Diese Arbeit liefert eine Betrachtung der Aspekte saisonaler Arbeitslosigkeit anhand des flächengrößten Landkreises in Nordrhein-Westfalen. Dabei bedienen wir uns konkret der Beispiele betroffener Branchen im Hochsauerlandkreis, um einige besonders aktuelle Aspekte und Auswirkungen dieser speziellen Form der Arbeitslosigkeit näher zu untersuchen.
Zuvor erfolgt eine allgemeine Hinführung zum Thema anhand der theoretischen (makroökonomischen) Grundlagen zur Arbeitslosigkeit im Allgemeinen, sowie der Grundzüge und Charakteristika der Region Hochsauerlandkreis.
Der Hauptteil dieser Arbeit besteht aus der eigentlichen Identifikation der betroffenen Branchen, des Ausmaßes sowohl in der Vergangenheitsbetrachtung der letzten Jahre als auch der derzeitigen Effekte, und schließlich in der Ursachenforschung der neueren Entwicklungen mit einem Schwerpunkt auf der Baubranche. Eine kurze Schlussbetrachtung rundet die Darstellung ab.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- & Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Arbeitslosigkeit
2.1 Definition
2.2 Formen
2.3 Saisonale Arbeitslosigkeit
3. Der Hochsauerlandkreis
3.1 Allgemeine Informationen
3.2 Beschäftigung
4. Untersuchung für den Hochsauerlandkreis
4.1 Branchen
4.2 Ausmaß
4.3 Ursachen
5. Fazit
V. Literatur- und Quellenverzeichnis
VI. Rechtsmittelverzeichnis
Abbildungs- & Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Saisoneffekte in der Arbeitslosigkeit
Abbildung 2: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftsabteilungen.
Abbildung 3: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
Abbildung 4: Saisonprofil der Arbeitslosenreihe im Hochsauerlandkreis 2006
Tabelle 1: Saisonspannen für den Hochsauerlandkreis von 1998 bis 2006
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
„Die normale saisonale Arbeitslosigkeit fällt nicht aus dem Rahmen.[1] “
Dieses Zitat des damals stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Ludwig Stiegler, angesichts der von der Bundesagentur für Arbeit im Februar 2005 registrierten Ar- beitslosenzahlen, hat seinerzeit die Oppositionsfraktionen zu Häme und zynischen Kommen- taren veranlasst.
Vielleicht verständlich angesichts der Tatsache, dass zu diesem Zeitpunkt mit insgesamt 5,216 Mio. Arbeitslosen[2] der traurige Höchststand an Erwerbslosen in Deutschland zu ver- zeichnen war. Auf saisonale oder statistische Effekte angesichts des Ausmaßes der Beschäfti- gungsprobleme zu blicken, schien in diesem Zusammenhang sicher kaum Anlass für Opti- mismus zu sein. Bereits im Vormonat war die 5-Millionen-Marke erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik überschritten worden.
Doch sollen in dieser Arbeit keine parteipolitischen Ränkespiele Platz haben, als vielmehr die wissenschaftliche Betrachtung der Aspekte saisonaler Arbeitslosigkeit im Vordergrund stehen. Dabei bedienen wir uns konkret der Beispiele betroffener Branchen im Hochsauerlandkreis, um besonders einige aktuelle Aspekte und Auswirkungen dieser speziellen Form der Arbeits- losigkeit näher zu untersuchen.
Zuvor soll eine allgemeine Hinführung zum Thema anhand der theoretischen (makroökono- mischen) Grundlagen zur Arbeitslosigkeit im Allgemeinen erfolgen sowie die Grundzüge und Charakteristika der Region Hochsauerlandkreis dargestellt werden.
In der eigentlichen Identifikation der betroffenen Branchen, des Ausmaßes sowohl in der Vergangenheitsbetrachtung der letzten Jahre als auch der derzeitigen Effekte, und schließlich besonders in der Ursachenforschung der neueren Entwicklungen mit Schwerpunkt in der Baubranche, besteht der Hauptteil dieser Arbeit.
Mit einer kurzen Schlussbetrachtung wird die Darstellung abgerundet.
2. Arbeitslosigkeit
2.1 Definition
Die Arbeitslosigkeit, nach Auffassung von MANKIW das makroökonomische Problem, wel- ches den einzelnen am unmittelbarsten und am nachhaltigsten betrifft[3], stellt erhebliche Prob- leme für die marktwirtschaftlich organisierten Volkswirtschaften[4] dar.
Zur Definition und Einordnung des Begriffes Arbeitslosigkeit wird in der Literatur häufig eine Untergliederung nach den Ursachen vorgenommen. Zuvor kann auch eine Abgrenzung nach qualitativen oder quantitativen Problemstellungen erfolgen. Erstere liefern die Begriffs- abgrenzung im Sinne eines Vergleiches von Arbeitslosigkeit zu Vollbeschäftigung, also eine Form des Ungleichgewichts zwischen bezahlten Beschäftigungsmöglichkeiten bei Vollbe- schäftigung und Arbeitslosigkeit, als dem Fehlen dieser Angebote für arbeitsfähige und ar- beitsuchende Menschen.[5] Quantitativ werden die konkreten und aussagefähigen Zahlen z.B. für die Wirtschaftspolitik beschrieben.
Aus einem eher praktischen Ansatz im Sinne der Arbeitsmarktstatistik der Bundesrepublik Deutschland heraus, ergibt sich Arbeitslosigkeit als Differenz der bei den Arbeitsagenturen gemeldeten unbesetzten Arbeitsplätze (offene Stellen) und den registrierten Arbeitslosen.[6]
Als Legaldefinition von Arbeitslosigkeit sei auf das Sozialgesetzbuch[7] verwiesen: Demnach bezeichnet der Begriff den Zustand von Personen die (1.) vorübergehend nicht in einem Be- schäftigungsverhältnis stehen, (2.) eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen und (3.) sich beim der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben.
2.2 Formen
Obwohl im Rahmen dieser Arbeit bewusst keine Auflistung aller in der Wissenschaft und Arbeitsmarktökonomik diskutierten Formen und Erklärungsmodelle für Arbeitslosigkeit dar- gestellt werden soll, erscheint es vorab dennoch zweckdienlich, einige bekannte Formen von Arbeitslosigkeit kurz zu benennen, um dann die Besonderheiten der saisonalen Arbeitslosig- keit klarer abgrenzen zu können.
Langfristig durch die Volkswirtschaft nicht veränderbare Arbeitslosigkeit wird als „ natürli- che Arbeitslosigkeit “ bezeichnet, ein Begriff der von Milton FRIEDMAN geprägt wurde.[8] „Na- türlich“ ist in diesem Zusammenhang nicht im Sinne von „zwangsläufig oder echt“ zu verste- hen, sondern hängt von einer Reihe nichtmonetärer, realer Faktoren ab, deren Bedeutung im Zeitablauf unterschiedlich sein kann, die jedoch von selbst nicht verschwinden.[9]
Sie lässt sich weiter untergliedern, zum einen in die friktionelle oder Fluktuationsarbeitslo- sigkeit, worunter die mit dem Wechsel von Arbeitsstellen in Zusammenhang stehende be- schäftigungslose Zwischenzeit oder Suchzeit verstanden wird.[10] Zum anderen in die struktu- relle oder Mismatch-Arbeitslosigkeit (qualitative Inkongruenz), die sich durch Veränderun- gen der Wirtschaftsstrukturen und Anforderungsprofile an die Beschäftigten, z.B. in Bezug auf Ausbildungsgrad, Alter, Geschlecht oder Region auszeichnet[11]. In engem Zusammenhang damit wird auch die technologische Arbeitslosigkeit gesehen, die Freisetzungswirkungen von Rationalisierungsmaßnahmen als Faktor einbezieht.[12]
Die zyklische oder konjunkturelle Arbeitslosigkeit ist eng an die Auf- und Abschwünge in der Wirtschaft gekoppelt, was bedeutet, dass sie sich in der Regel in einer Rezession vergrö- ßert und in Boomphasen wieder abnimmt und damit auf eine wiederkehrende Unterauslastung des Produktionspotentials zurückzuführen sei.[13] Sofern als Ursache dabei von einem „Nach- fragemangel“, d.h. keiner Zunahme der Beschäftigung trotz Lohnverzicht, ausgegangen wird[14], ist die Form nach John Maynard KENYES auch als keynesianische Arbeitslosigkeit bezeichnet.
Wenn die über dem Gleichgewichtspreis des Arbeitsmarktes liegenden Reallöhne als Ursache für Arbeitslosigkeit angesehen werden, spricht man von klassischer oder lohninduzierter Arbeitslosigkeit.[15] Bei einem niedrigeren, markträumenden Lohn wäre die verbleibende Ar- beitslosigkeit freiwillig und damit wirtschaftspolitisch unproblematisch.
Als letztes sei die verborgene Arbeitslosigkeit genannt, die mit einem Erfassungsproblem gekoppelt ist, z.B. wenn Jugendliche die schulische Ausbildung verlängern weil keine Lehr- stelle oder Arbeitsplatz verfügbar ist, oder wenn ältere Arbeitslose den Vorruhestand wählen[16].
2.3 Saisonale Arbeitslosigkeit
Wenn Beschäftigungsschwankungen aufgrund schwächerer wirtschaftlicher Aktivitäten ein- zelner Wirtschaftsbereiche während bestimmter Jahreszeiten oder zeitlicher Perioden auftre- ten, kann von saisonaler Arbeitslosigkeit gesprochen werden[17]. Einzelne Wirtschaftsbereiche weisen diese saisonalen Charakteristika aufgrund jahreszeitlich schwankender, natürlicher, quartalsbedingter oder ökonomischer Nachfrage- bzw. Angebotsbedingungen auf.[18] Als klas- sische Beispiele werden der Klimawechsel im Jahresablauf als Einflussfaktor auf
- die Landwirtschaft,
- die Baubranche,
- das Gaststättengewerbe und die Tourismusbranche
angeführt,[19] aber auch in Forstwirtschaft, Nahrungsmittelverarbeitung, Energieproduktion, Außenberufen, Textilherstellung (Sommer-/Wintermode) und im Bahn-, Luft- und Straßen- verkehr lassen sich saisonale Einflüsse nachweisen, die nur indirekt mit dem Wetter in Bezug stehen können. Vielmehr sind auch die Auswirkungen von institutionellen Terminen, Quar- talsterminen bei der Einstellung und Entlassung von Angestellten, Beginn und Ende von Schuljahren, Ausbildungs- und Studienabschnitten, Einstellungszurückhaltung der Betriebe vor Ferienbeginn, Feiertagen wie Weihnachten und Ostern zu spüren, die zu Saisonschwan- kungen bei Produktion und Umsätzen und zu entsprechender Zu- oder Abnahme von Beschäf- tigung bzw. Arbeitslosigkeit führen[20].
In der wissenschaftlichen Literatur geht die Beschäftigung mit saisonaler Arbeitslosigkeit dagegen häufig nicht über eine rein deklaratorische hinaus. Dies mag einerseits daher rühren, dass der Stellenwert der von saisonalen Wirkungen betroffenen Branchen im primären Sektor mit dem allgemeinen Bedeutungsverlust desselben einhergeht, andererseits aber auch dem zugegebenermaßen erheblich größeren Einflüssen konjunktureller und struktureller Arbeitslo- sigkeit geschuldet sein.
Eine genauere Betrachtung des Themas soll darum anhand der Ausführungen von KARR vor- genommen werden, der zunächst feststellt, dass jährlich wiederkehrend der Arbeitslosenbe- stand unabhängig von der sonst vorherrschenden Entwicklungstendenz ab etwa Oktober eines jeden Jahres ansteigt und, nach einem Höhepunkt im Januar oder Februar, ab März wieder zurückgeht.[21] Weiterhin lässt sich eine interessante Abgrenzung zur konjunkturellen Arbeits- losigkeit vornehmen, denn die saisonalen Schwankungen am Arbeitsmarkt „resultieren (...) nicht ausschließlich aus der Freisetzung bestimmter Arbeitskräfte, die aus Saisongründen nicht das ganze Jahr beschäftigt werden können, sondern (...) zusätzlich aus dem allgemeinen Nachlassen wirtschaftlicher Aktivität, die sich in einem Aufschieben von Einstellungen ge- nauso äußert wie in einer Erhöhung der Freisetzung von Arbeitskräften. Die saisonalen Schwankungen haben damit im Grunde den gleichen Charakter wie konjunkturbedingte Ab- schwächungen; sie unterscheiden sich aber durch ihre strenge Periodizität, was ihre zeitliche Lage anbetrifft und ihre Kurzfristigkeit: Es ist vorhersehbar, dass saisonal erhöhte Arbeitslo- sigkeit kurzfristig wieder abgebaut sein wird.“[22]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Saisoneffekte in der Arbeitslosigkeit, am Beispiel der Jahre 1996-98 [Quelle: IAB]
Zur Verdeutlichung des Saisoneffektes zeigen die Ursprungswerte aus den drei Jahren in Ab- bildung 1, dass der Effekt des jeweiligen Monats allgemein im Winter positiv und im Sommer negativ ist. Auf ein Kalenderjahr bezogen, gleichen sich positive und negative Effekte in etwa aus. Das relativ komplexe Verfahren[23], das von der der BA zur Saisonbereinigung eingesetzt wird, soll an dieser Stelle jedoch nicht thematisiert werden.
[...]
[1] SPD-Bundestagsfraktion: "Die Frühjahrsoffensive gegen die Arbeitslosigkeit starten", Pressemitteilung Nr. 187, 1. März 2005, http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,32472,00.html
[2] entspricht 12,6 Prozent.
[3] Mankiw, N. Gregory: Makroökonomie, 5. Aufl., Stuttgart, 2003, Schäffer-Poeschel, S. 183
[4] Baßeler, U. / Heinrich, J.: Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, 16. Aufl., Stuttgart, 2001, Schäffer- Poeschel, S. 690
[5] Rittenbruch, Klaus: Makroökonomie, 11 Aufl., München, 2000, Oldenbourg, S. 115
[6] Blümle, G. / Patzig, W.: Grundzüge der Makroökonomie, 4. Aufl., Freiburg i.Br., 1999, Haufe, S. 356
[7] Sozialgesetzbuch (SGB), Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (860-3), 1997, BGBl. I S. 594, Art. 16
[8] Woll, Artur: Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 10. Aufl., München, 1990, Vahlen, S. 504
[9] vgl. dazu vor allem Mankiw, N. Gregory: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 3. Aufl., Stuttgart, 2004, Schäffer Poeschel, Kap. 28, S. 652ff.
[10] vgl. Mankiw, N. Gregory: Makroökonomie, S. 187ff.
[11] Tichy, Gunther: Konjunkturpolitik, 4. Aufl., Heidelberg, 1999, Spriner, S. 45
[12] Blümle, G. / Patzig, W.: S. 362
[13] Baßeler, U. / Heinrich, J.: S. 693
[14] Rittenbruch, Klaus: S. 289
[15] vgl. Blümle, G. / Patzig, W.: S. 361
[16] ebenda, S. 360
[17] vgl. Baßeler, U. / Heinrich, J.: S. 693
[18] vgl. Bartling, H. / Luzius, F.: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 14. Aufl., München, 2002, Vahlen, S. 208
[19] vgl. Blümle, G. / Patzig, W.: S. 361
[20] Rudolph, Helmut: Saisoneinfluss und Konjunktur, in: IAB Kurzbericht, Nr. 12/2001, S. 2
[21] Karr, Werner: Aspekte saisonaler Arbeitslosigkeit, in: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 16. Jg./1983, Stuttgart, 1983, Kohlhammer, S. 4
[22] ebenda
[23] CENSUS-X11
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