Theologisch-anthropologische Auseinandersetzung: Autonomer Individualismus versus Relationalität


Seminararbeit, 2006

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

I. Einleitung

II. Der Mensch als durch seine Beziehungen konstituiertes Wesen
II.1. Die Relation zwischen Individuum und Gesellschaft
II.2. Beziehungen als konstitutives Element des Menschseins
II.3. Relationale Phänomene

III. Die Gottesrelation des Menschen
III.1. Die Frage nach dem Ursprung
III.2. Der Mensch als ein konstitutiv auf Gott ausgerichtetes Wesen

IV. Relationalität des Menschen am Beispiel der Wirtschaft.
IV.1. Unternehmensethik als Ordnungselement in Ökonomischen Prozessen
IV.2 Unternehmensethik am Beispiel der Mitbestimmung der „Arbeiter“

V. Schlussbemerkung

VI. Literaturverzeichnis

Theologisch-anthropologische Auseinandersetzung:

Autonomer Individualismus versus Relationalitä

I. Einleitung

Die vorliegende Arbeit befasst sich im Rahmen der Übung „Der homo oeconomicus aus wirtschaftsethischer Sicht“ mit einer Gegenüberstellung des Welt- und Menschenbildes zweier ethischer Sichtweisen: Des Modell des Homo Oeconomicus auf der einen Seite, die Theologische Anthropologie auf der anderen, oder schlagwortartig formuliert: „Autonomer Individualismus versus Relationalität“

Das idealtypisierende Modell des Homo Oeconomicus entwirft den Eigennutz maximierenden Akteur, der an seine sämtlichen Handlungen den Maßstab der Ratio anlegt. Es ist evident, das dieses Modell das „Menschsein“ nur unzureichend erklärt und das die Handlungen des Individuums zutiefst von anderen Variablen kultureller, politischer, oder religiöser Natur geprägt sind.[1] Mitnichten also ist der Mensch idealtypisch ein isolierter Egoist. Die theologische Antrophologie, sieht den Menschen als Beziehungswesen, das heißt, das er von Geburt an in Relation zu anderen Menschern und in letzter Konsequenz zu Gott steht und sich eingebettet in dieses Netz von Relationen gar nicht autonom entwickeln kann, sondern das seine Eigenständigkeit lediglich darin besteht aus Verschiedenen ihm zugänglichen relationalen Optionen entsprechend seiner bisherigen „Verstrickungen“ zu wählen.

Die Theologische Antrophologie ist wohlgemerkt nur ein Modell von vielen, welche diesen Ansatz eben aus einem dezidiert theologischen Blickwinkel vertritt.

Im Folgenden soll diese Theorie vom konstitutiven „in Beziehung sein“ des Menschen vor dem Hintergrund des Spannungsfeldes zwischen Individuum und Gesellschaft unter verschiedenen Aspekten erläutert werden. Nach einem kurzen historischen Abriss folgt eine Darstellung des eigentlichen theoretischen Ansatzes und der verschiedenen dem Menschen zugänglichen relationalen Phänomene. Der zweite Teil soll skizziert die theologische Gottesbeziehung des Menschen als Ursprungsbeziehung. Zuletzt soll auf die Relationalität des Menschen im Hinblick auf ökonomisch-wirtschaftliche Prozesse eingegangen werden um zu zeigen, das auch in Diesen das Modell des nutzenmaximierenden egoistischen Akteurs keineswegs als das effizienteste zu betrachten ist.

Diese Arbeit will und kann aufgrund des vorgeschriebenen Umfanges keine vollständige Reflexion der Thematik bieten und fasst im wesentlichen die Aussagen der dem Referat zugrundeliegenden Aufsätze zusammen. Zur weiteren Vertiefung und Bewertung der Materie sei der interessierte Leser auf die benutzten Werke, vor allem auf die für die Konzeption der Veranstaltung grundlegende Arbeit „Der homo oeconomicus“ von Alexander Dietz[2] und deren weiterführende Literaturverzeichnisse verwiesen.

II. Der Mensch als durch seine Beziehungen konstituiertes Wesen

II.1. Die Relation zwischen Individuum und Gesellschaft

Sowohl Theologie als auch Ökonomie beschäftigen sich mit dem Verhältnis zwischen dem Individuum und der Gesellschaft. Diese Fragestellung ist elementar und hatte zu allen Zeiten zu gesellschaftlichen Krisen geführt, wie etwa der Kollision zwischen dem in sich geschlossenen christlichem Heilsplan, dem das Individuum als gesellschaftliche Größe fremd war und der Wiederentdeckung der Persönlichkeit in der Renaissance.[3]

Dennoch ist der Individualismus kein Phänomen der Neuzeit. So ist es ja eine der wesentlichen Grundüberzeugungen des Christentums, das Gott ja jedes Individuum ungeachtet seines Standes sucht und liebt.

Jedoch konnte sich der Gedanke dieser Unterschiedlosen Liebe erst in der Neuzeit zumindest theoretisch im Rechtsverständnis entfalten. Die Grundrechte, also die Reserverechte des Einzelnen gegenüber dem Staat, beruhen ja ausgehend vom christlich-abendländischen Hintergrund auf Prinzipien des Naturrechts, dem Widerstandsrecht des Einzelnen und dem Gedanken der allgemeinen Freiheit eines Christenmenschen.

Ohne den christlichen Hintergrund können diese Rechte als Ausdruck einer völligen Verpflichtungslosigkeit des isolierten Individuums gegenüber den übrigen Individuen verstanden werden. Dieses Fehlen gebar den abstrakten modernen Individualismus, den Antagonismus des Individuum gegenüber der Gesellschaft, befruchtet durch die Säkularisierung des christlichen Grundrechtsgedanken hervorgegangen.

Das diese dennoch in Gemeinschaft leben, wurde durch Theorien wie dem Gesellschaftsvertrag, nachdem sich der Einzelne zu seinem Vorteil der anderen bedient, erklärt. Auch der klassische homo oeconomicus steht als Einzelner der Gesellschaft gegenüber, der er das für sich optimale abzutrotzen sucht.

Zwar berücksichtigen Modifizierungen des „Robinson-Modells“ auch soziale Institutionen, doch ist die Grundtendenz des Ethos des Modells des Homo Oeconomicus beziehungslos individualistisch.[4]

II.2. Beziehungen als konstitutives Element des Menschseins

Das Modell des Homo Oeconomicus ist somit eine unzureichende Beschreibung des Menschen. Viele Philosophen, wie die Stoiker Platon, Aristoteles in seiner Ethik oder Rousseau in seiner Emile, legen dar, dass der Mensch als Gemeinschaftswesen existiert und in der Gemeinschaft aufgeht. Individuelle Interessen müssen mit dem der Allgemeinheit harmoniert werden, um das Gut des „Gemeinsamen Lebens“ nicht zu gefährden. Daraus folgt: Der Mensch ist ein Beziehungswesen.

Er ist eine Instanz der Welt in Interdependenz mit anderen Instanzen der Welt. Dies ist für sein Menschsein konstitutiv. Er steht in wechselseitiger Beziehung zu seiner Umwelt. Er wird beeinflusst und beeinflusst selbst.[5] Sein Leben findet zwischen den Polen Individualität und Sozialität statt.[6]

Ontologisch grundlegend und jede Umweltbeziehung erst ermöglichend ist das Verflochtensein des Menschen mit seiner personalen und nichtpersonalen Umwelt. Dieses Phänomen ist mit dem Dasein des Menschen gegeben und nicht Resultat seines Handelns.

Der Mensch wählt aus der Summe der ihm offen stehenden Möglichkeiten und Beziehungen aus und die Summe seiner Handlungen charakterisiert ihn.[7]

Nach Martin Bubers (1878-1965) „Ich-Du“ Philosophie wird Ein ICH erst durch eine Beziehung zu einem DU konstituiert. Seine spezifisch menschlichen Eigenschaften erhält der Mensch erst durch den kommunikativen Umgang mit anderen Menschen: Vernunft Sprache und dergleichen mehr.

Relationen sind ontologisch primär. Von der Sekunde seiner Empfängnis ist Biographie des Menschen Geschichte seiner Beziehungen zu Anderen. Für die Identitäts- und Persönlichkeitsentwicklungen spielen Sozialbeziehungen die entscheidende Rolle, oder wie es Jüngel ausdrückt: Konstituiv zum Menschsein des menschlichen Ich gehört, sich selbst aus der Begegnung mit einem anderen zu empfangen.[8]

[...]


[1] Vgl.: Schmidt, Wörterbuch, S. 304.

[2] Dietz, Alexander: Der homo oeconomicus. Gütersloh 2005.

[3] Vgl.: Dietz, Homo oeconomicus, S. 249; Härle, Philosophie, S. 211.

[4] Vgl.: Dietz, Homo oeconomicus, S. 250.

[5] Vgl.: Dietz, Homo oeconomicus, S. 249; Härle, Philosophie, S. 211.

[6] Vgl.: Dietz, Homo oeconomicus, S. 250.

[7] Vgl.: Härle, Philosophie, S. 213.

[8] Vgl.: Dietz, Homo oeconomicus, S. 250; Jüngel, Mensch, S. 299.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Theologisch-anthropologische Auseinandersetzung: Autonomer Individualismus versus Relationalität
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Wissenschaftlich-theologisches Seminar)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
13
Katalognummer
V130659
ISBN (eBook)
9783640393985
ISBN (Buch)
9783640394296
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theologisch-anthropologische, Auseinandersetzung, Autonomer, Individualismus, Relationalität
Arbeit zitieren
Christian Lannert (Autor:in), 2006, Theologisch-anthropologische Auseinandersetzung: Autonomer Individualismus versus Relationalität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130659

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