1 Einleitung
Fast alle soziologischen Theorien – ganz gleich, ob Handlungs- oder Systemtheorien –
beschäftigen sich mit den Aktivitäten zwischen den Akteuren Ego und Alter ggf. auch
Tertius. Dabei ist das Verhältnis von Ego und Alter durch aufeinander abgestimmte
Erwartungserwartungen gekennzeichnet. Das heißt, die Aktivitäten der Akteure werden
dadurch charakterisiert, dass sie hochkomplexe Formen wechselseitig voneinander
abhängigen Verhaltens aufweisen. Daher können Phänomene wie bspw. die soziale
Ordnung, Werte oder Normen nicht verstanden werden, wenn nur das Handeln einzelner
Akteure berücksichtigt wird (vgl. Lindemann 2005: 51). Sie müssen als neue
Struktur verstanden werden, die sich gegenüber den Aktivitäten der Einzelnen verselbständigt
– als emergente Phänomene. Dieser gesamte Sachverhalt wird als Emergenzkonstellation
bezeichnet (vgl. ebd.).
Da die Emergenzkonstellation allen soziologischen Theorien als theoretischer Konsens
zugrunde liegt, plädiert Lindemann (2005: 49) dafür sowohl Handlungs- als auch
Systemtheorien anhand dieses abstrakten Vergleichsmaßstabes einander gegenüberzustellen.
Wenn das Konzept der Emergenzkonstellation als Ausgangspunkt für den
Vergleich von soziologischen Theorien gewählt wird, stellen sich vorrangig folgende
Fragen:
1. Wie wird die Konstellation zwischen den Akteuren (Ego, Alter und ggf. Tertius)
konzipiert?
2. Wie stellt sich das Verhältnis von Akteurs-Aktivitäten bzw. Erwartungserwartungen
und der emergenten Ordnung dar?
In der vorliegenden Arbeit soll anhand der Emergenzkonstellation ein Vergleich der
Theorie von Talcott Parsons mit dem Rational-Choice-Ansatz erfolgen. Es soll u.a.
gezeigt werden, dass die beiden verschiedenen Theorien nicht unbedingt gegensätzliche
Paradigmen darstellen, sondern dass sie sich eher als systematische Variationen
und Spezifikationen der Emergenzkonstellation begreifen (vgl. Lindemann 2005: 51).
Dazu werden im zweiten und dritten Kapitel die jeweiligen Theorien und ihre Besonderheiten
erläutert, um eine Grundlage für den im vierten Kapitel folgenden Theorievergleich
zu schaffen. Abschließend werden im fünften Kapitel die zentralen Ergebnisse
zusammengefasst.
[...]
Inhalt
1 Einleitung
2 Talcott Parsons: Das Problem sozialer Ordnung und das normativistische Modell des Handelns
3 Rational Choice: Die Generalisierung des zweckrationalen Handlungstyps
4 Theorievergleich: Parsons – Rational Choice
4.1 Normen
4.2 Handeln und Menschenbild
4.3 Erwartungen
4.4 Lösung des Problems sozialer Ordnung
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Fast alle soziologischen Theorien – ganz gleich, ob Handlungs- oder Systemtheorien – beschäftigen sich mit den Aktivitäten zwischen den Akteuren Ego und Alter ggf. auch Tertius. Dabei ist das Verhältnis von Ego und Alter durch aufeinander abgestimmte Erwartungserwartungen gekennzeichnet. Das heißt, die Aktivitäten der Akteure werden dadurch charakterisiert, dass sie hochkomplexe Formen wechselseitig voneinander abhängigen Verhaltens aufweisen. Daher können Phänomene wie bspw. die soziale Ordnung, Werte oder Normen nicht verstanden werden, wenn nur das Handeln einzelner Akteure berücksichtigt wird (vgl. Lindemann 2005: 51). Sie müssen als neue Struktur verstanden werden, die sich gegenüber den Aktivitäten der Einzelnen verselbständigt – als emergente Phänomene. Dieser gesamte Sachverhalt wird als Emergenzkonstellation bezeichnet (vgl. ebd.).
Da die Emergenzkonstellation allen soziologischen Theorien als theoretischer Konsens zugrunde liegt, plädiert Lindemann (2005: 49) dafür sowohl Handlungs- als auch Systemtheorien anhand dieses abstrakten Vergleichsmaßstabes einander gegenüberzustellen. Wenn das Konzept der Emergenzkonstellation als Ausgangspunkt für den Vergleich von soziologischen Theorien gewählt wird, stellen sich vorrangig folgende Fragen:
1. Wie wird die Konstellation zwischen den Akteuren (Ego, Alter und ggf. Tertius) konzipiert?
2. Wie stellt sich das Verhältnis von Akteurs-Aktivitäten bzw. Erwartungserwartungen und der emergenten Ordnung dar?
In der vorliegenden Arbeit soll anhand der Emergenzkonstellation ein Vergleich der Theorie von Talcott Parsons mit dem Rational-Choice-Ansatz erfolgen. Es soll u.a. gezeigt werden, dass die beiden verschiedenen Theorien nicht unbedingt gegensätzliche Paradigmen darstellen, sondern dass sie sich eher als systematische Variationen und Spezifikationen der Emergenzkonstellation begreifen (vgl. Lindemann 2005:51). Dazu werden im zweiten und dritten Kapitel die jeweiligen Theorien und ihre Besonderheiten erläutert, um eine Grundlage für den im vierten Kapitel folgenden Theorievergleich zu schaffen. Abschließend werden im fünften Kapitel die zentralen Ergebnisse zusammengefasst.
2 Talcott Parsons: Das Problem sozialer Ordnung und das normativistische Modell des Handelns
Die Theorie von Parsons beschäftigt sich mit dem „Hobbesian problem of order“ und mit seiner Kritik an Hobbes’ Erklärung, wie Ordnung zustande kommt bzw. erhalten wird (vgl. Parsons 1951: 36). Als Soziologe der sozialen Ordnung versucht Parsons die Stabilität von Gesellschaft zu erklären indem er sich in seinen frühen Werken auf den Nachweis der konstitutiven Bedeutung von Werten und Normen für menschliches Handeln und für die Sicherung der sozialen Ordnung konzentriert (vgl. Schneider 2005a: 179).
Parsons’ Hauptaugenmerk liegt darauf die Elemente einer allgemeinen Theorie des sozialen Handelns zu ergründen. Mit dem „action frame of reference“ legt er ein kategoriales Schema zugrunde, welches alle erforderlichen Elemente beinhaltet, um den Begriff der Handlung zu definieren. Parsons analysiert das Handeln aus der subjektiven Perspektive des Akteurs. Dabei sieht er die zur Erreichung eines bestimmten Ziels zur Verfügung stehenden Mittel als kontrollierbare Aspekte und die zugrunde liegenden Bedingungen als vom Akteur unveränderbare Aspekte einer Handlungssituation an (vgl. Schneider 2005a:84). Von besonderem Interesse ist ein unabhängiges „Selektionskriterium normativer Art“ (Parsons 1968:44f.), welches die Auswahl beim Vorliegen mehrerer Alternativen zur Verwirklichung eines Ziels leitet. Aufgrund dieses Kriteriums, welches im Folgenden auch als normativer Standard bezeichnet wird, ist die Zielauswahl losgelöst von Zufall und ausschließlicher Determination durch situative Bedingungen des Handelns. Das heißt, normative Standards nehmen sowohl „[…] die Selektion der Mittel als auch die Bestimmung der Handlungsziele […]“ vor (Schneider 2005a:84). Der normative Charakter kommt zum Ausdruck, dass ein Element des „action frame of reference“ einen für sich genommen erstrebenswerten Zweck – “end in itself“ – hat (vgl. Parsons 1968:75).
Daher definiert Parsons (1968:732) Handeln wie folgt: „Handeln muß immer vorgestellt werden als etwas, das einen Zustand der Spannung zwischen zwei unterschiedlichen Ordnungen von Elementen impliziert, der Ordnung der normativen und der bedingten Elemente.“ Es wird deutlich, dass Handeln die Überbrückung des Spannungsverhältnisses zwischen Sein und Sollen durch die Anstrengungen des Akteurs gewährleisten soll (vgl. Schneider 2005a:85f.). Deswegen muss sich Handeln neben der Orientierung an Zielen, Bedingungen und Mitteln, auch durch das Bestreben des Handelnden auszeichnen, durch sein Verhalten Übereinstimmung mit normativen Standards zu erreichen (vgl. Parsons 1968:719). Hierin liegt das Hauptunterscheidungsmerkmal, mit dem Parsons die voluntaristische Konzeption[1] des Handelns vom Utilitarismus[2] abgrenzt. Gesellschaftliche Ordnung ist nur dann als normative Ordnung möglich, wenn sich Akteure freiwillig normativen Einschränkungen unterwerfen, „[…] so dass Gewalt und Betrug als akzeptable Mittel rationaler Zielverfolgung […]“ (Schneider 2005a:175) ausgeschlossen werden können. Als erste zentrale Erkenntnis kann somit festgehalten werden, dass normative Standards einerseits als notwendiges Element voluntaristischen Handelns und andererseits als Bedingung für die Lösung des Problems sozialer Ordnung erscheinen. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass Parsons die Differenzierung normativer Standards in Werte und Normen vornimmt. Dabei müssen Werte auf Situationen hin spezifiziert werden, um Orientierungspunkte für die Zielselektion bereitzustellen, während Normen die dafür zulässigen Mittel bestimmen.
Für Parsons heißt es Integration von Handlungen in eine bestehende Ordnung. Diese Ordnung weist bestimmte Werte und Normen auf, die mit den Wünschen und Interessen der Akteure eine Verbindung eingehen müssen (vgl. Parsons 1951:42), damit die Lösung des Problems sozialer Ordnung Bestand hat. Des Weiteren bedarf es einiger Grundannahmen einer Theorie der Persönlichkeit und der Sozialisation. So wird u.a. vorausgesetzt, dass Akteure Normen nicht nur als Restriktionen ansehen, sondern dass aus normenkonformem Handeln unmittelbare Befriedigung resultiert (vgl. Schneider 2005a:105). Damit dieses gewährleistet wird müssen individuelles Wollen und soziales Sollen im Zuge der Internalisierung von Werten und Normen im Sozialisationsprozess zur Deckung gebracht werden. Voraussetzung dafür ist wiederum, dass die normativen Standards als gemeinsam geteilt angesehen werden und somit ein System gemeinsamer Werte bilden.
Dieses System gemeinsamer Werte wird in der Parsonsschen Theorie in einem weiteren Schritt zu unterschiedlichen Systemen verselbständigt und neu mit einander verbunden (vgl. Schneider 2005a:111). Die drei Subsysteme, das Persönlichkeitssystem (verstanden als Komplex von Bedürfnisdispositionen), das Sozialsystem (als System von Rollen bzw. normativen Rollenerwartungen) und das kulturelle System (als Komplex von Wertorientierungen und generalisierten Symbolen) bilden zusammen ein allgemeines Handlungssystem. Dieses Handlungssystem wird vorgestellt als Ergebnis der wechselseitigen Durchdringung (Interpenetration) der genannten Subsysteme. Während die Interpenetration zwischen kulturellem und sozialem System dabei die Institutionalisierung kultureller Muster im Sozialsystem hervorruft, verursacht die Interpenetration zwischen sozialem System und Persönlichkeitssystem die Internalisierung dieser Muster in das Persönlichkeitssystem im Zuge der Sozialisation (vgl. Schneider 2005a:111f.). Auch die Erhaltung der sozialen Ordnung wird durch die Institutionalisierung und Internalisierung gesichert, da Normverletzungen einerseits von anderen Akteuren bestraft werden (äußere Sanktionen) und andererseits Schuldgefühle (innere Sanktionen) beim Handelnden selbst auslösen.
Da nach Parsons (ders. & Shils 1967:15) ohne das Lösen des Problems doppelter Kontingenz kein Handeln möglich ist, muss noch kurz erläutert werden, was unter doppelter Kontingenz zu verstehen ist. Das Problem der doppelten Kontingenz findet sich in jeder Interaktion zwischen Ego und Alter wieder, da „[…] the expectations of ego are oriented both to the range of alternatives for alter’s actions (i.e., the alternatives open to alter in the situation) and to alter’s selection, which is intentionally contingent on what ego himself does, within the range of alternatives“ (ebd.). Das heißt, dass Ego bei seiner Bedürfnisbefriedigung sowohl von seiner eigenen Entscheidung zwischen den Handlungsmöglichkeiten als auch von den Entscheidungen Alters abhängig ist, dessen Entscheidung wiederum von der Entscheidung Egos beeinflusst wird. Diese beiden Richtungen der Abhängigkeit addieren sich zu „doppelter Kontingenz“. Die Lösung des Problems der doppelten Kontingenz sieht Parsons (ders. & Shils 1967:16) in einem gemeinsam geteilten System von Symbolen.
Beim Übergang von der Handlungstheorie zur Theorie der Handlungssysteme tritt das AGIL-Schema – auch bekannt als Vier-Funktionen-Paradigma – in den Mittelpunkt. Mit diesem Schema, welches auch als „[…] Produkt eines Syntheseversuchs von System- und Handlungstheorie“ (Schneider 2005a:147) angesehen werden kann, leitet Parsons vier universale Bezugsprobleme ab: Anpassung (a daptation), Zielerreichung (g oal-attainment), Integration (i ntegration) und Strukturerhaltung (l atent pattern-maintenance) (vgl. Schneider 2005a:145). Diese Bezugsprobleme muss jedes Handlungssystem lösen, um seinen Bestand zu sichern. Auf Grundlage der vier Funktionen des AGIL-Schemas werden die drei bekannten Subsysteme – kulturelles System, soziales System und Persönlichkeitssystem – des oben erläuterten allgemeinen Handlungssystems um das Verhaltenssystem ergänzt, das die Anpassungsfunktion erfüllt. Diese vier Funktionen und die darauf bezogenen Interaktionsprozesse sind in einer Doppelhierarchie angeordnet. Einerseits sind die Subsysteme als Hierarchie von Bedingungen (mit der Rangfolge AGIL), wobei Energie und Dynamik in A am höchsten sind, zu verstehen und andererseits als Kontrollhierarchie (mit der Rangfolge LIGA) wobei die Kontrolle in L am höchsten ist (vgl. Münch 2004:70). Abschließend kann das AGIL-Schema auf das Sozialsystem Gesellschaft angewendet werden, da Parsons die These vertritt, dass auch moderne Gesellschaften in vier Funktionssysteme differenziert werden können (vgl. Schneider 2005a:154). Jedes der Subsysteme ist dabei auf Leistungen der anderen drei Subsysteme angewiesen und die Kontrollhierarchie spiegelt die Steuerung des Handelns durch Werte und Normen wider (vgl. Abb. 1). Daher kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die Idee der normativen Integration sozialen Handelns, welche sich bereits in der Handlungstheorie des frühen Parsons wiederfindet, auch im Rahmen der systemtheoretischen Analyse moderner Gesellschaft bekräftigt wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Funktionen der Subsysteme des allgemeinen Handlungssystems und Subsysteme des Gesellschaftssystems (vgl. Schneider 2005a:149ff.)
3 Rational Choice: Die Generalisierung des zweckrationalen Handlungstyps
Wie Parsons sucht auch der Rational Choice-Ansatz nach Lösungen für das Problem der sozialen Ordnung, jedoch unter der Prämisse rational handelnder und egoistisch motivierter Akteure. Die Annahme, dass menschliches Handeln primär als ein Prozess rationaler Interessenverfolgung zu verstehen ist, bildet den Kern des Rational Choice-Ansatzes. Dabei definieren die Interessen den angestrebten Zweck einer Handlung, während die Ausführung einer Handlung als Mittel zu seiner Realisierung dient (vgl. Schneider 2005b:83). Bei der Wahl zwischen verschiedenen Handlungsalternativen entscheiden sich Akteure somit – unter Berücksichtigung von Restriktionen (Kosten) und Präferenzen – für die Alternative, die ihre Interessen maximal befriedigt. Dass dem Nutzenprinzip in diesem Zusammenhang eine wichtige Bedeutung zukommt, erklärt Esser (1999:295) wie folgt: „Das Nutzenprinzip besteht aus der Behauptung, daß alle Menschen in all ihrem Tun letztlich nur das eigene Glück im Auge haben, daß es der grundlegende normative wie empirische Bezugsrahmen des menschlichen Handelns sei und sie davon ganz ‚gefangen’ seien.“
Verschiedene Handlungsalternativen können bspw. über den subjektiv erwarteten Nutzen (subjective expected utility = SEU) vergleichbar gemacht werden (vgl. Esser 1991:54). Dabei werden zunächst die Handlungsalternativen vom Akteur mit einem bestimmten Nutzen bewertet, bevor die Erwartungswahrscheinlichkeit, also das Eintreten eines Handlungsergebnisses bei Ausführung einer Handlung, berechnet wird. Abschließend wird der SEU-Wert als Multiplikation des angenommenen Nutzens der Handlung mit der Eintrittswahrscheinlichkeit gebildet (vgl. Esser 1991:55). Gemäß dem Nutzenmaximierungsprinzip wird ein rationaler Akteur diejenige Handlungsalternative auswählen, die den höchsten SEU-Wert aufweist.
Die Rational Choice-Theoretiker spalten das Ordnungsproblem in mehrere Teilprobleme auf, so dass unterschiedliche Mechanismen – in Kombination miteinander oder alternativ – zur Lösung des Problems beitragen können (vgl. Schneider 2005b:175). Nachdem die vorigen Abschnitte einen ersten Überblick über die Grundannahmen des Rational Choice-Ansatzes vermittelt haben, sollen im Folgenden ausgewählte Lösungsmöglichkeiten kurz vorgestellt werden.
In der Spieltheorie wird das Verhalten von Akteuren innerhalb sozialer Beziehungen analysiert. Unter der Prämisse, dass die beteiligten Akteure während des Spiels eine stabile Präferenzordnung haben und sie ohne moralische Skrupel Nutzenmaximierung anstreben, stehen den Akteuren (Ego und Alter) verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung. Aus diesen Alternativen werden Strategiepaarungen gebildet, die entstehen wenn bestimmte Strategien von Ego und Alter aufeinandertreffen. Darüber hinaus wird jeder Strategiepaarung eine gewisse Auszahlung (Nutzen) für jeden der Akteure zugeordnet (vgl. Schneider 2005b:87). Bei der Betrachtung des Koordinationsspiels wird deutlich, dass sich etablierte Konventionen in einer Gesellschaft rationaler Akteure selbst stabilisieren. Auch eine zentrale Sanktionsinstanz ist in diesem Fall entbehrlich, da die Befolgung der Konventionen im Interesse aller beteiligten Akteure liegt – z.B. Zeitersparnis durch Normenkonformität. Die Entstehung von Normen ist in diesen Fällen als Folge von Zufällen, durch Verabredungen oder Nachahmung erfolgreicher Lösungen möglich (vgl. Schneider 2005b:89).
Im Gegensatz hierzu verdeutlicht das Gefangenendilemma welche Probleme bzgl. der Normenbefolgung auftreten können, wenn rationale Egoisten durch abweichendes Verhalten Vorteile erlangen können. Bei der ursprünglichen Version des Gefangenendilemmas, ohne Sanktionierung normwidrigen Verhaltens, besteht für rationale Nutzenmaximierer die Möglichkeit durch unkooperatives Verhalten Nettogewinne auf Kosten der anderen Beteiligten zu realisieren. Diese Situation ändert sich fundamental wenn Normen existieren, deren Verletzung hinreichend hohe Sanktionen auslösen (vgl. Schneider 2005b:92). Dabei müssen die Sanktionen so bemessen sein, dass die daraus resultierenden Kosten den möglichen Nutzen einer Normverletzung übersteigen, so dass die Einhaltung der Norm erstrebenswerter ist. Des Weiteren können Akteure durch das Bestehen langfristiger Beziehungen der Zusammenarbeit zu Normenkonformität motiviert werden. Unter diesen Umständen kann normwidriges Verhalten auf lange Sicht Kosten verursachen (z.B. das Ausbleiben künftiger Kooperationen), die erheblich höher sind als der kurzfristig erzielbare Gewinn unkooperativen Verhaltens.
[...]
[1] Parsons’ voluntaristische Konzeption des Handelns ist als Ergebnis des Zusammenwirkens der „Kausalität der Natur“ und der „Kausalität der (Willens-)Freiheit“ zu verstehen (vgl. Schneider 2005a:86).
[2] Das utilitaristische Handlungsmodell wird dadurch charakterisiert, dass ein Akteur „[…] unter gegebenen situativen Bedingungen erreichbare Ziele anstrebt und sich dafür der am besten geeigneten Mittel bedient“ (ebd.:87).
- Arbeit zitieren
- Bjoern Cebulla (Autor:in), 2008, Vergleich Sozialwissenschaftlicher Theorien - Theorievergleich Parsons Rational Choice, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131174
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