Frauen und Sport im antiken Griechenland

Im Kontext der Olympischen Spiele


Seminar Paper, 2006

16 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sport im Leben der Frauen des klassischen Griechenlands
2.1 Frauen und das antike Olympia
2.1.1 Kyniska – eine Olympionikin
2.1.2 Wettkämpfe der Frauen in Olympia
2.2 Panhellenische Spiele
2.3 Tabus und Vorschriften in griechischen Kulten
2.4 Frauen in Sparta

3. Zusammenfassung

4. Anhang
4.1 Quellen und Literaturverzeichnis

Frauen und Sport im antiken Griechenland

1. Einleitung

Die alten Griechen werden als Erfinder der Demokratie gepriesen, aber auch genauso gern für ihr Frauenbild gescholten. Die demokratischen Athener wären misogyn gewesen und hätten ihre Frauen ohne die geringste Ausbildung in ihren Häusern eingesperrt wie Gefangene, antike Patriarchen eben. Das das klassische Griechenland dabei aus mehr als nur Athen besteht, wird auch gern außen vorgelassen. Obgleich der athen-zentrischen Berichterstattung niemand entgehen kann, liegt es doch an der Quellenlage, die für Athen ungewöhnlich viel Überlieferung bietet im Vergleich zum übrigen Griechenland.1 Allerdings hat sich auch die professionelle universitäre Forschung lange Zeit mit Seklusionstheorien2, also orientalischer Abgeschlossenheit athenischer (Bürger-)Frauen abgemüht. Seit Sarah B. Pomeroy im Zuge der amerikanischen Frauenbewegung mit ihrer Monographie „Goddesses, whores, wives, and slaves“ von 19763 Interesse für die Geschlechterforschung, heute gender studies , weckte ist davon aber nicht mehr viel übriggeblieben Heutzutage gelten in der universitären Geschichtsforschung allerlei Arten von Haremstheorien als nicht mehr vertretbar.4

Trotzdem hält sich der Mythos einer zwar demokratischen, aber frauenfeindlichen antiken griechischen Gesellschaft in vielen Köpfen wacker. Ebenso der Glaube, Frauensport wäre eine fortschrittlich-moderne Errungenschaft der Neuzeit, mit der Begründung, die Olympischen Spiele der Antike wären ja bekanntermaßen auch schon ein reines Männerevent gewesen. Ironischerweise ist diese Behauptung genauso richtig wie falsch.

Im Rahmen dieser Seminararbeit möchte ich mich daher mit der Frage beschäftigen, in welcher Form Frauen im klassischen Griechenland mit Sport in Berührung gekommen sind bzw. kommen konnten, speziell am Beispiel der Olympischen Spiele. Dabei soll auch geklärt werden, warum die Festivitäten von Olympia so leicht instrumentalisierbar sind und als Beweis für die Frauenfeindlichkeit der griechischen Männerwelt benutzt werden können.

2. Sport im Leben der Frauen des klassischen Griechenlands

2.1 Frauen und das antike Olympia

Hauptquelle für die Geschichte der Olympischen Spiele und die Topographie Olympias sind die Hinterlassenschaften des umherziehenden Schriftstellers (heute wohl eher Kulturhistorikers) Pausanias aus dem 2.Jahrhundert nach Christus. Die Beschreibung Olympias nimmt in seinem Werk breiten Raum ein und wir erfahren allgemeine Sachverhalte wie Ablauf und Gestaltung der Festivitäten, aber auch viele kleine Details die manchen Zeitgenossen sicherlich unwichtig erschienen wären, heute allerdings eine Fundgrube für die Geschichtsforschung darstellen.

An den Olympischen Spielen der Antike teilzunehmen war nicht so einfach. In erster Linie konnten das nämlich nur Männer oder Knaben.5 Damit waren augenscheinlich Frauen von der Teilnahme ausgeschlossen. Allerdings durften sie bei den Spielen zusehen, zumindest solange sie unverheiratet waren und damit zu den Mädchen (parthenoi ) zählten.6 Verheiratete Frauen ( gynaikas ) durften also weder als Wettkämpfer noch als Zuschauer teilnehmen. Bei Missachtung dieses Verbots und Betreten der Wettkampfstätten in der Zeit der Festivitäten drohte ihnen die Todesstrafe in Form des Herabstoßens von einem Felsen.7

2.1.1 Kyniska – eine Olympionikin

Pausanias berichtet in seinen Texten mehrmals von einer Frau namens Kyniska. Diese Tochter des Spartanerkönigs Archidamus beschreibt er dabei als überaus ambitioniert, trotz der bestehenden Regeln als Frau bei den Olympischen Spielen einen Sieg zu erringen. Und in der Tat ist sie in die griechische Geschichte als erste Frau eingegangen, die sich sowohl in der Kunst des Pferdezüchtens hervortat als auch und einen olympischen Sieg errungen hat.8

Die Olympischen Spiele der Griechen gestatteten den Frauen also zumindest indirekt in einer Sportart an den Wettkämpfen teilzunehmen, bei den ]hippischen Agonen. Indirekt insofern, da sie ja das Stadion nicht betreten durften und so nur als Besitzerinnen eines Reitstalls ihre Pferde unter einem Wagenlenker oder Reiter ins Rennen schicken konnten, ohne zurückgewiesen bzw. vom Felsen gestoßen zu werden.9 Durch diese Sonderregelung schafften es einige wenige Frauen im Altertum Olympiasieger zu werden. Mit dem Triumph Kyniskas war es auch augenscheinlich der Rennstallbesitzer und nicht der Wagenlenker, der Ruhm und Ehre für sich verbuchen konnte und den allseits begehrten Kranz aus Ölzweigen erhielt.10

Im Zuge dessen war auch der Ausschluss von verheirateten Frauen auf dem Gelände der Festivitäten wenig problematisch, da man schließlich als Pferdezüchter seine Arbeit bereits vor den Spielen getan hatte und selbst bei der Möglichkeit einer Teilnahme auf das weitere Geschehen keinen Einfluss mehr ausüben konnte.

Kyniska ging als erste olympische Siegerin in die Geschichte ein, ihr zu Ehren wurden daher üppige Weihgeschenke in der Altis von Olympia aufgestellt. Konkret beschreibt Pausanias bronzene bzw. bronzefarbene Kyniska gewidmete beinahe realistisch große Pferde11, sowie einen Pferdewagen mit Wagenlenker neben einer Statue Kyniskas selbst.12 Verziert war dieses Weihgeschenk außerdem mit einer auf Kyniska bezogenen Inschrift, welche Pausanias aber nur erwähnt und nicht zitiert. Dafür findet sich in der Anthologia Graeca13 eine Wiedergabe dieser Weihinschrift:

Spartas Könige waren mir Väter und Brüder14 ; ich siegte, ich, die Kyniska, im Wagen mit stürmenden Rossen, und habe drauf dieses Bildnis erstellt. Ich rühmte mich, da ft ich als einzige sämtlicher griechischer Fraun solch einen Kranz mir erkämpft.

Ulrich Sinn stellt die Theorie auf, dass die Aufnahme in diese ursprünglich konstantinopolitanische Gedichtsammlung einen gewisse Aufmerksamkeit und Bekanntheitsgrad bereits in der Antike bedingt.15 Andernfalls wäre auch eine Überdauerung in diesen zeitlichen Maßstäben nur schwer zu erklären.

Es stellt sich bei dem Geschehen natürlich die Frage, welche Rolle ihre adelige Abstammung dabei spielte, betrachtet man den sicherlich üppigen Kosten- und Ressourcenbedarf für eine eigene Pferdezucht. Karl-Wilhelm Weeber sieht hier Kyniska’s Bruder, den Spartanerkönig Agesilaos als graue Eminenz im Hintergrund die Fäden ziehen und stellt jeglichen Zusammenhang mit weiblicher Emanzipation in Frage16. Ulrich Sinn erläutert dagegen die rechtlichen Verhältnisse in Sparta, die im Gegensatz zu Athen bestehende Möglichkeit für Frauen Reichtum und Eigentum besitzen zu dürfen und lässt dabei Raum für das Ausmaß der Eigenständigkeit Kyniskas.17 Woher allerdings ihre Mittel stammten, die ihr den Unterhalt eines aufwendigen Rennstalls ermöglichten, konnte niemandem verborgen bleiben

Nichtsdestotrotz haben es nach dem Vorbild Kyniskas ihr mehrere Frauen gleichgetan. Nach Pausanias haben es allerdings wiederum insbesondere Frauen aus Sparta zu olympischen Ehren geschafft.18 Aber auch auswärtige wie z.B. Belistiche, eine Frau aus der Küstenregion Makedoniens.19 Kyniska blieb aber über ihre Zeit hinaus die berühmteste (hippische) Olympionikin. Dafür spricht, dass zumindest bis in die Zeit des Pausnias keiner der anderen Siegerinnen größere Verehrung für sich beanspruchen konnte.20

2.1.2 Wettkämpfe der Frauen in Olympia

Wie bereits näher ausgeführt, war das weibliche Geschlecht im Allgemeinen als Teilnehmer und die verheirateten Frauen auch als Zuschauer von den Olympischen Spielen ausgeschlossen. Das heißt jedoch nicht, dass sie im Rahmen der Festivitäten zur Randfigur degradiert wurden und keinen Sport trieben. In Olympia gab es für Mädchen bzw. Jungfrauen eigene, als Heräen, Heraia oder Hera-Spiele bezeichnete Wettkämpfe. Diese sind benannt nach der gleichnamigen Göttin Hera, Gemahlin des Zeus, welcher der Schutz der Ehe und der Niederkunft oblag.21 Heraia ist dabei allerdings auch der Name für alle der Hera gewidmeten Feste22, also kein olympiazentrierter Begriff.

Die Heräen finden wie die Olympischen Spiele alle 4 Jahre statt, im Gegensatz zu den Männern aber nur in einer Disziplin, dem Wettlauf zu Fuß.23 Dieser Wettstreit fand wie das Männerpendant im olympischen Stadion statt, insofern lässt sich auch hier vom Stadionlauf sprechen, allerdings wurde dabei die Laufstrecke um ein Sechstel verkürzt.24 Durch den identischen Austragungsort finden demzufolge beide Formen der Spiele, also der Wettkampf der Männer und der (Jung-)Frauen, zeitlich versetzt statt. Die Gewinnerinnen der Wettläufe erhalten wie die Männer einen Kranz aus Olivenzweigen und die Möglichkeit, Standbilder mit ihrem eingravierten Namen aufstellen zu lassen. Pausanias schweigt sich an dieser Stelle über den konkreten Ort aus. Allerdings führt er zu Beginn des Kapitels an, dass es jetzt Zeit wäre den Tempel der Hera näher zu beschreiben und damit auch die beachtenswerten Ausstattungsmerkmale desselben.25 In Anlehnung daran ist von der Umgebung des Heratempels auszugehen. Des Weiteren deutet auch die Beschreibung des Standortes der Statue der Kyniska in diese Richtung.26

Für die Frage nach dem Verbleib der verheirateten Frauen ist zu sagen, dass die legendenbehafteten 16 Frauen27, quasi seit Anbeginn das Organisationskomitee der olympischen Heräen, verheiratet sind und weiterhin im olympischen Rhythmus zusammentreten um den Heräen vorzustehen und den Wettkampfbetrieb zu leiten.28 Pausanias weist auf den Ehestatus nochmals explizit hin.29 Dies ist insofern erstaunlich, da die griechische Sprache in der Regel „verheiratet“ und „Frau“ synonym verwendet und relativ strikt wie eingangs bereits angesprochen zwischen den verheirateten Frauen (gynaikas) und den unverheirateten Mädchen (parthenoi) unterschieden wird.

[...]


1 Schuller, Frauen in der griechischen Geschichte, S.44

2 Scheer, Forschungen über die Frau in der Antike, S.149

3 Pomeroy, dt.: Frauenleben im klassischen Altertum

4 Scheer, Forschungen über die Frau in der Antike, S.149f.

5 LAW Sp.2130

6 Paus. VI, 20.9

7 Paus. V, 6.7

8 Paus. III, 8.1

9 Dillon, M. P. J., Did parthenoi attend the Olympic Games? S.464.

10 Paus. V, 15.3

11 Paus. V, 12.5

12 Paus. VI, 1.6

13 Anth. Grae. XIII 16

14 Anth. Grec. XIII 16, in der französischen Edition mit Schwester und Tochter übersetzt, ansonsten kleine Variation griechische Frau gegenüber keine Frau in Griechenland .

15 Sinn, Das antike Olympia, S.188.

16 Weeber, K.-W., Die unheiligen Spiele, S. 200

17 Sinn, Das antike Olympia, S. 189.

18 Paus. III, 8.1

19 Paus. V, 8,11

20 Paus. III, 8.1

21 LAW Sp.1254

22 LAW Sp.1255

23 Paus. V, 16.2

24 Paus. V, 16.3

25 Paus. V, 16.1

26 Paus. VI, 1.6 zur Statue der Kyniska; Paus. VI, 1.3 zum Standort dieser Statue

27 Zur Entstehungsgeschichte der Heräen Paus. V, 16.4-6,

28 Paus. V, 16.3

29 Explizit in Bezug auf die Wiederholung und Verdeutlichung des Wortes [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] / gynaikas in Paus. V, 16.3; Erstnennung in Paus. V, 16.2

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Details

Title
Frauen und Sport im antiken Griechenland
Subtitle
Im Kontext der Olympischen Spiele
College
Catholic University Eichstätt-Ingolstadt  (Geschichts- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät)
Course
Proseminar: Olympia und die Olympischen Spiele
Grade
1,3
Author
Year
2006
Pages
16
Catalog Number
V131280
ISBN (eBook)
9783640410798
ISBN (Book)
9783640410842
File size
558 KB
Language
German
Keywords
Frauen, Sport, Griechenland, Kontext, Olympischen, Spiele
Quote paper
Sebastian Hoffmann (Author), 2006, Frauen und Sport im antiken Griechenland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131280

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Title: Frauen und Sport  im antiken Griechenland



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