I Allgemeine Grundlagen
I.1 Personenkreis
Im Kündigungsschutzgesetz bezieht sich die Schutzfunktion grundsätzlich auf alle Arbeitnehmer.
Der Begriff des Arbeitnehmers ist im Gesetz jedoch nicht genau definiert,
sodass hierfür auf allgemeine arbeitsrechtliche Grundsätze, insbesondere der Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts zurückgegriffen wird. Hiernach werden als Arbeitnehmer
diejenigen bezeichnet, welche im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation
und in persönlicher Abhängigkeit Dienstleistungen erbringen.
Dabei
ist nicht relevant, wie Vertragsinhalte formuliert sind, sondern vielmehr die tatsächliche
Durchführung der Vertragsinhalte.
I.2 Betriebsbezug
Für den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes kommen Betriebe, Unternehmen
und Konzerne in Betracht; auch wenn letztere nicht namentlich erwähnt werden.
Für Kleinbetriebe gilt das Kündigungsschutzgesetz allerdings nicht. Unter einem
„Kleinbetrieb“ versteht man nach aktuellem Recht gemäß § 23 KSchG Betriebe und
Verwaltungen, die in der Regel weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigen. Damit
wird den Kleinbetrieben ein Privileg eingeräumt, da diese weniger leistungsfähig sind
und größere Flexibilität benötigen, um Arbeitsverhältnisse zu beenden.
Es greift jedoch eine Sonderregelung für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bereits
vor dem 01.01.2004 bestanden hat. Hier gilt der alte Schwellenwert von 5 Arbeitnehmern.
Dies führt dazu, dass es bei Betrieben mit 5 bis 9 Arbeitnehmern zu einer „zwei
Klassen-Aufteilung“ kommt. Wird ein weiterer Arbeitnehmer beschäftigt und wächst
der Personalbestand dadurch auf z.B. 8 Arbeitnehmer, so greift für diesen Arbeitnehmer
nicht das Kündigungsschutzgesetz. Alle anderen Arbeitnehmer genießen jedoch den
Schutz (unter der Voraussetzung, dass die Arbeitnehmer bereits vor dem 01.01.2004 bei
diesem Arbeitgeber beschäftigt waren).
Bei der Ermittlung der Anzahl der Arbeitnehmer wird in der Regel auf die Personalstärke
abgestellt, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Dabei werden
Arbeitnehmer rein rechnerisch mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von
nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und mit nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 bewertet.
Es kommt also nicht auf die reine Kopfzahl an.
[...]
Inhalt
I Allgemeine Grundlagen
I.1 Personenkreis
I.2 Betriebsbezug
I.3 Wartezeit
I.4 Die Kündigung
II Die personenbedingte Kündigung
II.1 Voraussetzungen
II.1.a Gründe in der Person
II.1.b Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
II.1.c Ultima-Ratio-Prinzip
II.1.d Negativprognose
II.1.e Interessenabwägung
II.2 Auswahl verschiedener Gründe in der Person
II.2.a Krankheitsbedingte Gründe
II.2.a.aa Langanhaltende Krankheit
II.2.a.bb Kurzerkrankungen
II.2.a.cc Dauernde Leistungsunmöglichkeit
II.2.a.dd Krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit
II.2.b Kündigung aus Fürsorge
II.2.c Einzelne personenbedingte Kündigungsgründe
II.2.c.aa Alkohol- und Drogensucht
II.2.c.bb Kündigung aus Altersgründen
II.2.c.cc Fehlende Erlaubnis
II.2.c.dd Inhaftierung
II.2.c.ee Straftaten
II.2.c.ff Ehe
III Fazit
Literaturverzeichnis:
- Thomas Backmeister / Wolfgang Trittin / Udo Mayer „Kündigungsschutzgesetz mit Nebengesetzen“ 2. Auflage (2002)
- Wilfried Berkowsky:
„Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung“ 4. Auflage (2005)
- Thomas Dieterich / Rudi Müller-Glöge / Ulrich Preis / Günter Schaub „Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht“ 5. Auflage (2005)
- Michael Kittner / Wolfgang Trittin:
Kündigungsschutzrecht „Kommentar für die Praxis“ (1993)
- Achim Lepke:
„Kündigung bei Krankheit“ 11. Auflage (2003)
- Christian Pelke:
„Die Systematik der krankheitsbedingten Kündigung“ Dissertation (2004)
- Günter Schaub:
„Arbeitsrechtshandbuch“ 10. Auflage (2002)
- Eugen Stahlhacke / Ulrich Preis / Reinhard Vossen:
„Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis“ 9. Auflage (2005)
I Allgemeine Grundlagen
I.1 Personenkreis
Im Kündigungsschutzgesetz bezieht sich die Schutzfunktion grundsätzlich auf alle Ar-beitnehmer. Der Begriff desArbeitnehmersist im Gesetz jedoch nicht genau definiert, sodass hierfür auf allgemeine arbeitsrechtliche Grundsätze, insbesondere der Recht-sprechung des Bundesarbeitsgerichts zurückgegriffen wird. Hiernach werden als Ar-beitnehmer diejenigen bezeichnet, welche im Rahmen einer von Dritten bestimmten Ar-beitsorganisation und in persönlicher Abhängigkeit Dienstleistungen erbringen.1 Dabei ist nicht relevant, wie Vertragsinhalte formuliert sind, sondern vielmehr die tatsächliche Durchführung der Vertragsinhalte.2
I.2 Betriebsbezug
Für den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes kommen Betriebe, Unterneh-men und Konzerne in Betracht; auch wenn letztere nicht namentlich erwähnt werden. Für Kleinbetriebe gilt das Kündigungsschutzgesetz allerdings nicht. Unter einem „Kleinbetrieb“ versteht man nach aktuellem Recht gemäß § 23 KSchG Betriebe und Verwaltungen, die in der Regel weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigen. Damit wird den Kleinbetrieben ein Privileg eingeräumt, da diese weniger leistungsfähig sind und größere Flexibilität benötigen, um Arbeitsverhältnisse zu beenden.
Es greift jedoch eine Sonderregelung für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.01.2004 bestanden hat. Hier gilt der alte Schwellenwert von 5 Arbeitneh-mern. Dies führt dazu, dass es bei Betrieben mit 5 bis 9 Arbeitnehmern zu einer „zwei Klassen-Aufteilung“ kommt. Wird ein weiterer Arbeitnehmer beschäftigt und wächst der Personalbestand dadurch auf z.B. 8 Arbeitnehmer, so greift für diesen Arbeitnehmer nicht das Kündigungsschutzgesetz. Alle anderen Arbeitnehmer genießen jedoch den Schutz (unter der Voraussetzung, dass die Arbeitnehmer bereits vor dem 01.01.2004 bei diesem Arbeitgeber beschäftigt waren).
Bei der Ermittlung der Anzahl der Arbeitnehmer wird in der Regel auf die Personal-stärke abgestellt, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist.3 Dabei werden Arbeitnehmer rein rechnerisch mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und mit nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 bewertet. Es kommt also nicht auf die reine Kopfzahl an.
I.3 Wartezeit
Das KSchG greift bei Arbeitnehmern gemäß § 1 Abs. 1 KSchG, deren Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Die Wartezeit dient in erster Linie dem Arbeitgeber als Erprobungs-zweck, um nicht sofort den strengen Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes unter-worfen zu sein. Aus Arbeitnehmersicht muss der Kündigungsschutz erst durch eine ge-wisse Unternehmenstreue erworben werden.4
I.4 Die Kündigung
Bei der Kündigung handelt es sich um eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklä-rung. Der Zweck liegt in der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft durch den Kündigenden.5
Um den Arbeitnehmer als deutlich unterlegenen Vertragspartner gegenüber dem Arbeit-geber zu schützen, stellt das Kündigen durch den Arbeitgeber sehr hohe Anforderungen.
Bei Vorliegen der obigen Voraussetzungen gilt eine Kündigung des Arbeitsverhält-nisses gemäß § 1 Abs. 1 KSchG als unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
Kündigungen können gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt sein, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Weiterbeschäftigung des Ar-beitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt sind. Aufgrund dessen lassen sich die Kündigungsgründe in zwei Bereiche aufteilen. Zum einen in die betriebs- bedingten und zum anderen in die arbeitnehmerbedingten Gründe, welche sich noch in die verhaltensbedingten und in die personenbedingten Gründe unterscheiden lassen6.
Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses lässt sich entweder ordentlich (fristgerecht) oder außerordentlich (fristlos) kündigen. Für die außerordentliche Kündigung müssen jedoch sehr schwerwiegende Gründe vorliegen, die dem Arbeitgeber eine Weiterbe-schäftigung des Arbeitnehmers bis zum Fristablauf nicht zuzumuten sind.
II Die personenbedingte Kündigung
Eine personenbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn sie auf die persönlichen
Eigenschaften des Arbeitnehmers zurückzuführen sind.
Dabei bedarf es folgender Voraussetzungen:
- Der Arbeitnehmer kann aufgrund in seiner Person liegenden Gründe seine durch den Arbeitsvertrag vereinbarten Verpflichtungen nicht erfüllen
- Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers
- Ultima-Ratio-Prinzip
- Der Arbeitnehmer kann auch in Zukunft seine vertraglich geschuldete Arbeits-leistung nicht erbringen (Negativprognose)
- Durch die Interessenabwägung ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber nicht zuzumuten
Sofern eine der genannten Voraussetzungen nicht vorliegt, kann nicht von einer zu-lässigen personenbedingten Kündigung gesprochen werden.
II.1 Voraussetzungen
II.1.a Gründe in der Person
Die Anerkennung eines Kündigungsgrundes hängt nicht von einem „Verschulden“ des Arbeitnehmers ab, sondern beruht auf einem fehlenden Steuerungsvermögen des Arbeit-nehmers.7 Um die personenbedingte Kündigung von der verhaltensbedingten Kündi-gung zu unterscheiden, lässt sich grundsätzlich sagen, dass beim letzteren der Arbeit-nehmer seine Arbeitsleistung erbringen kann bzw. könnte, dies jedoch nicht will. Bei der personenbedingten Kündigung will der Arbeitnehmer seine geschuldete Arbeitslei-stung erbringen, er kann es jedoch nicht mehr (ausreichend). Dies hat zur Folge, dass hier Abmahnungen grundsätzlich nicht erforderlich sind.8 Über mögliche personenbe-dingte Gründe, die zu einer Kündigung führen können, wird unter II.2 noch genauer eingegangen.
[...]
1 Vgl. M. Kittner / W. Trittin (1993) S. 339
2 Vgl. W. Berkowsky (2005) S. 6
3 Vgl. W. Berkowsky (2005) S. 13
4 Vgl. ders. S. 15 f.
5 Vgl. Stahlhacke / Preis / Vossen (2005) S. 1
6 Vgl. W. Berkowsky (2005) S. 27
7 Vgl. W. Berkowsky (2005) S. 58
8 Vgl. Backmeister / Trittin / Mayer (2002) S. 37
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