Die US-Fernsehserie Lost ist eine der erfolgsreichsten Serien in den USA mit einer ungewöhnlichen dramaturgischen Struktur, die mit einer innovativen Strategie vermarktet wurde. Der Aufsatz skizziert den dramaturgischen Aufbau der Serie und legt den Schwerpunkt auf eine Untersuchung der internet- und mobilbasierten Marketinginstrumente, welche die Fernsehausstrahlungen von Lost optimal ergänzen und damit die Zuschauerbindung stärken.
Lost is one of the most successful TV series in the USA. It exhibits an unusual dramaturgical structure, combined with an innovative marketing strategy. The paper outlines the dramaturgical construction of the series, focusing on those internet-based and mobile-based marketing instruments that support TV broadcasting and strengthen viewers’ engagement.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zur TV Serie
2.1 Entstehung und Ausstrahlung der Serie
2.2 Inhalt der Serie
3 Das dramaturgische Konzept
3.1 Erzählzeiten
3.2 Protagonisten
3.3 Die „Magic Box“
4 Innovative Vermarktungsmethoden
4.1 Online Distribution: Der Apple-Deal und Online-Streaming über ABC
4.2 Internet: „The Offical Lost Podcast“
4.3 Internet: Alternate Reality Game
4.4 Mobil-Marketing: Mobisodes
5 Fazit
6 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
„LOST... reflects the increasingly unstable industrial conditions of the post-television era of the early twenty-first century, when the continal convergence of platforms and fragmenting of audiences morphs the medium into something rich and strange.“[1]
Am 22. September 2004 strahlt der US-Sender ABC den bislang teuersten Pilotfilm einer TV-Serie aus. Mit Folgen: Aufgrund der Genehmigung des hohen Produktionsbudgets zwischen 10 und 14 Millionen wird der ABC Vorstand Lloyd Braun vom Aktionär Disney gefeuert. Andererseits gelingt es dem ehemals finanziell schwer gebeutelten Sender ABC, mit den Serien Lost und Desperate Housewives wieder an die Spitze der Einschaltquoten vorzurücken. Mit geschätzten durchschnittlich 17,7 Millionen Zuschauern pro Folge entwickelt sich die erste Staffel der Lost-Saga zum Quotenhit in den USA und ist ununterbrochen in den Top Ten der Zuschauerquoten.[2]
Eine Betrachtung der Aspekte, die zum Erfolg dieser Serien beigetragen haben, soll Ziel dieser Arbeit sein. Dazu wird im ersten Teil auf den besonderen dramaturgischen Aufbau und die Erzählstruktur der Serie eingegangen. Der zweite Teil befasst sich mit der Vermarktung der Serie. Dabei sollen insbesondere die Marketingaktivitäten betrachtet werden, die besonders innovativ sind. Eine Beschreibung aller genutzten Marketingmaßnahmen würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Ziel ist es herauszuarbeiten, warum genau diese innovativen Marketingformen das Serienkonzept von Lost optimal ergänzen.
2 Zur TV Serie
„Ich habe über die Idee nachgedacht. Sagen wir mal, die Hauptfigur heißt Jack. Er trägt einen Armani-Anzug, und es fängt so an, dass er an einem Strand zu sich kommt und völlig verwirrt ist“[3]
So skizziert Damon Lindelof, einer der Hauptautoren, die Eröffnungsszene von Lost, die bis zur Realisierung des Piloten genauso beibehalten wurde. Um einen Einstieg in das komplexe Lost-Universum zu finden, sollen in diesem Kapitel kurz die Rahmenbedingung und der Inhalt von der Serie beschrieben werden.
2.1 Entstehung und Ausstrahlung der Serie
Im Januar 2004 beauftragt Lloyd Braun, damaliger Chef des Fernseh- und Hörfunk-Networks ABC, ein Script in Anlehnung an die Konzepte von „Herr der Fliegen“, „Cast Away“ und der Reality Show „Survivor“ zu verfassen. Hierfür schreibt Jeffrey Lieber eine Pilotfolge mit dem Namen „Nowhere“. In dem ursprünglichen Pilotfilm geht es jedoch hauptsächlich um das Erlernen von Überlebenstechniken. Brauns Einschätzung, dass dies wohl kaum genügt, um Zuschauer über einen längeren Zeitraum zu begeistern, führt dazu, dass er sich an J. J. Abrams wendet. Abrams, der in Hollywood dafür bekannt ist, „aus zweitklassigen Material erstklassige Unterhaltung“[4] zu machen, entwickelt zusammen mit Damon Lindelof die Serie weiter und fügt Elemente aus Science-Fiction-, Horror- und Superheldenfilmen ein. Aufgrund des knappen Zeitplans findet das Casting der Protagonisten und die Entwicklung des Pilotfilms gleichzeitig statt, wodurch sich die einzelnen Charaktermerkmale der Hauptdarsteller innerhalb des Castings entwickeln und verändern.
Das Gesamtkonzept und die Drehbücher werden auf dem Gelände von Disney in Burbank (Kalifornien) entwickelt. An der Produktion sind mehrere Firmen beteiligt. Bad Robots, die Produktionsfirma von J.J. Abrams produziert die Serie, die Finanzierung erfolgt durch Touchstone Television und die Ausstrahlung erfolgt über den US Sender ABC.[5] Diese vertikale Integration – Touchstone Television und ABC gehören zur Disney Corporation - ist ein typischer Zusammenschluss innerhalb eines Medien Konglomerats:
„Lost ... typifies the post network vertical integration of content production and distribution within a vast multinational conglomerate, in this case the Disney Corporation.“[6]
Bisher wurden in den USA vier Staffeln ausgestrahlt. Die fünfte Staffel startet am 21. Januar 2009.[7] Laut Lostpedia ist bereits die sechste Staffel geplant, die im Mai 2010 mit dem Finale der Serie enden soll.[8]
In Deutschland wird Lost erstmalig am 6. Oktober 2004 über den Pay-TV- Sender Premiere ausgestrahlt. Ab dem 4. April 2005 ist die Serie auch im Free-TV auf Pro Sieben zu empfangen. Die 4. Staffel wird voraussichtlich ab dem 12. Januar 2009 auf Pro Sieben ausgestrahlt.[9] Im Gegensatz zu den USA ist die Serie in Deutschland nicht so erfolgreich, was vermutlich auch an den variierenden Sendezeiten liegt.[10]
2.2 Inhalt der Serie
Nach dem Absturz des Fluges 815 der Oceanic Fluggesellschaft finden sich 48 Überlebende auf einer einsamen Insel in der Südsee wieder. Die Chance, gerettet zu werden, ist äußerst gering und die Gestrandeten müssen lernen, auf der Insel zu überleben. Bald stellt sich heraus, dass die Suche nach Nahrung und Wasser nicht das größte Problem ist. Neben zahlreichen mysteriösen Vorkommnissen, scheint auf der Insel auch ein bestialisches Monster zu leben, dessen Mordlust einigen der Verunglückten zum tödlichen Verhängnis wird. Doch nicht nur das Monster bereitet der Gruppe Probleme. Auf der Insel leben noch weitere Menschen, welche die „Anderen“ genannt werden und nicht freundlich gesinnt sind.
Neben den äußeren Bedrohungen bringen die Überlebenden ihren eigenen seeli- schen Ballast mit auf die Insel. Diese, teils dunklen Geheimnisse, werden ebenfalls zur Gefahr für die Gruppe und ihren Zusammenhalt. Um zu Überleben müssen sich die einzelnen Protagonisten auch mit sich selbst auseinandersetzen.
3 Das dramaturgische Konzept
„Das Großartige an der Serie ist, dass sie gar nicht im herkömmlichen Sinne funktionieren soll; sie widersetzt sich den Gesetzen des Fernsehens“[11]
Neben dem, für TV-Produktionen eher untypischen, hohen Produktions-Budget, zeichnet sich die Serie durch den komplexen dramaturgischen Aufbau aus. Auch die Tiefe der einzelnen Charaktere tragen dazu bei, dass sich um die Serie eine starke Fanbasis bildet. Im Folgenden sollen drei dramaturgische Mittel herausgegriffen und beschrieben werden.
3.1 Erzählzeiten
Eine Besonderheit der Serie ist, dass die Autoren mit drei Erzählzeiten arbeiten. Ereignisse, die sich mit der gegenwärtigen Situation auf der Insel befassen, werden chronologisch in die Zukunft gerichtet erzählt. Die Hintergrundgeschichten der einzelnen Protagonisten werden in Form von Rückblenden dargestellt. Dabei reichen sie vom Moment des Absturzes immer weiter in die Vergangenheit. Ab dem Finale der dritten Staffel werden Ausblicke in die Zukunft der Protagonisten, sog. Flash-Forwards, eingeführt.
In jeder Folge der Serie gibt es mehrere parallel laufende Handlungsstränge, welche jeweils die Erlebnisse einer oder mehrer Protagonisten in den Mittelpunkt stellen. Einer der Handlungsstränge ist dabei zumeist eine Rückblende und wird aus der Perspektive der jeweiligen Hauptfigur einer Folge erzählt. Die Flashbacks haben unterschiedliche Funktionen. Vorwiegend werden sie aus der Perspektive der jeweiligen Hauptperson einer Folge erzählt und decken die inneren Konflikte dieser Person auf. Dieser Konflikt beeinflusst das Handeln der Person in der gegenwärtigen Situation auf der Insel. Meist wird dies jedoch erst in späteren Folgen klar.[12] Weiter werden die Verbindungen zwischen den Personen, die bereits vor dem Absturz bestanden, aufgezeigt. Diese Verbindung ist den Protagonisten jedoch meist nicht bewusst, da diese zumeist nur über Umwege, durch Angehörige, Freunde oder Institutionen besteht. Ab dem Ende der dritten Staffel wird eine weitere Erzählzeit, so genannte Flashforwards, eingeführt.[13] Thema dieser Flashforwards ist die Zukunft einzelner Protagonisten, nachdem sie die Insel verlassen haben. Durch diese Flashbacks bzw.- forwards entsteht innerhalb der gesamten Serie eine Verbundenheit zwischen den einzelnen Folgen, die teilweise auch Staffel übergreifend sind. Aufgrund der inhaltlichen Abhängigkeit und der strengen Kontinuitätsdichte der einzelnen Folgen müssen dem Zuschauer die Ereignisse vorangegangener Folgen vertraut sein.
3.2 Protagonisten
Neben der Mythologie und den rätselhaften Ereignissen auf der Insel machen die Protagonisten einen Großteil des Erfolges der Serie aus. Durch die Flashback-Geschichten bekommen die Figuren eine emotionale Tiefe und ziehen die Zuschauer in den Bann. Vaz bemerkt dazu:
„The flashback stories are the emotional core of the series and give a much broader audience access. There is a genre audience that enjoy the mythology, but the broader audience wants to know more about the characters and the flashbacks and go back to the seminal events in their lives“[14]
[...]
[1] Pearson, Roberta „Lost in Transitions – From Post-Network to Post Television“ in MacCabe, Janet und Akass, Kim (2007) „Quality TV“, S. 240
[2] Vaz, Mark Cotta (2006): Lost Chronik, S. 13
[3] Damon Lindelof zit. in ebd., S. 21
[4] Vaz (2006), S. 13
[5] ebd., S. 53 f.
[6] Pearson (2007), S. 240
[7] Vgl. http://abc.go.com/primetime/lost/index?pn=index (abgerufen am 20.11.08)
[8] Vgl. http://de.lostpedia.com/wiki/Staffel_6 (abgerufen am 20.11.08)
[9] Vgl. http://www.quotenmeter.de/index.php?newsid=31022 (abgerufen am 18.11.08)
[10] Vgl. http://www.quotenmeter.de/index.php?newsid=18886 (abgerufen am 10.11.08)
[11] Lindelof, Damon zit. in Vaz (2006), S. 31
[12] Beispiel: Episode 18: “Verfluchte Zahlen” 1. Staffel: Hurley gewinnt mit einer Zahlenkombination im Lotto. Innerhalb der Folge stellt sich jedoch heraus, dass seitdem er diese Zahlen für das Lottospiel benutzt hat jede Person, die mit ihm zu tun hat Unglück wiederfährt. Bei seinen Recherchen über die Herkunft der Zahlen stellt sich heraus, dass auch andere Personen, die diese Zahlenkombination benutzt haben ein ähnliches Schicksal ereilte.
Episode 24: “Exodus Part II“ 1. Staffel: Auf der Luke, die Locke im Dschungel entdeckt hat, befindet sich die gleiche Zahlenkombination mit der Hurley im Lotto gewonnen hat. Da Hurley schlechte Erfahrungen mit diesen Zahlen gesammelt hat, versucht er das Öffnen der Luke zu sabotieren. Vergangene Ereignisse vor dem Absturz bestimmen somit auch gegenwärtige Ereignisse und Situationen auf der Insel.
[13] Episode 22: „Hinter dem Spiegel“, 3. Staffel
[14] Vaz, Mark Cotta (2005): „The Lost Chronicles: The Official Companion“ zit. n. Pearson (2007), S. 250
- Arbeit zitieren
- Verena Zell (Autor:in), 2008, Innovative Serienvermarktung am Beispiel der US-Fernsehserie Lost, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/132856
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