Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Stadt Teheran
2.1 Namensherkunft
2.2 Geographie Teherans
2.3 Bedeutung Teherans für den Iran
2.4 Verkehr
2.5 Geschichte
3. Siedlungsstruktur Teherans
3.1 Teheran 1857
3.2 Teheran nach 1874
3.3 Größenentwicklung im 20. Jahrhundert
3.4 Die Verlagerung des Zentrums
3.5 Das Modell der zweipoligen orientalischen Stadt
4. Die Probleme der Expansion Teherans
5. Fazit
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Karte der alten safawidischen Stadt von 1857 mit den fünf Stadtvierteln und sechs Stadttoren
Abb. 2: Teheran nach der Erweiterung 1969-1974
Abb. 3: Die Veränderung der Stadtfläche Teherans
Abb. 4: Transformation Teherans der Jahre 1921, 1956, 1976 und 1996
Abb. 5: Periodische Verlagerung des Stadtkerns
Abb. 6: Teheran um 1970: Stadtstrukturmodell der zweipoligen orientalischen Stadt 10
Anmerkung der Redaktion: Aus urheberrechtlichen Gründen sind einige Abbildung nicht in der Publikation enthalten. Diese können jedoch anhand der Quellenangaben recherchiert werden.
1. Einleitung
Teheran - die Hauptstadt des Iran. Eine der größten Städte der Welt. Eine Stadt, die scheinbar nicht zu wachsen aufhört. Eine Stadt der Träume und der Tränen. Eine Stadt der Sehnsüchte und der Ängste. Eine Stadt mit ungewisser Zukunft.
In der folgenden Hausarbeit wird nach einem Überblick über die grundlegenden Eigenschaften Teherans insbesondere auf die Besiedlungsstruktur im Wandel der Zeit eingegangen. Dabei werden sowohl geschichtliche als auch aktuellere Veränderungen im Fokus stehen, die sich auf die gesamte Stadt, das Zentrum und die innerstädtische Struktur beziehen werden. Anhand von Karten und Diagrammen sollen dabei die jeweiligen Entwicklungen veranschaulicht werden, um die dynamisch fortlaufenden Veränderungen Teherans sowohl im kleineren als auch im größeren Maßstab nachvollziehen zu können. Anschließend werden aus den aus dem Kartenmaterial hervorgegangenen Informationen mögliche Problem- und Konfliktpunkte angesprochen, die sich vor allem auf das rasante Bevölkerungswachstum Teherans beziehen werden. Anhand der eingebrachten Informationen und dargestellten Probleme und Herausforderungen, die damit einhergehen, soll abschließend die Forschungsfrage geklärt werden, ob das Bevölkerungswachstum tatsächlich wie erwartet so negative Auswirkungen auf die Stadt Teheran und sein Umland haben wird.
2. Die Stadt Teheran
2.1 Namensherkunft
Die Bedeutung und Herkunft des Namens „Teheran“ ist nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich setzt sich das Wort „Teheran“ jedoch aus den beiden altpersischen Wörtern „teh“ und „ran“ zusammen, welche so viel bedeuten wie „warmer Ort“. Passend zu diesem Erklärungsansatz gibt es nördlich von Teheran die Stadt „Shemiran“, die in einer kühleren Region liegt und deren Name „kühler Ort“ bedeutet (vgl. BECK 1982). Einer anderen Theorie zufolge könnte der Name „Teheran“ auch von „Tah-Ran“ hergeleitet worden sein, was übersetzt „Untergrund“ bedeutet. Damit könnte auf die unterirdischen Behausungen der ersten schriftlich erwähnten Bewohner der Region angespielt werden (vgl. OHADI 2000: 21).
2.2 Geographie Teherans
Teheran liegt in der gleichnamigen Provinz im Norden des Iran. Im Norden schmiegt sich die Stadt an die Hänge des Elburs-Gebirges. Im Süden hingegen wird Teheran durch die Wüste Dascht-e Kavir begrenzt (vgl. KERBER 2010: 122). Einhergehend mit seiner exponierten Lage auf zwischen 1100 Metern über NHN (Normalhöhennull) und 1700 Metern über NHN, weist Teheran auch innerhalb des Stadtgebietes eine beachtliche Höhendifferenz vor. Mit Wasser wird Teheran über die beiden Flüsse Karadj und Djadjrud versorgt, an denen Staudämme errichtet wurden und auch die vielen offenen Kanäle, „djub“ genannt, mit Wasser füllen (vgl. RASHAD 2008: 99). Klimatisch gesehen herrscht in Teheran trockenes Kontinentalklima mit heißen Sommern und kühlen Wintern. Die Durchschnittstemperaturen liegen dabei im Juli bei ca. 30 °C und im Januar bei ca. 2 °C (vgl. WORLD METEOROLOGIGAL ORGANIZATION 2021).
Laut des Zensus von 2016 leben im Stadtgebiet Teherans rund 8,5 Millionen Menschen. Die Zahl, der sich tatsächlich in Teheran befindenden Menschen, schwankt jedoch stark zwischen Tag und Nacht, da sehr viele Menschen tagsüber in Teheran arbeiten und nachts zuhause im Umland Teherans sind. Somit ist die Zahl der Menschen, die in der gesamten Metropolregion leben, möglicherweise aussagekräftiger, wobei sich die Schätzungen auf bis zu 20 Millionen Einwohner belaufen (vgl. CITYPOPULATION.DE 2021). Die Einwohnerzahl Teherans war jedoch nicht schon immer so hoch, sondern entwickelte sich erst im Laufe der Zeit. Im Jahr 1800, damals noch während der Qadjaren-Dynastie, hatte Teheran noch 15 000 Einwohner, was einer Kleinstadt entspricht (vgl. EHLERS 1980: 483). Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl bereits auf 120 000 und rund hundert Jahre später, Mitte des 20. Jahrhunderts, lag die Zahl bereits bei 1,5 Millionen Einwohnern. Ab den 70er-Jahren stieg die Zahl dann, unter anderem durch Zuzüge aus den westiranischen Provinzen durch den irakisch-iranischen Krieg, weiter an (vgl. RASHAD 2008: 99).
2.3 Bedeutung Teherans für den Iran
Als Metropole und Hauptstadt des Iran ist Teheran gekennzeichnet durch verschiedene Funktionen, die eine sehr zentralisierende Wirkung auf die gesamte Nation ausüben und fast alle Teile des Landes direkt oder indirekt von sich abhängig macht. Zu nennen ist hierbei, dass Teheran sowohl der Verwaltungs- und Regierungsmittelpunkt als auch das internationale Banken-, Versicherungs- und Konzernzentrum des Iran ist (vgl. EHLERS 1980: 483). Zudem stellt Teheran das Handelszentrum des Iran dar und fungiert als größter Industriestandort, an dem über 65 % aller Industriegüter produziert werden, wobei die Textil-, Lebensmittel- und Zementindustrie im Vordergrund stehen (vgl. ZEIT oNLINE 2007). Diese Funktionen und Eigenschaften machen Teheran zur modernen Variante der ehemaligen Hauptstädte des Iran, Isfahan und Shiraz, die ebenso Politik, Wirtschaft und Kultur auf sich ausrichteten und damit sehr zentrierend wirkten.
2.4 Verkehr
Auf internationaler Ebene ist Teheran vor allem durch die beiden großen Flughäfen „Imam Khomeini International Airport“ und „Mehrabad International Airport“ sehr gut angebunden, die auch jeweils beide aus der Stadt heraus mit der U-Bahn zu erreichen sind. Außerdem verkehrt sowohl ein Linienbus als auch ein Zug regelmäßig zwischen Teheran und der türkischen Hauptstadt Istanbul. Innerhalb des Iran ist Teheran durch Busse und Züge hervorragend an alle anderen großen Städte angebunden. Innerhalb Teherans gibt es seit dem Jahr 2000 ein Metronetz, bestehend aus S- und U-Bahnen, die im Tagesdurchschnitt von einer Million Passagieren benutzt wird. Dies macht jedoch nur rund zehn Prozent des täglichen Verkehrsaufkommens aus, weshalb die öffentlichen Hauptverkehrsmittel innerhalb der Stadt weiterhin Busse und Taxis sind (vgl. KERBER 2010: 122 ff.). Die Zahlen werden dabei auf etwa 5000 Busse, sowie 30 000 Taxis geschätzt (vgl. GHARIB 2003: 26 ff.).
2.5 Geschichte
Die erste inschriftliche Erwähnung Teherans kommt aus dem Jahr 942 n. Chr., in welcher eine Ansiedlung mit obstgärten und klarem Wasser beschrieben wird. Die Bewohner dieser Ansiedlung wurden dabei als räuberische Rebellen beschrieben, die in unterirdischen Behausungen lebten (vgl. RASHAD 2008: 99). Als im Jahr 1220 die südlich von dieser Ansiedlung liegende und damals sehr bedeutende Stadt Ray von den Mongolen überfallen wurde, fanden die Bewohner Rays jedoch Zuflucht in den Gängen und Höhlen Teherans und siedelten sich dort an (vgl. KERBER 2010: 123). Allerdings wuchs Teheran, das bis zu diesem Zeitpunkt noch immer ein Dorf war, erst ab dem 16. Jahrhundert, während der Safawiden- Dynastie zu einer kleinen Stadt heran. Es wurde eine erste Stadtmauer aus Lehmziegeln erbaut und es entstand ein Basar in der Mitte des Ortes, der sich noch heute an derselben Stelle befindet. Dennoch war Teheran zum damaligen Zeitpunkt wirtschaftlich und strategisch zunächst weiterhin unbedeutend (vgl. EHLERS 1980: 483). Während der kurzen Dynastie der Zand-Fürsten im 18. Jahrhundert wurde unter dem in Teheran residierenden Karim Khan Zand die Befestigungsmauer verstärkt, um sich besser gegen die Qadjarenstämme zu schützen. Obwohl es Karim Khan Zand schaffte, den Anführer der Qadjaren zu töten und dessen Sohn als Geisel zu nehmen, verlegte er seinen Regierungssitz aus Sicherheitsgründen zurück nach Shiraz. Nach dem Tod von Karim Khan Zand im Jahr 1789, konnte sich der Sohn des ehemaligen Anführers der Qadjaren, Agha Mohammad Khan, befreien, riss mithilfe seines Gefolges die Herrschaft an sich und machte Teheran zu seiner Residenzstadt (vgl. RASHAD 2008: 100). 1796 krönte sich Agha Mohammad Khan zum Schah, wodurch Teheran zur Hauptstadt des Qadjarenreiches wurde, zu diesem Zeitpunkt allerdings immer noch nur rund 15 000 Einwohner hatte (vgl. SEGER 1978: 9). Anfang des 19. Jahrhunderts wurden unter dem Nachfolger Agha Mohammad Khans erste Paläste, Moscheen und Medressen gebaut (vgl. RASHAD 2008: 100). Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die safawidische Stadtmauer eingerissen und durch eine neue Mauer mit 12 Toren ersetzt, welche die fünffache Fläche der vorherigen einfasste. Dieses Projekt wurde unter der Regierung von Nasir al-Din Shah durchgeführt, der sich dadurch erhoffte seine durch Europareisen gewonnenen Ideen zur Stadtplanung umsetzen zu können. Rund 60 Jahre lang war die Größe und Lage der Stadt damit festgelegt. Diese Erweiterung des Stadtgebietes hatte Differenzierungen und verschiedene Entwicklungen innerhalb desselben zur Folge, welche die Stadt nachhaltig prägten (vgl. EHLERS 1980: 485). Erst im Jahr 1934, nach dem Ende der Qadjaren-Dynastie, setzte unter Shah Reza Pahlavi eine neue Phase der städtischen Entwicklung in der Hauptstadt ein. Die qadjarische Stadtmauer wurde eingerissen, Altstadtbauten mussten Neubauten weichen und es entstanden neue Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser, die Universität und der Bahnhof. Die Modernisierung Teherans, das damals rund 250 000 Einwohner zählte, zog zudem viele weitere Menschen an (vgl. KERBER 2010: 123). Ab den 1960er-Jahren wurde durch den wachsenden Autoverkehr damit begonnen, Teheran mit Autobahnen zu versehen, wodurch viele Grünflächen zerstört wurden. Diese wurden gegen Ende des 20. Jahrhunderts jedoch wieder vermehrt neu angelegt, womit Teheran heute mit zu den grünsten Metropolen der Welt zählt (vgl. RASHAD 2008: 102 f.).
3. Siedlungsstruktur Teherans
Teheran hat sich nicht nur im Erscheinungsbild, von der ursprünglichen Ansiedlung mit Obstgärten und klarem Wasser bis hin zur Metropole, verändert, sondern auch in seiner Größe und Lage. Des Weiteren kam es auch innerhalb der Stadt mit der Zeit zu vielfältigen Transformationen und dynamischen Entwicklungen. Dies lässt sich sehr gut anhand von Kartenmaterial und Schaubildern darstellen. Dabei soll der Hauptfokus auf die Zeit ab Mitte des 19. Jahrhunderts gerichtet werden.
3.1 Teheran 1857
Anfang des 19. Jahrhunderts, bereits während der Qadjaren- Dynastie, entstand die erste Karte von Teheran.
zweite Karte entworfen, die mehr als drei Jahrzehnte Gültigkeit besaß (Abb.1). Diese Karte stellt das Stadtgebiet Teherans noch vor dem Abriss der
safawidischen Mauer und der Errichtung der neuen Stadtmauer dar (Khoshnood [2019]:[51]) (vgl. Khoshnood 2019: 49 ff.). Deutlich
zu erkennen ist, in hellblau gekennzeichnet, die Befestigungsmauer um die Stadt, die 1545 von Shah Tahmaseb Safavi erbaut wurde. Außerdem sind die sechs Stadttore eingezeichnet: das Dowlat-Tor und das Shemiran-Tor im Norden, das Dulab-Tor im Osten, das Abdolazira- Tor und das Mohammadieh-Tor im Süden und das Qazvin-Tor im Westen. Innerhalb der Stadtmauern sind zudem die damaligen fünf Stadtteile Chalmeydan, Udlajan, Arg, Sangelaj und der Bazar durch die dünnen roten Linien markiert. Die violetten Punkte umranden die Fläche des Bazars und des Golestan-Palastes, wobei auffällt, dass der Golestan-Palast rund 10 % der gesamten Stadtfläche einnimmt. Teheran hatte damals Schätzungen und Berechnungen zufolge eine Fläche von zwischen 4 km[2] und 5 km[2] (vgl. Ohadi 2000: 22 f.).
3.2 Teheran nach 1874
Befestigungsmauer, die zur Veranschaulichung auch in der vorliegenden Karte eingezeichnet ist. Die neue Mauer wurde in der Form eines gleichseitigen Achtecks angelegt, wobei der Einfluss durch (SEGER 1978: 10) barocke europäische
Befestigungsanlagen, deutlich wird. Die Mauer wurde zu einer Zeit
errichtet, in der gleichzeitig in europäischen Städten diese Art von Stadtmauern beseitigt wurden. Im Falle Teherans sollte die Mauer die Stadt vor schlecht bewaffneten, einheimischen Stämmen geschützt werden. Jedoch sind heute auch von dieser Befestigungsanlage in Teheran keine Spuren mehr vorhanden. Innerhalb der neuen Befestigungsmauer, Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu ersten eindeutigen Viertelgliederungen (vgl. SEGER 1978: 11 ff.). So entwickelten sich vor allem im nördlichen Teil der Stadt mit Gärten umgebene Palastanlagen. Aber auch europäische Gesandtschaften ließen sich nahe dem Gebirge im Norden nieder, wo die Temperaturen im Sommer angenehmer sind und das Wasser klarer (vgl. SEGER 2001: 103). Am südlichen Stadtrand hingegen lagen Ziegelgruben, Töpfereien und der Friedhof. Im Süden, wo es im Sommer deutlich heißer wird als weiter im Norden, entwickelten sich die Viertel der ärmeren Bevölkerungsschichten (vgl. SEGER 1978: 11 ff.).
[...]