1. Public Private Partnership im Electronic Government –
neue, innovative Ansätze im öffentlichen Reformprozess?
Im Angesicht eines grundlegenden Wandels des Funktions- und Rollenverständnisses von Staat und Verwaltung sind seit einigen Jahren eine Vielzahl von Veränderungsprozessen zu verzeichnen.
Unter dem Leitbegriff des „New Public Management“ gibt es seit den 1990er Jahren in Deutschland Bestrebungen, die öffentliche Verwaltung umfangreich zu modernisieren. Ausgehend von Impulsen aus dem Ausland umfasst die Reformbewegung eine Vielzahl von Ansätzen, welche überwiegend betriebswirtschaftlich orientiert sind.
Vor dem Hintergrund der Auflösung der traditionellen Schnittstellen zwischen Kernverwaltung, öffentlichen Unternehmen und Markt ist Public Private Partnership im Rahmen dieser Reformbestrebungen zu einem zentralen Diskussionsthema geworden.
Viele Vorhaben in diesem Bereich haben sich in jüngerer Vergangenheit aus der Praxis entwickelt oder sollen als Pilotprojekte dazu dienen, sowohl Erfahrungen in der Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung mit privaten Akteuren zu sammeln, als auch die mit den neuen Formen öffentlicher Aufgabenerfüllung verbundenen Chancen, wie z.B. Kosten- und Haushaltsentlastung und den Zugang zu neuen Technologien, zu nutzen. Analog dazu ist die Auseinandersetzung mit diesem Thema - insbesondere mit dem Bezug auf Informationstechnologie (IT) und Electronic Government - in Deutschland relativ neu, so dass derzeit noch verhältnismäßig wenig Studien und Literatur existieren. Dies steht im Gegensatz zur der zunehmend inflationären und undifferenzierten Verwendung des Schlagworts „Public Private Partnership“.
Zielstellung dieser Arbeit soll es sein, einen theoretischen Bezugsrahmen zum Thema Public Private Partnership zu schaffen. Es soll der Frage nachgegangen werden, welche Rolle das Instrument PPP im öffentlichen Reformprozess spielt und wie sich damit neue innovative Ansätze für die Verwaltung darstellen.
Hieraus folgt, dass die Betrachtung des Themas insbesondere aus der Perspektive des öffentlichen Kooperationspartners erfolgt, wobei aber auch die Interessen des privaten Partners an einer Zusammenarbeit in Form von PPP mit den damit verbundenen Chancen und Risiken angesprochen werden.
Der besondere Schwerpunkt wird in der Betrachtung von PPP im Bereich der IT- Projekte im zukunftsweisenden Sektor des Electronic Government, weiterer wichtiger Bestandteil der Verwaltungsreformen, gesetzt.
INHALTSVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Public Private Partnership im Electronic- Government – neue innovative Ansätze im öffentlichen Reformprozess?
1.1. Einführung in die Thematik und Zielstellung
1.2. Aufbau der Arbeit und Argumentationsgang
2. Public Private Partnership
2.1. Definitionsansätze für PPP
2.1.1. Das partnerschaftliche Element
2.1.2. Der sektorenübergreifende Charakter der Zusammenarbeit
2.1.3. Die öffentliche Trägerschaft
2.1.4. Die Selbstständigkeit der Kooperationspartner
2.1.5. Die Freiwilligkeit des Engagements
2.1.6. Die zeitliche Ausrichtung
2.1.7. Das institutionelle Arrangement der Zusammenarbeit
2.2. Die Public Choice- Theorie
2.3. Die Entstehung und historische Entwicklung des PPP- Konzeptes 14 2.4. Die PPP- Entwicklung in Deutschland im Rahmen der Verwaltungs- modernisierung unter einer angespannten Finanzsituation 15
2.5. PPP im Spannungsfeld zwischen Privatisierung und klassischer staatlicher Aufgabenerfüllung
2.5.1. Abgrenzung von PPP zwischen Eigenerledigung – Privatisierung
2.5.2. PPP und Outsourcing
2.5.3. Motive und Erwartungen bei Privatisierungen und PPP
2.6. Organisationsmodelle für PPP
2.6.1. Die Formenvielfalt von PPP- Konzepten
2.6.2. Das Betreibermodell
2.6.2.1. Das Dienstleistungsmodell
2.6.2.2. Das Pachtmodell
2.6.2.3. Das Build-Operate-Transfer- Modell (BOT)
2.6.3. Das Kooperationsmodell
2.6.4. Das Konzessionsmodell
2.6.5. Überblick informeller Kooperationsformen
2.6.6. Kombinationsmodelle bei IT- und E- Government-Projekten
2.7. PPP und Finanzierung
2.7.1. Leasing
2.7.2. „Sale and Lease Back“
2.7.3. Forfaitierung
2.7.4. Beteiligungsfinanzierung
2.8. Rechtliche Rahmenbedingungen aller PPP- Sektoren
2.8.1. Allgemeine Grundlagen für PPP im Verfassungs-, Kommunal,- und Verwaltungsverfahrensrecht
2.8.2. Öffentliches Vergaberecht
2.8.3. Personalrechtliche Aspekte bei Gemeinschaftsunternehmen
2.9. Chancen Risiken durch Public Private Partnership
2.9.1. Chancen für die öffentliche Verwaltung
2.9.2. Chancen für die privaten Partner
2.9.3. Risiken für die öffentliche Verwaltung
2.9.4. Risiken für den privaten Partner
2.10. Resümee zur allgemeinen Betrachtung des Instruments PPP
3. Public Private Partnership in der Informationstechnologie unter spezieller Betrachtung des Electronic Government
3.1. Das aktuelle Nutzungspotential des World Wide Web
3.2. Electronic Government als Element der Service- und Dienst- leistungsorientierung der öffentlichen Verwaltung
3.2.1. E- Government
3.2.2. E- Democracy
3.2.3. E- Governance
3.2.4. E- Commerce
3.3. Ziele, Chancen und Grenzen des E- Government in der Verwaltung
3.4. Public Private Partnership- Potentiale im Electronic Government
3.5. Vorbereitung, Planung und Umsetzung eines PPP- Konzeptes aus Sicht des öffentlichen Partners
3.5.1. Vorbereitung, Planung und Zielsetzung
3.5.2. Leitfragen zur Strategieformulierung
3.5.3. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
3.5.4. Kriterien bei der Auswahl eines geeigneten Partners
3.5.5. Ansätze für den vertraglichen Regelungsumfang
3.5.6. Die Entscheidungsphase
3.5.7. Die Umsetzung des PPP- Projekts, Umfeldanalyse und Evaluation
3.6. Die Bedeutung des Controllings für PPP im IT- Sektor
3.7. Besondere rechtliche Aspekte bei der Umsetzung von PPP- Projekten im IT- und E- Government-Bereich
3.7.1. Datenschutzrechtliche Probleme
3.7.2. Öffentliche Vergaberichtlinien bei IT- Projekten
3.8. Resümee Public Private Partnership im Electronic Government
4. Praxisbeispiele
4.1.Berlin.de/BerlinOnline – Das Stadtinformationssystem der Hauptstadt Berlin
4.1.1. Projektbeschreibung und PPP- Struktur
4.1.2. Beurteilung und Wertung
4.2.Hamburg.de – Das Städteportal der Hansestadt Hamburg
4.2.1. Projektbeschreibung und PPP- Struktur
4.2.2. Beurteilung und Wertung
4.3.CeGi – Center for Geoinformation GmbH – die Kommunikations- und Koordinationsplattform für Geoinformatikanwendungen
4.3.1. Projektbeschreibung und PPP- Struktur
4.3.2. Beurteilung und Wertung
4.4. Kurzresümee zu den PPP- Praxisprojekten im E- Government
5. Zusammenfassende Betrachtung und Ausblick
Anhang
Service Teil 1 – Glossar
Service Teil 2 – Homepages Städteportale
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: PPP-Portfolio
Abb. 2: Bausteine des PPP - Konzeptes
Abb. 3: Güter Portfolio
Abb. 4: Kommunaler Investitionsbedarf in Deutschland 2000 - 2009
Abb. 5: Einnahmen und Ausgaben des Staates 2001 – 2003
Abb. 6: PPP zwischen Eigenerledigung und Materieller Privatisierung
Abb. 7: Public Private Partnership – geeignete Aufgabenfelder
Abb. 8: Die ID Bremen GmbH als PPP- Kooperationsmodell
Abb. 9: Systematisierung der Vorteile und Risiken von PPP
Abb. 10: E- Government- Matrix
Abb. 11: Lineares Planungsmodell für die Entwicklung IT- gestützter Verfahren
Abb. 12: Leitfragen zur Strategieformulierung
Abb. 13: Aufbau eines Controllingsystems
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Public Private Partnership im Electronic Government – neue, innovative Ansätze im öffentlichen Reformprozess?
1.1. Einführung in die Thematik und Zielstellung
Im Angesicht eines grundlegenden Wandels des Funktions- und Rollenverständ-nisses von Staat und Verwaltung sind seit einigen Jahren eine Vielzahl von Ver-änderungsprozessen zu verzeichnen.
Unter dem Leitbegriff des „New Public Management“[1] ´[2] gibt es seit den 1990er Jahren in Deutschland Bestrebungen, die öffentliche Verwaltung umfangreich zu modernisieren. Ausgehend von Impulsen aus dem Ausland[3] umfasst die Re-formbewegung eine Vielzahl von Ansätzen, welche überwiegend betriebswirt-schaftlich orientiert sind.[4]
Die organisatorischen Maßnahmen im Zuge der Verwaltungsreform stehen im Hintergrund der angespannten öffentlichen Finanzsituation unter der Zielvorgabe, die Verwaltungskosten zu senken[5]. Zu den vielseitigen Elementen, welche sich unter dem Oberbegriff des NPM subsumieren lassen, gehören nach Brede unter Anderem[6]:
1. das Verständnis der Verwaltung als ein Verantwortungs- oder Kostenzentrum, vergleichbar einem dienstleistungsorientierten Wirtschaftsunternehmen[7],
2. die Änderung der Aufbauorganisation durch Hierarchieabbau und Zusammen-arbeit der Organisationseinheiten, auch unter dem Verzicht auf bisherige Auf-gabenfelder[8],
3. die Entlastung von Aufgaben durch Public Private Partnership, Contracting Out und Vor dem Hintergrund der Auflösung der traditionellen Schnittstellen zwischen Kernverwaltung, öffentlichen Unternehmen und Markt ist Public Private Partners-hip[9] ´[10] im Rahmen dieser Reformbestrebungen zu einem zentralen Diskussions-thema geworden.[11]
Viele Vorhaben in diesem Bereich haben sich in jüngerer Vergangenheit aus der Praxis entwickelt oder sollen als Pilotprojekte dazu dienen, sowohl Erfahrungen in der Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung mit privaten Akteuren zu sammeln, als auch die mit den neuen Formen öffentlicher Aufgabenerfüllung ver-bundenen Chancen, wie z.B. Kosten- und Haushaltsentlastung und den Zugang zu neuen Technologien, zu nutzen. Analog dazu ist die Auseinandersetzung mit diesem Thema - insbesondere mit dem Bezug auf Informationstechnologie (IT) und Electronic Government - in Deutschland relativ neu, so dass derzeit noch verhältnismäßig wenig Studien und Literatur existieren. Dies steht im Gegensatz zur der zunehmend inflationären und undifferenzierten Verwendung des Schlag-worts[12] „Public Private Partnership“.
Zielstellung dieser Arbeit soll es sein, einen theoretischen Bezugsrahmen zum Thema Public Private Partnership zu schaffen. Es soll der Frage nachgegangen werden, welche Rolle das Instrument PPP im öffentlichen Reformprozess spielt und wie sich damit neue innovative Ansätze[13] für die Verwaltung darstellen.
Hieraus folgt, dass die Betrachtung des Themas insbesondere aus der Perspek-tive des öffentlichen Kooperationspartners erfolgt, wobei aber auch die Interes-sen des privaten Partners an einer Zusammenarbeit in Form von PPP mit den damit verbundenen Chancen und Risiken angesprochen werden.[14]
Der besondere Schwerpunkt] wird in der Betrachtung von PPP im Bereich der IT-Projekte im zukunftsweisenden Sektor des Electronic Government, weiterer wich-tiger Bestandteil der Verwaltungsreformen, gesetzt.
1.2. Aufbau der Arbeit und Argumentationsgang
Der Aufbau der vorliegenden Arbeit ist in fünf Kapitel gegliedert. Dieses erste Kapitel stellt den Bezug des Themas PPP zur Verwaltungsmodernisierung her und setzt daraus die Zielstellung zur Bearbeitung der Thematik.
Im zweiten Kapitel wird zunächst versucht, Definitionsansätze für den Begriff PPP zu bestimmen. Auf die wissenschaftlich-theoretische Herleitung wird mit Bezug auf die Public Choice Theorie eingegangen.
Weitergehend wird die historische Entwicklung von PPP ausgehend von der Allegheny Conference in den USA der 1940er Jahre, bis zur aktuellen Entwicklung in Deutschland, unter dem Blickwinkel der Verwaltungsmodernisierungsbestre-bungen skizziert. Im Rahmen dieser Betrachtung wird das Instrument PPP im Spannungsfeld zwischen Privatisierung und klassischer staatlicher Aufgabener-füllung abgegrenzt. Das Thema PPP und Outsourcing findet ebenfalls Berück-sichtigung.
Im Rahmen der allgemeinen, sektorenübergreifenden, Betrachtungen zum PPP-Konzept werden die Organisationsmodelle, Finanzierungsmöglichkeiten, rechtli-che Rahmenbedingungen und Chancen und Risiken von PPP erläutert und ein kurzes Resümee gezogen.[15]
Das dritte Kapitel geht auf die PPP im Bereich von Informationstechnologie unter besonderer Berücksichtigung des Electronic Government ein, skizziert die daraus resultierenden Synergien eines weiteren bedeutenden Instruments zur Moderni-sierung und Neustrukturierung der öffentlichen Verwaltung. Es ist absehbar, dass die Bedeutung des Internets und des E- Governments in der Zukunft stark zu-nehmen wird, in Folge dessen hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, internetfähige Dienstleistungen der Bundesverwaltungen bis Ende 2005 online anzubieten und bis Ende 2008 alle geeigneten Verwaltungsverfahren online zur Verfügung zu stellen.[16] Seit Ende der 1990er Jahre sind auch die Städte und Kommunen zunehmend im Netz präsent. Bundeskanzler Schröder hat diese ambitionierten Zielsetzungen mit dem Leitbild: „Die Daten sollen laufen, nicht die Bürger“[17] initiiert. Es wird erörtert, welche Chancen, Risiken und Potentiale bei der Realisierung von E- Government- Vorhaben in Form von PPP bestehen. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei in den Aspekten Planung und Umsetzung von PPP- Projekten gesetzt.
Das vierte Kapitel stellt zur Veranschaulichung drei aktuelle PPP- Projekte aus dem E- Government- Bereich in kurzer Form vor.
Es werden die Städteportale der Metropolen Berlin und Hamburg näher betrach-tet, sowie ein PPP-Projekt aus dem Bereich der Geoinformatik. Anhand der Pra-xisbeispiele soll veranschaulicht werden, welche Lösungsansätze umgesetzt wurden und wie sich die Vorteile aus der PPP-Struktur für die öffentliche Verwal-tung – insbesondere in Relation zu einer Eigenrealisierung – darstellen. Darüber hinaus wird die Einordnung der Projekte in den Rahmen des Verwaltungsmoder-nisierungsprozesses vorgenommen.
Im fünften Kapitel wird eine zusammenfassende, abschließende Betrachtung des Themas Public Private Partnership im Electronic Government vorgenommen und ein Ausblick auf mögliche Entwicklungstendenzen geschaffen.
Im Anhang ist im Service-Teil 1 ein Glossar[18] beigefügt. Zentrale Begriffe die in dieser Arbeit in den Themengebieten öffentliche Betriebswirtschaftslehre, New Public Management, Informationstechnologie und Electronic Government ange-sprochen sind, werden zum besseren Verständnis kurz erläutert. Bei der wis-senschaftlichen Auseinandersetzung mit diesen Themenbereichen werden viele neuartige Begriffe, Fachtermini und Anglizismen verwendet, die nicht unbedingt jedem Leser vertraut sind.
Der Service-Teil 2 beinhaltet eine ausgewählte Zusammenstellung von Internet-seiten und Städteportalen, welche inhaltlich einen zentralen Bezug zu dieser Arbeit haben. In der digitalisierten Fassung ist ein direkter Zugriff über einen Hy-perlink möglich.
2. Public Private Partnership
2.1. Definitionsansätze für PPP
„Als ein Modewort, das als ungenau verwendeter Sammelbegriff für alle mögli-chen neuen und bereits bekannten Formen der Zusammenarbeit zwischen öf-fentlicher Hand und Privaten dient, steht der PPP- Begriff zu Recht im Zentrum der Kritik“[19]
Die Verwendung des Schlagworts PPP ist in Deutschland zu einem schillernden, Modernität suggerierenden, Sammelbegriff für vielseitige Beziehungen zwischen öffentlichen Akteuren und dem privaten Sektor geworden. Obwohl das Thema PPP in der deutschen Literatur zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist sie sich nur in einem Punkt vollkommen einig: Es gibt keine exakte und allgemeingültige Definition für PPP. Verbunden mit der Heterogenität des Begriffes und seiner Verwendung für eine Vielzahl von Anwendungsfeldern ist es daher notwendig, eine möglichst präzise und zweckmäßige Begriffsabgrenzung vorzunehmen.[20]
Nach Oberender und Rudolf kann eine Definition für PPP wie folgt lauten:
„Public Private Partnership ist eine Form der Interaktion zwischen handelnden Akteuren der öffentlichen Hand und privaten Investoren mit dem Fokus auf der Verfolgung komplementärer Ziele und der Realisierung von Synergiepotentialen. Die Partnerschaft ist prozessorientiert, wobei die Identität und Verantwortlichkeit für das eigene Handeln intakt bleiben[21] “.
Ein ähnlicher, viel zitierter, Definitionsansatz wird von Budäus und Grüning ver-treten, welche ebenso den Schwerpunkt auf die Zielkomplementarität beim part-nerschaftlichen Agieren der Kooperationspartner setzen. Des Weiteren wird der Begriff der PPP in einer Fassung im engeren und im weiteren Sinne, nach dem Grad der Formalisierung, unterschieden. Die erstere Form der Zusammenarbeit ist vor allem (gesellschafts-) vertraglich formalisiert, während als eine PPP im weiteren Sinne die informellen Formen betrachtet werden.[22]
Daher soll im Weiteren versucht werden, die einzelnen Definitionsansätze zu präzisieren, sowie PPP hinsichtlich der vielseitigen Formen der Zusammenarbeit von öffentlicher Hand mit privaten Kooperationspartnern, im Zuge der Auflösung der klassischen Dichtonomie[23] von Staat und Privatwirtschaft, abzugrenzen. Bu-däus und Grüning verweisen daher darauf, dass die von einigen Autoren vertre-tene Auffassung, eine PPP in jedweder Form des öffentlich-privaten Zusam-menwirkens zu sehen, unbrauchbar für die Betrachtung ist.[24]
2.1.1. Das partnerschaftliche Element
Von den begriffskonstituierenden Merkmalen, auf denen dieses Verständnis von PPP beruht, gehört das partnerschaftliche Element zum ersten zentralen Charak-teristikum. Darin kommt zum Ausdruck, dass sich die PPP nur auf diejenigen Formen der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit bezieht, bei denen ein wirkliches gemeinschaftliches Miteinander der Partner vorliegt, so dass sich dar-aus Synergiepotentiale erschließen.[25] Damit wird das Modell der PPP zu einem Instrument der Verantwortungsteilung, unter der Staat und privater Partner part-nerschaftlich auf die Erreichung eines gemeinsam definierten Zieles hinarbei-ten.[26] Dem steht nicht entgegen, dass die spezifischen Interessen der einzelnen Partner unterschiedlicher Natur sind, wie z.B. die Erfüllung einer öffentlichen Auf-gabe seitens der Verwaltung oder die Gewinninteressen des privaten Partners auf der anderen Seite.[27] Die Zielgemeinschaft soll eine „ Win-Win “- Situation für beide Partner schaffen.
Aus dem wechselseitig interdependenten Verständnis von PPP folgt, dass privates Kapital und (oder) Know-how in die Kooperation eingebracht werden sollen, womit sich die anderen sektorenübergreifenden Formen von Transaktionen aus dem Konzept und Begriffsverständnis von PPP abgrenzen lassen[28].
2.1.2. Der sektorenübergreifende Charakter der Zusammenarbeit
Zweiter wesentlicher Aspekt für die Definition eines Projektes als PPP ist der sektorenübergreifende Charakter der Zusammenarbeit. Dies bedeutet, dass ein Teil der Akteure aus dem privatwirtschaftlichen und der Andere aus dem öffentli-chen Sektor stammen muss.[29]
Mit diesem Charakteristikum fallen Kooperationsstrategien zwischen den Trägern öffentlicher Aufgabenerfüllung, z.B. über föderalistische oder landesrechtliche Grenzen hinweg, aus dem PPP-Begriffsverständnis hinaus. Diese Form wird in Abgrenzung dazu als Public Public Partnership bezeichnet, wie z.B. die Koopera-tion der Landesdatenverarbeitungszentrale Schleswig- Holstein mit der LIT Hamburg auf dem Gebiet einer gemeinschaftlichen Datenverarbeitung[30].
Das Gleiche gilt für die seit langer Zeit bekannten diversifizierten Kooperations-formen von privatwirtschaftlichen Unternehmen untereinander, wo an dieser Stel-le exemplarisch Joint- Ventures und strategische Allianzen genannt werden sol-len.
2.1.3. Die öffentliche Trägerschaft
Auch in Form der PPP bleibt zukünftig die öffentliche Trägerschaft einer Leistung erhalten, auch wenn die Rolle der öffentlichen Hand eingeschränkt wird. Die Zu-ständigkeit, Verantwortung und Steuerungsfunktion der öffentlichen Hand bleibt als dritte Alternative, im Tangentialbereich zwischen der tradierten Wahrneh-mungsform der staatlichen Eigenerfüllung und der materiellen Privatisierung, erhalten[31].
Eine detaillierte Abgrenzung zwischen diesen Optionen wird später in den Kapi-teln 2.5. und 2.6. vorgenommen.
2.1.4. Die Selbstständigkeit der Kooperationspartner
Das vierte Charakteristikum von PPP ist die fortbestehende Selbstständigkeit der Kooperationspartner. Sowohl der Träger der öffentlichen Verwaltung als auch das kooperierende privatwirtschaftliche Unternehmen oder die beteiligten Perso-nen und Institutionen bleiben in ihren restlichen, nicht von der PPP erfassten, Angelegenheiten vollständig autonom und behalten eigene Rechtspersönlichkei-ten.
Das Modell der PPP darf daher nicht etwa als Fusion aufgefasst werden. Des Weiteren bleiben den Partnern in den formalen, also auf vertraglicher Grundlage basierenden PPP, gewisse Freiheitsgrade, etwa durch die Möglichkeit einer frist-gerechten Kündigung, erhalten.[32]
Dies gilt auch für gesellschaftsrechtliche Formen der PPP in Form von Koopera-tionsmodellen[33], wo ein neues, gemischtwirtschaftliches, Unternehmen in privat-rechtlicher Form entsteht. Öffentliche Hand und Privater Partner sind als solche eigenständige Gesellschafter.
2.1.5. Die Freiwilligkeit des Engagements
Weiteres wichtiges Kriterium ist die strikte Freiwilligkeit des Engagements. Dies bedeutet, dass das Zustandekommen eines PPP-Projektes aus der gemeinsa-men Interessenlage heraus erfolgt, bestimmte Ziele und Synergieeffekte zu errei-chen. Als PPP werden demzufolge keine Formen der staatlich-privaten Interakti-on betrachtet, welche als Zwangskooperation durch die Anwendung staatlichen Hoheitsrechts, Herrschaft oder Zwang zustande gekommen sind[34] ´[35].
Damit gehören Aufgaben, welche durch Private als sog. „Beliehene“ im staatli-chen Auftrag durchgeführt werden – z.B. Kfz- Sachverständige – nicht dazu.
2.1.6. Die zeitliche Ausrichtung
Ein weiteres Charakteristikum der PPP ist die zumindest auf einen mittel- bis längerfristigen Zeitraum ausgerichtete Reichweite der Zusammenarbeit. PPP werden damit – zumindest in den auf formeller Grundlage basierenden Formen des Arrangements – von vorübergehenden Zweckbündnissen abgegrenzt.[36]
2.1.7. Das institutionelle Arrangement der Zusammenarbeit
Das Begriffsverständnis von PPP wird nach Budäus und Grüning hinsichtlich des institutionellen Arrangements in PPP im „engeren“ Sinne und im „weiteren“ Sinne unterschieden. Zu der ersten Form gehören die formalen, vertraglich fixierten Formen der Zusammenarbeit, zu der Zweiten die auf informeller Grundlage ba-sierenden PPP. Darüber hinaus wird differenziert, ob eher Zielkomplementarität oder Zielkonflikte in den verschiedenen institutionellen Formen vorliegen[37][38].
Abbildung 1: PPP-Portfolio[39]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Grenzen zwischen informellen und formellen Ausprägungen sind dabei flie-ßend. Eine über verschiedene Formen von Akteursnetzwerken initialisierte in-formelle PPP kann sich im weiteren Entwicklungsprozess zur Einrichtung ge-meinschaftlicher Institutionen, bis hin zur Realisierung eines gemeinschaftlichen Projektes weiterentwickeln. Bei Letzterem liegt auf der Hand, dass der Grad der Formalisierung und das organisatorischen Umfelds hoch angesetzt werden muss.[40]
In der folgenden Abbildung sind die definitorischen Ansätze für PPP abschlie-ßend zusammengefasst:
Abbildung 2: Bausteine des PPP - Konzeptes[41]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2. Die Public Choice – Theorie
Anhand der Public Choice – Theorie soll im Folgenden skizziert werden, das Instrument PPP im Rahmen der aktuellen (weltweiten) Verwaltungsreformdiskussi-on in dem wissenschaftlich-theoretischen Hintergrund einzuordnen.
Die externe Strukturreform des öffentlichen Sektors wird maßgeblich von der ökonomischen Theorie bestimmt, in diesem Zusammenhang wird vor Allem auf die von Vincent Ostrom in den 1950er Jahren in den USA begründete Public Choice Theorie Bezug genommen. Diese Theorie behandelt Probleme kollektiv ausgerichteten Handelns staatlicher Organe und bürokratischer Strukturen, die Interaktionen öffentlicher Institutionen, Unternehmen und Haushalte als Teile des Gemeinwesens, die Ermittlung von Präferenzstrukturen kollektiver Güter sowie die Erlangung ökonomischer Renten.[42]
Neue, verwaltungs- und volkswirtschaftlich geprägte Überlegungen bilden den Ausgangspunkt der Public Choice Theorie und des Modells von Ostrom, welche sich aus dem Ansatz des Ausgangs vom methodologischen Individualismus be-gründen.[43]
Die Theorie geht im Hintergrund der allgemeinen Güterknappheit davon aus, dass die Individuen im Eigeninteresse handeln, persönliche Präferenzen besitzen und in Ihrer rational – kritisch geprägten Handlungsweise nach denjenigen Alter-nativen streben, welche ihnen den optimalen Nutzen versprechen. Bei der Be-reitstellung der öffentlichen Güter wird zwischen der Möglichkeit des Ausschlus-ses vom Konsum (Exclusion) und von der Verbundenheit des Konsums (Joint Consumption) unterschieden. Probleme bestehen darin, dass mit der Erhöhung des Konsums eines bestimmten Gutes eine gegenseitige Nutzungseinschrän-kung für alle Konsumenten verbunden ist, z.B. das Problem der Staubildung auf einer öffentlichen Autobahn. Darüber hinaus sind Zwischenformen zu berücksich-tigen. Dies betrifft diejenigen Güter, bei denen der Ausschluss möglich ist, aber auch der Konsum (Gebührengüter) und Güter, bei denen der Ausschluss unmög-lich ist, aber der Konsum nicht gemeinschaftlich möglich ist (Allmende-Güter).[44]
Die Zusammenhänge zwischen Konsum und Ausschluss stellen sich zusammen-fassend in dem Güter Portfolio wie folgt dar:
Abbildung 3: Güter Portfolio[45]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus diesen Zusammenhängen ergeben sich aus der Sicht des methodologischen Individualismus Probleme, denn dem Einzelnen ist es im System der repräsenta-tiven Demokratie nicht möglich, bestimmte Präferenzen hinsichtlich des Ni-veaus[46] des Konsums bestimmter öffentlicher Güter auszudrücken. Darüber hin-aus werden die Individuen versuchen, sich nicht an der Finanzierung öffentlicher Güter zu beteiligen[47]. Problematisch ist in dem Zusammenhang auch, dass un-terschiedlich große Gruppen sehr differenziert am Konsum öffentlicher Güter beteiligt sind und sich starke Gegensätze in der Finanzierung – je nach ökonomi-scher Leistungsfähigkeit der Individuen – aufzeigen. Des Weiteren ist bei gros-sen Gruppen der Rückgriff auf staatliche Zwangsmechanismen zur Vermeidung der Nichtbeteiligung des Einzelnen - der sog. „Schwarzfahrerproblematik“ - nötig, da der Beitrag des Einzelnen im Rahmen der gesamten Gruppe nicht spürbar ins Gewicht fällt.[48]
Die Public Choice Theorie zeigt auf, dass die staatliche Bereitstellung der Güter und die Ausübung hoheitlicher Gewalt zwar erforderlich sind, aber nicht unbe-dingt zu einer optimalen Versorgung führen müssen. Daher trennt Ostroms alternatives Modell analytisch zwischen kollektiven Konsum-Einheiten und kollektiven Produktions-Einheiten. Damit verbunden ist die Durchbrechung der klassischen, strengen Zweiteilung[49] zwischen der – nach Ostrom ineffizienten und bürokrati-schen - Verwaltung und der Wirtschaft.[50]
Aus diesem Verständnis folgt, dass dem Staat, neben der klassischen Bereitstel-lung öffentlicher Leistungen, viele neue Handlungsoptionen eröffnet werden. Da-zu gehören u.a.[51]:
- Kooperationen zwischen den öffentlichen Anbietern
- Die Beauftragung Privater
- Mischformen zwischen Eigenherstellung und Zukauf von anderen öffentli-chen oder privaten Produzenten
- Multiple Produktions-Teams in verschiedenen Kooperationsformen
Damit verbunden ist ein Staatsverständnis, in dem die öffentliche Hand aktiv steuernd agiert[52], und dabei die erforderlichen Rahmenbedingungen setzt. Aus den theoretischen Ansätzen ergeben sich, im Vergleich zum klassischen Modell der staatlichen Aufgabenerfüllung, neue Potentiale. Dazu gehören die Optimie-rung der Produktionseinheiten, die Senkung von Kosten, das Entstehen eines Quasi-Wettbewerbes durch Benchmarking und die bessere Ausrichtung an den Bedürfnissen der Konsumenten.[53]
Aus der Public Choice Theorie ergibt sich für das Instrument PPP die Chance, dass eine gemischtwirtschaftliche, polyzentrische öffentliche Güter- und Dienst-leistungsindustrie dynamischer, innovativer und leistungsfähiger als ein traditio-nelles System rein staatlicher Aufgabenerfüllung sein kann.[54]
In den nachfolgenden Kapiteln sollen Parallelen zwischen ökonomischer Theorie und den praktischen Entwicklungen und Ausprägungen aufgezeigt werden.
2.3. Die Entstehung und historische Entwicklung des PPP-Konzeptes
Das Konzept der PPP hat seinen Ursprung in den USA. Seit etwa den 1940er Jahren haben sich auf kommunaler Ebene, bei Projekten der Stadtentwicklung, erste Partnerschaften zwischen der öffentlichen Hand und privaten Investoren entwickelt.[55] ´[56]
Das bekannteste Projekt ist in diesem Zusammenhang die Allegheny Conference on Community Development, welche 1943 in Pittsburgh gegründet wurde. Die Probleme der Stadt waren vom wirtschaftlichen Niedergang der dort ansässigen Stahlindustrie, der wirtschaftlichen Monostruktur und den damit verbundenen Umweltproblemen gekennzeichnet. Vertreter aus der Politik, der Verwaltung und der Hochschulen haben sich in der Allegheny Conference mit der Zielstellung zusammengefunden, neue Impulse für die Region zu initiieren. Dazu gehörten die Ansiedlung neuer Unternehmen, die Förderung neuer Technologien und die Unterstützung von Existenzgründern. Es entstand ein komplexes Netzwerk öf-fentlich-privater Zusammenarbeit auf formellen und informellen Weg, dem es gelang, mit Hilfe der von den privaten Partnern bereitgestellten Ressourcen für eine Revitalisierung der Region Pittsburgh zu sorgen.[57]
In den folgenden Jahrzehnten wuchsen auch in anderen Kommunen die Proble-me und die Aufgabenlast rapide an, während die Finanznot im Hintergrund des Rückzuges der öffentlichen Hand immer gravierender zu spüren war. In Folge dessen begannen die Kommunen ca. Ende der 1970er Jahre vermehrt, diese Probleme in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu lösen, so das man von einem „Boom“ des PPP-Konzeptes sprach. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff PPP[58] zum Synonym einer neuen Form der Kooperation von öffentlicher Hand und Privaten und leitete damit das Ende der strikten Trennung zwischen den bei-den Sektoren ein. Die von den USA dominierte internationale Diskussion wurde somit zur Richtschnur und zum Impulsgeber für die PPP- Ansätze in Europa.[59]
2.4. Die PPP- Entwicklung in Deutschland im Rahmen der Verwal-tungsmodernisierung unter einer angespannten Finanzsituation
Ausgehend von dem langjährigen Erfahrungshintergrund in den USA hat das PPP-Konzept seit Anfang der 1980er Jahre den Eingang in die Verwaltungs-Reformagenda in Europa gefunden[60].
Erst seit den späten 1980er Jahren gibt es in Deutschland erste praktische Er-fahrungen bei der Umsetzung von PPP-Konzepten. Die hiesige Diskussion des PPP-Modells steht im Hintergrund leerer öffentlicher Kassen und der zunehmen-den Überforderung staatlicher Aufgabenerfüllung, worin sich viele Parallelen zu den Entwicklungen im Ausland finden.[61]
Im Zuge der Verwaltungsreformen steht die öffentliche Verwaltung unter der Her-ausforderung, den Haushalt zu konsolidieren und die Verwaltungskosten zu sen-ken.[62]
Aus den gestiegenen Anforderungen der Wirtschaft und der Bürger an eine leis-tungsfähige Verwaltung und der steigenden Komplexität der Aufgabenfelder er-wächst eine gravierende Diskrepanz zwischen Handlungsbedarf und Handlungs-fähigkeit der öffentlichen Hand. PPP-Konzepte können dazu beitragen, eine Lö-sung dieses Konfliktes mit der Mobilisierung externer Ressourcen, durch die Ko-operation mit privaten Partnern, zu ermöglichen. Im Mittelpunkt stehen bei vielen Projekten vor allem die Finanzierungsmöglichkeiten, aber auch weitere Syner-gien, wie der Gewinn an Know-how, und mit Blick auf die Projekte in der IT und im E- Government, der Zugang zu modernen, zukunftsweisenden Technolo-gien[63]. PPP kann damit eine Option zur Deckung des staatlichen Investitionsbe-darfs sein, welche die Realisierung von anspruchsvollen Vorhaben im öffentli-chen Sektor ermöglicht. Des Weiteren ist das steigende Interesse an PPP- Projekten mit der Hoffnung verbunden, die schwierige finanzpolitische Situation durch Effizienzsteigerungen bei der Optimierung der Planungs-, Finanzierungs-und Betriebsprozesse weiter zu verbessern.[64]
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat im Rahmen eines Sondierungspro-jektes des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Jahre 2001 den kommunalen Investitionsbedarf für den Zehnjahreszeitraum 2000-2009 auf mehr als 686 Mrd. Euro geschätzt. Der Investitionsbedarf betrifft dabei alle Bereiche der öffentlichen Aufgabenerfüllung, wobei das Difu darüber hinaus davon aus-geht, dass eine Bedarfsdeckung nur mit einer spürbaren Erhöhung des Investiti-onsniveaus gegenüber der aktuellen Investitionstätigkeit möglich wäre.[65]
Abbildung 4: Kommunaler Investitionsbedarf in Deutschland 2000-2009:[66]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Betrachtung der gesamtdeutschen Finanzsituation der vergangenen drei Jahre stellt sich dagegen wie folgt dar:
Abbildung 5: Einnahmen und Ausgaben des Staates 2001 - 2003[67]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Betrachtung aller Einnahmen und Ausgaben der Bundesrepublik Deutschland in den letzten drei Jahren auf Basis der Erhebungen des statistischen Bun-desamtes lässt erkennen, dass die Ausgaben die Einnahmen übersteigen und dabei eine steigende Tendenz zu beobachten ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass bei der Neuverschuldung das „Maastricht-Kriterium“, die Zielmarke von 3,0 von Hundert, in den Jahren 2002 und 2003 ü-berschritten wurde. Im Gegensatz dazu sanken die Bruttoinvestitionen des Staa-tes kontinuierlich ab.[68]
Aus diesem Entwicklungen wird deutlich, dass die öffentliche Hand bei der Fi-nanzierung und Umsetzung von neuen Investitionen neue Wege suchen muss, denn es besteht eine erhebliche Indiskrepanz zwischen dem Investitionsbedarf der öffentlichen Verwaltung und den vorhandenen finanziellen Ressourcen.[69]
In Deutschland ist die PPP-Diskussion daher weniger als im Ausland ein Aus-druck auf eine liberal-konservative Rückbesinnung auf den Markt, sondern viel-mehr ein pragmatisches Element, diese Probleme durch neue Formen der öffent-lichen Aufgabenerfüllung zu lösen. Ausgehend von den ersten Projekten der Stadt- und Regionalentwicklung im Ruhrgebiet ist auch in Deutschland ein dyna-mischer Trend zu verzeichnen, das Instrument PPP als Option für die Realisie-rung öffentlicher Projekte in den verschiedensten Bereichen zu betrachten. Ins-besondere der Aufbau der Infrastruktur in den neuen Bundesländern hat dazu geführt, dass sektorenübergreifende Kooperationsstrategien zu einer erheblichen Ausweitung der Handlungsfelder geführt haben.[70]
Im Rahmen des öffentlichen Reformprozesses unter dem Oberbegriff „New Public Management“[71] - verbunden mit der Auflösung der traditionellen Schnittstellen zwischen Kernverwaltung, öffentlichen Unternehmen und Markt - stellt das Kon-zept der PPP einen neuen, eigenständigen Baustein dar. Durch kooperative Stra-tegien und die Übernahme gemeinsamer Verantwortung für öffentliche Aufgaben wird durch dieses Modell eine Ergänzung zu den bisher dominierenden Strate-gien Ausgliederung und Binnenmodernisierung geschaffen.[72]
PPP lassen sich als eigenständiges Element, an der Schnittstelle zwischen inter-nen und externen Reformstrategien, im Verwaltungsmodernisierungskonzept verorten.[73]
2.5. PPP im Spannungsfeld zwischen Privatisierung und klassischer staatlicher Aufgabenerfüllung
2.5.1. Abgrenzung von PPP zwischen Eigenerledigung und Privatisierung
Die Entscheidung einer öffentlichen Verwaltung über eine Privatisierung einer staatlichen Aufgabe oder die Kooperation in Form einer PPP mit Privaten gehört zu den grundlegenden strategischen Entscheidungen, welche maßgeblichen Ein-fluss über die Beibehaltung oder einen Verzicht an Steuerungs- und Kontrollmög-lichkeiten der öffentlichen Hand haben. Im Rahmen dessen kann die Grenze, die zwischen Staat und Privatwirtschaft verläuft, verändert werden.[74]
Nach Brede kann die Privatisierung als: „eine durch Einfluss- oder Aufgabenver-lagerung bewirkte Grenzverschiebung zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft zugunsten der Privatwirtschaft“[75] definiert werden.
Bei der Formellen Privatisierung ändert sich die Rechtsform eines öffentlichen Betriebes, das bedeutet, dass an die Stelle der öffentlich-rechtlichen eine privat-rechtliche Rechtsform[76] tritt. Die öffentliche Hand beteiligt sich mit eigenem Ka-pital an der neuen, ausgegründeten, Unternehmung[77]. Im Rahmen der Formellen Privatisierung werden Verwaltungsaufgaben an die neue Eigengesellschaft über-tragen.[78]
Beispiele dafür finden sich in vielen Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge, z.B. in Form von privatisierten Stadtwerken oder Nahverkehrsbetrieben. Die Motive für diese Form der Privatisierung öffentlicher Aufgabenerfüllung liegen vor allem darin, ein kostengünstigeres Wirtschaften durch die betriebswirtschaftlich orientierte Unternehmensführung zu ermöglichen. Durch die private Rechtsform unterliegen die neuen, öffentlichen Unternehmen nicht mehr unmittelbar den Vorgaben des Haushalts- und Personalrechts.[79]
Im Gegensatz zur Formellen zieht sich die öffentliche Hand bei der Materiellen Privatisierung aus den bisher unter öffentlicher Trägerschaft erledigten Aufga-bengebieten zurück. In diesem Zusammenhang spricht man von einer vollständi-gen Privatisierung, denn an Stelle der öffentlichen Hand tritt ein privates Unter-nehmen. Die Eigentumsverhältnisse und die Rechtsform ändern sich zugunsten privaten Besitzes und Eigentums, in dieser Form findet die deutlichste Grenzver-schiebung zur Privatwirtschaft hin statt.[80]
Die vollständige Privatisierung bestimmter öffentlicher Aufgaben ist oft mit der Aufgabe eines staatlichen Monopols verbunden, womit die Möglichkeit geschaf-fen werden soll, einen Wettbewerb[81] zu ermöglichen. Beispiel dafür ist die Priva-tisierung der ehemaligen Deutschen Bundespost, aus der die Unternehmen Deutsche Telekom AG, Postbank AG und Deutsche Post AG entstanden sind. Dennoch können der öffentlichen Hand auch selbst bei einer materiellen Privati-sierung noch gewisse Kontrollrechte und Einflussmöglichkeiten verbleiben, z.B. in Aufsichtsratsgremien oder über die Regulierungsbehörden.
Weder Materielle noch Formale – solange im vollständigen Besitz der öffentli-chen Hand – Formen der Privatisierung ist als PPP zu klassifizieren. Die Koope-ration von öffentlicher Hand und privaten Akteuren zur gemeinsamen Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe in Form der PPP berührt vielmehr einen weiten Span-nungsbogen, zwischen der reinen Eigenerledigung und der vollständigen Privati-sierung. Es handelt sich daher um abgestufte Formen einer Teilprivatisierung.
[...]
[1] Vgl. aus der umfangreichen Literatur hierzu exemplarisch Brede (2001), S. 97 ff, und Baron (1999), S. 77
[2] In diesem Zusammenhang wird in Deutschland auch vom „Neuen Steuerungsmodell“, im Ausland von „Reinventing Government“ gesprochen.
[3] das sog. „Tilburger Modell“ der niederländischen Stadt Tilburg
[4] vgl. nur Brede (2001), S. 97
[5] ebenda, S. 97
[6] ebenda, S. 97, 98
[7] dazu gehört u.a. auch die Einführung einer leistungsfähigen betriebswirtschaftlichen Kostenrech-nung, von Controlling-Systemen, usw.
[8] in der Literatur und in den Medien finden sich synonym eine Vielzahl von Schlagworten wie: „Lean Management“; „Schlanke Verwaltung“; „Schlanker Staat“ oder „Flache Hierarchien“.
[9] Synonym für den Begriff Public Private Partnership wird in der Arbeit die Abkürzung „PPP“ verwendet
[10] anstelle des überwiegend verwendeten (Anglizismus) Public Private Partnership ist auch der deutsche Begriff „Verwaltungskooperation“ gebräuchlich, so vgl. Schuppert (2001) und Ziekow (2001) in ihren Gutachten in Auftrage des BMI zum Rechtsrahmen von PPP.
[11] Vgl. Höftmann (2000), S. 801
[12] ebenda, S. 803, ähnlicher Auffassung: Budäus (1997), S. 47, Schuppert (2001), S. 4; es wird in diesem Zusammenhang auch von einem „Modewort“ oder einer „Zauberformel“ gesprochen.
[13] Anm. des Verf.: Aus ökonomischer Sicht wird unter einer (vorrangig prozessorientierten) Innovation die Optimierung der Verwaltungsprozesse mit dem vorrangigen Ziel der Kostensenkung verstanden, beispielhaft durch: Entwicklung, Neuausrichtung, Anpassung von Strukturen, Pro-zessen und Organisationsmodellen, so vgl. dazu nur Baron (1999), S. 181 ff.
[14] Die Betrachtung des Themas aus Sicht des Interessengefüges der Unternehmung (u.a. Umsatz, Erträge, Effizienz usw.) wird oft auch als „Private Public Partnership“ bezeichnet, die Erstnen-nung des Terminus „Private“ soll dahingehend differenzieren. Vgl. dazu Materne (2000), S. 65
[15] die sektorenübergreifenden Betrachtungen zur PPP implizieren die auch für PPP im IT und E- Government–Bereich bestehenden allgemeinen Grundlagen.
[16] Vgl. Hauschild (2004), S. 3, ebenso: BMI (Hrsg.): Deutschland-Online – die gemeinsame e- Government- Strategie von Bund, Länder und Kommunen (2004); dazu exemplarisch u.a. folgende Projekte: Deutschland-Online.de, Staat-Modern.de, BundOnline2005.de, u.v.m.
[17] Bundeskanzler Gerhard Schröder, Rede am 18.9.2000 auf der Tagung der Initiative D21.
[18] erstellt vom Autor auf Basis der im Literatur- und Quellenverzeichnis angeführten Publikationen
[19] Budäus / Grüning (1997), S. 47
[20] Vgl. dazu Budäus / Grüning (1997), S. 40; Höftmann (2000), S. 804; Schuppert (2001), S. 4, Oberender / Rudolf (2004), S. 493
[21] Oberender / Rudolf (2004), S. 493
[22] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 54
[23] die (starre) Trennung von Verwaltung und Privatwirtschaft, Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 46
[24] ebendiese, S. 48
[25] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 50
[26] Vgl. Ziekow (2003), S. 30
[27] ebenda
[28] Vgl. Höftmann (2000) S. 804
[29] Vgl. Höftmann (2000), S. 805
[30] Vgl. Randl (2003), S. 329 ff.; sowie Fähnrich (2004), S. 21
[31] Vgl. Höftmann (2000), S. 805
[32] ebenda
[33] Vgl. dazu Kapitel 2.7.3.
[34] Vgl. Höftmann (2000), S. 805
[35] unabhängig davon welche Rechtstheorien angewendet worden sind, ob die in der h.M. dominie-rende modifizierte Subjektstheorie (Sonderrechtstheorie des Staates) oder die Subordinationstheorie (welche von einem Über- und Unterordnungsverhältnis ausgeht)
[36] Vgl. Höftmann (2000), S. 805
[37] die verschiedenen Organisationsmodelle sind in Kapitel 2.7. dargestellt
[38] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 51 und 54
[39] Abb. in enger Anlehnung an Budäus / Grüning (1997), S. 51
[40] Vgl. Höftmann (2000), S. 805
[41] eigene Darstellung des Autors
[42] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 28; Materne (2000), S. 64
[43] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 29
[44] ebendiese, S. 30
[45] Abb. in enger Anlehnung an Budäus / Grüning (1997), S. 30
[46] wie z.B. die Art und der Umfang der Landesverteidigung
[47] die sog. „Hold Out“ bzw. „Free-Rider“- Problematik
[48] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 31 in Bezug auf die Theorien von Ostrom und Olson
[49] Dichtonomie
[50] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 32
[51] ebendiese, S. 34
[52] heutiges Begriffsverständnis: „Governance“
[53] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 36
[54] ebendiese, S. 37
[55] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 25
[56] in dieser Zeit wurde allerdings schon von Partnerschaften gesprochen, wenn die öffentliche Hand als Auftraggeber fungierte und dabei mit Privaten eng kooperierte, ebenso war der Terminus PPP noch nicht gebräuchlich
[57] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 42
[58] Wortschöpfung des damaligen amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter im Rahmen der Re-gierungserklärung vom 28.3.1978 zur marktwirtschaftlich gesteuerten Stadtentwicklungspolitik; Vgl. Höftmann (2000), S. 802
[59] Vgl. Budäus / Grüning (1997), S. 26; Höftmann (2000), S. 802, 803
[60] Zunächst in Großbritannien unter der liberal-konservativen Regierung unter Margaret Thatcher, z.B. bei städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen wie der Revitalisierung der Londoner Dock-lands. Seit den frühen 1980er Jahren ebenfalls in Frankreich in diversen kommunalen Aufgabenbereichen und bei Verkehrsprojekten, Vgl. Höftmann (2000), S. 803.
[61] Vgl. Höftmann (2000), S. 803
[62] Vgl. aus der umfangreichen Literatur nur Brede (2001), S. 97
[63] Der Zugewinn an technologischen Ressourcen ist insbesondere für die PPP im IT und E-Government – Bereich im Hintergrund des sich dynamisch entwickelnden IT- Markts von ent-scheidender Bedeutung. Dieser Faktor wird im Kapitel 3 und bei den im Kapitel 4 dargestellten Praxisprojekten näher betrachtet.
[64] Vgl. dazu exemplarisch Bertelsmann Stiftung/Clifford Chance Pünder/Initiative D21 (Hrsg.), 2003, S. 19, S. 24-27, URL: http://www.initative21.de/themen/egovernment_pppleitfaden/doc/16_1057764682.pdf, Stand: 18.5.2004
[65] ebenda, S. 24, 25
[66] Quelle: Difu- Berichte 3/2001, Seite 7, entnommen aus: Bertelsmann Stiftung /Clifford Chance/ Pünder/ Initiative D21(Hrsg.) 2003; S. 25; URL: http://www.initative21.de/themen/egovernment_pppleitfaden/doc/16_1057764682.pdf, Stand: 18.5.2004
[67] Quelle: Statistisches Bundesamt (2004), Einnahmen und Ausgaben des Staates, URL: http://www.destatis.de/basis/d/vgr/vgrtab11.php; Abruf: 28.11.2004
[68] Statistisches Bundesamt (2004), Einnahmen und Ausgaben des Staates, URL: http://www.destatis.de/basis/d/vgr/vgrtab11.php; Abruf: 28.11.2004
[69] die angespannte Haushaltslage zeigt sich in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, so wohl auf Bundesebene, auf Landesebene, bei den Kommunen und bei den öffentlichen Körper-schaften, wenn auch im Detail in unterschiedlich starker Ausprägung. Es wird an dieser Stelle darauf verzichtet, weitere detaillierte Differenzierungen zu treffen. Näheres dazu ist auf der Website des statistischen Bundesamtes unter www.destatis.de bzw. www.statistik-portal.de (statistische Ämter des Bundes und der Länder) abrufbar.
[70] Vgl. Höftmann (2000), S. 803
[71] Vgl. Brede (2001), S. 97, 98
[72] Vgl. Höftmann (2000), S. 801
[73] Vgl. Höftmann (2000), S. 806
[74] Vgl. Brede (2001), S. 39
[75] Brede (2001), S. 39
[76] auch als zivilrechtliche Formen bezeichnet. Die formellen Privatisierungen erfolgen überwie-gend in der Rechtsform einer GmbH, aber auch AG, usw., vgl. dazu Baron (1999), S. 173
[77] bei der Überführung hoheitlicher Aufgaben in einen gewerblichen Betrieb privater Rechtsform (GmbH, AG) ist zu beachten, dass Umsatzsteuerpflicht eintritt. Zu steuerrechtlichen Aspekten von Privatisierungen und PPP (EStG, UStG, usw.) vgl. ausführlich Jorde (1999), S. 2162 ff.
[78] Vgl. Brede (2001), S. 43 und Baron (1999), S. 173
[79] Vgl. Brede (2001), S. 43 und Bertelsmann Stiftung / Clifford Chance Pünder / Initiative D21 (Hrsg.), S. 13, URL: http.//www.initiatived21.de/themen/egovernment _pppleitfaden /doc/16_1057764682.pdf; Stand: 18.5.2004
[80] Vgl. Brede (2001), S. 39, ebenso: Bertelsmann Stiftung/Clifford Chance Pünder/ Initiative D21 (Hrsg.), S. 13 und 14, URL: http.//www.initiatived21.de/themen/egovernment_pppleitfaden/doc/16_1057764682.pdf; Stand: 18.5.2004
[81] Unter dem Schlagwort „Deregulierung“ wird in Deutschland seit ca. Mitte der 1970er Jahre versucht, wettbewerbliche Schutzbereiche abzuschaffen, so vgl. Brede (2001), S. 56 ff.
- Arbeit zitieren
- Frank Zobel (Autor:in), 2005, Public Private Partnership im E-Government, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131378
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