Die Zusammenarbeit von Mission und Kolonialregierung in Deutsch-Südwestafrika


Term Paper, 2008

19 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhalt:

1. Einleitung

2. Beginn der Mission und Koloniegründung
2.1 Überblick
2.2 Wechsel der Machtverhältnisse

3. Zusammenarbeit mit der Regierung
3.1 Hoffnungen der Missionare
3.2 Tatsächliche Erfüllung der Hoffnungen
3.3 Beispiel: Hendrik Witbooi
3.4 Gegenleistungen

4. Abhängigkeit der Mission

5. Differenzen zwischen Mission und Regierung
5.1 Negative Auswirkungen
5.2 Probleme nach dem Nama-Herero-Krieg
5.3 Besserung des Verhältnisses

6. Schlussbetrachtung

7. Quellen- und Literaturverzeichnis

Quellen:

Literatur:

1. Einleitung

Die christlichen Missionare, welche lange vor der kolonialen Gründungszeit in Afrika tätig waren, haben große Beiträge zur kulturellen sowie politischen Entwicklung der Kolonien beigetragen. Ohne ihre Vorarbeit wäre es den Kolonialmächten vermutlich erheblich schwerer gefallen, auf dem afrikanischen Kontinent Fuß zu fassen.[1]

Aber auch die Missionare selbst versprachen sich von der Gründung sogenannter Schutzgebiete Vorteile. Sie unterstützten die Kolonialregierungen bei deren Arbeit und erhofften sich dadurch positive Auswirkungen auf ihre eigene Tätigkeit. In wieweit diese Hoffnungen erfüllt wurden, soll in dieser Hausarbeit am Beispiel der Kolonie Deutsch-Südwestafrika aufgezeigt werden.

Es wird auf die Wünsche und Forderungen der Mission eingegangen, sowie auf deren Erfüllung oder Ablehnung. Desweiteren werden Problematiken in Augenmerk genommen, die sich aus der Zusammenarbeit zwischen Mission und Kolonialregierung ergeben haben.

Die zu untersuchenden Aspekte beziehen sich in dieser Arbeit hauptsächlich auf nur eine missionarische Institution, namentlich die Rheinische Missionsgesellschaft. Zwar waren auch andere Gruppierungen in Südwestafrika tätig (u.a. die Brüdergemeinde, die Berliner sowie die Hermannsburger Missionsgesellschaft),[2] doch findet man in der Literatur größtenteils nur Hinweise auf die Rheinische. Der Grund dafür liegt wohl darin, dass diese über die einflussreichsten Beziehungen zur Kolonialregierung sowie zu den einheimischen Stämmen verfügte.

Da es sich bei dieser Gesellschaft um eine evangelische handelte, werden nur die Vorteile der Koloniegründung betrachtet, die sich auf die protestantischen Missionare beziehen. Die katholische Mission hatte in Südwestafrika ohnehin keinen großen Einfluss, wie weiter unten aufgeführt werden wird.

Als besonders ergiebig für diese Arbeit haben sich die Bücher Kolonialismus und Nationalismus im deutsche Protestantismus in Namibia von Lothar Engel und Namibia von Johannes Lucas de Vries herausgestellt. Letzteres enthält umfangreiche Quellen in Form von Briefen, Zeitungsberichten etc., von denen ein kleiner Teil im nachfolgenden Text Verwendung finden wird.

Hilfreich war außerdem die Internetseite des Münchener Digitalisierungszentrums, auf welcher Einblicke in die Protokolle des Deutschen Reichstags gewährt werden.

2. Beginn der Mission und Koloniegründung

2.1 Überblick

Die erste Missionsstation, die in Südwestafrika gegründet wurde, entstand 1797 auf Bestreben Großbritanniens hin. Jedoch nahmen dort nicht nur englische Missionare ihre Tätigkeit auf, auch andere Nationalitäten bemühten sich um die Verbreitung des Christentums, wie etwa die Amerikaner und auch die Deutschen. Die Konfessionszugehörigkeit beschränkte sich zunächst auf die Protestanten, katholische Missionare kamen erst nach 1820 in die Region.[3]

Im Gebiet des heutigen Namibia siedelten sich hauptsächlich Deutsche an, die anfänglich der Londoner Mission unterstanden. Später wurde diese von der Rheinischen Missions-gesellschaft (RMG) aus Deutschland abgelöst.[4]

1883 wurde die erste deutsche Handelsniederlassung durch den bremer Kaufmann Lüderitz gegründet. Kurz darauf kamen deutsche Kolonialtruppen, die damit begannen, die Stammesgebiete der Herero und Nama zu annektieren. Ein Jahr später gründete man die Kolonie Deutsch-Südwestafrika.[5]

2.2 Wechsel der Machtverhältnisse

Die Übernahme der Kolonie durch das Deutsche Reich kam den Missionaren – allen voran der RMG – sehr gelegen. Das zunächst positive Verhältnis zur englischen Regierung hatte zu bröckeln begonnen, und mit dem aufkommenden Interesse der Deutschen an Südwestafrika zeigten sich neue Hoffnungen und Wünsche. Die Probleme mit den Briten traten ab etwa 1876 auf, auch wenn man sich zu diesem Zeitpunkt noch der englischen Unterstützung sicher war und sogar finanzielle Hilfe seitens des Königreichs erwarten konnte.[6] Die positive Haltung der RMG änderte sich jedoch durch Großbritanniens Versuche, ganz Südwestafrika zu annektieren und die vorherrschenden Stämme der Herero und der Nama zu unterwerfen. Dies sollte mit möglichst geringem Kosten- und Militäraufwand erreicht werden, wozu die Hilfe der deutschen Missionare benötigt wurde, welche in den betroffenen Stämmen ein gewisses Ansehen genossen und damit auch einflussreich auf die Häuptlinge einwirken konnten.[7]

Dem Leiter der RMG, Friedrich Fabri, missfiel dies. Er sah sich als Patriot und hätte es lieber gesehen, wenn sich Deutschland anstelle von England die Stammesgebiete einverleibt hätte. Seiner Meinung nach würde die von Deutschen „durchgeführte Pionierarbeit auf dem Gebiet der Kultur nun die Vorarbeit für eine mühelose englische Besitzergreifung werden“.[8]

Und noch ein anderes Problem war durch die Briten verursacht worden. Denn obwohl diese sich mit militärischen Aktionen zurückhielten, waren doch gefährliche Spannungen zwischen Kolonisten und Einheimischen aufgekommen, die sich in einem Krieg zu entladen drohten.

Fabri jedoch unterließ es, sich mit einem Hilfegesuch an die deutsche Regierung zu wenden. Andere Beobachter der sich zuspitzenden Verhältnisse baten die RMG, sie solle das Deutsche Reich um Schutz bitten, doch die Gesellschaft verwies immer wieder an die englische Kapregierung. Erst als die britischen Eroberungspläne scheiterten und ein Krieg unmittelbar bevorstand, verfasste Fabri 1880 einen Brief an das Hohe Auswärtige Amt des Deutschen Reiches, in dem er die Lage in der Kolonie beschrieb und um das deutsche Protektorat bat:

Die auf Englands Besitzergreifung gerichteten Hoffnungen haben sich bis jetzt aber leider nicht erfüllt, vielmehr haben die Zustände des Landes sich in den letzten zwei Jahren erheblich verschlechtert, ja in letzter Zeit eine für Leben und Eigenthum der Europäer geradezu bedrohliche Wendung angenommen. Und zwar ist diese Wendung in erster Linie eine Folge der englischen Politik, [...].

Es ist begreiflich, daß unter solchen Verhältnissen im Laufe der beiden letzten Jahre sowohl von Angehörigen der Mission, wie von Angestellten der Handels-Gesellschaft, wiederholt die Bitte gerichtet wurde, die Intervention der deutschen Staatsregierung aufzurufen. Vertrauend auf die Logik der Thatsachen und Loyalität und Macht der brit. Regierung haben wir bisher die Bittsteller an die brit. Behörden verwiesen. So hat im Januar dieses Jahres der Präses unserer Herero-Mission, [...], in Capstadt bei dem Gouverneur der Capcolonie in unserem Auftrag eine Audienz erbeten, und die dringliche Bitte ausgesprochen, die Ordnung des Landes-Verhältnisses energisch in die Hand nehmen zu wollen. [...]

Leider ist bis jetzt das Gegenteil eingetreten, und die Verhältnisse des Landes haben sich gerade in jüngster Zeit immer bedrohlicher gestaltet.[...]

Nach diesen Darlegungen erlaube ich mir, [...], an ein Hohes Auswärtiges Amt die gehorsame und dringende Bitte zu richten, Hochdasselbe wolle unter thunlichster Beschleunigung des schwergefährdeten Interessen der deutschen Mission und ihrer Angehöriger, [...], ihrer Angestellten und ihres Eigenthums im Hereroland seinen Schutz nachdrücklich gewähren.[9]

Die englische Regierung hatte also versagt, und man erhoffte sich nun Schutz durch das Deutsche Reich. Es dauerte einige Jahre, bis Deutschland sich zu diesem Schritt entschied, doch 1884 war es soweit. Die Briten zogen sich weitgehenst aus der Region zurück und verlagerten ihr Interesse auf andere koloniale Besitztümer. Südwestafrika wurde unter das Protektorat des deutschen Kaiserreichs gestellt, und diesem gelang es mit Hilfe der Missionare Friedensabkommen mit einem Großteil der afrikanischen Häuptlinge zu schließen. Der drohende Krieg war somit abgewendet.

Die Zusammenarbeit zwischen deutscher Regierung und RMG war so erfolgreich, dass es zu einem Bruch zwischen Briten und den Stämmen der Herero kam, wodurch der englische Einfluss entgültig verschwand.[10] Die britische Herrschaft in Südwestafrika war nun beendet, und die Mission konnte all ihre Hoffnung in die neue Regierung aus eigenem Lande setzen.

3. Zusammenarbeit mit der Regierung

3.1 Hoffnungen der Missionare

Der Machtwechsel in der Kolonie wurde von der RMG aufs Äußerste begrüßt und kam für sie – angesichts der abgewandten Kriegsgefahr - einer Erlösung gleich, die von den Missionaren sogar als „Fügung Gottes“[11] bezeichnet wurde. Man erhoffte sich, nun endlich wieder ungestört seinen missionarischen Tätigkeiten nachgehen zu können, ohne in die Auseinandersetzung der einzelnen Stämme hineingezogen zu werden. Von der neuen Regierung versprach man sich „eine streng zentrale Autorität, die dem Land Ruhe vor Stammesfehden verschaffen würde“.[12] Alle Macht im Land sollte nun in den Händen der Kolonialbeamten liegen, wodurch die Einheimischen leichter zu kontrollieren waren, und Streitigkeiten unter den Häuptlingen besser verhindert werden konnten.

Neben dem Schutz der eigenen Existenz erhoffte sich die RMG aber auch andere Dinge von den Deutschen:

Zum einen ging es ihr darum, den Sklavenhandel zu unterbinden, zum anderen um das Verbot von Alkohol. Auch andere Vertreter des Christentums, wie etwa der katholische Politiker Dr. Ludwig Windthorst, vertraten diese Ansicht. In einer Rede vor dem Reichstag stellte er fest, dass „um Afrika zu gewinnen, zunächst die Bekämpfung des Negerhandels und der Sklaverei notwendig sein wird.“[13] Zur Alkoholproblematik stellte der evangelische Theologe Adolf Stöcker 1889 den Antrag an den Reichstag, „die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in erneute Erwägung zu nehmen, ob und wie dem Handel mit Spirituosen in den deutschen Kolonien durch Verbot oder Einschränkung wirksam entgegenzutreten sei.“[14]

[...]


[1] vgl. Gründer, Horst: Geschichte der deutschen Kolonien (UTB für Wissenschaft: Uni-Taschenbücher; 1332), Paderborn u.a. 1985, S. 115.

[2] vgl. Loth, Heinrich: Vom Schlangenkult zur Christuskirche. Religion und Messianismus in Afrika, Berlin 1985, S. 106.

[3] vgl. Loth, S. 106.

[4] vgl. Helbig, Helga / Helbig, Ludwig: Mythos Deutsch-Südwest. Namibia und die Deutschen, Weinheim u.a. 1983, S. 38f.

[5] vgl. Loth, S. 114.

[6] vgl. Vries, Johannes Lucas de: Namibia. Mission und Politik (1880-1918). Der Einfluss des deutschen Kolonialismus auf die Missionsarbeit der Rheinischen Missionsgesellschaft im früheren Deutsch-Südwestafrika, Neukirchen-Vluyn 1980, S. 229ff.

[7] vgl. Bade, Klaus J.: Friedrich Fabri und der Imperialismus der Bismarckzeit. Revolution – Depression – Expansion, Freiburg i. Br. 1975, S. 212.

[8] ebd., S. 212.

[9] Vries, S. 245ff.

[10] vgl. ebd., S. 150.

[11] ebd, S. 148.

[12] ebd., S. 92.

[13] Band 212 Deutscher Reichstag, 7. Legilsaturperiode, 4. Session, 1888-1889, S. 182, 09.10.2008.

< http://mdz1.bib-bvb.de/cocoon/reichstag/start.html >

[14] Bd. 120 Dt. Reichstag, 7. Lp., 4. Session, 1888-1889, S. 1737, 09.10.2008.

Excerpt out of 19 pages

Details

Title
Die Zusammenarbeit von Mission und Kolonialregierung in Deutsch-Südwestafrika
College
University of Paderborn
Grade
1,7
Author
Year
2008
Pages
19
Catalog Number
V131840
ISBN (eBook)
9783640415007
ISBN (Book)
9783640413737
File size
477 KB
Language
German
Keywords
Afrika, Deutsch-Südwestafrika, Namibia, Mission, Rheinische Missionsgesellschaft, Kolonialismus, Kaiserreich, Herero
Quote paper
Panagiotis Tsachpinis (Author), 2008, Die Zusammenarbeit von Mission und Kolonialregierung in Deutsch-Südwestafrika, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131840

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