„Das Nibelungenlied – eine Detektivstory. Whodunit? Wer war’s? Wer hat’s geschrieben?“ Mit diesen Worten leitet Walter Hansen seiner eigenen Zielsetzung folgend den Beginn eines packenden Krimis ein, an dessen Ende die Überführung einer geheimnisvollen Dichterpersönlichkeit stehen soll, dessen Anonymität „zu einem wissenschaftlichen Königsproblem und einem literarischen Faszinosum geworden“ ist – der Autor der germanischen Heldensage vom kühnen Siegfried und dem Untergang der Burgunden. Die Zahl der Verdächtigen, die für diese literaturwissenschaftlich vakante Stellung schon bemüht wurden, ist beträchtlich und steigt sukzessive an. Die Wunschvorstellungen reichen von dem berühmten Lyriker Walther von der Vogelweide, dem Kürenberger oder Wolfram von Eschenbach über Konrad von Fußesbrunnen, Wirnt von Grafenberg bis hin zum Abt Sighard von Lorsch – um nur einige zu nennen. Sogar eine Niedernburger Nonne musste sich der Prüfung stellen.
Die alle Forschungsrichtungen einende Erkenntnis soll auch als Basis für diese Arbeit dienen: Die Diskussion konkreter Dichterpersönlichkeiten führt zu keinen wissenschaftlich hinreichend belegbaren Ergebnissen. Daher erscheint es sinnvoll, dass man, wenn der Täter schon nicht auf frischer Tat ertappt werden kann, ihn so eng wie möglich einzukreisen versucht.
Dementsprechend besteht das Ziel dieser Arbeit darin, ein möglichst detailliertes Psychogram der Dichterpersönlichkeit herzustellen.
Als Basis für die Untersuchug fungiert eine kurze Analyse der Anonymität sowie die Diskussion des Numerus und Genus der Autorschaft, da diese beiden Aspekte Sonderstellungen in der Forschung einnehmen. Anschließend wird die Dichtergestalt anhand von Parametern eingegrenzt um schließlich als Fazit ein Psychogramm erstellen zu können. Die einzelnen Aspekte werden dabei in Hinblick auf die folgende Fragestellung analysiert:
Was sind die wesentlichen Attribute des NL-Dichters?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gründe für die Anonymität
- Der Dichter - ein missachteter Spielmann?
- Der überindividuelle Zusammenhang
- Die Flexion der Autorschaft
- Numerus
- Genus
- Gesellschaftliche Präpositionen
- Indizien für einen weiblichen Genus
- Analyse der Dichterpersönlichkeit nach eingrenzenden Parametern
- Ort
- Zeit
- Terminus ante quem
- Terminus post quem
- Auftraggeber
- Frömmigkeit
- Belesenheit
- Stand
- Fazit: Psychogramm der Dichterpersönlichkeit
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Dichterpersönlichkeit des Nibelungenliedes und versucht, ein detailliertes Psychogramm zu erstellen. Die Arbeit analysiert die Anonymität des Autors, untersucht die Flexion der Autorschaft hinsichtlich Numerus und Genus und grenzt die Dichtergestalt anhand verschiedener Parameter ein.
- Die Anonymität des Nibelungenliedes und ihre möglichen Gründe
- Die Frage nach dem Numerus und Genus der Autorschaft
- Die Einengung der Dichterpersönlichkeit anhand von Parametern wie Ort, Zeit, Auftraggeber, Frömmigkeit, Belesenheit und Stand
- Die Erstellung eines Psychogramms der Dichterpersönlichkeit
- Die Rekonstruktion der wesentlichen Attribute des NL-Dichters
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und erläutert die Zielsetzung, ein Psychogramm der Dichterpersönlichkeit des Nibelungenliedes zu erstellen. Die Arbeit beginnt mit einer Analyse der Anonymität des Autors und untersucht die möglichen Gründe dafür. Zwei Thesen werden erörtert: Die These, dass der Dichter aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einem niederen Stand seine Autorschaft nicht publik gemacht hat, und die These, dass die Anonymität auf einen überindividuellen Zusammenhang zurückzuführen ist, der die Heldenepik als nationale Tradition betrachtet.
Im Anschluss wird die Flexion der Autorschaft hinsichtlich Numerus und Genus diskutiert. Der Numerus wird als Singular interpretiert, während das Genus des Autors umstritten ist. Es werden Argumente für ein männliches und ein weibliches Genus präsentiert. Die Analyse der Dichterpersönlichkeit anhand von Parametern wie Ort, Zeit, Auftraggeber, Frömmigkeit, Belesenheit und Stand soll die Dichtergestalt weiter eingrenzen.
Das Fazit fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen und versucht, ein Psychogramm der Dichterpersönlichkeit zu erstellen. Die Arbeit zeigt, dass die Anonymität des Nibelungenliedes ein komplexes Phänomen ist, das sich nicht auf einen einzigen Grund zurückführen lässt. Die Analyse der Dichterpersönlichkeit anhand verschiedener Parameter liefert jedoch wichtige Hinweise auf die möglichen Eigenschaften des Autors.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Anonymität des Nibelungenliedes, die Dichterpersönlichkeit, die Flexion der Autorschaft, Numerus, Genus, die Einengung der Dichtergestalt anhand von Parametern wie Ort, Zeit, Auftraggeber, Frömmigkeit, Belesenheit und Stand sowie die Erstellung eines Psychogramms.
- Quote paper
- Jennifer Ellermann (Author), 2009, Der Dichter des Nibelungenliedes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132482