Die Analyse des Ochs auf Lerchenau in Richard Strauss' Rosenkavalier geht zunächst auf textimmantente Merkmale ein und verbindet diese schließlich mit einer Interpretation der musikalischen Strukturen. Außerdem wird ein Blick auf die Zusammenarbeit mit dem Dichter und Librettisten Hugo von Hofmannsthal geworfen.
1) Einleitung:
Schon die Namensgebung der geplanten Spieloper war zwischen dem Komponisten Richard Strauss und dem Librettisten Hugo von Hofmannsthal bzw. dessen Co-Autoren Graf Harry Kessler sehr umstritten. So wurden unter anderem auch der Titel „Der Ochs von Lerchenau” und „Ochs auf Lerchenau und die silberne Rose” in Betracht gezogen[1]. Im Briefwechsel zwischen den drei Parteien lassen die jeweiligen Überlegungen bezüglich der Titelwahl nachvollziehen. So schrieb Hugo von Hofmannsthal beispielsweise an Kessler: „Ich bin ziemlich fest für den Titel 'Ochs auf Lerchenau' entschlossen, der den buffo in die Mitte stellt, das derbe Element andeutet und ganz gut klingt und aussieht.”[2]
Der „Ochs auf Lerchenau” konnte sich jedoch offensichtlich nicht durchsetzen. Der Titel sollte letzten Endes nicht eine der Hauptfiguren, sondern das Amt der Überreichung der silbernen Rose in den Mittelpunkt stellen. Diese Wahl stellt die bessere Alternative dar, da die Festlegung auf den Ochs auf Lerchenau als zentrales Element der Oper zu kurz greift. Wie es sich im Folgenden noch zeigen soll, ist es vielmehr der Kontrast zwischen der Marschallin und dem Ochs, der den “Rosenkavalier” prägt.
Letztendlich fiel die Wahl also auf den Rosenkavalier. Dass damit aber doch nicht alle Beteiligten völlig zufrieden gestellt wurden, zeigt die folgende Bemerkung aus einem der Briefe von Richard Strauss: „Mir gefällt der Rosenkavalier gar nicht, mir gefällt der Ochs! Aber was will man machen. Hofmannsthal liebt das Zarte, Ätherische, meine Frau befiehlt: Rosenkavalier. Also Rosenkavalier! Der Teufel hol ihn!”[3]
2) Inhaltliche Charakterisierung (textliche Ebene):
Nicht nur der Titel der Oper war umstritten, auch über die Figur des Ochs auf Lerchenau selbst gab es zwischen Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss große Uneinigkeit. Der Librettist Hofmannsthal empfand die endgültige Umsetzung in der Oper als zu grob, zu negativ. Seine Vorstellung zeigt sich in der folgenden Brief-Passage: „...oder wenn schon Philister, jedenfalls gesteigerter Philister, Halbgott-Philister - und kein Vieh (...) Ein Luder ist er, ein gemeiner Kerl, ein Ausnützer, mit einer Art von Weltkenntnis, dazu ein Schmutzfink, ein Filz - aber gar nicht ohne Kraft, nicht ohne Humor.”[4] Wie auch in anderen gemeinsamen Arbeiten konnte Strauss seine Vorstellung durchsetzen.
2.1) Name:
Der Name Ochs auf Lerchenau lässt mehrere Assoziationen zu. In ihm klingt schon eine Andeutung auf sein späteres Schicksal als gehörnter Ehemann an. Auch wenn die Ereignisse noch vor der geplanten Eheschließung mit Sophie liegen, ist er doch am Ende der betrogene Liebhaber. Die Figur des lächerlich gemachten Alten, der gegen die Liebe zweier junger Menschen keine Chance hat, ist ein gängiges Motiv der italienischen Commedia dell'arte und tritt auch in anderer Opern auf.
Der Name Ochs betont darüber hinaus aber auch den tierischen Charakter der Figur. Hofmannsthal wollte ihn als „halb Fuchs halb Schwein”[5] verstanden wissen. Innerhalb des Textes wird er immer wieder, über den Ochs hinaus, mit den verschiedensten Tiergestalten in Verbindung gebracht. In Assoziation mit der menschlichen Triebnatur, die bei ihm im Vordergrund steht und die er selten zu unterdrücken weiß oder gewillt ist, zeigt sich hier, wie auch schon im Libretto zu „Elektra”, Hofmannsthals Beschäftigung mit den psychoanalytischen Theorien Sigmund Freuds.
[...]
[1] Vgl. Iso Camartin: Das leutselige Betragen eines Kavaliers. Der Baron Ochs auf Lerchenau. In: Thomas Cramer (Hg.): Gegenspieler, München 1993. S. 194-211. S. 204
[2] Zitiert nach: Ibid. S. 204f
[3] Zitiert nach: Ibid. S. 205
[4] Zitiert nach: Ibid. S. 208
[5] Camartin S. 208
- Quote paper
- Martina Drautzburg (Author), 2008, Die Figur des Ochs auf Lerchenau in Richard Strauss' 'Rosenkavalier', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132763
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