Überwindung der natürlichen Intelligenz durch Genmanipulation und Keimbahntherapie?


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

2 Die aktuelle Problemstellung
2.1 From chance to choice
2.2 Ziele und Motive der Biotechnologie
2.3 Ethische Herausforderungen

3 Designerbaby – Perfektion aus dem Labor?
3.1 Das Kind nach eigenen Maßstäben
3.2 Weitere Formen der Einflussnahme
3.3 Das slippery slope Argument

4 Die Anlage – Umwelt – Korrelation
4.1 Der Einfluss der genetischen Anlage
4.2 Der Einfluss der menschlichen Umwelt
4.3 Der Einfluss der Kultur

5 Bedeutungsverlust der Verantwortung
5.1 Reduzierung pädagogischer Verantwortlichkeit
5.2 Die Grenzen der Biotechnologie

6 Schlussbemerkung

Literatur- und Quellenverzeichnis

1 Einleitung

In dieser Seminararbeit sollen anhand von ausgewählten Aufsätzen und Ab-handlungen verschiedener Autoren, wie Markus HENGSTSCHLÄGER und Otto SPECK unterschiedliche philosophische Positionen zur Thematik Überwindung der natürli-chen Intelligenz durch Genmanipulation und Keimbahntherapie näher betrachtet werden. Dabei wird für ein besseres Verständnis neben einer anfänglichen aktuellen Problemstellung in der Gesellschaft der Gegenstand auch in einen kurzen sozialen Kontext eingegliedert. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit soll auf der Vorstellung sowie der ethischen Reflexion der unterschiedlichen mit der modernen Biotechnologie ver-bundenen Erwartungen, berechtigten Hoffnungen und Wünsche gelegt werden. Ein Hauptaugenmerk wird dabei der Fragestellung gewidmet sein, ob man sich überhaupt klar darüber ist, was unter den Begriffen Designerbaby oder Kind nach Maß zu ver-stehen ist, oder ob dadurch nur eine künstliche Aufregung erzeugt wird. Im Speziel-len soll dabei ein grundsätzlicher Blick auf das Machbare und das Nichtmachbare sowie auf das Wünschenswerte und das Nicht- wünschenswerte im Zusammenhang mit dem fiktiven Ruf nach genetisch perfekten Kindern durch eine Aufarbeitung der aktuellen biomedizinischen Fortschritte geworfen werden, indem auch der Frage nachgegangen werden soll, ob und wie weit der wissenschaftliche Fortschritt den Lebenswert und die Lebenssituation der Menschen zukünftig verändern sowie zu einem eventuellen Bedeutungsverlust der pädagogischen Erziehung führen könnte.

Als wissenschaftliche Grundlagen zur Klärung dieser Fragen dient unter anderem der kurze Überblick über den aktuellen Stand der biomedizinischen Wissenschaft aus dem Werk „Das ungeborene menschliche Leben und die moderne Biomedizin. Was kann man, was darf man?“ des Autors Markus HENGSTSCHLÄGER. Neben Aufsätzen wie „Auf der schiefen Ebene zum Designerbaby. Warum die Bioethik immer zu spät kommt“ von Axel W. BAUER wird aber auch Sekundärliteratur, wie die Monographie Otto SPECKs, „Soll der Mensch biotechnisch machbar werden? Eugenik, Behinde-rung und Pädagogik“ sowie die psychologische Abhandlung „Pädagogische Psy-chologie“ von Andreas KRAPP und Bernd WEIDEMANN hierfür herangezogen, um auch die Untersuchungen anderer Fachleute sowie den Forschungsstand mit einzube-ziehen.

2 Die aktuelle Problemstellung

2.1 From chance to choice

Schon seit den neunziger Jahren werden in der gesellschaftlichen Öffentlich-keit weltweit kontroverse Diskussionen über die umwälzenden Entwicklungen der Biotechnik sowie die entsprechenden Perspektiven für die Zukunft der Menschen geführt. Durch oftmals polemische Schlagzeilen wie „Die Zukunft liegt im Labor!“ – „Biotechnologie ist Deutschlands Zukunft!“ in den Medien, werden die Biowissen-schaften mittlerweile schon regelrecht zu neuen Leitwissenschaften emporgehoben. Es scheint, dass sich eine neue Eugenik angemeldet hat, die nicht nur angetreten ist behindertes Leben zu verhindern, sondern wenn möglich auch in absehbarer Zeit Kinder ohne Makel oder außergewöhnlichen Wesensmerkmalen zu produzieren.1 Gerade durch die nahezu vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms im Jahre 2004, jene chemisch molekulare Struktur, welche die gesamte Information für den Bauplan eines Menschen in sich trägt, wurde in der Forschung, Politik sowie in der Wirtschaft das Interesse an Umsetzungs- und Anwendungsmöglichkeiten dieser neuen Biotechnologien vehement beflügelt.

Besonders im Zusammenhang mit dem Themengebiet der Neurophilosophie und Künstlicher Intelligenz ist in weiten Bereichen die Auffassung vertreten, in der Bio-technologie eine Möglichkeit gefunden zu haben, die natürliche Intel]ligenz des Men-schen überwinden zu können. Denn es ist immer mehr in der aktuellen Diskussion zu beobachten, dass die in den Medien viel gepriesenen biotechnischen Chancen ganz offensichtlich auch einem allgemeinen gesellschaftlichen Trend folgen, die dem mo-dernen Bedürfnissen der Menschen nach Perfektion, Fitnessstreben und Belastungs-reduktion in vielerlei Hinsicht entsprechen – eine Fülle von Optionen freisetzen.2 Dabei steigern sich die Visionen vom neuen Menschen in manchen Köpfen bis zu paradiesischen unrealistischen Vorstellungen, wobei körperliche und leibliche Schranken sowie Grenzen der Verantwortungsfähigkeit, Vorstellungskraft und Tech-nikabschätzung oft nicht wahrgenommen werden.

2.2 Ziele und Motive der Biotechnologie

Aus der öffentlichen Debatte lassen sich vor allem die drei Argumente Kos-tenersparnis, Heilung und Verbesserung des Erbgutes entnehmen, die als Ziele und Motive für die heute stark diskutierte Molekularbiologie ins Feld geführt werden. Das Argument der Kostenersparnis im Sinne von Kosten-Nutzen-Analysen stößt zwar immer wieder auf entschiedene Abwehr, jedoch mit den wachsenden Finanzie-rungsproblemen der öffentlichen Hand erlangt dieses Argument immer mehr an Ge-wicht.3 Die moderne Biomedizin – schwerpunktmäßig die Genforschung – hat ohne Zweifel, Erkenntnisse für das Wohl des Menschen erlangt wie kaum eine andere Wissenschaft zuvor. Dennoch ist das zweite und wichtigste Argument, über die Wei-terentwicklung der Humangenetik und mit Hilfe der genetischen Beratung ließen sich schwere Krankheiten heilen und Leid mindern, für SPECK völlig unangemessen, da nur 5 % aller schweren Behinderungen auf genetische Kausalfaktoren zurückzu-führen sind, von denen wiederum nur ca. 0,5 % durch Gendiagnostik entdeckt wer-den können. Bis heute ist die Genetik den Beleg dafür, dass diese Heilversprechen , an realer Bedeutung gewinnen könnten, schuldig geblieben.4

Hinter dem Argument der Verbesserung des Erbgutes verbirgt sich zum einen das extrem wirkungsmächtige Motiv des Kinderwunsches sowie die Vorstellung eines evolutionären Prinzips, wonach Gene, welche die Reproduktionsfähigkeit verbes-sern, von einer Generation zur nächsten mit immer größerer Häufigkeit vererbt wer-den und sich letztlich innerhalb einer Population stark ausbreiten. Man glaubt, dass der Mensch die Fähigkeit entwickelt habe, seine genetischen Prädispositionen zu erkennen, zu verstehen und ihnen entgegenzuwirken. Durch solche Gedankenexpe-rimente gelingt es der Forschung, die Akzeptanz für die neuen Techniken zu erhöhen sowie einen potentiellen Markt zu schaffen, noch bevor das entsprechende Produkt angeboten werden kann. Dabei gilt, wo ökonomische Interessen bestehen, da gibt es motivierte Anbieter und motivierte Kunden. Dort, wo noch keine Motive bestehen, könnten sie schon bald geweckt werden:5 SILVER schildert in seinem Buch „Das geklonte Paradies." einige fiktive Fälle, die so konstruiert sind, dass in ihnen das Klonen eines Kindes durchaus als plausibel erscheinen mag.

2.3 Ethische Herausforderungen

Jedoch formiert sich auf der anderen Seite auch eine ablehnende Haltung ge-gen einen Menschen nach Maß , denn der sich daraus abzeichnende Paradigmen-wechsel führt nicht nur zu grundlegend veränderten Sichtweisen im Hinblick auf das menschliche Zusammenleben, sondern verstärkt auch die beunruhigende Grundten-denz, worin der Mensch künftig in der Lage sein soll, nicht nur Krankheiten und die Abhängigkeit von unliebsamen Zufällen überwinden zu können, sondern darüber hinaus auch noch wählen kann, in welcher biologischen Verfassung er leben wolle. Somit handelt es sich in der Tat um ein sehr vielschichtiges Thema und man kann SPECK zustimmen, der darauf aufmerksam macht, dass sich daraus durchaus bedroh-liche Konsequenzen für das menschliche Zusammenleben entwickeln könnten.6

Es ist also höchste Zeit sich Gedanken über die Auswirkungen der jüngsten For-schungsergebnisse auf dem Gebiet der Biotechnologie zu machen, denn eine solche Diskussion über die Vor- und Nachteile sowie Risiken und Gefahren sollte am An-fang und nicht am Ende einer langen Reihe neuer Forschungsergebnissen stehen.7 Es ist zu prüfen, ob denn all diese Euphorien machbar sein werden und ob die Verhei-ßungen auch wirklich für alle Menschen gelten sollen oder nur für den Teil, die auf Grund finanzieller Ressourcen vermögend genug sein werden, um sich die Optimie-rung ihrer physischen Lebensgrundlagen zu leisten. Aus diesem Grunde sollte diese Debatte nicht nur aus einer Sichtweise heraus geführt werden, denn durch eine fal-sche und einseitig geführte öffentliche Diskussion können die enormen Möglichkei-ten, welche die moderne Biomedizin für die Menschheit darstellt, zunichte gemacht werden.

[...]


1 Vgl. SPECK, Otto: Soll der Mensch biotechnisch machbar werden? Eugenik, Behinderung und Pädagogik, München 2005, S. 9 ff.

2 Vgl. SPECK, Otto: Soll der Mensch biotechnisch machbar werden?, S. 15.

3 Vgl. SPECK, Otto: Soll der Mensch biotechnisch machbar werden?, S. 46 ff.

4 Ebd., S. 46 ff.

5 Vgl. BAUER, Axel W.: Auf der schiefen Ebene zum Designer-Baby. Warum die Bioethik immer zu spät kommt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 244 vom 20. Oktober 1999, S. 54.

6 Vgl. SPECK, Otto: Soll der Mensch biotechnisch machbar werden?, S. 11.

7 Ebd., S. 9.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Überwindung der natürlichen Intelligenz durch Genmanipulation und Keimbahntherapie?
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Philosophie des Geistes – Neurophilosophie und KI
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V131221
ISBN (eBook)
9783640414413
ISBN (Buch)
9783640408429
Dateigröße
741 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Genmanipulation, Intelligenz, Keimbahntherapie, Designerbaby, Biotechnologie, Künstlicher Intelligenz, Neurophilosophie, Verbesserung des Erbgutes, Keimbahn, Zwillingsstudien, Genotyp-Umwelt-Interaktion
Arbeit zitieren
André Schmidt (Autor:in), 2006, Überwindung der natürlichen Intelligenz durch Genmanipulation und Keimbahntherapie? , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131221

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