeutlicht werden. Dieser erste Entwurf endet zwangsläufig damit, dass einer der Partner aus diesem Gefüge ausbricht, woraus das Chaos zu entstehen scheint. Das Ausleben dieser Fantasien führt jedoch zur Katastrophe, in diesem Fall zur Scheidung. Dies hängt zwar nicht ausschließlich damit zusammen, zeigt jedoch Unsicherheiten im Umgang mit der Realität.

In diesem Sinne kann das Ausbrechen aus dem Alltag ebenso als Akt der Befreiung gesehen werden. Betont werden sollte an dieser Stelle, dass es Ozon trotz vieler harter sexueller Darstellungen wichtig scheint, auch den sanften Teil der Beziehung zweier Menschen nicht ungeachtet zu lassen. So sind die Authentizität aber auch die Darstellungen von feinen Details und der Suche nach Vertrautheit für die Inszenierungen maßgebend.5

V. Szenenanalyse

Im Folgenden möchte ich die einzelnen Szenen analysieren, ihre Gewichtung die Charakterisierung der Figuren und deren Sexualität betreffend beschreiben.

1.Episode: Der Mann als das schwächere Geschlecht

Marion ist die Stärkere von beiden. Während der Scheidungs-Prozedur scheinen beide traurig zu sein, aber ihrer Entscheidung auch mit einem großen Maß an Gelassenheit gegenüber zu stehen. Sie wirkt in sich gekehrt, lässt offensichtlich keine Gefühle nach außen, während man ihm deutlich anmerkt, dass er sich der Entscheidung doch nicht so sicher ist. Dies wird um so offenkundiger in der nächsten Szene, als sich das frisch getrennte Paar in einem Hotel verabredet, um miteinander zu schlafen und er sie fürsorglich fragt, ob er besser die Gardine zuziehen solle. Sichtlich abhängig von ihrer Entscheidung deutet sich so seine immer noch starke Liebe zu ihr an, während sie sich wie eine scheues Mädchen, aber auch mit einer kühlen Distanz, ins Bett begibt. Offenbar nimmt er die schwächere Position von beiden ein, auch wenn spürbar wird, dass es Marion nicht egal ist, was gleich zwischen ihnen geschehen soll. Auffällig, dass er sie wohl noch immer liebt, wird es in dem Moment, als man an seinem Finger noch den Ehering sieht, während sie ihren schon abgelegt hat. Auch als sie von ihm geküsst werden will und er sie stattdessen erst einmal streichelt, ist dies eine Geste von gewisser Demut. Allerdings wandelt sich das Bild abrupt, als er spürt, dass sie keine Lust am Sex mit ihm hat. Umso mehr will er sie in diesem Moment besitzen. Und vergewaltigt sie. „Die gewalttätige Vereinigung nach der Scheidungszeremonie zeigt den männlichen Glauben an den körperlichen Besitz des anderen als grundlegende Komponente.“6 Ob dies nun aus seiner Sicht ein angestrengter Akt der Liebe oder eher der seines rohen Triebes war, bleibt offen. Ich hätte es wissen wollen. Einerseits könnte ich diese Szene eindeutig aus seinem verzweifelten Liebesbedürfnis ihr gegenüber verstehen, allerdings kann dieses Argument Marion bezüglich keineswegs geltend gemacht werden. Er tut ihr auf brutale Art weh, vielleicht ist es nicht seine Absicht, was den Umstand nicht mildert. Er versucht mit aller Gewalt seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen. Damit macht sich Gilles jedoch nur vor dem Publikum zu einem unguten Clown. Marion unterdrückt er schon bewusst. Während er seinen Gefühlen mit rabiatem Willen Geltung verschafft, weint sie leise und versucht, trotz ihrer Verletztheit, ihre Gefühle vor ihm zu verbergen. Wieder nur der Zuschauer erhält Einblick. Allein dadurch gewinnt sie Stärke, wohingegen Gilles trotz seines abscheulichen Kraftakts zum Schwächling herunterkommt. Hierbei spielen weniger Worte eine entscheidende Rolle, als vielmehr die Nahaufnahmen von Mimik und Gestik, was den Film so besonders macht. Entscheidend für diese Episode ist die geistige Abwesenheit Marions und die körperliche Übermacht von Gilles. Ihr gegenüber exerziert er regelrecht seine Liebe, sich selbst will er damit womöglich Fehler eingestehen. Seine Verzweiflung steht ihm ins Gesicht geschrieben, ihre verbirgt das Kissen.

Während sich sein Glaube auf die freie Verfügbarkeit Marions bezieht, wird diese allerdings zusehend von der Realität eingeholt. Beide scheinen in dieser Szene wehrlos zu sein, und ebenso bemitleidenswert. Macht und Unterwerfung tanzen einen vergeblichen Reigen der Zweisamkeit, wie er einsamer nicht hätte dargestellt werden können.

[...]


1 Ozon. In: Greuling (2003) S. 3. unter: http://www.ikonen-magazin.de/artikel/Ozon.htm (10.04.2008)

2 http://www.ikonen-magazin.de/artikel/Ozon.htm (10.04.2008) 4

3 http://www.ikonen-magazin.de/artikel/Ozon.htm (10.04.2008) 5

4 http://www.ikonen-magazin.de/artikel/Ozon.htm (10.04.2008)

5 Ebd. (10.04.2008)

6 Schaar (2004): S. 35. unter: http://www.ikonen-magazin.de/artikel/Ozon.htm (10.04.2008)

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Filmanalyse: 5x2 (Fünf mal Zwei) von François Ozon
Hochschule
Bauhaus-Universität Weimar  (Fakultät Medien)
Veranstaltung
Männerfilm
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V130610
ISBN (eBook)
9783640382125
ISBN (Buch)
9783640382248
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Filmanalyse, Zwei), François, Ozon
Arbeit zitieren
Katharina Bucklitsch (Autor:in), 2008, Filmanalyse: 5x2 (Fünf mal Zwei) von François Ozon, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130610

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