Wohin mit den Öl- und Gasmillionen - Diskussion um den Stabilisierungsfonds


Hausarbeit, 2008

25 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


INHALT

1 Einleitung

2 Institutionelle Aufstellungen
2.1 Struktur und Aufbau der Öl-/ Gasunternehmen
2.2 Einnahmepolitik des Staates als staatliche Kontrolle des Erdöl und Erdgassektors
2.3 Der russische Oil Stabilization Fund (OSF)

3 Verwendungsmöglichkeiten des Kapitalüberschusses aus den Öl- /Gasmillionen
3.1 Förderung der Wirtschaftsstruktur und Wettbewerbes
3.2 Förderung des Bildungswesens, der Forschung und Entwicklung
3.3 Förderung des sozialen Sicherungssystem (Renten +Sozialhilfe)

4 Schlussbetrachtung und Ausblick

5 Quellen- und Literaturverzeichnis

6 Anlagen

1 Einleitung

Die wirtschaftliche Leistung von Russland ist beeindruckend. Das Staatsdefizit hat sich seit der Machtübernahme Putins im Jahr 2000 in einen Staatsüberschuss umgekehrt. Das durchschnittliche Wachstum beträgt ungefähr 6 Prozent (LEISINGER 2007) jährlich, wobei dies hauptsächlich vom Export von Öl und Gas getragen wird. Die Inflation betrug 2001 noch 18,7 Prozent und liegt heute bei unter 11 Prozent (siehe Anlage 1). Russland profitiert im Vergleich mit anderen Ländern überdurchschnittlich stark von den stetigen Preissteigerungen im Energiesektor auf dem Weltmarkt. Russland konnte innerhalb kurzer Zeit seine Auslands- und Binnenschulden verringern und dadurch auf Verhandlungen um einen Schuldenerlass durch den Pariser Club verzichten. Die Steuereinnahmen, die durch die Förderung von Bodenschätzen entstanden sind, erhöhten sich von 2005 auf 2006 um 27,9 Prozent (1,1623 Billionen Rubel entspricht etwas 32,31 Milliarden Euro[1] ), wobei der größte Anteil auf die Erdölsteuereinnahmen entfällt. Die Einnahmen durch die Erdölsteuer sind um 29,6 Prozent (etwa 28,87 Milliarden Euro)im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (RIA NOVOSTI 31.01.2007). Diese hohe Abhängigkeit der russischen Wirtschaft von dem Öl- und Gasmarkt macht sie durch Preisschwankungen anfällig und führt zur Unsicherheiten im Staatshaushalt. Hiervon sind einerseits die Angebots- und Nachfrageseite, andererseits alle russischen Außen- und Binnenmärkte betroffen.

Ein erheblicher Anteil, der aufgrund der Preissteigerungen erzielten Gewinne aus der Erdöl- und Erdgaswirtschaft, wird neben den Steuereinnahmen als Windfallprofite abgeschöpft. Diese Abschöpfungen werden in außerbudgetären Fonds eingesetzt, um die unvorhersehbaren Fluktuationen auszugleichen. Diese fiskalpolitische Maßnahme wird von Russland und einigen anderen erdölfördernden Ländern in Form eines Staatsfonds betrieben.

Diese Arbeit versucht nun, die Beteiligten dieser Institutionen „Staatsfonds“ zu beleuchten und die Verwendungsmöglichkeiten des Kapitalüberschusses aus den Öl- /Gasgeschäften aufzuzeigen. Der Schwerpunkt wird dabei auf Russland liegen und es werden Vergleiche zu anderen Ländern beschrieben.

Die Arbeit ist in zwei Teile aufgeteilt, der erste Teil beschäftigt sich mit der Mittelherkunft und der zweite Teil mit der Mittelverwendung. Der erste Abschnitt des ersten Teiles beschreibt den institutionellen Aufbau der beteiligten Akteure. Der darauffolgende Abschnitt befasst sich mit der volkswirtschaftlichen Sicht auf die Idee des Stabilisierungsfonds. Der letzte Abschnitt analysiert die Verwendungsmöglichkeiten des Kapitals aus dem russischen Öl- Stabilisierung- Fonds (OSF).

2 Institutionelle Aufstellungen

Im folgenden Abschnitt werden die Akteure, die für die vorangegangene Fragestellung von Bedeutung sind, dargestellt und kritisch hinterfragt. Die staatlichen und privaten Institutionen der Öl- und Gasindustrie sind seit dem Bruch des sowjetischen Systems zunächst teilweise aus der staatlichen Kontrolle entlassen worden. Aus der westeuropäischen Sicht kann man sagen, dass diese Unternehmen trotz der proklamierten Zurücknahme der staatlichen Eingriffe im ökonomischen Sinne sehr von staatlichen Eingriffen geprägt sind (PLEINES 2002, Seite 8ff). Die derzeitige Politik des Kremls zeigt darüber hinaus einen deutlichen Rückschritt zu weiteren Verstaatlichungen. Das alte Muster der Sowjetzeit wird in der Putin-Ära nicht kopiert, es wird ein neuer Führungsstil des starken demokratischen Russlands (SCHRÖDER 2005, Seite46-49) eingeführt.

Die folgenden Beschreibungen der Unternehmen werden sich auf die Struktur und auf die relevanten Staatseingriffe beschränken.

2.1 Struktur und Aufbau der Öl-/ Gasunternehmen

Die großen Öl- und Gaskonzerne dominieren den flächengrößten Staat der Welt. Die Dominanz zeigt sich einerseits im Bruttonationalprodukt und im Wirtschaftswachstum, andererseits an den Anteilen an den Steuereinnahmen des Staatshaushaltes. Ein knappes Drittel des Staatshaushaltes wird von den führenden sieben umsatzstärksten Erdöl- und Gasunternehmen getragen (RIA NOVOSTI 31.01.2007). Diese Konzerne finanzieren neben den Staatshaushalt auch den russischen Staatsfonds (OSF) und tragen zum Wachstum der Zentralbankreserven bei. Die Konzerne lassen sich in vier Akteursgruppen unterteilen. Diese Unterteilung erfolgt aufgrund wirtschaftspolitischer Entscheidungsprozesse (PLEINES 2002, Seite 9f.):

- vertikal- integrierte Ölgesellschaften und Finanzunternehmen, die organisches Wachstum vollziehen durch Investitionen und Aufbau der Marktposition
- föderale Exekutive, durch Grundsatzentscheidungen des Präsidenten geführte Privatunternehmen
- föderale Legislative, autonome Entscheidungen mit begrenzten Einfluss durch das Parlament
- die Regionalverwaltungen, in Abhängigkeit von den Gouverneuren der einzelnen Regionen.

Neben dieser ordnungspolitischen Strukturierung lassen sich die Konzerne auch in einer simpleren Ordnung von staatlichen Konzernen (Rosneft, Tatneft, Baschneft) und privaten Ölkonzerne (Yukos, Lukoil, Surgutneftegas, TNK-BP, Sibneft) unterteilen. Es ist dabei dennoch festzuhalten, dass die Einflussnahme der Regierung auch bei den Privatunternehmen stetig zu nimmt (LICHTER 2006). Jüngst wurde der Fall Jukos endgültig entschieden und der Staat verkaufte die Anteile von dem in Ungnade gefallen Eigentümer (RIA Novosti 11.10.2007). Die zwei größten Unternehmen Russlands, die Einteilung erfolgte aufgrund der Fördermenge (Tabelle 1), gehören zu den privaten Erdölproduzenten. Das größte staatliche Institut Rosneft hat in den letzten Jahren durch die Übernahme von Jukos seinen Einfluss auf dem Weltrohölmarkt erhöht und hat mit Lukoil und TNK-BP annähernd gleichgezogen. Bei der Umsatzstärke hingegen liegen Lukoil und Gazprom deutlich vorne.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Wichtigste Ölproduzenten in Russland (in 1.000 bpd) (LICHTER 2006)

Quelle: Aton Capital, Schätzungen

1) Fördermenge in Russland; 2) gehört seit Ende 2005 dem Erdgaskonzern Gazprom; 3) Erwerb von Juganskneftegas Ende 2004

Aus der Tabelle 2 lässt sich erkennen, dass die Erdölproduzenten eine dominierende Rolle vor anderen Branchen wie Telekommunikation, Bauwirtschaft oder Einzelhandel spielen. Dies belegt, wie abhängig die russische Wirtschaft vom Ölpreis ist. Hinzuzufügen ist, dass die Gasförderung mit über 85 Prozent in der Hand der Regierung liegt (GÖTZ 2007, Seite 9f.). Der Konzernchef von Gazprom soll nun Putin als Präsident folgen. Die Nachfolge ist vor kurzem entschieden worden. Hier wird deutlich, wie nahe das Unternehmen dem Kreml steht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Russlands umsatzstärkste Unternehmen

(Rangfolge für 2006) (LICHTER 2006)

Quelle: Rating Expert-400 (veröffentlicht Anfang Oktober 2007)

Einige ausgewählte Beispiele der Erdgas-/ Ölgesellschaften werden nun im Einzelnen kurz portraitiert. Dieses erfolgt in der Rangfolge der umsatzstärksten Unternehmen (Tabelle 2) und gibt jeweils einen kurzen Überblick über die Eigentumsverhältnisse und den staatlichen Einfluss, denen die Unternehmen unterliegen. Neben Gazprom, Lukoil und TNK-BP wird Rosneft dargestellt.

Der Konzern Gazprom gilt als der wichtigste Gaslieferant für Europa und insbesondere für Deutschland (GÖTZ 2007, Seite 1f). Der Konzern hat einen Umsatz von knapp 80 Milliarden US -Dollar (2006) pro Jahr. Das Kerngeschäft liegt im Erdgasbereich (geologische Erkundungen, Produktion, Speicherung, Verarbeitung und Vermarktung). Eine weitere Diversifikation und Erweiterung der Geschäftsfelder findet man neben dem Erdölbereich in den Bereichen Stromwirtschaft, Medienbereich und Bankensektor. Die Fördermenge liegt bei etwa 550 Mrd. m3, damit ist das Unternehmen weltweit der größte Erdgasproduzent mit einer Marktkapitalisierung von 239 Milliarden Dollar (Gazprom in Figures 2002- 2006). Diese Marktmacht verdankt das Unternehmen zwei Umständen, zum einen der Planwirtschaft der ehemaligen Sowjetunion und zum anderen dem Gesetz über Bodenschätze (DRONNIKOV 2005, Seite 65- 69).

Die Produktion des Erdgases oblag von 1973 bis 1989 dem Ministerium für Erdgasindustrie und somit vollständig der Regierung. 1989 wurde der Konzern Gazprom vom Ministerium gegründet und der Vorsitzende des Unternehmens war der damalige Minister für Erdgasförderung. Der Staatsbetrieb wurde in der Mehrzahl von Angestellten des Erdgasministeriums betrieben und in dem neuen Konzern wurde die Mehrheitsbeteiligung des Staates beibehalten (PLEINES 2002, Seite 29 / DRONNIKOV 2005, Seite 65f). Die Regierung hat den Erdgassektor, im Gegensatz zum Ölsektor, nicht aufgeteilt. Die Bereiche Produktion, Transport und Export wurden zusammengefasst und bilden eine Monopolstellung. Dies wird unterstützt durch das Gesetz über Bodenschätze in Russland (Gesetz Nr. 2395 Artikel 1 Punkt 2 vom 21.02.1992 in veränderter und mehrfach über-arbeiteter Form bis heute gültig) in dem der Zugang zu den Gasressourcen geregelt wird (DRONNIKOV 2005, Seite 67). In diesem Gesetz wird von der Erkundung bis zum Verkauf der Bodenschätze alles vorbestimmt. Lizenzgebühren für die Förderung sollen laut Gesetz dem Staatsfonds (welcher wieder einer direkten Staatsregulierung entspricht) zufließen.

Die Kapitalstruktur gliedert sich wie folgt auf: 50,02 Prozent werden vom russischen Staat gehalten, 29,5 Prozent von russischen Personen (natürlichen und juristischen) und knapp 20 Prozent liegen in Streubesitz. Gazprom besitzt 96 Tochtergesellschaften (mit 100 prozentigen Anteil) und unterhält 41 Aktienmehrheiten mit knapp 50 Prozent an den Gesellschaften. Darüber hinaus ist der Konzern an 55 Unternehmen im In- und Ausland beteiligt. Die Tochtergesellschaften und Beteiligungen umfassen neben dem Kerngeschäft von Erkundung, Förderung und Verkauf auch monetäre Institute und Medienunternehmen und weitere Unternehmen aus den Industrie- und Dienstleistungssektoren (GAZPROM Subsidiary campanies Konzerndaten 2006). Das börsennotierte Unternehmen tritt als Monopolist auf und setzt seine Interessen über eine breit aufgestellte Lobby durch. Die Manager der Tochterunternehmen stehen dem Kreml ebenso nahe wie der Mutterkonzern. Ein Indiz hierfür ist die umfangreiche Unterstützung der Unternehmen Putins bei den Präsidentschaftswahlen und weitere Unterstützungsmaßnahmen in Form von Finanzierungen der Wahlkämpfe von Gouverneuren und Bürgermeistern. Darüber hinaus hilft die Konzernleitung bei der Finanzierung des Staatshaushaltes und Subventionierung von zahlungsunfähigen Gas-verbrauchern im Binnenmarkt, als auch im Ausland (z.B. Weißrussland).

[...]


[1] Bei einem angenommenen Wechselkurs von 1 Euro zu 35,9712 Rubel (Stand 12.12.2007)

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Wohin mit den Öl- und Gasmillionen - Diskussion um den Stabilisierungsfonds
Hochschule
Universität Hamburg  (Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Institut für Wirtschaftssysteme)
Veranstaltung
Aktuelle Probleme der russischen Wirtschaftspolitik
Note
2,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
25
Katalognummer
V132308
ISBN (eBook)
9783640410507
ISBN (Buch)
9783640410613
Dateigröße
694 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wohin, Gasmillionen, Diskussion, Stabilisierungsfonds
Arbeit zitieren
Ingo Andreä (Autor:in), 2008, Wohin mit den Öl- und Gasmillionen - Diskussion um den Stabilisierungsfonds , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132308

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