Die Gewerbesteuer gilt als umstrittenste Steuerart Deutschlands. Ursprünglich als Objektsteuer konzipiert, wurde sie Teil einiger einschneidender Reformen, die ihre Ausgestaltung und ihr Wesen zum Teil deutlich veränderten, ihre Kritiker allerdings nicht verstummen ließen. Teil der Diskussion sind immer wieder mögliche neue Gestaltungsformen, die von einer Modernisierung oder Revitalisierung bis hin zu einer Abschaffung der Gewerbesteuer reichen.
Mit Hilfe dieser Arbeit erlangt der Leser zunächst einen Überblick über die deutschen Ertragsteuern im Allgemeinen, bevor dann vor allem auf die Gewerbe-steuer im Besonderen eingegangen wird. Im Abschnitt C wird, nach einer Recht-fertigung der Steuerart, auf ihre Wandlung und die Kritik an ihr eingegangen, um sie in das System der Ertragsbesteuerung einzubetten.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem kurzen Ausblick, der sich bei den anhaltenden Diskussionen um diese Steuerart anbietet.
Gliederung
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
A. Problemstellung
B. Ertragsteuern im deutschen Steuersystem
I. Grundzüge der Einkommensteuer und ihrer Zuschlagsteuern
II. Grundzüge der Körperschaftsteuer und ihrer Zuschlagsteuer
III. Grundzüge der Gewerbesteuer
1. Wesen der Gewerbesteuer
2. Steuergegenstand der Gewerbesteuer
3. Steuerschuldner der Gewerbesteuer
4. Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer
5. Korrekturgrößen der Gewerbesteuer
6. Ermittlung und Erhebung der Gewerbesteuer
C. Eingliederung der Gewerbesteuer in die Systematik der Ertragsteuern
I. Rechtfertigung der Gewerbesteuer
1. Nach dem Äquivalenzprinzip
2. Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip
II. Entwicklung der Gewerbesteuer
III. Kritik an der Gewerbesteuer
1. Von Seiten der Gewerbebetriebe
2. Von Seiten der Gemeinden
3. Von Seiten der Wissenschaft
D. Schlussbetrachtung und Ausblick
Literaturverzeichnis
VERZEICHNIS DER RECHTSQUELLEN
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A. Problemstellung
Die Gewerbesteuer gilt als umstrittenste Steuerart Deutschlands.1 Ursprünglich als Objektsteuer konzipiert,2 wurde sie Teil einiger einschneidender Reformen, die ihre Ausgestaltung und ihr Wesen zum Teil deutlich veränderten, ihre Kritiker allerdings nicht verstummen ließen. Teil der Diskussion sind immer wieder mögliche neue Gestaltungsformen, die von einer Modernisierung oder Revitalisierung bis hin zu einer Abschaffung der Gewerbesteuer reichen.3
Mit Hilfe dieser Arbeit erlangt der Leser zunächst einen Überblick über die deutschen Ertragsteuern im Allgemeinen, bevor dann vor allem auf die Gewerbesteuer im Besonderen eingegangen wird. Im Abschnitt C wird, nach einer Rechtfertigung der Steuerart, auf ihre Wandlung und die Kritik an ihr eingegangen, um sie in das System der Ertragsbesteuerung einzubetten.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem kurzen Ausblick, der sich bei den anhaltenden Diskussionen um diese Steuerart anbietet.
B. Ertragsteuern im deutschen Steuersystem
Eine allgemeingültige Systematisierung hat sich im deutschen Steuerrecht bislang nicht herauskristallisieren können. Die Gruppierungsmöglichkeiten gelten eher als äußerst vielfältig und unterschiedlich.4
Allerdings hat sich in der Betriebswirtschaftslehre eine Gliederung in Ertrag-, Verkehr- und Substanzsteuern durchgesetzt,5 die sich nach der Einheitlichkeit der Besteuerungsbasis ergibt.6
Als Teil der Ertragsteuern gelten im Allgemeinen die Einkommen-, die Körperschaft- und die Gewerbesteuer. Vervollständigt werden sie mit den so genannten Zuschlagsteuern - der Kirchensteuer und dem Solidaritätszuschlag.7
I. Grundzüge der Einkommensteuer und ihrer Zuschlagsteuern
Die Einkommensteuer ist die bedeutendste Steuereinnahmequelle der Gebietskörperschaften. Sie steht Bund, Ländern und Gemeinden gemeinschaftlich zu8 und erbringt ca. 30% des gesamten Steueraufkommens.9
Gemäß § 1 EStG unterliegen natürliche Personen der Einkommensteuer, wobei der Gesetzgeber zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterscheidet.10
Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht hat zur Folge, dass natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in Deutschland ihre sämtlichen Einkünfte hierzulande zu versteuern haben (Welteinkommensprinzip).11 Beschränkt einkommensteuerpflichtig sind hingegen natürliche Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in Deutschland. Hier gilt das so genannte Territorialprinzip, nach dem nur die inländischen Einkünfte in Deutschland zu versteuern sind.12
Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer bildet der Vermögenszuwachs, der sich durch eine wirtschaftliche Tätigkeit einer natürlichen Person am Markt ergibt. Alle anderen Vermögensmehrungen sind nicht einkommensteuerpflichtig.13 Dabei erfasst das EStG das Einkommen des Steuerpflichtigen nur insoweit, als es ihm aus den in § 2 Abs. 1 EStG aufgeführten sieben Einkunftsarten zugeflossen ist. Die Summe aus diesen Einkünften ergibt nach Abzug verschiedener Posten die endgültige Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer - das „zu versteuernde Einkommen“.14 Auf dieses wird dann in einem förmlichen Verfahren mit einem progressiven Tarif die Einkommensteuerschuld berechnet15 und durch einen Steuerbescheid festgesetzt.16
Seit 1995 wird für die Finanzierung der Einheit Deutschlands ein Zuschlag zur Einkommensteuer erhoben. Diese Ergänzungsabgabe (der so genannte Solidaritätszuschlag) i.H.v. 5,5% wird bei natürlichen Personen auf die festgesetzte Einkommensteuer erhoben.17
Ein weiterer Zuschlag wird durch die Kirchensteuer dargestellt, die als Personensteuer unmittelbar an die Einkommensteuer anknüpft. Dabei sind natürliche Personen, die einer Kirche oder Religionsgemeinde angehören und ihren Wohnsitz in deren Bereich haben, kirchensteuerpflichtig. Die Bemessungsgrundlage ist im Regel-fall die zu bemessende Einkommensteuer. Der Steuersatz schwankt je nach Bundesland zwischen 8% und 9%. Bei sehr hohem Einkommen besteht die Möglichkeit, die Kirchensteuer auf einen Prozentsatz des Einkommens zu begrenzen (Kirchensteuer- kappung).18
II. Grundzüge der Körperschaftsteuer und ihrer Zuschlagsteuer
Der Körperschafsteuer unterliegen gemäß § 1 KStG Kapitalgesellschaften, Erwerbsund Wirtschaftsgenossenschaften, Vereine, Anstalten und Stiftungen sowie Betriebe gewerblicher Art juristischer Personen des öffentlichen Rechts.19 Wie schon bei der Einkommensteuer unterscheidet der Gesetzgeber auch bei der Körperschaftsteuer in eine unbeschränkte20 und in eine beschränkte21 Steuerpflicht. Analog zum EStG gilt bei einem Hauptsitz oder Sitz der Geschäftsleitung in Deutschland das Welteinkommensprinzip, während ausländische Körperschaften nur ihre inländischen Einkünfte in Deutschland versteuern müssen.22 Als Bemessungsgrundlage wird für die Körperschaftsteuer das zu versteuernde Einkommen herangezogen. Nach der vollständigen Novellierung zum Jahre 2001 wurde das bis dahin geltende Anrechnungsverfahren, in dem die Einkünfte der Körperschaften gesplittet und mit unterschiedlichen Steuersätzen belegt wurden, durch eine neue Form der Besteuerung ersetzt - dem Halbeinkünfteverfahren.23 Bei diesem wird das Einkommen der Körperschaften stets mit einem Steuersatz von 25% besteuert. Grundlage der Veranlagung sind alle Ausschüttungen oder andere aus Körperschaften stammenden Erfolge, die dann hälftig besteuert werden.24 Seit dem Jahr 1995 wird auch auf die Körperschaftsteuer ein Zuschlag für die Einheit Deutschlands erhoben. Die Ausführungen, die in diesem Zusammenhang mit der Einkommensteuer gemacht wurden, gelten hier analog.
III. Grundzüge der Gewerbesteuer
1. Wesen der Gewerbesteuer
Als so genannte Real- oder Objektsteuer25 steht bei der Gewerbesteuer nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person, sondern die eines Gegenstandes im Mittelpunkt.26 Dabei sind die persönlichen Verhältnisse (Familienstand, Leistungsfähigkeit, Einkommen oder Vermögen) des Gewerbetreibenden stets zu vernachlässigen.27
Das Steueraufkommen,28 welches sich aus der Erhebung der Gewerbesteuer ergibt, steht den Gemeinden zu.29 Allerdings werden Bund und Länder seit der Gemeindefinanzreform 1969 durch eine Umlage an diesem beteiligt.30
Durch die Hebesetzautonomie31 sind die Gemeinden in der Lage, die Höhe des Gewerbesteueraufkommens zu beeinflussen und individuell an ihren Finanzbedarf anzupassen.32 Eine Beschränkung enthält das Hebesatzrecht seit 2004, als ein Mindesthebesatz von 200% in das Gesetz aufgenommen wurde.33
2. Steuergegenstand der Gewerbesteuer
Nach dem GewStG unterliegt nur der im Inland betriebene Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer.34 Dabei unterscheidet der Gesetzgeber hier in stehende Gewerbebetriebe und Reisegewerbebetriebe.
Unternehmen gelten dann als Gewerbebetrieb, wenn sie durch ihre Betätigung35, ihre Rechtsform36 oder ihren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb37 in das Profil des § 2 GewStG fallen. Ausdrücklich ausgenommen von der Veranlagung zur Gewerbesteuer werden land- und forstwirtschaftliche Unternehmen, sowie Praxen von Frei- beruflern.38 Aus diesem Grunde wird die Gewerbesteuer in der Literatur auch als Sondersteuer für Gewerbebetriebe bezeichnet.39
Als Reisegewerbebetrieb gilt ein Gewerbebetrieb dann, wenn der Inhaber nach den Vorschriften der Gewerbeordnung und den zugehörigen Ausführungsbestimmungen einer Reisegewerbekarte bedarf oder von dieser nur deshalb befreit ist, weil er einen Blindenwarenvertriebsausweis besitzt.40
3. Steuerschuldner der Gewerbesteuer
In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass die sachliche Steuerpflicht von der persönlichen zu trennen ist.41 Dabei charakterisiert die sachliche Steuerpflicht den Gegenstand der Besteuerung (hier: Der Gewerbebetrieb), während die persönliche Steuerpflicht die Frage klärt, wer die, durch die sachliche Steuerpflicht entstandene, Gewerbesteuer zu entrichten hat.42
Steuerschuldner der Gewerbesteuer ist der Unternehmer, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird.43 Dies kann sowohl ein Einzelgewerbetreibender als auch eine juristische Person (insbesondere eine Kapitalgesellschaft) sein.44 Im Gegensatz zum EStG, bei dem der Steuerschuldner immer nur eine einzelne natürliche Person ist, besteht im GewStR auch die Möglichkeit, dass eine Personengesellschaft den Steuerschuldner darstellt.45 In diesem Falle wird nach §5 Abs. 1 GewStG ausdrücklich die Gesellschaft als Steuerschuldner benannt, nicht etwa die einzelnen Gesellschafter.46
4. Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer
Nach § 6 GewStG stellt der Gewerbeertrag die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer dar. Dabei gilt der nach den Vorschriften des EStG bzw. des KStG ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb als Ausgangsgröße.47
Einschränkungen ergeben sich aus dem Inlandscharakter der Gewerbesteuer und aus der Tatsache, dass nur der laufende Erfolg aus Geschäftsbetrieb besteuert werden soll. Dabei ist zu beachten, dass Ertragsanteile, die auf ausländische Betriebsstätten entfallen, bei allen Rechtsformen zu eliminieren sind, während außerordentliche Erträge, die sich aus § 16 EStG ergeben, nur bei natürlichen Personen und Personengesellschaften ausgenommen werden.48
[...]
1 Vgl. Wendt 1987 , S. 1257; Arndt 2001, S. 110.
2 Vgl. Haberstock/Breithecker 2005, S. 76.
3 Vgl. Pfaffernoschke 1990, S. 223 ff; Courage 1991, S. 15 ff; Jachmann 2004, S. 43 ff.
4 Vgl. Schult 1983, S. 75; Selchert 2001, S. 23 ff; Haberstock 2005, S. 7 f.
5 Vgl. Rose 2004, S. 23.
6 Vgl. Selchert 2001, S. 23.
7 Vgl. Selchert 2001, S. 23; Kraft/Kraft 2004, S.2.
8 Vgl. Kraft/Kraft 2004, S. 1.
9 In 2005: Ca. 135,7 Mrd. €; vgl. Bundesministerium der Finanzen 2006.
10 Vgl. Rose 2004, S. 33; Haberstock/Breithecker 2005, S. 51; Stobbe 2005, S. 87 f.
11 Vgl. Haberstock/Breithecker 2005, S. 51; Scheffler 2005, S. 41.
12 Vgl. Scheffler 2005, S. 41 f.
13 Vgl. Scheffler 2005, S. 33.
14 Vgl. §§ 2 Abs. 5, 32a Abs. 1 Satz 1 EStG; Selchert 2001, S. 46.
15 Vgl. Haberstock 2005, S. 55 ff.
16 Vgl. §§ 25 EStG, 150 ff. AO; Daumke 2002, S. 139.
17 Vgl. Stobbe 2005, S. 200.
18 Vgl. Scheffler 2005, S. 280 ff.
19 Vgl. Daumke 2002, S. 206 f.
20 Vgl. § 1 KStG; Stobbe 2005, S. 227.
21 Vgl. § 2 KStG; Stobbe 2005, S. 227.
22 Vgl. Arndt 2001, S. 89; Scheffler 2005, S. 164 f.
23 Vgl. Daumke 2002, S. 205 f.; Haberstock 2005, S. 69 f.; Stobbe 2005, S. 235.
24 Vgl. § 3 Nr. 40 EStG; Rose 2004, S. 174.
25 Vgl. § 3 Abs. 2 AO; Petzold 1991, S. 1; Scheffler 2005, S. 227.
26 Vgl. Rose 2004, S. 207.
27 Vgl. Kraft/Kraft 2004, S. 127; Birk 2005, S. 21; Scheffler 2005, S. 227.
28 In 2005: Ca. 31,0 Mrd. €; vgl. Bundesministerium der Finanzen 2006.
29 Vgl. Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG.
30 Vgl. Art. 106 Abs. 6 Sätze 4, 5 GG i.V.m. § 6 GemFinRefG; Scheffler 2005, S. 232.
31 Vgl. § 16 GewStG.
32 Vgl. Selchert 2001, S. 140; Huber 2004, S. 131; Wüstenhöfer 2005, S. 1.
33 Vgl. § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG; Stobbe 2005, S. 203.
34 Vgl. Daumke 2002, S. 285; Kraft/Kraft 2004, S. 128.
35 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG; § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.
36 Vgl. § 2 Abs. 2 GewStG.
37 Vgl. § 2 Abs. 3 GewStG i.V.m. § 14 AO.
38 Vgl. Arndt 2001, S. 110; Haberstock/Breithecker 2005, S. 76.
39 Vgl. Arndt 2001, S. 110.
40 Vgl. Daumke 2002, S. 285.
41 Vgl. Daumke 2002, S. 287; Rose 2004, S. 210 f; Stobbe 2005, S. 204.
42 Vgl. Daumke 2002, S. 287.
43 Vgl. § 5 Abs. 1 GewStG.
44 Vgl. Rose 2004, S. 211.
45 Vgl. Kraft/Kraft 2004, S. 128.
46 Vgl. Daumke 2002, S. 287.
47 Vgl. Kraft/Kraft 2004, S. 129; Haberstock/Breithecker 2005, S. 76; Stobbe 2005, S. 206.
48 Vgl. § 2 Abs. 1 GewStG; Stobbe 2005, S. 206.
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