Repräsentativitätsheurisik - Eine Einführung


Seminararbeit, 2008

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Urteilsheuristik

3. Repräsentativitätsheuristik

4. Fehlurteile

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Sprichwort von Strack und Deutsch (2002), „Irren ist menschlich, sagt eine bekannte Alltagsweisheit und der Irrtum scheint geradezu charakteristisch für die menschliche Urteilsbildung zu sein“, meint, dass unser Denken und Handeln von alltäglichen Irrtümern durchzogen ist. Ständig trifft man auf Menschen, die meinen alles ganz genau zu wissen. Jedoch gehören Fehlurteile zur menschlichen Natur.

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit einer Gruppe von 5 Studenten in der Universitäts-Mensa. Sie schließen eine Wette darüber ab, welches Fach der Student, den Sie zufällig aus der Menge ausgesucht haben, studiert. Er trägt einen Anzug und eine Krawatte, hält einen Aktenkoffer und liest die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Wie wahrscheinlich ist es nach Ihrer Ansicht, dass der Student Betriebswirtschaftslehre studiert?

Sie würden nun die Urteilsgrundlage Ihres Gedächtnisses zur Verfügung stellen und den Student zu der Gruppe zuordnen, die für Sie repräsentativ ist. In diesem Falle würden Sie ihn für einen Studenten der Betriebswirtschaftslehre zuordnen.

Wenn Sie auf diese Weise zu Ihrer Beurteilung gelangt sind, dann haben Sie von der Repräsentativitätsheuristik Gebrauch gemacht.

2. Urteilsheuristik

Urteilsprozesse sollen möglichst wenig fehlerhaft sein, obwohl wir permanent mit einer großen Menge an Informationen überflutet werden. Wie ist das jedoch möglich?

Wirtschaftswissenschaftler schlagen das ökonomische Entscheidungsmodell „subjektive Erwartungsnutzentheorie (SEU: Subjektive Expected Utility Theorie)“ vor[1]. Diese besagt, dass ein Entscheider diejenige Option wählt, die den maximal subjektiv erwarteten Nutzen hat. Also gehen Ökonomen davon aus, dass die Menschen relativ rational bei ihren Entscheidungen vorgehen. Das heißt, man schaut sich alles an, was es an Informationen gibt, speichert dies ab, gewichtet die Wichtigkeit der Relevanz der Informationen. Man bewertet und multipliziert mit der Erwartung, dass diese Informationen auch wirklich wichtig sind und zum Erfolg der Entscheidung führen.

Aber wenn man sich das tatsächliche Entscheidungsverhalten von Menschen anschaut, dann stellt man fest, dass die meisten Entscheidungsprozesse alles andere als rational sind. Sie erfolgen daher nach einfachen Daumenregeln (Heuristiken). Strack und Deutsch (2002) definieren Urteilsheuristiken als „einfache Faustregeln, die auf leicht zu erhaltende Informationen angewendet werden und unter geringem Verarbeitungsaufwand ein hinreichend genaues Urteil erlauben“ (S.353). Aber unter bestimmten Bedingungen kommt es zu systematischen Verzerrungen des Wahrscheinlichkeitsurteils.

Diese Urteilsverzerrung wurde von Tversky und Kahneman (1974) anhand eines Beispiels näher illustriert: „Steve ist sehr schüchtern und zurückgezogen, stets hilfsbereit, hat aber wenig Interesse an den Menschen und der realen Welt. Er ist eine bescheidene und saubere Seele, hat ein Bedürfnis nach Ordnung und Struktur und eine Leidenschaft fürs Detail“ (S. 4). Wie wahrscheinlich ist es, dass Steve ein Farmer, Verkäufer, Flugzeugpilot, Physiker oder Bibliothekar ist?

Da Sie das sicher schon einmal gehört haben, möchte ich nicht wissen, was Sie denken, was am wahrscheinlichsten ist, da Sie die Frage eher richtig beantworten werden. Also formuliere ich die Frage folgendermaßen: Was denken Sie, was die Versuchspersonen von Tversky und Kahneman gesagt haben könnten?

Die meisten Versuchspersonen aus der Studie hielten es wahrscheinlicher, dass Steve ein Bibliothekar ist. Dazu haben die Versuchspersonen die Repräsentativitätsheuristik angewandt. Dies belegten auch die Studien von Tversky und Kahneman. Sie analysierten bei Aufgaben mit ähnlichen Fragestellungen das Antwortverhalten der Versuchsteilnehmer. Sie stellten zunächst heraus, dass die Versuchspersonen alle vorgegebenen Berufe hinsichtlich der Übereinstimmungen mit dem Profil verglichen, über die Berufe eine Rangliste aufstellten und schließlich den Beruf mit den meisten Übereinstimmungen als den passenden auswählten. Diese Methode mag einfacher sein und zu den richtigen Ergebnissen führen, jedoch ist sie sehr anfällig für Verzerrungen. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass unterschiedliche Basisraten des Kriteriums nicht in die Betrachtung mit eingehen. In dem aufgeführten Beispiel mit Steve muss man bedenken, dass die aufgezählten Berufsgruppen in der Bevölkerung nicht gleich verteilt sind. Zu der Zeit (1974), wo das Experiment durchgeführt wurde, gab es in den USA erheblich mehr Landwirte als Bibliothekare. Hätten wir nun irgendeine Person aus der Menge ausgewählt, wäre die Wahrscheinlichkeit dafür, einen Landwirt zu ziehen, höher als die Wahrscheinlichkeit, einen Bibliothekar zu wählen.

3. Repräsentativitätsheuristik

Tversky und Kahneman (1972) beschreiben Repräsentativität folgendermaßen: „Ein Exemplar (z.B. ein konkreter Vogel), das repräsentativ für eine Klasse (Vögel) ist, ist eines, das die Klasse gut darstellt, typisch für sie ist, bzw. große Ähnlichkeit mit einem Prototyp aufweist (im Falle des Vogels trifft dies beispielsweise für einen Spatzen zu, nicht hingegen für einen Strauß)“(Strack & Deutsch, 2002).

Also beurteilen die Menschen Ereignisse anhand von Prototypen oder inwieweit bestimmte Ereignisse Ähnlichkeiten aufweisen mit den Ereignissen, die man schon kennt. Die Repräsentativitätsheuristik ist folgende: Ich bekomme eine Information, ich sehe irgendein Ereignis und suche in meinem Gedächtnis nach einer Situation, die so ähnlich war. Das bestätige ich damit, dass es ähnlich mit dem, was ich damals erlebt habe zu diesem Muster reinpasst und entscheide mich so wie ich mich damals entschieden habe.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beispiel eines semantischen Netzwerks mit drei Hierarchieebenen nach Collins & Quillian (1969) aus Anderson (2001, S. 154)

Die Abbildung 1 verdeutlicht die Definition Repräsentativitätsheuristik nach Tversky und Kahneman (1972). Die Klasse Vogel wird durch die Fähigkeit, fliegen zu können, charakterisiert, aber ein Strauß kann hingegen nicht fliegen, obwohl er trotzdem ein Vogel ist. Also die Informationen, die im gleichen Knoten wie das zugehörige Objekt stehen, werden schneller verifiziert, als wenn die Informationen aus über- oder untergeordneten Ebenen sind. Ein Beispiel: Die Information “Kanarienvogel kann singen“ wird schneller verifiziert als die Information “Kanarienvogel hat eine Haut“. Das wird dadurch begründet, dass die Information “kann singen“ direkt beim Kanarienvogel gespeichert ist und die Information “hat eine Haut“ zwei Ebenen höher bei der Klasse Tier gespeichert ist. Also müsste man erst zwei Verbindungen durchlaufen werden, um von Kanarienvogel zu Tier zu gelangen. Wie Kahneman und Tversky (1982) besagten, das ein Exemplar (Kanarienvogel) repräsentativ für eine Klasse (Vogel) ist, aber eine Klasse hingegen nicht repräsentativ für ein Exemplar.

[...]


[1] Siehe hierzu Eisenführ & Weber (2003), S. 220

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Repräsentativitätsheurisik - Eine Einführung
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Wirtschafts- und Sozialpsychologie)
Veranstaltung
Seminar: „Psychologie des Entscheidens“
Note
2,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V131480
ISBN (eBook)
9783640414796
ISBN (Buch)
9783640413287
Dateigröße
649 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Repräsentativitätsheurisik, Eine, Einführung
Arbeit zitieren
Sven Schönwald (Autor:in), 2008, Repräsentativitätsheurisik - Eine Einführung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131480

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