Rilkes symbolistisches Schaffen in Prag am Beispiel der Gedichtsammlung 'Larenopfer'


Seminar Paper, 2002

17 Pages, Grade: 3,0


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Gliederung

1. Vorbemerkung

2. Leben und Werk

3. Die Jahrhundertwende
3.1. Grundzüge der Epoche
3.1.1. Das Wilhelminische Zeitalter
3.1.2. Industrielle Revolution und Naturalismus

4. Der Symbolismus
4.1. Die Kunst um der Kunst Willen
4.2. Sprachliche Umsetzung und Motivwahl

5. Larenopfer
5.1. Entstehungsbedingungen
5.2. Gestaltung

6. Symbolismus im Larenopfer
6.1. Der Träumer
6.2. Nachtbild

7. Schlussbetrachtung

8. Quellenverzeichnis
8.1. Literatur
8.2. Abbildungen

1. Vorbemerkung

„Rainer Maria Rilke war schlecht für diese Zeit geeignet. Dieser große Lyriker hat nichts getan, als dass er das deutsche Gedicht zum ersten mal vollkommen gemacht hat; er war kein Gipfel dieser Zeit, er war eine der Erhöhungen, auf welchen das Schicksal des Geistes über Zeiten wegschreitet...“[1]

Kein geringerer als Robert Musil äußert sich so lobend über den Dichter der Jahrhundertwende, dessen lyrisches Werk bis heute weniger den Verstand als den Geist seiner Leser anspricht. Bis zu der Vollkommenheit seiner späten Werke legte Rilke jedoch einen langen Weg zurück. Die „Duineser Elegien“ und die „Sonette an Orpheus“, Werke, die in der heutigen Rezeption große Anerkennung genießen, entstanden erst in den letzten Jahren seines Lebens, als er auf den reichen Erfahrungsschatz seines literarischen Schaffens zurückblicken konnte. Die Gedichte seiner Jugend und seine ersten literarischen Gehversuche versinken in Vergessenheit. Sie spiegeln wieder, was die Literaturkritik an dem jungen Rilke zu bemängeln findet; der junge Autor stand seinen literarischen Zeitgenossen wir Stefan George und Hugo von Hofmannsthal in Bildung und Ausdruck deutlich nach, konnte sich mit deren Werken im gleichen Alter nicht messen[2]. Rilke selbst schätzte in späteren Jahren seine ersten Veröffentlichungen nicht mehr allzu hoch ein.

Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit einem von Rilkes ersten Gedichtbänden. Anhand zweier ausgewählter Gedichte des „Larenopfer“ soll aufgezeigt werden, in welchem Maße sich die symbolistische Darstellungskunst, der Rilke bis zu seinem Lebensende treu blieb, bereits in diesem Frühwerk niederschlägt.

2. Leben und Werk

Rainer Maria Rilke wurde am 4. Dezember 1875 geboren und auf den Namen René Karl Wilhelm Johann Joseph Maria getauft. In seinem späteren Künstlernamen behielt er lediglich Maria bei und bevorzugte die deutsche Form Rainer anstelle des französischen René. Nur seiner Mutter gestatte er später, ihn bei seinem Taufnamen zu nennen.

1882 beginnt Rilke seine schulische Laufbahn in der Piaristen- Volksschule in Prag. In dieser Zeit trennten sich die Eltern, und der Junge blieb bei seiner Mutter, die seine künstlerischen Ambitionen durchwegs förderte. 1895 beendete Rilke nach privater Vorbereitung seine schulische Ausbildung mit dem Abitur und begann in Prag Literatur- und Kunstgeschichte sowie Philosophie zu studieren. In diese Zeit fielen seine ersten Veröffentlichungen, ein Jahr vorher „Leben und Lieder“, im selben Jahr „Larenopfer“.

Die letztendlich vier Jahre dauernde Beziehung zu der Russin Lou Andreas-Salome bedeutete für Rilke die erste tiefgehende Liebeserfahrung und gleichzeitig den Beginn seiner großen Leidenschaft für Russland, die ihn sein Leben lang begleiten sollte. 1899 begab er sich auf seine erste Russlandreise, auf der der erste Teil des „Stundenbuch“ entstand. Heimgekehrt begann er mit der ersten Fassung der „Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ und seinen „Zwei Prager Geschichten“. Bereits im darauffolgenden Jahr brach Rilke erneut nach Russland auf, in dem er seine Wahlheimat gefunden haben wollte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Rilke und Clara 1903

Zu Beginn des neuen Jahrhunderts lernte Rilke in Worpswede Clara Westhoff kennen, die er 1901 heiratete. Kurz darauf kam seine einzige Tochter Ruth zur Welt, daraufhin versuchte Rilke sein unruhiges Leben aufzugeben und seine Familie allein durch seine schriftstellerische Arbeit zu ernähren. Im selben Jahr schrieb er den zweiten Teil des Stundenbuchs, das 1905 schließlich dreiteilig zur Veröffentlichung kam. Etwas früher wurde die zweite Fassung des „Cornets“ gedruckt, gleichzeitig schrieb Rilke an den „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“.

Das eheliche Zusammenleben mit seiner Frau vertrug sich nicht mit dem rastlosen Naturell des Dichters. Kurz nach der Geburt seiner Tochter trat Rilke als Sekretär in die Dienste des Bildhauers Rodin, den er nach Frankreich begeleitet. Clara folgte ihm mit seiner Tochter nach Paris, wo sie eine letzte gemeinsame Wohnung bezogen, sich jedoch bald trennten und nur noch in sporadischem Kontakt blieben.

Die folgenden Jahre reiste Rilke viel, unter anderem nach Italien, Spanien und Nordafrika. 1910 erschien sein einziger Roman, die „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“, zwei Jahre später entstanden die ersten Duineser Elegien. Mit Ausbruch des ersten Weltkrieges erfuhr Rilkes literarisches Schaffen eine harte Unterbrechung, er wurde zum Kriegsdienst einbezogen. Durch die Führsprache verschiedener Freunde blieb ihm der Dienst an der Waffe erspart, und schon nach einem halben Jahr Tätigkeit als Schreiber im Kriegsarchiv schied Rilke aus dem Militärdienst wieder aus.

In der Folgezeit nahm der Dichter sein rastloses Dasein als Reisender wieder auf, besuchte erneut Italien, Frankreich und die Schweiz. 1922 vollendete er seine beiden bedeutendsten Gedichtbände, die „Duineser Elegien“ und die „Sonette an Orpheus“.

Zu dieser Zeit war Rilke bereits körperlich angeschlagen. Als die beiden Gedichtbände veröffentlich wurden, hielt sich der Dichter in verschiedenen Sanatorien in der Schweiz und in Frankreich auf. In den folgenden Jahren entstanden noch viele Gedichte in französischer Sprache, aber seine Krankheit, die erst spät als Leukämie erkannt wurde, zwang Rilke, sich immer wieder in ärztlich Behandlung zu begeben.

Am 29. Dezember 1926 starb Rilke in Val-Mont, überlebt von seiner geschiedenen Frau und seiner Mutter. Vier Tage später wurde der Dichter in Raron in Wallis beigesetzt.

3. Die Jahrhundertwende

Heute gilt Rainer Maria Rilke als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Vertreter einer Literaturströmung, die als Symbolismus in die Literaturgeschichte eingegangen ist. Im Folgenden werden die zeitgeschichtlichen und gesellschaftspolitischen Bedingungen umrissen, unter denen diese eigenwillige Dichtung entstehen konnte.

3.1. Grundzüge der Epoche

Den historischen Rahmen für die Zeit der Jahrhundertwende bilden die Gründung des Deutschen Reiches 1871 und das Ende des ersten Weltkrieges 1918. Auch das „Wilhelminische Zeitalter“ genannt, war die Phase des zweiten Kaiserreichs eine Periode weitgreifender Veränderungen, in politischer, gesellschaftlicher und sozialer Sicht.

Die Haltung der Zeit war auf allen Gebieten gekennzeichnet durch einen rasanten Aufbruch in die Moderne, der neue Möglichkeiten des Aufschwungs und der Entwicklung bot, dessen rasche Veränderungen gleichzeitig aber Verunsicherung und Ängste mit sich brachten.

Die erste große Revolution stellte die Hochindustrialisierung dar, die vor allem in der Montanindustrie, Chemie und Elektroindustrie einen enormen Aufschwung mit sich brachte und zahlreiche Großbetriebe entstehen ließ. Angezogen von den Chancen auf höhere Löhne und einen besseren Lebensstandard verließen viele Menschen das Land und zogen in die Städte. Die große Bevölkerungsverschiebung verursachte in den großen Städten die Bildung eines Industrieproletariats, das zu Armut und sozialer Isolation der Arbeiter führte. Begleiterscheinungen waren aufkommende Alkohol- und Drogenprobleme, Vermassung und eine allgemeine Verelendung der Arbeiterviertel.

Auch der Lebensrhythmus der Menschen änderte sich, Arbeitsprozesse und alltägliche Fortbewegungsmittel wurden beschleunigt, der Modernisierungsprozess schritt schneller voran als jemals zuvor. Über der gesamten Stimmung der Zeit lag eine gewisse Rastlosigkeit, die sich in positiver Aufbruchstimmung, aber auch in einer gewissen Haltlosigkeit ausdrückte.

[...]


[1] zit. nach H.E. Holthusen „Rilke“, rororo bibliographien S. 167

[2] vgl. H. Binder „Mit Rilke durch das alte Prag“ S. 214

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Details

Title
Rilkes symbolistisches Schaffen in Prag am Beispiel der Gedichtsammlung 'Larenopfer'
College
University of Augsburg  (Philosophische Fakultät)
Course
Der Prager Kreis
Grade
3,0
Author
Year
2002
Pages
17
Catalog Number
V13189
ISBN (eBook)
9783638189040
ISBN (Book)
9783638757881
File size
449 KB
Language
German
Keywords
Gedichtsammlung, Larenopfer, Rilke, Gedichtinterpretation, Prager Kreis, Symbolik
Quote paper
Ariane Wischnik (Author), 2002, Rilkes symbolistisches Schaffen in Prag am Beispiel der Gedichtsammlung 'Larenopfer', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13189

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